TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/22 W235 2191397-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.04.2020
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Entscheidungsdatum

22.04.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W235 2191397/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2018, Zl. 1095398604-151807894, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.12.2019 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Iran, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 20.10.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Am 19.11.2015 wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei der Niederschrift zu entnehmen ist, dass er zu seiner Person angab, er sei am XXXX in XXXX im Iran geboren, gehöre der persischen Volksgruppe an und bekenne sich zu keiner Religion. Zuletzt habe er in Teheran gewohnt. Er sei vor ca. eineinhalb Monaten von Teheran aus in die Türkei gereist und sei anschließend mit einem Schlauchboot nach Griechenland gelangt. Über Nordmazedonien, Serbien, Kroatien und Ungarn sei er nach Österreich gefahren.

Zu seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, dass er seit ca. zehn Jahren Mitglied der politischen Gruppe "Hezbe Kommunist Karegari" sei. Seit einem Jahr würden die Mitglieder dieser Gruppe verhaftet werden. Zuletzt sei jemand verhaftet worden, der viele Informationen über die Gruppe habe. Der Beschwerdeführer habe Angst gehabt, dass man ihn verrate. Daher sei er zur Flucht gezwungen gewesen.

1.3. Am 02.08.2017 wurde der Beschwerdeführer unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Farsi vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen und gab dabei zunächst an, sein Nationalausweis sei in der Erstbefragung sichergestellt worden, sein Geburtsort und sein Geburtsdatum seien jedoch falsch eingetragen worden. Tatsächlich sei er am XXXX in XXXX geboren. Gesundheitlich gehe es dem Beschwerdeführer gut. Er nehme zwar Medikamente aufgrund eines Problems mit seinem Auge, könne der Einvernahme jedoch folgen und die Fragen beantworten. Zu seiner Familie gab er an, er habe über das Internet Kontakt zu seiner Mutter und zu seinen Geschwistern; zu seinem Vater jedoch nur selten. Seine Angehörigen würden sich um ihn sorgen, da sie darüber nachdächten, dass auch sie aufgrund seiner Probleme im Iran Schwierigkeiten bekommen könnten. Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Kinder. Von seinem zweiten Lebensjahr bis zu seiner Ausreise habe er in Teheran gelebt. Er habe Wirtschaftsmanagement studiert, sei jedoch im zweiten Studienjahr von der Universität verwiesen worden.

Der Beschwerdeführer arbeite für die Arbeiterkommunistische Partei Iran. Anfang des Monats XXXX (ca. von XXXX .2015 bis XXXX 2015) sei sein Freund festgenommen worden. Der Beschwerdeführer denke, er werde von Etela'at und den Sicherheitsbeamten im Iran verfolgt. Ca. eine Woche nach der Festnahme seines Freundes habe er den Herkunftsstaat verlassen. Kontakt mit den Verfolgern habe er nicht gehabt. Zu den gegen ihn gesetzten Verfolgungshandlungen gab der Beschwerdeführer an, zwischen den Mitgliedern [der Partei], die in einem engen Kreis zusammenarbeiten würden, sei vereinbart worden, dass sie im Fall der Festnahme eines anderen Mitglieds unverzüglich flüchten würden. Ihr Leben sei in Gefahr gewesen und sie hätten viele Informationen gehabt, die sie nicht verraten dürften. Anlass seiner Flucht sei sohin die Festnahme seines Freundes gewesen. Ob gegen ihn selbst ein Haftbefehl vorliege, wisse der Beschwerdeführer nicht.

Zu seinen Aktivitäten für die genannte Partei führte der Beschwerdeführer aus, er habe sein Studium im Jahr 1376/1377 (= XXXX .1997 bis XXXX .1998) begonnen und sei sechs Monate später von der Gruppe aufgenommen worden. Am Anfang sei er Mitglied und Anhänger der Partei gewesen und habe an allen Sitzungen teilgenommen. Nach den Ereignissen des Jahres 1388 [Anm.: 2009] sei er noch aktiver geworden. Er habe in unterschiedlichen Abteilungen gearbeitet und habe insbesondere etwas "gegen die Religion" [Anm.: gemeint: der Islam] unternommen. Konkret sei er der Administrator der Facebook-Seite der Partei, welche sich gegen die Religion gewandt habe, gewesen. In einer anderen Abteilung sei er für die Kommunikation zwischen den politischen Gefangenen und ihren Familien zuständig gewesen. In einer dritten Abteilung habe er mit den Angehörigen von hingerichteten Personen Kontakt aufgenommen. Der Beschwerdeführer sei sohin politischer Aktivist gewesen und habe gegen den Islam protestiert. Seine Partei gehöre zur Opposition. Nach der islamischen Revolution seien mindestens 10.000 Anhänger der Partei getötet worden.

In weiterer Folge erstellte der Beschwerdeführer auf Ersuchen der Behörde ein Organigramm der Führungspersönlichkeiten der Partei. Ergänzend hielt er fest, dass er diese Namen nennen dürfe, da die Personen bekannt seien. Die genaue Anzahl der Anhänger der Partei kenne er nicht und er dürfe darüber auch keine Aussage treffen. Er könne nur sagen, dass das iranische Regime über ein paar Jahre hinweg mehrere tausende Kommunisten hingerichtet habe. Mansour XXXX sei dem Weg von Karl Marx gefolgt. Die Partei sei der iranischen Regierung so wichtig, dass auch versucht worden sei, XXXX in Schweden zu töten. Jeder in der Partei verfüge über einen Aliasnamen, da es sonst zu gefährlich wäre.

Näher zu seinen Tätigkeiten im Bereich der Kommunikation mit den politischen Gefangenen befragt, führte der Beschwerdeführer aus, es habe sich um politische Gefangene gehandelt, die aufgrund ihrer Aktivität in jener Partei, für welche auch der Beschwerdeführer tätig sei, inhaftiert worden seien. Die Familien der Gefangenen hätten ihre Angehörigen im Gefängnis besuchen dürfen und hätten die so erlangten Informationen an die Partei weitergeleitet. Die Informationen seien dann im Internet veröffentlicht worden, um den internationalen Druck auf das iranische Regime zu erhöhen. Von 30 bis 40 Familien habe nur eine Familie die Möglichkeit bekommen, ihre Angehörigen im Gefängnis zu besuchen. Der Beschwerdeführer habe mehrmals versuchen müssen, mit den Familien Kontakt aufzunehmen, da sie ihm anfangs nicht vertraut hätten. Er habe jedoch langsam Vertrauen aufgebaut. Als Beispiel nannte er den Fall einer Frau, die hingerichtet worden sei. Ihre Familie habe ihm erzählt, dass die Betroffene auf ihrem Körper Narben von der Folter gehabt habe, sie in einer Einzelzelle inhaftiert gewesen sei und kein ordentliches Essen bekommen habe. Das Verfahren habe man absichtlich lange ruhenlassen. Sie hätten jedoch immer wieder internationale Organisationen eingeschaltet, woraufhin das Verfahren fortgesetzt worden sei. Die Partei habe die Informationen auf der Homepage veröffentlicht und dadurch die Aufmerksamkeit von internationalen Organisationen geweckt. Der UNO-Generalsekretär sowie die in der Europäischen Union für Internationale Beziehungen Zuständige seien in dieser Sache eingeschritten.

Dezidiert zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates befragt, gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, ein guter Freund von ihm, welcher Angehöriger derselben Partei sei, sei festgenommen worden. Dem Beschwerdeführer sei keine andere Wahl geblieben, als das Land zu verlassen, da dieser Freund von all seinen politischen Aktivitäten gewusst habe und der Beschwerdeführer darüber hinaus durch die Kommunikation mit Familien von politischen Gefangenen sehr viele Informationen gehabt habe. Hätten sie ihn festgenommen, hätte er die Informationen vielleicht nicht für sich behalten können und hätte viele Anhänger verraten. Hinzu trete, dass er nicht an Gott glaube und daher laut islamischen Gesetzen ein abtrünniger Mensch sei, welcher hingerichtet werden müsse.

