TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/29 W154 2207570-2

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Veröffentlicht am 29.04.2020
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Entscheidungsdatum

29.04.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §76 Abs3
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W154 2207570-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX (und weiteren Alias-Vor- und Familiennamen), geb. am XXXX alias XXXX (und weiteren Aliasgeburtsdaten), StA: Marokko, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.04.2020, Zahl: 422211707/200319735, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 03.04.2020 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 3 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

IV. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG iVm § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat der Beschwerdeführer dem Bund Aufwendungen in Höhe von ? 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist im Jahr 2005 in Österreich eingereist.

Am 21.03.2005 stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz, der am 15.09.2006 abgewiesen wurde. In einem war die Ausweisung des Beschwerdeführers ausgesprochen worden. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Am 18.06.2008 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Asylantrag; dieser Antrag wurde vom Bundesasylamt wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Am 24.05.2012 stellte der BF einen dritten Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid vom 07.01.2013 erneut wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 08.07.2013 aufgehoben; im weiteren Rechtsgang wurde ein neuerlich zurückweisender Bescheid mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.11.2015 behoben.

Mit Bescheid vom 14.11.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge als BFA bezeichnet), den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom 25.05.2012 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.), wies den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko ab (Spruchpunkt II.), erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) (Spruchpunkt IV.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt V.), erließ gegen ihn gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VI.), gewährte gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VII.) und erkannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1, 3 und 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VIII.).

Der Beschwerdeführer erhob gegen die Spruchpunkte II. bis VIII. dieses Bescheides Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.04.2020, Zl. I402 1428032-4/28E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Das Erkenntnis wurde dem bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers am 01.04.2020 zugestellt.

Nach Entlassung des Beschwerdeführers am 03.04.2020 aus der Strafhaft wurde über diesen mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Die belangte Behörde stütze die Fluchtgefahr in ihrem Bescheid dabei auf § 76 Abs. 3 Z. 1, 3 und 9 FPG.

Gegen den Mandatsbescheid, die Schubhaftanordnung sowie die fortdauernde Anhaltung in Schubhaft erhob der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 22.04.2020 Beschwerde. Die Beschwerde ging dabei zum einen von der Rechtswidrigkeit des erlassenen Mandatsbescheides aus, weil die belangte Behörde aufgrund der Anhaltung des Beschwerdeführers in Strafhaft ein ordentliches Ermittlungsverfahren führen und die Schubhaft mittels Bescheides über den Beschwerdeführer anordnen hätte müssen. Zum anderen ging die Beschwerde von der Rechtswidrigkeit der Anordnung der Schubhaft aufgrund fehlender Realisierbarkeit der Abschiebung aus. Begründet wurde dies damit, dass der nunmehr festgestellte Name des Beschwerdeführers der Behörde schon seit mindestens sechs Monaten bekannt sei und es bisher trotzdem zu keiner Identifizierung des Beschwerdeführers gekommen sei. Da es der Behörde bereits in der Vergangenheit nicht gelungen sei, für den Beschwerdeführer ein Heimreisezertifikat zu erlangen, sei nicht ersichtlich, warum die Behörde gegenwärtig davon ausgehe, dass nunmehr die Ausstellung eines solchen erfolgen solle. Des Weiteren geht die Beschwerde vom Nichtvorliegen von Fluchtgefahr aus, da dem Beschwerdeführer eine Wohnmöglichkeit in einer näher bezeichneten Unterkunft zur Verfügung stehe, diesbezüglich wurde die Einvernahme eines Betreuers der bezeichneten Unterkunft als Zeuge beantragt. Ebenso wurde in der Beschwerde Unverhältnismäßigkeit der Haft aufgrund der Suchterkrankung des Beschwerdeführers geltend gemacht.

In der Beschwerde wurde beantragt, die Anordnung der Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären. Weiters wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung sowie Kosten- und Barauslagenersatz beantragt.

Am 24.04.2020 legte die belangte Behörde die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Stellungnahme. Dabei führte das BFA nach Darlegung des Verfahrensganges unter Hinweis auf das laufende Verfahren zur Erlangung eines Heimreiszertifikates (HRZ) und der diesbezüglichen Urgenz vom 22.04.2020 wie folgt aus:

"Zur Beschwerde:

Ausdrücklich entgegengetreten wird dem Vorbringen in der Beschwerde, wonach der bekämpfte Schubhaftbescheid "entgegen der gesetzlichen Vorgabe in § 76 Abs. 4 FPG" im Mandatsverfahren ergangen sei.

