Entscheidungsdatum
08.05.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W147 2227711-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan KANHÄUSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom 30. September 2019, GZ 0001957982, zu Recht erkannt:
A) Beschwerde:
I. Der Beschwerde hinsichtlich der Rundfunkgebührenbefreiung wird gemäß § 3 Abs. 5 und § 6 Abs. 2 Rundfunkgebührengesetz - RGG, BGBl. I Nr. 159/1999 jeweils in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2016, sowie §§ 47ff Fernmeldegebührenordnung (Anlage zum Fernmeldegebührengesetz), BGBl. I Nr. 170/1970 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2016, mit der Maßgabe stattgegeben, dass XXXX eine Rundfunkgebührenbefreiung ab dem 1. Januar 2020 bis 31. Dezember 2021 erteilt wird.
II. Die Beschwerde hinsichtlich der Rundfunkgebührenbefreiung ab Antragstellung bis einschließlich 31. Dezember 2019 wird gemäß § 3 Abs. 5 und § 6 Abs. 2 Rundfunkgebührengesetz - RGG, BGBl. I Nr. 159/1999 jeweils in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2016, sowie §§ 47ff Fernmeldegebührenordnung (Anlage zum Fernmeldegebührengesetz), BGBl. I Nr. 170/1970 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2016, als unbegründet abgewiesen.
B) Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit am 21. August 2019 bei der belangten Behörde eingelangtem Antragsformular beantragte der Beschwerdeführer die Befreiung von den Rundfunkgebühren, kreuzte als Anspruchsvoraussetzung den Bezug von Leistungen nach pensionsrechtlichen Bestimmungen oder diesen Zuwendungen vergleichbaren sonstigen wiederkehrenden Leistungen versorgungsrechtlicher Art sowie den Bezug von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung an und gab eine weitere mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebende Person an. Dem Antrag waren Kopien von Kontoauszügen, Meldebestätigungen der zuständigen Wohnsitzgemeinde über einen aufrechten Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers und seines Mitbewohners an antragsgegenständlicher Adresse sowie ein Mietvertrag für antragsgegenständliche Wohnung, wobei der Mitbewohner des Beschwerdeführers als Bestandnehmer auftritt, beigeschlossen.
2. Mit Schreiben vom 27. August 2019 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das "Ergebnis der Beweisaufnahme" (nämlich eine Richtsatzüberschreitung des Haushaltseinkommens um ? 167,35) mit und forderte ihn zur Nachreichung von Abzugsposten (außergewöhnliche Belastungen laut Einkommenssteuerbescheid bzw. Mietzinsaufgliederung und Mietvertrag nach dem Mietrechtsgesetz, des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes oder anderer mieterschützender Gesetze oder den Nachweis über die monatlichen Kosten der 24-Stunden-Betreuung samt Bestätigung des Sozialministeriums über den Bezug eines Zuschusses zur Unterstützung der 24-Stunden-Betreuung) innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung dieses Schreibens auf, widrigenfalls sein Antrag abgewiesen werden müsse.
Festgestellt wurde ein Gesamteinkommen des Haushaltes in der Höhe von ? 1.820,57 monatlich, bestehend aus den Pensionen des Beschwerdeführers und seines Mitbewohners, abzüglich der Wohnungsmiete in Höhe von ? 86,37. Ausgehend vom Richtsatz für einen Zweipersonenhaushalt sei daher eine Überschreitung dieses Richtsatzes gegeben.
3. In weiterer Folge führte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19. September 2019 aus, dass sein Mitbewohner zwar Hauptmieter der verfahrensgegenständlichen Wohnung sei, dort jedoch nicht wohnen würde und die Berechnungsgrundlage der belangten Behörde somit nicht stimmen würde. Dem Schreiben legte der Beschwerdeführer einen Bescheid der belangten Behörde vom 20. August 2018 bei mit dem ihm - unter der Annahme eines Zweipersonenhaushalts - eine Rundfunkgebührenbefreiung gewährt wurde.