Hinsichtlich der Ziele der Partei gab der Beschwerdeführer an, sie setze sich für eine bessere Welt ein, beispielsweise für die Gleichstellung von Männern und Frauen, für die Verminderung der Abstände zwischen den sozialen Schichten, für die Unterstützung der Kinderrechte sowie für Unterstützung von Personen, die vom Islam abgefallen seien. Seine Partei habe keine Flagge, aber ein Wappen, welches einen geöffneten Stacheldraht mit einer roten Flagge darstelle. Einen Mitgliedsausweis habe er nicht, er könne jedoch eine Bestätigung abholen und vorlegen. Ergänzend wolle er anmerken, dass sein Aliasname in der Partei XXXX gewesen sei. Auch in Österreich setze der Beschwerdeführer seine Aktivitäten fort und sei mit der Partei in Kontakt. Seine Familie sei nicht politisch aktiv. Bis zu seiner Ausreise habe sie von seinen politischen Aktivitäten nichts gewusst.

1.4. Im Verfahren vor dem Bundesamt wurden darüber hinaus nachstehende, verfahrensrelevante Unterlagen vom Beschwerdeführer vorgelegt:

* Schreiben des Sekretariats der Auslandsorganisation der Arbeiterkommunistischen Partei Iran vom XXXX .08.2017, in welchem ausgeführt wird, dass der Beschwerdeführer aktives Mitglied der Partei sei, sehr eng mit "Facebook Ac.atheist" zusammenarbeite und sich in sozialen Netzwerken wie Facebook engagiere sowie, dass er geflüchtet sei, da er als politischer Aktivist und Blogger im Iran in Gefahr gewesen sei und

* Konvolut an Artikeln sowie Auszügen aus sozialen Netzwerken in Farsi ohne Übersetzung, aus den Auszügen aus sozialen Netzwerken geht hervor, dass diese von " XXXX " im Zeitraum Juli und August 2017 veröffentlicht wurden

Der amtswegig vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingeholten Übersetzung vom 14.08.2017 ist zu entnehmen, dass es sich bei den vorgelegten Artikeln um Texte über die Arbeiterkommunistische Partei handelt und die vorgelegten Auszüge aus sozialen Netzwerken, welche von " XXXX " veröffentlicht wurden, von der Facebook-Seite "Atheist Parsi" geteilt wurden.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Iran gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurde dem Beschwerdeführer unter Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

In seiner Begründung stellte das Bundesamt zunächst fest, dass die vom Beschwerdeführer genannten Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates nicht glaubhaft seien. Es könne nicht festgestellt werden, dass er ohne religiöses Bekenntnis und/oder Mitglied einer kommunistischen Partei sei. Einer asylrelevanten Verfolgung sei er im Herkunftsstaat nicht ausgesetzt. Festgestellt werde, dass eine Rückkehr in den Herkunftsstaat für ihn keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK oder Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen Konfliktes mit sich bringen könne. Er sei ledig, habe keine Obsorgeverpflichtungen und verfüge in Österreich über keine Familienangehörigen. Seine Eltern und Geschwister würden im Iran leben. Der Beschwerdeführer habe im Herkunftsstaat eine Ausbildung absolviert und verfüge über Berufserfahrung. Er spreche Farsi, ein wenig Arabisch und Deutsch. In Österreich halte er sich erst seit kurzer Zeit auf und habe einen Deutschkurs sowie ein Modul zur Integration besucht. Ferner sei er ehrenamtlicher Mitarbeiter einer Flüchtlingshilfe. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 16 bis 67 des angefochtenen Bescheides Länderfeststellungen zur Lage im Iran.

Der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid ist im Wesentlichen und mit näherer Begründung zu entnehmen, dass dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers kein Glaube geschenkt werde, da er keine politische Funktion innegehabt habe. Er habe lediglich behauptet, Administrator einer Facebook-Seite gewesen zu sein und für die Kommunikation zwischen politischen Gefangenen und deren Angehörigen sowie für die Kommunikation mit Angehörigen von hingerichteten Personen zuständig gewesen zu sein. Seine Angaben seien durchwegs allgemein gewesen. So seien die Angaben zu der Person, deren Fall an die Vereinten Nationen weitergeleitet worden sei, vage gewesen. Ferner hätten sich seine Kenntnisse zu internen Angelegenheiten der Partei auf ein öffentlich zugängliches und leicht abrufbares Wissen beschränkt. Der Beschwerdeführer habe angegeben, dass alle Mitarbeiter Aliasnamen verwendet hätten, während er unter seinem echten Namen aufgetreten sei. Erst zu einem späteren Zeitpunkt habe er vorgebracht, ebenso einen Aliasnamen verwendet zu haben. Dem vorgelegten Schreiben der "Worker-communist Party of Iran" würden Merkmale, wie ein Stempel, fehlen. Folglich könne über die Echtheit des Schreibens keine Aussage getroffen werden. Ferner werde der Beschwerdeführer darin nicht mit vollem Namen genannt, da lediglich ein Herr XXXX angesprochen und auf Herrn "alias XXXX " verwiesen werde. In den vorgelegten Artikeln werde er im Übrigen nicht namentlich genannt. Das Logo auf der oberen linken Ecke sei zudem schlecht aufgedruckt, weshalb es möglich sei, dass das Logo von der Homepage der Organisation in eine Word-Datei kopiert worden sei. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen seien sohin nicht geeignet, seine Angaben zu untermauern. Lediglich die auf Facebook geposteten Bilder seien mit dem Namen " XXXX " gekennzeichnet gewesen. Auffällig sei jedoch, dass alle Postings im Zeitraum von XXXX .07.2017 bis XXXX .08.2017, sohin im Zeitraum nach der Hinterlegung seiner Ladung zur niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt, erstellt worden seien Es sei nicht nachvollziehbar, dass es keine Kommentare älteren Datums oder andere schriftliche Beweise gebe, zumal der Beschwerdeführer angegeben habe, bereits seit dem Jahr 1998 Aktivist zu sein. Da sein Fluchtvorbringen insgesamt nicht nachvollziehbar sei, seien auch seine Angaben zur Apostasie nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer sei volljährig, arbeitsfähig und habe auch vor seiner Ausreise seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten können. Im Fall der Rückkehr wäre ihm dies ebenso möglich; allenfalls durch die Annahme von Gelegenheitsjobs. Ferner verfüge er über Familie und Freunde, die ihn unterstützen könnten. In Österreich habe er einen Deutschkurs sowie ein Integrationsmodul besucht und habe sich ehrenamtlich für die Flüchtlingshilfe engagiert. Soziale oder familiäre Anknüpfungspunkte habe er jedoch nicht und sei ihm kein Aufenthaltsrecht zugekommen, welches sich nicht auf das Asylgesetz stütze. Die Feststellungen zu seinem Herkunftsstaat würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren.

In rechtlicher Hinsicht wurde zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ausgeführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates nicht glaubhaft gewesen sei. Zu Spruchpunkt II. wurde festgehalten, dass auf Basis der Sachverhaltsfeststellungen nach Ansicht der erkennenden Behörde keine aktuelle Bedrohung im Sinne von § 8 AsylG vorliege. Der Beschwerdeführer könne im Herkunftsstaat, wie bereits vor seiner Ausreise, selbst für sein Auslangen sorgen, da er erwachsen und arbeitsfähig sei. Ferner verfüge er im Herkunftsstaat über ein Unterstützungsnetzwerk. Hinsichtlich Spruchpunkt III. hielt das Bundesamt fest, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht zu erteilen sei. In der Folge wurde zu Spruchpunkt IV. ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Verwandten habe und daher die Rückkehrentscheidung keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben darstelle. Der Beschwerdeführer habe zwar Integrationsschritte gesetzt, zumal er einen Sprachkurs sowie einige Integrationsmodule absolviert und sich ehrenamtlich engagiert habe, sei allerdings in Österreich weder sozial noch beruflich verankert. Eine besondere Integrationsverfestigung liege nicht vor, sodass insgesamt die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen das private Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet überwiegen würden. Zu Spruchpunkt V. hielt das Bundesamt fest, dass gegen den Beschwerdeführer mit diesem Bescheid eine Rückkehrentscheidung erlassen werde und sich aus dem festgestellten Sachverhalt keine Gefährdung im Sinne der Art. 2 EMRK und Art. 3 EMRK ergebe. Eine Empfehlung im Sinne des § 50 Abs. 3 FPG liege nicht vor. Daher sei im Fall der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran zulässig. Unter Spruchpunkt VI. wurde darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer ab Rechtskraft dieser Rückkehrentscheidung zur freiwilligen Ausreise binnen 14 Tagen verpflichtet sei.