Den Verfahrensakten ist zu entnehmen, dass bis kurz vor der Entlassung des BF aus der Strafhaft das Beschwerdeverfahren bezüglich des letzten Asylantrages noch anhängig war und der Ausgang dieses Verfahren bis zur Rechtskraft mit 01.04.2020 noch ungewiss war. Die Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Schubhaftbescheides erfolgte sofort nach Kenntniserlangung vom rechtskräftigen Abschluss des Beschwerdeverfahrens am 02.04.2020 und erfolgte die Entlassung des Fremden aus der Strafhaft einen Tag später, was iSd § 76 Abs. 4 FPG als "kurzfristig" anzusehen sein wird. Nach der Entlassung aus der Strafhaft am 03.04.2020 erfolgte unverzüglich eine Einvernahme, um den für die Schubhaftverhängung maßgeblichen Sachverhalt abzuklären und war ein Mandatsbescheid zu erlassen.

Insofern die RB eine Fluchtgefahr für nicht wahrscheinlich hält und die Rechtmäßigkeit der Schubhaft in Frage stellt, wird dazu folgendes festgehalten:

Im Zuge der Schubhafteinvernahme am 03.04.2020 gab der BF an, dass er beabsichtige auf illegalem Wege das Land zu verlassen, das wäre gar kein Problem. Überdies gab er zu dem Vorhalt, immer wieder andere Identitäten anzugeben, an, dass er dies mit der Absicht mache, um nicht in Schubhaft genommen zu werden. Der BF hat bis dato niemals an seiner Identitätsfeststellung mitgewirkt, stattdessen hat er durch häufiges Ändern seiner Angaben diese vorsätzlich behindert. Auch nach Vorhalt der erfolgten Personsfeststellung durch IP Rabat war er nicht bereit wahrheitsgemäße Angaben zu machen, indem er darauf bestand, dass er nicht am XXXX in Al Aissaoui geboren wurde, sondern am XXXX in Pushdor.

Ebenfalls verweigerte der BF in der Einvernahme die Befüllung des Formulars für die marokkanische Botschaft.

Zu seinen persönlichen Verhältnissen gab der BF an, ledig und ohne Sorgepflichten zu sein und über keinen familiären oder nennenswerten privaten Bindungen in Österreich zu verfügen, er hätte lediglich seit ca. 2 Jahren eine Freundin, die ihn seit seiner Inhaftierung am 03.04.2019 einmal zu Beginn besucht hätte. Der BF habe auch in Österreich unter falschem Namen und unter Vorweis eines slowakischen Dokumentes schwarzgearbeitet.

Der BF hat sich bereits mehrfach durch Untertauchen und Angabe falscher Identitäten (bereits mehr als 20 Aliasidentitäten zu dieser Person) dem Zugriff der Behörde entzogen und wurde wiederholt straffällig.

Im Strafregister scheinen 11 Verurteilungen wegen SMG, Vermögensdelikten und Gewaltdelikten auf.

Aus dieser erheblichen strafrechtlichen Auffälligkeit des Fremden ist daher der Schluss mangelnder Vertrauenswürdigkeit zulässig, was - entgegen den Ausführungen in der Beschwerde - auch bei der Prüfung von Sicherungsmaßnahmen nach dem FPG nicht außer Betracht bleiben kann.

Zusammengefasst wird festgehalten, dass erhebliche Fluchtgefahr besteht, welcher - trotz Bestehens einer Wohnmöglichkeit - lediglich durch Verhängung der Schubhaft wirksam zu begegnen war. Der BF hat durch sein Vorverhalten unter Beweis gestellt, dass er nicht gewillt ist, Mitwirkungspflichten im Verfahren sowie die Rechtsordnung insgesamt zu respektieren.

Zur Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft wird festgehalten, dass aufgrund der massiven strafrechtlichen Delinquenz des BF einerseits gem. Judikatur des VwGH das öffentliche Interesse an seiner raschen Außerlandesbringung als maßgeblich vergrößert anzusehen ist; andererseits ist das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates noch laufend und ist die Schubhaft bis dahin unbedingt notwendig, um die für die Abschiebung notwendige Ausstellung des erforderlichen Reisedokuments gem. § 97 FPG zu erlangen.