4. Mit angefochtenem Bescheid vom 30. September 2019, GZ 0001957982, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers ab und führte begründend aus, das Haushaltseinkommen habe die für die Gebührenbefreiung maßgebliche Betragsgrenze überschritten. Nach Abzug der Miete bestehe weiterhin eine Richtsatzüberschreitung und habe der Beschwerdeführer keine außergewöhnlichen Belastungen laut Einkommensteuerbescheid nachgewiesen. Auch sei das Einkommen des Mitbewohners zum Einkommen eingerechnet worden, da dieser mit seinem Hauptwohnsitz an antragsgegenständlichem Standort gemeldet sei. Im Weiteren sei der Beschwerdeführer bereits schriftlich darauf hingewiesen worden, dass sein Antrag abgewiesen werde, sollte er die benötigten Angaben bzw. Unterlagen nicht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der schriftlichen Aufforderung nachreichen.
5. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und um neuerliche Überprüfung des Antrages ersucht.
6. Die Beschwerdevorlage der belangten Behörde vom 16. Januar 2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht am 21. Januar 2020 ein. Mit einer Anmerkung hielt die belangte Behörde fest, dass die Höhe der Mietzinsvorschreibung aus einem Vorakt herangezogen worden sei und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme irrtümlich eine Mietvorschreibung für einen anderen Standort angeführt worden sei.
7. Mit Verständigung der Beweisaufnahme vom 20. Februar 2020, in welcher insbesondere auch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen dargelegt wurde, forderte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer zur Nachreichung weiterer Unterlagen, insbesondere aktuelle Mitteilungen der Pensionsversicherungsanstalt zur Leistungshöhe des Beschwerdeführers und seines Mitbewohners, sowie aktuelle Mietzinsvorschreibungen auf und teilte dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Judikatur der Verwaltungsgerichthofes betreffend die Vermutung der inhaltlichen Richtigkeit von öffentlichen Urkunden - wie dem Zentralen Melderegister - mit, dass ihn als Antragsteller die Beweislast dafür treffe, dass sein Mitbewohner nicht mehr am verfahrensgegenständlichen Wohnanschrift wohne.
8. Daraufhin übermittelte der Beschwerdeführer seinen Nachweis der Beitragsgrundlagen der Pensionsversicherungsanstalt für das Jahr 2019, eine Verständigung der Pensionsversicherungsanstalt über die Leistungshöhe der Invaliditätspension samt Pflegegeld des Beschwerdeführers zum 1. Januar 2020, eine Verständigung der Pensionsversicherungsanstalt über die Leistungshöhe der Berufsunfähigkeitspension des Mitbewohners samt Pflegegeld zum 1. Januar 2020, eine Abtretungserklärung des Mietrechts nach § 12 MRG, demnach der Beschwerdeführer als Hauptmieter an antragsgegenständlicher Wohnung ab März 2020 angezeigt worden sei, den Mietvertrag für antragsgegenständliche Wohnung samt Mietzinsvorschreibungen ab März 2020 in Höhe von monatlich ? 250,27, zwei bereits vorgelegten Bestätigungen aus den Zentralen Melderegister über einen aufrechten Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers und seines Mitbewohner an antragsgegenständlicher Wohnanschrift und ein Konvolut an Schriftverkehr mit der belangten Behörde samt des bereits vorgelegten Bescheides und Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes.
Zum geforderten Nachweis, dass der Mitbewohner des Beschwerdeführers nicht am verfahrensgegenständlichen Standort wohnhaft sei, verschwieg sich der Beschwerdeführer und legte keine Unterlagen hiezu vor.
9. Mit Schreiben vom 7. April 2020 brachte das Bundesverwaltungsgericht der belangten Behörde im Rahmen der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme die bisherigen Feststellungen zur Kenntnis, übermittelte in einem die vom Beschwerdeführer nachgereichten Unterlagen und bot die Möglichkeit zur Stellungnahme binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens an.
10. Die belangte Behörde nahm fristgerecht Stellung und führte im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer ab März 2020 aufgrund der Übernahme des Mietvertrages von den Rundfunkgebühren zu befreien sei.
11. Im Rahmen der Amtshilfe übermittelte " XXXX ", Magistrat der XXXX , die an den Mitbewohner des Beschwerdeführers adressierte Mietzinsvorschreibung für antragsgegenständliche Adresse in Höhe von ? 210,32 für den Zeitraum 1. Januar 2019 bis 31. Dezember 2019 und ? 212,42 für den Zeitraum 1. Januar 2020 bis 29. Februar 2020. In Einem wurde auch die nunmehr an den Beschwerdeführer gerichtete Mietzinsvorschreibung ab 1. März 2020 in Höhe von ? 250,27 beigeschlossen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Folgender Sachverhalt steht fest:
1.1. Der Beschwerdeführer ist Bezieher einer Invaliditätspension samt Pflegegeld der Stufe 1 und lebt in einem Zweipersonenhaushalt.