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.03.2018 wurde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungs-gericht amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

3. Gegen den oben angeführten Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner (damals) bevollmächtigten Vertretung am 03.04.2018 fristgerecht Beschwerde wegen unrichtiger Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Nach Wiederholung des Verfahrensganges und des wesentlichen Vorbringens wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren seine politischen sowie anti-islamischen Überzeugungen ausführlich geschildert und mit Beweismitteln belegt habe. Es sei sohin unrichtig, dass er keine ausreichenden Angaben zu den fluchtauslösenden Ereignissen machen habe können. Das Bundesamt verkenne, dass derartige politische Tätigkeiten mit gravierenden Gefahren verbunden seien und es sich um eine konspirative Aktivität im Untergrund handle, die vorsehe, dass die einzelnen Beteiligten nicht über andere Akteure und Aktionen Bescheid wüssten. Der Beschwerdeführer könne sohin kein detailliertes Organigramm der Partei aufzeichnen, von der international arbeitenden Führungsspitze abgesehen, da ein derartiges Wissen für ihn sowie für die weiteren Mitarbeiter lebensgefährlich wäre. Die Anmerkungen des Bundesamtes zu den vorgelegten Beweismitteln seien nicht nachvollziehbar, zumal er lediglich einen Ausschnitt seiner Aktivitäten vorgelegt habe und es durchaus üblich sei, ein Pseudonym zu verwenden. Aus welchen Gründen es das Bundesamt nicht als verfahrensrelevant erachte, dass der Beschwerdeführer Atheist sei, sei nicht nachvollziehbar, zumal er im Herkunftsstaat unweigerlich auffallen würde, wenn er keine Gebete verrichte. Auch aus den Länderberichten sei ersichtlich, dass Personen, die den Islam ablehnen, im Herkunftsstaat Folter sowie Bestrafung bis hin zur Todesstrafe zu erwarten hätten. Insgesamt sei die Argumentation der Behörde nicht nachvollziehbar und hätten weitere Ermittlungen durchgeführt werden müssen. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat kein familiäres Netzwerk mehr zu Verfügung stehe und ihm sohin allenfalls subsidiärer Schutz zu gewähren wäre. Abschließend wurde moniert, dass sich die Behörde nur unzureichend mit dem Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich auseinandergesetzt habe.

4. Mit Information vom 18.12.2018 wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Schreiben des Bundeskriminalamtes vom 12.12.2018 nachgereicht, aus welchem hervorgeht, dass der Beschwerdeführer von Interpol Teheran unter den Personendaten " XXXX in XXXX /Iran, StA: Iran, Vater: XXXX ; früher: XXXX ; iranischer Reisepass Nr. XXXX " identifiziert worden sei.

5. Mit Schriftsatz vom 11.11.2019 wurde vom Beschwerdeführer im Wege seiner Vertretung die Einvernahme einer näher bezeichneten Zeugin zum Beweis, dass der Beschwerdeführer mit der Zeugin zusammengearbeitet habe und politisch verfolgt worden sei, beantragt.

6. Am 04.12.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Farsi statt, an der der Beschwerdeführer mit seinem nunmehr bevollmächtigten, rechtsfreundlichen Vertreter teilnahm. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist nicht erschienen; das Bundesamt hat sich mit E-Mail vom 03.12.2019 für die Teilnahme an der Verhandlung entschuldigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt. Bereits mit der Ladung wurden den Verfahrensparteien die Länderfeststellungen des Bundesverwaltungs-gerichtes zur aktuellen Situation im Iran zur Kenntnis gebracht.

Eingangs der Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er etwas gestresst sei, es ihm jedoch gut gehe und die Verhandlung fortgesetzt werden könne. Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab der Beschwerdeführer an, seine Angaben in der Erstbefragung seien ihm nicht rückübersetzt worden. Auf Vorhalt, dass die Niederschrift einen Vermerk enthalte, wonach eine Rückübersetzung stattgefunden habe, brachte er vor, er habe den Text nicht verifizieren können; das Protokoll sei ihm zur Unterschrift vorgelegt worden und er sei dem nachgekommen. In der Erstbefragung und vor dem Bundesamt habe er die Wahrheit gesagt, aus Angst habe er aber einen Teil seines Fluchtgrundes nicht gesagt.

Zu seiner Person gab er an, sein Name stimme; allerdings sei sein Geburtsdatum falsch umgerechnet worden. Aus seiner nationalen Identitätskarte gehe hervor, dass er im Jahr XXXX geboren sei, was dem Jahr XXXX entspreche. Sein Geburtsjahr sei jedoch mit XXXX festgelegt worden. Dies habe er den Behörden zwar mitgeteilt, es sei jedoch nichts unternommen worden. Ferner wolle er anmerken, dass er der Partei unter einem Aliasnamen bekannt gewesen sei. Auf Vorhalt, dass dem Akt verschiedene Identitäten zu entnehmen seien, die allein aus dem Akt nicht erklärbar seien, gab er an, sein Vorname sei XXXX und sein Familienname sei XXXX . Geboren sei er am XXXX , sohin am XXXX . Auf die Frage, warum der Name auf XXXX abgekürzt worden sei, erklärte der Beschwerdeführer, wenn ein solcher Fehler passiert sei, sei es keine Absicht gewesen. Er habe seine nationale Identitätskarte vorgelegt. Diese habe er bei der Polizei abgeben müssen. Seinen Reisepass habe er an seine Mutter zurückgeschickt, als er in der Türkei angekommen sei. Seine Mutter habe den Reisepass für ihn vernichtet.

Der Beschwerdeführer sei ledig, habe keine Kinder und lebe derzeit mit seiner Freundin zusammen. Im Herkunftsstaat sei er für seine Mutter verantwortlich gewesen. Er gehöre der persischen Volksgruppe an und habe keine Religion. Wegen seiner Volksgruppen-zugehörigkeit habe er im Iran keine Probleme gehabt; allerdings habe für ihn aufgrund seiner religiösen Überzeugung und seiner Aktivitäten die Gefahr bestanden, dass er Probleme bekomme. Auf Vorhalt, er habe vor dem Bundesamt angegeben, keine Probleme wegen der Religion oder der Volksgruppenzugehörigkeit gehabt zu haben, erklärte der Beschwerdeführer, er habe diese Angaben gerade wiederholt. Er habe keine Probleme gehabt, die Wahrscheinlichkeit, dass er Probleme bekomme, habe es aber immer gegeben. Als sein Freund festgenommen worden sei, seien zwei Männer und eine Frau in Zivil zu seiner Familie nachhause gekommen und hätten das Wohnhaus ohne zu läuten betreten. Als seine Mutter aufgemacht habe, hätten sie die Wohnung betreten und hätten nach ihm gefragt. Seine Mutter habe gesagt, sie wisse nicht wo der Beschwerdeführer sei. Daraufhin seien sie in sein Zimmer gegangen und hätten seine persönlichen Sachen mitgenommen. Diesen Umstand habe er vor dem Bundesamt nicht erwähnt, da ihm gesagt worden sei, er könne es später zu Protokoll geben. Daraufhin habe er es vergessen. Auf eine Stellungnahme zu den bereits mit der Ladung versendeten Länderberichten zur Situation im Iran verzichtete der Vertreter des Beschwerdeführers. Auch der Beschwerdeführer selbst erstattete hierzu kein Vorbringen.