Das Ergebnis dieses Verfahrens kann jederzeit einlangen, sodass die weitere Anhaltung verhältnismäßig ist und seitens des Fremden jederzeit durch entsprechende Mitwirkung verkürzt werden könnte.

Die allfällige Anwendung gelinderer Mittel zur Sicherung der Abschiebung war als nicht zielführend zu beurteilen, da mit bereits dargelegter ausführlicher Begründung anzunehmen ist, dass sich der Fremde einem solchen Verfahren aus freien Stücken nicht zur Verfügung halten wird, insbesondere da er sich bereits mehrmals dem Verfahren entzogen hat und dies in der Einvernahme erneut angedroht hat. Er wäre somit für die Behörde nicht greifbar und die Abschiebung undurchführbar.

Es mangelt dem BF an jener Vertrauenswürdigkeit und Kooperationswilligkeit mit den Behörden, welche prinzipiell Voraussetzung für die Anwendung gelinderer Mittel wie der periodischen Meldeverpflichtung oder der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit ist.

Da der BF ausreiseunwillig ist und dies in der Einvernahme wiederholt und glaubhaft kundgetan hat, ist davon auszugehen, dass er seiner Ausreiseverpflichtung auch weiterhin aus eigenem nicht nachkommen wird, womit die getroffene Maßnahme zur Sicherung des fremdenpolizeilichen Verfahrens als dringend erforderlich und einzig mögliches verhältnismäßiges Mittel anzusehen ist.

Im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit ist auf die Wichtigkeit eines geordneten Fremdenwesens Bedacht zu nehmen, sodass die gesetzten behördlichen Maßnahmen notwendig und aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes, insbesondere aufgrund des bisher gezeigten Verhaltens des Fremden rechtmäßig und verhältnismäßig sind."

Am Ende der Stellungnahme beantragte die belangte Behörde die Abweisung der Beschwerde sowie den Ersatz der verzeichneten Kosten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.

Der Beschwerdeführer heißt XXXX , ist am XXXX in Al Aissaoui geboren und marokkanischer Staatangehöriger. Seine Identität steht fest. Der Beschwerdeführer verwendete während seines gesamten Aufenthaltes in Österreich zahlreiche unterschiedliche Identitäten.

Gegen den Beschwerdeführer besteht eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung.

Der BF weist in Österreich folgende strafgerichtliche Verurteilungen auf:

1. Mit Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 03.11.2005 wurde der Beschwerdeführer wegen der gewerbsmäßig begangenen Jugendstraftat nach § 27 Abs. 1 erster, zweiter und sechster Fall und Abs. 2 Z 2 erster Fall Suchtmittelgesetz (SMG) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

2. Mit Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 16.02.2006 wurde der Beschwerdeführer wegen desselben Vergehens, jedoch in Form des Versuchs begangen, zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt, wobei die bedingte Nachsicht der vorigen Strafe widerrufen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde.

3. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29.08.2006 wurde der Beschwerdeführer wegen der (teilweise in Form des Versuchs) gewerbsmäßig begangenen Jugendstraftat nach § 27 Abs. 1 und Abs. 2 Z 2 erster Fall SMG und § 15 StGB sowie nach § 27 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt.

4. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 27.11.2007 wurde der Beschwerdeführer wegen der Jugendstraftat, nämlich des (teilweise in Form des Versuchs begangenen) Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach § 15 StGB und §§ 127, 129 Z 1 und Z 2 StGB und des Vergehens nach § 27 Abs. 1 erster und zweiter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.

5. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16.06.2010 wurde der Beschwerdeführer als junger Erwachsener wegen versuchter Nötigung nach § 15 StGB und § 105 Abs. 1 StGB, wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 3 und Abs. 5 SMG und wegen der Vergehen der (teilweise in Form des Versuchs begangenen) Urkundenunterdrückung und des Gebrauchs fremder Ausweise nach § 15 StGB und §§ 229 und 231 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.

6. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 11.04.2011 wurde der Beschwerdeführer als junger Erwachsener wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.

7. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 06.12.2012 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 3 und Abs. 5 SMG zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt.

8. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 03.06.2014 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des (teilweise in Form des Versuchs begangenen) gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.

9. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 02.10.2014 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG und §§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 3 und Abs. 5 SMG zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt.

10. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 30.10.2014 (in Rechtskraft erwachsen am 13.10.2015) wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des (in Form des Versuchs) begangenen Widerstands gegen die Staatsgewalt nach § 15 StGB und § 269 Abs. 1 erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.

11. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 06.05.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen des (in Form des Versuchs begangenen) Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 2a zweiter Fall StGB und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt.

Seit der ersten Asylantragstellung war der Beschwerdeführer außerhalb behördlicher Anhaltung in Österreich lediglich zeitweise amtlich gemeldet.

Der Beschwerdeführer zeigte sich durch seine Verhaltensweise den österreichischen Behörden gegenüber mehrfach unkooperativ.

Der BF ist in Österreich nicht substantiell integriert, er verfügt in Österreich über keine festen familiären, sozialen und beruflichen Bindungen. Er ist nahezu mittellos und ging in Österreich nie einer legalen Beschäftigung nach.

Der BF leidet an Hepatitis C. Aufgrund seiner Drogenabhängigkeit befindet sich der Beschwerdeführer in einer Drogenersatztherapie. Er ist hafttauglich.

Der BF befindet sich seit 03.04.2020 in Schubhaft, die im Polizeianhaltezentrum Eisenstadt vollzogen wird.

Nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens am 01.04.2020 wurde das Verfahren des Beschwerdeführers zur Erlangung eines Heimreisezertifikates durch Urgenz seitens der Behörde zügig fortgesetzt. Mit der Erlangung eines Heimreisezertifikates innerhalb der Schubhafthöchstdauer ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu rechnen.

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA sowie den übrigen asyl- und fremdenrechtlichen Verwaltungsakten sowie aus den den Beschwerdeführer betreffenden Gerichtsakten zu den hg. Zl.en I401 1428032-3 und I401 1428032-4 sowie W186 2207570.

Dass der BF nicht österreichischer Staatsbürger ist, ergibt sich aus einer IZR Abfrage.

Die Feststellung zur Identität des Beschwerdeführers gründet auf den vorliegenden Verfahrensakt und die hg. oben angeführten Gerichtsakten. Die feststehende Identität des Beschwerdeführers ergibt sich aus der an das Bundesamt gerichteten Mitteilung des Bundesministeriums für Inneres, Bundeskriminalamt, vom 10.01.2019, wonach er von Interpol Marokko unter den oben angeführten Personendaten identifiziert wurde.

Die Feststellungen hinsichtlich der durchsetzbaren Rückkehrentscheidung ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA sowie aus den hg. Gerichtsakten den Beschwerdeführer betreffend, insbesondere aus dem hg. Gerichtsakt zur Zl. I401 1428032-4.

Die Feststellungen hinsichtlich der amtlichen Meldungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Anfrage beim Zentralen Melderegister sowie aus dem GVS - Auszug.

Die Feststellung zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Auszug aus dem Strafregister, aus den Verwaltungsakten sowie dem hg. Gerichtsakt zu I401 1428032-4.

Die Feststellungen zum unkooperativen Verhalten des Beschwerdeführers den österreichischen Behörden gegenüber ergeben sich aus den Verwaltungsakten und oben angeführten Gerichtsakten. So hat der Beschwerdeführer verschiedene Identitäten deshalb angenommen, um nicht in Schubhaft genommen werden zu können. Die Erlangung eines Heimreisezertifikates versuchte der Beschwerdeführer darüber hinaus dadurch zu verhindern, dass er die Mitwirkung am Ausfüllen der entsprechenden Formulare verweigerte. Des Weiteren war der Beschwerdeführer außerhalb behördlicher Unterbringung während seines fast 15-jährigen Aufenthaltes in Österreich kaum amtlich im Bundesgebiet gemeldet und war somit für die Behörden nicht greifbar.

Die Feststellungen zur beruflichen, familiären und sozialen Anbindung des Beschwerdeführers in Österreich gründen auf den expliziten Aussagen des Beschwerdeführers zum einen in der mündlichen Einvernahme zur Anordnung der Schubhaft am 03.04.2020 vor dem BFA sowie in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 30.03.2020 zur Zl. I401 1428032-4. Der Beschwerdeführer führt nach eigenen Angaben keine Lebensgemeinschaft oder eine "familienähnliche" Beziehung in Österreich. Er übte keine der Pflichtversicherung nach den Sozialversicherungsgesetzen unterliegende Tätigkeiten aus, er arbeitete vielmehr mit einem gefälschten slowakischen Reisepass "schwarz" am Bau. Er nahm auch nicht am sozialen Leben in Österreich teil. Umstände, die eine Integration von maßgeblicher Intensität begründen könnten, liegen im konkreten Fall daher nicht vor.