Die Summe der unbestrittenen Einkünfte des Beschwerdeführers beträgt im Jahr 2019 ? 885,47 im Monat (Anweisungsbetrag abzüglich Pflegegeld).
Die Summe der Einkünfte des Beschwerdeführers beträgt im Jahr 2020 monatlich ? 917,35 (bestehend aus der Invaliditätspension in Höhe von ? 651,33 + Ausgleichszulage in Höhe von ? 315,32 abzüglich dem Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von ? 49,30). Abzüglich des Pflegegeldes in Höhe von ? 160,10 errechnet sich somit ein Nettoeinkommen in Höhe von ? 757,25.
1.2. Der Mitbewohner des Beschwerdeführers hat am verfahrensgegenständlichen Standort seinen Hauptwohnsitz und ist Bezieher einer Berufsunfähigkeitspension.
Die Summe der unbestrittenen Einkünfte des Mitbewohners des Beschwerdeführers beträgt im Jahr 2019 monatlich ? 935,10.
Die Summe der Einkünfte des Mitbewohners beträgt im Jahr 2020 monatlich ? 986,61 (bestehend aus der Berufsunfähigkeitspension in Höhe von ? 1.030,76 + Höherversicherung in Höhe von ? 8,87 abzüglich des Krankenversicherungsbeitrages in Höhe von ? 53,02). Abzüglich des Pflegegeldes in Höhe von ? 160,10 errechnet sich somit ein Nettoeinkommen in Höhe von ? 826,51.
1.3. Der Hauptmietzins samt Betriebskosten für antragsgegenständliche Wohnung betrug im Jahr 2019 ? 210,32.
Ab 1. Januar 2020 bis 29. Februar 2020 wurde der Hauptmietzins samt Betriebskosten in Höhe von ? 212,42 vorgeschrieben.
Mit 1. März 2020 trat der Beschwerdeführer in den Mietvertrag seines Mitbewohners für antragsgegenständliche Wohnung ein und wurde der Mietzins inklusive der Betriebskosten auf ? 250,27 (= Hauptmietzins ? 137,66 + Betriebskosten ? 89,86 zuzüglich 10% USt ? 22,75) erhöht.
1.4. Abzüglich der Kosten für die Mietwohnung in Höhe von monatlich ? 210,32 ergibt sich sohin ein maßgebliches Haushaltseinkommen für das Jahr 2019 in Höhe von zumindest ? 1.610,32.
Für den Zeitraum 1. Januar 2020 bis 29. Februar 2020 ergibt sich - abzüglich der Kosten für die Mietwohnung - ein maßgebliches Haushaltseinkommen in der Höhe von ? 1.371,34 und ab 1. März 2020 in der Höhe von zumindest ? 1.333,49.
1.5. Weitere zu berücksichtigende Mehraufwendungen wurden trotz (mehrmaliger) Aufforderung durch die belangte Behörde und das Bundesverwaltungsgericht nicht vorgebracht bzw. nachgewiesen.
1.6. Ausgehend von dem für einen Haushalt mit zwei Mitgliedern festgesetzten Richtsatz in Höhe von monatlich ? 1.566,85 für das Jahr 2019 war somit eine Überschreitung dieser Richtsätze festzustellen.
1.7. Ausgehend von dem für einen Haushalt mit zwei Mitgliedern festgesetzten Richtsatz in Höhe von monatlich ? 1.707,99 für das Jahr 2020 war somit eine Unterschreitung dieser Richtsätze festzustellen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen beruhen auf den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt und den seitens des Beschwerdeführers beigebrachten Unterlagen.
Einen Nachweis, dass der Mitbewohner nicht an antragsgegenständlicher Wohnanschrift lebt, hat der Beschwerdeführer trotz konkreter Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht nicht erbracht und hat hiezu keine Ausführungen getroffen, sodass von einem Zweipersonenhaushalt ausgegangen wird.
Die Höhe der Einkünfte des Beschwerdeführers und seines Mitbewohners für das Jahr 2020 ergeben sich aus den vorgelegten Verständigungen zur Leistungshöhe der zuständigen Pensionsversicherungsanstalt.