Zu seinem Leben im Iran und zu seinen Familienangehörigen gab der Beschwerdeführer an, er sei in XXXX geboren und habe dort seine ersten drei Lebensjahre verbracht. Aufgrund der Scheidung seiner Eltern sei er mit seiner Mutter und seiner Schwester nach Teheran gezogen, wo sie immer zusammengelebt hätten. Zu seinem Vater habe er lange keinen Kontakt gehabt. Erst in Österreich habe er ein paar Mal mit ihm telefoniert. Seine Mutter habe erneut geheiratet und einen weiteren Sohn bekommen, der bis vor einem Jahr mit seiner Mutter im selben Haushalt gewohnt habe. Vor zwei Jahren habe sich seine Mutter scheiden lassen. Der Beschwerdeführer stehe täglich in Kontakt mit seiner Mutter. Auch der Kontakt zu seiner Schwester und zu seinem Halbbruder sei nach wie vor aufrecht, jedoch nicht so häufig. Die Mutter des Beschwerdeführers leide an einer Herzkrankheit. Im Herkunftsstaat habe er sich um sie gekümmert und habe einen Beitrag zu ihrem Unterhalt geleistet. Im Iran habe er ein Geschäft gehabt, in welchem er Kunsthandwerk verkauft habe. Seine wirtschaftliche Situation sei "eher gut" gewesen. Er habe im Iran maturiert und ein Kurzstudium beendet. Zwei Jahre habe er an der Universität Handelsmanagement studiert, sei jedoch von der Uni geschmissen worden, als er seinen Bachelor fortsetzen habe wollen. Im Studienjahr 1378/1379 (1999/2000) habe es studentische Aufstände, auch bekannt als "Kouy-e Daneschgah", gegeben. Der Beschwerdeführer sei gerade in der XXXX Straße gewesen, als der Aufstand stattgefunden habe. Sieben oder zehn Tage danach sei er von Herasat geladen worden. Sie hätten ihm ein Foto von seiner Teilnahme an den Aufständen gezeigt. Dies sei der Grund für seinen Rauswurf von der Universität gewesen. Hinsichtlich dieses Vorbringens merkte der Dolmetscher an, "Kouy-e Daneschgah" bedeute wortwörtlich Universitätsstudentenheim. Herasat sei ein Aufsichtsorgan der Universität, welches darauf achte, dass Studenten und Professoren sich an die Vorschriften der Universität halten würden. Dazu gehöre hauptsächlich, dass sie keine politischen Aktivitäten gegen das Regime ausführen würden. Diese Herasat gebe es auch in Schulen, Behörden und in der Justiz. Sie würden zu den Etela'at-Ministerien gehören. Auf Nachfrage führte der Beschwerdeführer aus, vor dem Bundesamt habe er erwähnt, dass er die Universität verlassen habe müssen; nach den Gründen sei er jedoch nicht befragt worden. Unmittelbar nach dem Rauswurf habe er keine Schwierigkeiten mit den Behörden gehabt; der Verweis sei seine Strafe gewesen.

Zu seinen Reisebewegungen und zu seinen Fluchtgründen befragt, wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bisher erstattetes Vorbringen. Ergänzend brachte er vor, als ein Freund im Westen des Irans festgenommen worden sei, habe ihn ein anderer Freund, der von der Festnahme in der Stadt XXXX erfahren habe, kontaktiert und ihm gesagt, er solle sein Handy ausschalten, seine SIM-Karte vernichten und sich eine neue SIM-Karte besorgen. Dem sei der Beschwerdeführer nachgekommen und habe den Freund mit seiner neuen SIM-Karte angerufen. Dieser habe ihm daraufhin gesagt, er solle den Iran so schnell wie möglich verlassen, bevor über ihn ein Ausreiseverbot verhängt werde. Aus diesem Grund habe er das Land so schnell wie möglich verlassen. Vor dem Bundesamt habe er dies ausführlicher erklären wollen, aber man habe gemeint, es reiche und sei genug. Ihm sei gesagt worden, dass er seine Antworten kurzhalten solle.

Die Festnahme des Freundes habe gegen Ende des Sommers [2015] stattgefunden. Es sei zeitnah zu seiner Ausreise gewesen. Sein Freund, der festgenommen worden sei, heiße XXXX und sei ein Kurde aus dem Stadtteil XXXX in Teheran, der frisch verheiratet gewesen sei und keine Kinder gehabt habe. Ein Leader der Partei habe ihn ihm vorgestellt. Nach seiner Festnahme habe der Beschwerdeführer versucht, die Familie seines Freundes zu kontaktieren. Er habe die Telefonnummer seiner Schwester gehabt und habe sie von der Türkei aus angerufen. Sie sei jedoch sehr unfreundlich zu ihm gewesen. Ein Parteikollege habe ihm daraufhin empfohlen, die Familie nicht mehr zu kontaktieren. Der Beschwerdeführer sei selbst nie wegen seiner politischen Aktivitäten festgenommen worden. Im Alter von 20 bis 22 Jahren sei er jedoch einmal festgenommen worden, da er sich mit einem Mädchen in einem Café getroffen habe. Die Anklage habe "Rabatey na Mashrue" gelautet und er habe 72 Peitschenhiebe bekommen.

Zu den Zielen der kommunistischen Arbeiterpartei gab er an, die Partei sei die am meisten gegen die Religion gerichtete Partei, die es bis dato im Iran gegeben habe. Sie setze sich für die Gleichberechtigung von Männern und Frauen, für die Revolution der Arbeiterschicht, die Unterstützung der Religions- und Redefreiheit sowie für die Realisierung einer besseren Welt für Menschen in dem Land ein. Der Slogan der Partei sei "eine bessere Welt". An der Universität habe er Freunde kennengelernt und sei durch sie mit dem Gedankengut der kommunistischen Arbeiterpartei vertraut worden. Mit der Zeit habe er Interesse an der Partei gewonnen. Um diese Ziele zu erreichen, habe die Partei unterschiedliche Sektionen und Abteilungen. In jeder Sektion würden sich einige Personen dafür einsetzen, diese Ziele zu erreichen. Auf die Frage, wie viele Sektionen bzw. Abteilungen es gebe, erklärte der Beschwerdeführer, er könne nur die Sektionen nennen, in denen er tätig gewesen sei, da es so viele Abteilungen gebe, dass er nicht alle aufzählen könne. Eine Abteilung sei für das Sammeln der Informationen und für die Weiterleitung der Nachrichten zuständig gewesen. Er sei in der Abteilung für die Kontaktaufnahme mit Familien der politischen Gefangenen und der Hingerichteten gewesen. Eine der wichtigsten Abteilungen der Partei heiße "Komitee gegen Hinrichtungen", in welcher der Beschwerdeführer ebenfalls aktiv gewesen sei. Neben der Arbeit für die Partei habe er zwei weitere Aktivitäten ausgeführt, die sich gegen die Religion, gegen die Glaubensrichtung und gegen Gott gerichtet hätten. Er sei Administrator der Homepage "Atheisten Parsi" gewesen und habe mit seinem Freund XXXX den Webblog "Bonbast" administriert. Dieser setze sich gegen den Koran und gegen die Religion ein. Der Blog sei drei oder vier Tage nach der Festnahme von XXXX aus dem Internet eliminiert worden, aber die andere Homepage gebe es noch. Der Blog sei insgesamt eineinhalb Jahre aktiv gewesen. Sechs Monate vor der Zusammenarbeit habe XXXX diesen Blog initiiert. Die gesamte Dauer der Zusammenarbeit zwischen den beiden habe ein Jahr gedauert. Auf die Frage, warum er den Blog geführt habe, obwohl er gewusst habe, dass es gefährlich sei, antwortete der Beschwerdeführer, er sei Aktivist. Im Gegensatz zu vielen Menschen im Iran, die sich den "Weg des Taghlid" [Anm. des D: Taghlid heißt, dass man alles macht, das der Kleriker vorgibt] ausgesucht hätten, habe er sich informiert und sei zu dem Entschluss gekommen, dass es keinen Gott gebe. Er habe seine Ziele erreichen wollen. Aus diesem Grund sei eine seiner ersten Aktivitäten die Zusammenarbeit mit der kommunistischen Arbeiterpartei Iran gewesen. Er sei in einem radikal-islamischen Land zur Welt gekommen, in dem die Auswahl der Religion nicht existiere. Auf die Frage, wann er der Partei beigetreten sei, gab der Beschwerdeführer an, in der Partei gebe es Mitglieder und Funktionäre. Ein paar Monate nach dem Verweis aus der Universität sei er Mitglied geworden und seit 1386 (= 2007) oder 1387 (= 2008) sei er im Kader der Partei. Auf Vorhalt, er habe vor dem Bundesamt angegeben, nach den Ereignissen des Jahres 1388 (= 2009) noch aktiver geworden zu sein, gab der Beschwerdeführer an, als Kadermitglied sei er aktiver gewesen als ein normales Mitglied. Einen Mitgliedsausweis habe er nicht, da es so etwas im Iran nicht gebe. Allein der Name der Partei sei eine Gefahr. XXXX sei in der Partei für das "Komitee gegen Hinrichtungen" zuständig. Ein paar Mal habe er sie aus dem Iran telefonisch kontaktiert. Seine anderen Kontakte seien mit höher positionierten Mitgliedern gewesen.