Die Haftfähigkeit ergibt sich aus dem Gesundheitszustand des Beschwerdeführers und wurde in der gegenständlichen Beschwerde auch nicht bestritten. Darüber hinaus ist es notorisch, dass im Falle gesundheitlicher Probleme eine engmaschige gesundheitliche Kontrolle im Rahmen der Schubhaft durchgeführt wird. Falls Haftuntauglichkeit eintritt, wäre der Beschwerdeführer jedenfalls sofort zu enthaften.

Die Feststellung hinsichtlich der Anhaltung des BF ergibt sich aus der Anhaltedatei.

Die Feststellung zur Erlangung eines Heimreisezertifikates gründet auf dem verfahrensgegenständlichen Verwaltungsakt sowie auf den hg. Gerichtsakt zu I401 1428032-4. Daraus ist abzuleiten, dass die Behörde unmittelbar nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens am 01.04.2020 die Ausstellung eines Heimreisezertifikates am 22.04.2020 urgierte, woraus ersichtlich ist, dass das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates nach Abschluss des Asylverfahrens seitens der Behörde zügig geführt wurde. Darüber hinaus kann durch konstruktive Mitwirkung des Beschwerdeführers die Erlangung eines Heimreisezertifikates rasch erfolgen, woraus sich die Feststellung, dass mit der Erlangung eines Heimreisezertifikates innerhalb der Schubhafthöchstdauer zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu rechnen ist, ergibt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchteil A)

Zu Spruchpunkt I. (Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft):

3.2. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; 19.04.2012, 2009/21/0047).

3.3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und der Anhaltung in Schubhaft seit 03.04.2020:

Die Beschwerde vermeint die Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides darin zu erkennen, dass dieser entgegen der gesetzlichen Vorgabe in § 76 Abs. 4 FPG im Mandatsverfahren ergangen sei.

In ihrer Stellungnahme vom 24.04.2020 legt die belangte Behörde dar, dass bis kurz vor der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft am 03.04.2020 das Beschwerdeverfahren bezüglich des letzten Asylantrages noch anhängig und der Ausgang dieses Verfahren bis zur Rechtskraft mit 01.04.2020 noch ungewiss gewesen sei. Die Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Schubhaftbescheides sei sofort nach Kenntniserlangung vom rechtskräftigen Abschluss des Beschwerdeverfahrens am 02.04.2020 erfolgt. Da die Entlassung des Fremden aus der Strafhaft einen Tag später erfolgt sei, sei dies iSd § 76 Abs. 4 FPG als "kurzfristig" anzusehen. Nach der Entlassung aus der Strafhaft am 03.04.2020 sei unverzüglich eine Einvernahme erfolgt, um den für die Schubhaftverhängung maßgeblichen Sachverhalt abzuklären und sei ein Mandatsbescheid zu erlassen gewesen.

Der Argumentation der belangten Behörde kann seitens des erkennenden Gerichts nicht entgegengetreten werden. Die Beendigung des Asylverfahrens unmittelbar vor der Strafhaftentlassung des Beschwerdeführers hat eine andere Vorgangsweise der belangten Behörde nicht möglich gemacht, weshalb diesbezüglich von der Rechtmäßigkeit des bekämpften Bescheides auszugehen ist.

Bereits aufgrund der Verwendung von Alias- Identitäten hat der Beschwerdeführer § 76 Abs. 3 Ziffer 1 FPG erfüllt.

Gegen den BF besteht eine durchsetzbare aufenthaltsbeende Maßnahme, weshalb § 76 Abs. 3 Ziffer 3 FPG gegeben ist.

Des Weiteren ist die belangte Behörde vom Fehlen einer sozialen Verankerung des BF in Österreich gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG ausgegangen. Demgemäß ist der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. Das Bundesamt kommt dabei zutreffend zum Ergebnis, dass es für substanzielle familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung keinen stichhaltigen Hinweis gab. Die belangte Behörde kam daher zutreffend zu der Auffassung, dass der Beschwerdeführer über keine substantiellen Bindungen in Österreich verfügt, auf Grund welcher anzunehmen sein könnte, dass er sich bis zur geplanten Überstellung den Behörden nicht entziehen werde.