Vom monatlichen Leistungsbezug des Beschwerdeführers von insgesamt ? 917,35 war - wie auch von der belangten Behörde richtig vorgenommen - das Pflegegeld in der Höhe von ? 160,10 in Abzug zu bringen. Nicht anzurechnen war jedoch der angeführte Ratenabzug in Höhe von ? 30,00, da es sich dabei um eine nicht berücksichtigungsfähige Verbindlichkeit des Beschwerdeführers handelt, sodass sich ein monatliches Einkommen in der festgestellten Höhe errechnet.
Vom monatlichen Leistungsbezug des Mitbewohners in Höhe von insgesamt ? 1.146,71 war - wie von der belangten Behörde richtig vorgenommen - das Pflegegeld in der Höhe von ? 160,10 in Abzug zu bringen. Nicht anzurechnen war jedoch der Ratenabzug von ? 46,41, da es sich dabei um eine nicht berücksichtigungsfähige Verbindlichkeit des Mitbewohners handelt, sodass sich ein monatliches Einkommen in der festgestellten Höhe errechnet.
Den Feststellungen der belangten Behörde zu den Einkünften im Jahr 2019 widersprach der Beschwerdeführer nicht und konnten diese somit der Berechnung des Haushaltseinkommens zugrunde gelegt werden.
Die Höhe der Mietzinsvorschreibungen für antragsgegenständliche Wohnung für das Jahr 2019, von 1. Januar 2020 bis 29. Februar 2020 sowie ab 1. März 2020 ist den vorgelegten Mietzinsvorschreibungen zu entnehmen.
Für den Zeitraum von Antragstellung bis 31. Dezember 2019 war trotz der vorzunehmenden Korrektur der Mietzinsvorschreibungen auf Basis der vorliegenden Einkünfte weiterhin eine bestehende Überschreitung des Richtsatzes festzustellen.
Die Erteilung einer Rundfunkgebührenbefreiung bis 31. Dezember 2021 erscheint angemessen.
3. Rechtlich folgt daraus:
3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:
Gegen von der GIS Gebühren Info Service GmbH erlassene Bescheide ist nach § 6 Abs. 1 Rundfunkgebührengesetz - RGG, BGBl. I Nr. 159/1999 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2013, die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einer diesbezüglichen Bestimmung liegt im gegenständlichen Verfahren Einzelrichterzuständigkeit vor.
3.2 Anzuwendendes Recht:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg cit). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 und des IV. Teiles, sowie im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG lauten wortwörtlich:
"(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist."
Die §§ 2, 3, 4 und 6 Rundfunkgebührengesetz - RGG lauten:
"Gebührenpflicht, Meldepflicht
§ 2. (1) Wer eine Rundfunkempfangseinrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 in Gebäuden betreibt (Rundfunkteilnehmer), hat Gebühren nach § 3 zu entrichten. Dem Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung ist deren Betriebsbereitschaft gleichzuhalten.
(2) Die Gebührenpflicht nach § 1 besteht nicht, wenn
1. dem Rundfunkteilnehmer eine Befreiung (§ 3 Abs. 5) erteilt wurde oder
2. für den Standort bereits die Gebühren nach § 3 entrichtet werden.
Standort ist die Wohnung oder eine sonstige Räumlichkeit bzw. ein geschlossener Verband von Räumlichkeiten mit einheitlichem Nutzungszweck, wo eine Rundfunkempfangseinrichtung betrieben wird.
(3) (...)
Rundfunkgebühren
§ 3. (1) Die Gebühren sind für jeden Standort (§ 2 Abs. 2) zu entrichten und betragen (...)
(2) (...)
(5) Von den Gebühren nach Abs. 1 sind auf Antrag jene Rundfunkteilnehmer zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl Nr 170/1970, genannten Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr vorliegen.
(6) (...)
Einbringung der Gebühren
§ 4. (1) Die Einbringung der Gebühren und sonstiger damit verbundener Abgaben und Entgelte einschließlich der Entscheidung über Befreiungsanträge (§ 3 Abs. 5) obliegt der "GIS Gebühren Info Service GmbH" (Gesellschaft).
(2) bis (5) (...)
Verfahren
§ 6. (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 obliegt der Gesellschaft; gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide ist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Das AVG ist anzuwenden.
(2) Im Verfahren über Befreiungen sind die §§ 50, 51 und 53 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, anzuwenden.
(3) bis (5) (...)."