In der Folge wurde dem Beschwerdeführer vorgehalten, er sei seinen eigenen Angaben nach 2008/2009 in das Funktionskader der Partei eingetreten und habe eineinhalb Jahre einen religionskritischen Blog geführt, während er jedoch erst im Jahr 2015 ausgereist sei und es gegen ihn selbst keine Verfolgungshandlungen gegeben habe. Dazu brachte er vor, sein Freund habe den Blog im Jahr 2013 ins Leben gerufen. Er habe gewusst, dass der Beschwerdeführer Administrator der Homepage "Atheisten Parsi" gewesen sei. Da er unter Folterhandlungen den Namen des Beschwerdeführers verraten habe, seien Beamte zu ihm nachhause gekommen. Hätte XXXX seinen Namen nicht verraten, hätten sie keine ausreichenden Informationen gehabt, um ihn abholen zu können. XXXX und er hätten gemeinsam Artikel ins Netz gestellt und hätten gemeinsam als Administratoren des Antireligionswebblogs fungiert. Auf weitere Nachfragen führte der Beschwerdeführer aus, in den sechs Jahren, in welchen nichts passiert sei, habe er ganz verdeckt agiert und immer nach ein paar Monaten seine SIM-Karte ausgetauscht. Bei der Reise, im Zuge welcher XXXX festgenommen worden sei, hätte er mitfahren sollen. Hätte er das getan, wäre auch er festgenommen worden. Wer sich im Iran gegen die Religion und gegen Gott einsetze, werde als "Mortad" dafür bestraft. Die vorgesehene Strafe für solche Abtrünnige sei die Hinrichtung.

Zu seinen politischen Aktivitäten in Österreich gab der Beschwerdeführer an, er arbeite im Atheisten Verein Österreich, sei weiterhin bei der Homepage "Atheisten Parsi" aktiv und arbeite nach wie vor zudem für die Arbeiterkommunistische Partei. In der Folge schilderte der Beschwerdeführer ein Beispiel seiner Aktivitäten in Zusammenhang mit politischen Gefangenen. Auf Nachfrage, wieso er glaube, dass die iranischen Behörden von seinen Aktivitäten in Österreich erfahren könnten, erklärte er, die iranische Regierung mache jeden mundtot, der etwas gegen die Islamische Republik sage. Diese Personen würden festgenommen oder verhaftet werden. Er kenne viele solche Leute und es gebe einige Fälle, bei denen er aktiv gewesen sei. Zur Verwendung eines Aliasnamen führte er an, er verwende seinen echten Namen, um über das Internet Beiträge hochzuladen oder zu senden. Nur im Iran, wenn er persönliche Begegnungen mit Leuten habe, habe er seinen Aliasnamen angegeben.

In der Folge wurde die weitere Vorgehensweise erörtert und verzichtete der Beschwerdeführer im Wege seines Vertreters auf die Einvernahme der namhaft gemachten Zeugin. Der Beschwerdeführer legte einen Link vor, bei welchem es sich seinen Angaben nach um eine iranische Fernsehsendung mit englischem Untertitel handle, übergab einen weiteren Link der Homepage "Atheisten Parsi" und brachte dazu unter anderem vor, dass diese Homepage auch im Iran abrufbar sei. Die Facebook-Seite "Atheisten Parsi" habe er 2013 im Iran erstellt. Abschließend gab der Beschwerdeführer an, er habe im Iran ein erfolgreiches Leben geführt und hätte dortbleiben könne, wenn er die geschilderten Probleme nicht gehabt hätte.

7. Neben diverser Schreiben betreffend die berufliche Integration des Beschwerdeführers in Österreich legte er mit Urkundenvorlage vom 18.12.2019 folgende verfahrenswesentliche Unterlagen in Kopie vor:

* Bestätigung der Auslandsorganisation der Arbeiterkommunistischen Partei Iran - Deutschland, ausgestellt von XXXX am XXXX .12.2019 in Köln, mit welcher die Mitgliedschaft des Beschwerdeführers bei der Arbeiterkommunistischen Partei Iran bestätigt wird;

* Schreiben von XXXX , Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime in Deutschland, vom XXXX .12.2019, in welchem ausgeführt wird, dass der Beschwerde-führer im Iran politisch aktiv gewesen sei und besonders mit dem Internationalen Komitee gegen Todesstrafe zusammengearbeitet habe, er habe dem Zentralrat Informationen geschickt und im Iran mit anderen Aktivisten gegen die Todesstrafe gearbeitet sowie im Rahmen von öffentlichen Veranstaltungen und in sozialen Medien Aufklärungsarbeit geleistet, damit die Menschen im Iran religiöse Dogmen infrage stellen und sich gegen den politischen Islam organisieren können und

* zwei Bestätigungen eines Präsidiumsmitglieds der Atheistischen Religionsgesellschaft in Österreich, beide vom XXXX .11.2019, aus welchen hervorgeht, dass der Beschwerdeführer Mitglied dieser Gesellschaft ist, an deren monatlichen Stammtisch-Treffen teilnimmt und sich mehrmals an Kundgebungen in Österreich beteiligt hat

8.1. Das Bundesverwaltungsgericht richtete amtswegig eine Anfrage an die Staaten-dokumentation zur Klärung folgender Fragen:

1.) Gibt es Informationen über die Arbeiterkommunistische Partei Irans in Bezug auf ihre Ziele und ihren organisatorischen Aufbau?

2.) Wie ist die Stellung der Arbeiterkommunistischen Partei Irans im politischen Gefüge des Iran? (Ist diese verboten oder erlaubt? Ist diese auch im Iran tätig oder nur aus dem Exil?)

2a.) Für den Fall, dass die Arbeiterkommunistische Partei Irans auch im Iran selbst tätig ist, um welche Tätigkeiten handelt es sich dabei?

2b.) Gibt es im Iran Niederlassungen und/oder Stützpunkte der Arbeiter-kommunistischen Partei Irans?

3.) Gibt es Informationen über die Führungsebene der Arbeiterkommunistischen Partei Irans?

3a.) Sind Mitglieder und/oder Führungskräfte der Arbeiterkommunistischen Partei Irans staatlicher Verfolgung bzw. staatlichen Repressionen ausgesetzt?

3b.) Gibt es Informationen über die Festnahme von XXXX gegen Ende des Sommers 2015 in XXXX ?

4.) Gibt es Informationen über den vom Beschwerdeführer gemeinsam mit XXXX angeblich bis Ende Sommer 2015 betriebenen Webblog "Bonbast" (auch: Bonbast-e Din)?