Daran ändert auch die in der Beschwerde genannte Wohnmöglichkeit nichts, hat der Beschwerdeführer auch in der Vergangenheit von einer solchen nie Gebrauch gemacht und ist bei jeder gebotenen Möglichkeit in die Illegalität abgetaucht. Aus diesem Grund konnte auch von der in der Beschwerde beantragten Zeugeneinvernahme abgesehen werden.

Auf Grund dieser Erwägungen besteht im Falle des Beschwerdeführers insgesamt Fluchtgefahr in einem die Anordnung der Schubhaft rechtfertigenden Ausmaß.

3.4. Auf Grund der festgestellten Fluchtgefahr konnte auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden:

Dem Bundesamt ist darin beizupflichten, dass sich im Falle des BF weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen: Für eine effektive finanzielle Sicherheitsleistung reichen in Anbetracht der Umstände des Einzelfalles die finanziellen Mittel nicht aus. Darüber hinaus konnte aufgrund mangelnder Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers - wie oben ausführlich beschrieben - mit der Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten und der periodischen Meldeverpflichtung zurecht nicht das Auslangen gefunden werden.

Überdies gab es bei Anordnung der Schubhaft keine erkennbaren Hinweise auf eine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers und wurde sie auch im Beschwerdeverfahren nicht behauptet.

Das erkennende Gericht geht auch davon aus, dass die angeordnete Schubhaft aufgrund der oben angeführten zahlreichen strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.

Aufgrund des Ermittlungsverfahrens lässt sich aus derzeitiger Sicht aufgrund des seitens der belangten Behörde eingeleiteten Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikates erkennen, dass die Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht zuletzt durch die konstruktive Mitwirkung des Beschwerdeführers zeitnah möglich ist und die rasche Außerlandesbringung des Beschwerdeführers als wahrscheinlich anzusehen ist.

Auch die derzeit vorliegende Pandemielage ändert nichts an der Verhältnismäßigkeit der Anhaltung, da gegenwärtig mit einer Aufhebung der derzeitigen Flugeinschränkungen binnen weniger Wochen zu rechnen ist und von einer baldigen Abschiebung des Beschwerdeführers nach Abschluss des Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikates auszugehen ist (s. dazu VwGH vom 01.04.2020, Ra 2020/21/0116-3).

Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft ab 03.04.2020 abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft):

Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Die Voraussetzungen nach § 76 Abs. 3 Z 1, 3 und 9 FPG liegen weiterhin vor.

Für die Durchsetzung der Abschiebung ist die Anwesenheit des Beschwerdeführers erforderlich. Es ist angesichts seines bisherigen Verhaltens jedoch davon auszugehen, dass er sich dem behördlichen Zugriff durch Untertauchen entziehen würde, sollte sich eine Gelegenheit dazu bieten. Da er zudem über keine feststellbaren (legalen) beruflichen Anknüpfungspunkte (oder substanzielle Geldmittel für einen auch nur mittelfristigen Aufenthalt) im Bundesgebiet verfügt, ist nicht ersichtlich, was den Beschwerdeführer im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft von einem Untertauchen abhalten sollte.

In Zusammenschau mit den obigen Ausführungen besteht damit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall eine zur Anordnung einer Schubhaft hinreichende Fluchtgefahr seitens des Beschwerdeführers gegeben ist.

Im Falle des Beschwerdeführers kann daher auch weiterhin aufgrund seines bereits geschilderten Vorverhaltens mit der Verhängung gelinderer Mittel nicht das Auslangen gefunden werden.

Es liegt somit auch die geforderte "ultima-ratio-Situation" für die Verhängung der Schubhaft vor und erweist sich diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch als verhältnismäßig. Von der Möglichkeit einer Abschiebung im Rahmen der gesetzlichen Fristen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt auszugehen. Hinweise für eine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers sind im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen.

Es ist daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft vorliegen.

Zu Spruchpunkt III. und IV. (Kostenbegehren):

Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei daher kein Kostenersatz, die belangte Behörde hat als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang.

Zu Spruchteil B) (Unzulässigkeit der Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Dies ist im gegenständlichen Fall nicht gegeben. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft Identität Kooperation Kostenersatz öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W154.2207570.2.00

Im RIS seit

14.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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