5.) Gibt es Informationen über eine noch existente Facebook-Seite namens "Atheisten Parsi" bzw. "Atheist Parsi", deren Administrator der Beschwerdeführer ist und die auch im Iran aufgerufen werden kann?

6.) Inwiefern bestünde für den Beschwerdeführer Gefahr einer staatlichen Verfolgung bei einer Rückkehr in den Iran, wenn er sich in Österreich exilpolitischen Aktivitäten der Arbeiterkommunistischen Partei anschließt bzw. selbst exilpolitisch tätig wird?

7.) Welche Möglichkeiten haben die iranischen Behörden von einer derartigen exilpolitischen Aktivität zu erfahren?

8.2. Der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Arbeiterkommunistischen Partei Iran vom 02.01.2020 ist hinsichtlich Frage 1.) zu entnehmen, dass die Partei existiere und außerhalb des Iran recht aktiv sei. Innerhalb des Iran habe sie in den Untergrund gehen müssen, da keine Aktivitäten der Opposition toleriert würden. Sie sei im Herbst 1991 gegründet worden. Im Manifest werde die Partei als Ende der Nachbeben des Zusammenbruchs des bürgerlichen Sozialismus und als Beginn der kommunistischen Arbeiteroffensive dargestellt. Die Plattform der Partei fordere die Schaffung einer besseren Welt nach dem Sturz der Islamischen Republik auf der Grundlage des Manifests von Karl Marx und Friedrich Engels. "Let the world know!" enthalte 14 Kommuniqués der Partei, während ihre Hauptkampagnen für die Emanzipation der Frauen, iranische Flüchtlinge und gegen Steinigungen und Hinrichtungen seien. ACCORD führe als Beispiele Splittergruppen der "Worker-Communist-Party Iran" (= WPI) die "Worker-Communist Party of Iran - Hekmatist" sowie die "Worker Communism Unit Party" an. Der vom WPI proklamierte Sozialismus bedeute "den Untergang des Lohnsystems und die Schaffung wirtschaftlicher Gleichheit aller Menschen" und strebe nach einem politischen System, das "die weitestgehenden politischen Freiheiten sowie die individuellen und sozialen Rechte der Bürger gewährleistet".

Zu Frage 2.) wurde festgehalten, dass die Partei im Iran verboten sei. Die schwere Repression, die gegen die Opposition im Iran gerichtet sei, habe sie in den Untergrund getrieben. Daher seien ihre Operationen innerhalb des Iran geheim. Ihr Publikum erreiche die Partei über Massen- und soziale Medien. Sie betreibe auch einen Satellitenfernsehkanal sowie eine Website und führe schriftliche Veröffentlichungen durch. Sie müsse über mehrere "Zellen" verfügen, da sie mehrere Publikationen habe, die innerhalb des Iran verteilt würden. Sicher sei, dass die Partei zumindest einige Sympathisanten, wenn nicht sogar aktive Unterstützer, unter den Arbeitern und Studenten habe.

Betreffend Frage 3.) wurde ausgeführt, der Generalsekretär der Partei sei XXXX , während der politische Vorstand mit 23 Mitgliedern, gewählt aus 61 Mitgliedern des Zentralkomitees, von XXXX geleitet werde. Mitglieder und Führungskräfte müssten mit Repressionen (Inhaftierung, lange Gefängnisstrafen oder sogar der Todesstrafe) rechnen.

Zu Frage 5.) wurde festgehalten, dass die Facebook-Seite existiere, vom Iran aus über eine VPN-Verbindung (Proxy) erreichbar sei, jedoch vom Vertrauensanwalt keine Angaben zum Administrator gemacht werden könnten.

Hinsichtlich Frage 6.) wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer laut Auskunft des Vertrauensanwalts enormen Risiken im Herkunftsstaat ausgesetzt sei, wenn seine Identität bekannt sei. Aus der Anfragebeantwortung der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 15.01.2013 geht weiter hervor, dass die iranischen Sicherheitsgesetze Verstöße gegen die nationale und internationale Sicherheit unter Strafe stellen würden. Darunter würden Propaganda gegen das Regime, Demonstrationen, die Mitgliedschaft in illegalen Gruppierungen, Beleidigung des Revolutionsführers und die Publikation von Lügen fallen. Gerichte würden solche Verstöße normalerweise mit harten Gefängnisstrafen bis zu 25 Jahren, Auspeitschen oder Arbeitsverboten bestrafen. Das iranische Strafgesetz sehe weiter vor, dass Personen für Straftaten belangt werden können, die außerhalb des Iran begangen worden seien. Unter anderem würden Handlungen gegen das Regime und gegen die interne und externe Sicherheit bestraft werden. Es sei vorgesehen, dass die betroffenen Personen, sobald sie im Iran seien, vor Gericht gestellt würden. Bestehende Gesetze würden es den iranischen Behörden zudem erlauben, zurückgekehrte abgelehnte Asylsuchende für Aktivitäten im Ausland, wie zum Beispiel erfundene Berichte über Verfolgung, strafrechtlich zu verfolgen. Eine Reihe von Personen, welche im Ausland exilpolitisch tätig gewesen seien, seien in den vergangenen Jahren bei ihrer Rückkehr Opfer von Verfolgung und Menschen-rechtsverletzungen geworden. Insbesondere gehe das Regime auch äußerst hart gegen Autoren von Internet-Blogs und Journalisten vor, welche im Internet regierungskritische Texte publiziert hätten. Gemäß Freedom House hätten die iranischen Behörden eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Kommunikation von Dissidenten im Internet zu überwachen und als Grundlage für Anklagen zu verwenden. Unter anderem sollen auch Aktivitäten auf der Website "Facebook" als Grundlage für Anklagen verwendet worden seien. Vier Personen seien im Jänner 2012 zum Tode verurteilt worden, da sie sich im Internet kritisch über das Regime geäußert hätten. Vorgeworfen sei ihnen unter anderem die Kollaboration mit ausländischen Regierungen, die Beleidigung der Führer des Landes, die Lancierung und den Unterhalt von oppositionsfreundlichen Websites sowie Korruption ("fisad-fil-arz") und die Feindschaft gegen Gott ("moharebeh") worden. Diese Personen seien sowohl physisch als auch psychisch gefoltert worden.

Zu Frage 7.) wurde festgehalten, dass der Sicherheits-/Geheimdienstapparat regelmäßig, genau und ständig die gesamten sozialen Medien, die Websites und Webblogs der ausländischen Presse der Opposition sowie die Telegrammkanäle überwachen würde. Darüber hinaus würden durch ein weites Netz von "Maulwürfen", Doppelagenten und anderen Spionen sowie Informanten, die nicht notwendigerweise alle Iraner seien, Informationen über Exilgegner gesammelt und von den iranischen Behörden entsprechend verwertet werden.

In einer ergänzenden Anfragebeantwortung zu XXXX vom 02.01.2020 wurde hinsichtlich der Fragen 3b.) und 4.) festgehalten, dass der Vertrauensanwalt trotz umfangreicher Suche im Internet unter Umgehung der Filterung durch den Staat keinen Hinweis auf einen " XXXX " bzw. " XXXX ", zwei sehr gebräuchliche Namen, in Zusammenhang mit der Workers' Communist Party oder einer Verhaftung gefunden habe. Der Vertrauensanwalt schließe nicht aus, dass er ein unauffälliger Aktivist in den Reihen der Bevölkerung gewesen sein könne und sein Name daher nicht unter den bekannten (die Identität preisgebenden) Mitgliedern der Partei erscheine. Zum Webblog "Bonbast" bzw. "Bonbabst-e Din" hätten keine Informationen gefunden werden können, zumal es so gut wie unmöglich sei, einen solchen wiederherzustellen. Der Name sei jedoch sehr aussagekräftig, zumal "bonbast" Sackgasse bzw. Deadlock oder Deadend bedeuten würde, während "din" Religion bedeute.

8.3. Mit Verfahrensanordnung vom 07.01.2020 wurden den Verfahrensparteien die Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation zur Stellungnahme binnen drei Wochen übermittelt.

8.4. Mit Stellungnahme vom 28.01.2020 brachte der Beschwerdeführer im Wege seines rechtsfreundlichen Vertreters vor, dass eine "Internetrecherche" als mehr oder weniger alleinige Quelle für Informationen aus dem Iran im Wesentlichen ein untaugliches Mittel darstelle. Dennoch lasse sich der Anfragebeantwortung zweifelsfrei entnehmen, dass sowohl die Mitglieder der kommunistischen Partei als auch Mitglieder einer Partei, die sich dem Atheismus verschrieben hat, im Iran in Lebensgefahr schweben würden. Da der Beschwerdeführer Mitglied einer solchen Partei gewesen sei, würde dies im Fall einer Rückkehr auch für ihn gelten. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass sich der Beschwerdeführer auch in Österreich für die Ziele der Bewegungen eingesetzt habe und vielfach auf entsprechenden Veranstaltungen in Erscheinung getreten sei. Überdies habe sich die politische Lage im Iran in den letzten Monaten deutlich verschlechtert. Seiner Beschwerde sei daher stattzugeben.

Mit der Stellungnahme wurde unter anderem ein Lichtbild vorgelegt, welches den Beschwerdeführer bei einem Informationsstand der "Atheistischen Religionsgemeinschaft in Österreich" zeigt.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erstattete bis zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt keine Stellungnahme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist iranischer Staatsangehöriger sowie Zugehöriger zur persischen Volksgruppe. Er bekennt sich zu keiner Religion. Nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellte er am 20.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer wurde in XXXX geboren, verzog jedoch bereits im Alter von drei Jahren mit seiner Mutter und seiner Schwester nach Teheran, wo sie gemeinsam bis zu seiner Ausreise gelebt haben. In Teheran hat er maturiert sowie ein Kurzstudium abgeschlossen. Zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes hat er ein Geschäft betrieben, in welchem er Kunsthandwerk verkauft hat. Ferner hat er an der XXXX Universität XXXX zwei Jahre "Handelsmanagement" studiert. Aufgrund der Teilnahme an studentischen Aufständen ist er von den sogenannten "Herasat" (= "Moralwächter" an Universitäten) zu einer Einvernahme geladen und in weiterer Folge der Universität verwiesen worden.

1.1.2. An der Universität hat der Beschwerdeführer Freunde gefunden, durch welche er mit dem kommunistischen Gedankengut in Berührung gekommen ist. Nach seinem Universitätsverweis hat der Kontakt zu diesen Freunden zugenommen. Je mehr Zeit er mit ihnen verbracht hat, desto mehr wurde sein Interesse am Kommunismus gesteigert. Da ihn die politischen Ideen des Kommunismus überzeugt haben, ist er ein paar Monate nach dem Verweis von der Universität im Jahr 2007/2008 Mitglied der Arbeiterkommunistischen Partei Iran (= API) geworden. Im Jahr 2008/2009 ist er Kadermitglied dieser Partei geworden.

Innerhalb der Partei ist er für das "Komitee gegen Hinrichtungen" sowie in der Abteilung für die Kontaktaufnahme mit den Familien von politischen Gefangenen und Hingerichteten tätig gewesen. Außerhalb der Partei hat er im Jahr 2013 die Facebook-Seite "Atheisten Parsi" erstellt und deren Administration übernommen. Mit seinem Freund XXXX , welcher ebenso der API angehört und von der Tätigkeit des Beschwerdeführers in Zusammenhang mit der Facebook-Seite "Atheisten Parsi" wusste, hat er den Webblog "Bonbast-e Din" administriert. Der Beschwerdeführer hat seine politischen Aktivitäten im Iran verdeckt durchgeführt. Im Jahr 2015 ist jedoch sein Freund XXXX im Westen des Iran festgenommen worden. Ein anderer Freund hat ihn darüber informiert und ihm geraten, den Herkunftsstaat zu verlassen. Daraufhin ist der Beschwerdeführer endgültig aus dem Iran ausgereist. Über die Türkei, Griechenland, Nordmazedonien, Serbien, Kroatien und Ungarn ist er nach Österreich geflüchtet.

Wenige Tage nach der Festnahme von XXXX , als sich der Beschwerdeführer bereits in der Türkei aufgehalten hat, sind zwei Männer und eine Frau in Zivil zu seiner Mutter gekommen und haben sie zu dem Aufenthaltsort des Beschwerdeführers befragt. In der Folge haben sie sich Zugang zu seinem Zimmer verschafft und seine persönlichen Sachen mitgenommen. Es ist sohin davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in das Blickfeld der iranischen Behörden geraten ist, da sein festgenommener Freund XXXX seine Identität sowie Informationen über seine politischen Aktivitäten preisgegeben hat.

1.1.3. In Österreich wirkt der Beschwerdeführer ebenso an der politischen Tätigkeit der Kommunistischen Arbeiterpartei Iran mit und ist in der Atheistischen Religionsgesellschaft in Österreich aktiv. Auch die Facebook-Seite "Atheisten Parsi", welche er zwei Jahre vor seiner Ausreise erstellt hat, betreibt er von Österreich aus weiter. Auf dieser veröffentlicht er Beiträge, die sich gegen den Islam wenden, sowie Beiträge über österreichische Demonstrationen gegen die Islamische Republik Iran. Die Facebook-Website ist im Iran über eine VPN-Verbindung abrufbar. Der Webblog "Bonbast-e Din" existiert hingegen nicht mehr.

1.1.4. Im Herkunftsstaat ist die Arbeiterkommunistischen Partei Iran verboten. Sie wurde durch schwere Repressionen in den Untergrund getrieben, weshalb ihre Operationen geheim sind. Mitglieder und Führungskräfte müssen mit Repressionen (Inhaftierung, lange Gefängnisstrafen oder sogar der Todesstrafe) rechnen, wenn sie an die Öffentlichkeit gehen oder im Iran entdeckt werden. Das iranische Strafgesetz sieht vor, dass Personen für Straftaten belangt werden können, welche außerhalb des Irans begangen wurden. Bestraft werden unter anderem Handlungen gegen das Regime und gegen die interne und externe Sicherheit. Das Strafgesetz sieht auch explizit vor, dass die Personen, sobald sie im Iran sind, vor Gericht gestellt werden. Eine Reihe von Personen, welche im Ausland exilpolitisch tätig gewesen sind, sind in den vergangenen Jahren bei ihrer Rückkehr Opfer von Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen geworden.

Der iranische Sicherheits- und Geheimdienstapparat überwacht regelmäßig, genau und ständig soziale Medien, Websites und Webblogs der ausländischen Presse der Opposition sowie die Telegrammkanäle. Darüber hinaus werden durch ein weites Netz von Spionen und Informanten, die nicht notwendigerweise Staatsangehörige des Irans sind, Informationen über Exilgegner gesammelt und von den iranischen Behörden entsprechend verwertet. Insbesondere geht das Regime äußerst hart gegen Autoren von Internet-Blogs und Journalisten vor, welche im Internet regierungskritische Texte publiziert haben. Die iranischen Behörden haben eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Kommunikation von Dissidenten im Internet zu überwachen und als Grundlage für Anklagen zu verwenden. Unter anderem sollen auch Aktivitäten auf der Website "Facebook" als Grundlage für Anklagen verwendet worden sein. Vorgeworfen wird ihnen unter anderem die Kollaboration mit ausländischen Regierungen, die Beleidigung der Führer des Landes, die Lancierung und den Unterhalt von oppositionsfreundlichen Webseiten, sowie Korruption ("fisad-fil-arz") und die Feindschaft gegen Gott ("moharebeh").

1.1.5. Festgestellt wird sohin, dass für den Beschwerdeführer aus politischen Gründen, konkret aufgrund seiner Tätigkeit für die Arbeiterkommunistische Partei Iran sowie aufgrund des Betreibens einer Facebook-Seite, welche sich mit ihren Beiträgen gegen den Islam sowie gegen das iranische Regime wendet, das reale Risiko einer hinreichend intensiven Verfolgung im Iran durch die Sicherheitsbehörden besteht. Im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat besteht für den Beschwerdeführer die reale Gefahr der Inhaftierung, der Folter sowie einer langen Gefängnisstrafe. Es kann ferner nicht ausgeschlossen werden, dass über ihn aufgrund seiner (exil-)politischen Aktivitäten die Todesstrafe verhängt wird. Eine innerstaatliche Fluchtalternative kommt dem Beschwerdeführer nicht zu.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht straffällig geworden ist.

1.2. Zur verfahrensrelevanten Situation im Iran:

1.2.1. Verbotene Organisationen:

Die Mitgliedschaft in verbotenen politischen Gruppierungen kann zu staatlichen Zwangsmaßnahmen und Sanktionen führen. Besonders schwerwiegend und verbreitet sind staatliche Repressionen gegen jegliche Aktivität, die als Angriff auf das politische System empfunden wird oder die islamischen Grundsätze in Frage stellt. Als rechtliche Grundlage dienen dazu weitgefasste Straftatbestände. Personen, deren öffentliche Kritik sich gegen das System der Islamischen Republik Iran als solches richtet und die zugleich intensive Auslandskontakte unterhalten, können der Spionage beschuldigt werden (AA 12.1.2019).

15.6.2018) Zu den militanten separatistischen Gruppen in Iran zählen insbesondere die kurdisch-marxistische Komalah-Partei. die Democratic Party of Iranian Kurdistan (DPIK). die aus Belutschistan stammende Jundallah. und die Party for a Free Life in Kurdistan (PJAK). die eng mit ihrer Schwesterorganisation. der PKK. zusammenarbeitet (AA 12.1.2019). Die politischen Gruppierungen KDPI. Komala und PJAK sind im Untergrund aktiv (DIS/DRC 23.2.2018). Die PJAK gilt in Iran als Terrororganisation (ÖB Teheran 12.2018) und hat einen bewaffneten Flügel (AI 15.6.2018). Auch die Volksmudschahedin (MEK. MKO. PMOI) zählen zu den verbotenen Organisationen (AI 11.2.2019).

Im FFM-Bericht des Danish Immigration Service erklärt eine Quelle. dass sie noch nie davon gehört hätte. dass eine Person nur aufgrund einer einzigen politischen Aktivität auf niedrigem Niveau. wie z.B. dem Verteilen von Flyern. angeklagt wurde. Andererseits ist es aber laut einer anderen Quellen schon möglich. dass man inhaftiert wird. wenn man mit politischem Material. oder beim Anbringen von politischen Slogans an Wänden erwischt wird. Es kommt darauf an. welche Art von Aktivität die Personen setzen. Andauernde politische Aktivitäten können in einer Anklage enden (DIS/DRC 23.2.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1457257/4598_1548938794_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-iran-stand-november-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 11.6.2019;

* AI - Amnesty International (15.6.2018): Urgent Action, Iranian Kurdish Woman denied Medical Care, UA: 151/14 Index: MDE 13/8598/201,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1435509/1226_1529323691_mde1385982018english.pdf. Zugriff 11.6.2019;

* AI - Amnesty International (11.2.2019): Amnesty International's written statement to the 40th session of the Human Rights Council (25 February - 22 March 2019), MDE 13/9828/2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457788/1226_1550135137_mde1398282019english.pdf.Zugriff 11.6.2019;

* DIS/DRC - Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (23.2.2018): Iran: Issues concerning persons of ethnic minorities, including Kurds and Ahwazi Arabs, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426253/1788_1520517984_issues-concerning-persons-of-ethnic-minorities-including-kurds-and-ahwazi-arabs.pdf. Zugriff 11.6.2019

und

* ÖB Teheran (12.2018): Asylländerbericht Iran,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2007543/Asyll%C3%A4nderbericht+2018.pdf, Zugriff 11.6.2019

1.2.2. Haftbedingungen:

Die Haftbedingungen in iranischen Gefängnissen sind von massiver Überbelegung geprägt. Berichten zufolge kommt es auch vor, dass bei Überbelegung der Zellen Häftlinge im Freien untergebracht werden (ÖB Teheran 12.2018, vgl. US DOS 13.3.2019, FH 4.2.2019), oder sie müssen auf Gängen oder am Boden schlafen. Laut der NGO "United for Iran", die sich mit Haftbedingungen beschäftigt, ist die Häftlingspopulation dreimal größer als die Kapazität der Gefängnisse (US DOS 13.3.2019). Die Haftbedingungen sind sehr oft auch gesundheitsschädigend. Berichtet wird über unzureichende Ernährung und Verweigerung notwendiger medizinischer Behandlung, in Einzelfällen mit tödlichen Folgen. Auch ist von mangelnder Hygiene auszugehen (ÖB Teheran 12.2018, vgl. US DOS 13.3.2019, FH 4.2.2019).

In den Gefängnissen wird auch von physischer und psychischer Folter berichtet. Dies gilt auch und gerade im Zusammenhang mit Häftlingen, die unter politischem Druck stehen, zu intensive Kontakte mit Ausländern pflegen, etc. Neben Elektroschocks werden u.a. Schläge, Verbrennungen, Vergewaltigungen, Scheinhinrichtungen, Verhaftung der Familie, Einzelhaft und Schlafentzug verwendet. Dazu kommt vielfach der nicht oder nur ganz selten mögliche Kontakt mit der Außenwelt. Oft ist es Angehörigen während mehrerer Wochen oder Monate nicht möglich, Häftlinge zu besuchen. Politische Gefangene oder Minderjährige werden teils mit kriminellen Straftätern zusammengelegt, wodurch Übergriffe nicht selten sind (ÖB Teheran 12.2018).

Die Haftbedingungen für politische und sonstige Häftlinge weichen stark voneinander ab. Für politische Gefangene sind die Haftbedingungen von Fall zu Fall unterschiedlich und reichen vor allem in der Untersuchungshaft bzw. in irregulärer Haft vor einem Gerichtsverfahren von schlechten hygienischen Bedingungen über unzureichende medizinische Versorgung bis hin zur Verweigerung lebenswichtiger Medikamente (AA 12.1.2019).

Die Grenzen zwischen Freiheit, Hausarrest und Haft sind in Iran manchmal fließend sind. Politisch als unzuverlässig geltende Personen werden manchmal in "sichere Häuser" gebracht, die den iranischen Sicherheitsbehörden unterstehen, und wo sie ohne Gerichtsverfahren Monate oder sogar Jahre festgehalten werden. Ein besonders prominentes Beispiel ist Oppositionsführer Mehdi Karroubi, der zusammen mit seiner Frau und zwei anderen Oppositionsführern seit 2011 unter Hausarrest steht (ÖB Teheran 12.2018). Von Hungerstreiks in iranischen Gefängnissen wird des Öfteren berichtet, in der Regel entschließen sich politische Häftlinge dazu (ÖB Teheran 12.2018, vgl. FH 4.2.2019).

Es ist nach wie vor üblich, Inhaftierte zu foltern oder anderweitig zu misshandeln, insbesondere während Verhören. Gefangene, die sich im Gewahrsam des Ministeriums für Geheimdienste oder der Revolutionsgarden befinden, müssen routinemäßig lange Zeiträume in Einzelhaft verbringen, was den Tatbestand der Folter erfüllt (AI 22.2.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1457257/4598_1548938794_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-iran-stand-november-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 31.5.2019;

* AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html, Zugriff 28.5.2019;

* FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019- Iran,

https://www.ecoi.net/de/dokument/2006369.html. Zugriff 31.5.2019;

* ÖB Teheran (12.2018): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2007543/Asyll %C3%A4nderbericht+2018.pdf. Zugriff 28.5.2019 und

* US DOS - US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices 2018 Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004255.html, Zugriff 28.5.2019

1.2.3. Rechtsschutz / Justizwesen:

Seit 1979 ist Iran eine Islamische Republik, in

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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