Die Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. I Nr. 170/1970 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2016, lautet (auszugsweise):
"ABSCHNITT XI
Befreiungsbestimmungen
§ 47. (1) Über Antrag sind von der Entrichtung
- der Rundfunkgebühr für Radio-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 1. Untersatz RGG),
- der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 2. Untersatz RGG) zu befreien:
1. Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung;
2. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktservicegesetz, BGBl. Nr. 313/1994;
3. Bezieher von Leistungen nach pensionsrechtlichen Bestimmungen oder diesen Zuwendungen vergleichbare sonstige wiederkehrende Leistungen versorgungsrechtlicher Art der öffentlichen Hand,
4. Bezieher von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977,
5. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz,
6. Bezieher von Beihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1992,
7. Bezieher von Leistungen und Unterstützungen aus der Sozialhilfe oder der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Hilfsbedürftigkeit.
(2) Über Antrag sind ferner zu befreien:
1. Von der Rundfunkgebühr für Radio- und Fernseh-Empfangseinrichtungen
a) Blindenheime, Blindenvereine,
b) Pflegeheime für hilflose Personen, wenn der Rundfunk- oder Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt.
2. Von der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen
a) Gehörlose und schwer hörbehinderte Personen;
b) Heime für solche Personen, wenn der Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt.
3.(Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 71/2003)
§ 48. (1) Die Zuerkennung einer Gebührenbefreiung an Personen nach § 47 ist jedoch dann unzulässig, wenn das Haushalts-Nettoeinkommen den für die Gewährung einer Ausgleichszulage für einen Ein- oder Mehrpersonenhaushalt festgesetzten Richtsatz um mehr als 12% übersteigt.
(2) Die Bestimmungen des Abs. 1 finden auf die nach § 47 Abs. 2 Z 1 und Z 2 lit. b anspruchsberechtigte Personengruppe keine Anwendung.
(3) Nettoeinkommen im Sinne des Abs. 1 ist die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge.
(4) Bei Ermittlung des Nettoeinkommens sind Leistungen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, Kriegsopferrenten, Heeresversorgungsrenten, Opferfürsorgerenten, Verbrechensopferrenten sowie Unfallrenten und das Pflegegeld nicht anzurechnen. Nicht anzurechnen sind außerdem die Einkünfte der am Standort einer zu pflegenden Person lebenden Pflegeperson, die aus den Einkünften anderer im Haushalt lebender Personen bestritten werden.
(5) Übersteigt das Nettoeinkommen die für eine Gebührenbefreiung maßgebliche Betragsgrenze nach Abs. 1, kann der Befreiungswerber als abzugsfähige Ausgaben geltend machen:
1. den Hauptmietzins einschließlich der Betriebskosten im Sinne des Mietrechtsgesetzes, des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes und anderer vergleichbarer mieterschützender Gesetze, wobei eine gewährte Mietzinsbeihilfe anzurechnen ist; besteht kein Rechtsverhältnis nach dem Mietrechtsgesetz, dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz oder anderen vergleichbaren mieterschützenden Gesetzen, so ist ein monatlicher Pauschalbetrag in der Höhe von 140,00 Euro als Wohnaufwand anzurechnen,
2. anerkannte außergewöhnliche Belastungen im Sinne der §§ 34 und 35 des Einkommensteuergesetzes 1988, Ausgaben im Zusammenhang mit einer 24-Stunden-Betreuung können auch geltend gemacht werden, wenn der Bezug eines Zuschusses des Sozialministeriumservice zur Unterstützung der 24-Stunden Betreuung nachgewiesen wird.
§ 49. Eine Gebührenbefreiung setzt ferner voraus:
1. Der Antragsteller muss an dem Standort, für welchen er die Befreiung von der Rundfunkgebühr beantragt, seinen Hauptwohnsitz haben,
2. der Antragsteller muss volljährig sein,
3. der Antragsteller darf nicht von anderen Personen zur Erlangung der Gebührenbefreiung vorgeschoben sein,
4. eine Befreiung darf nur für die Wohnung des Antragstellers ausgesprochen werden. In Heimen oder Vereinen gemäß § 47 Abs. 2 eingerichtete Gemeinschaftsräume gelten für Zwecke der Befreiung als Wohnung.
§ 50. (1) Das Vorliegen des Befreiungsgrundes ist vom Antragsteller nachzuweisen, und zwar:
1. in den Fällen des § 47 Abs. 1 durch den Bezug einer der dort genannten Leistungen,
2. im Falle der Gehörlosigkeit oder schweren Hörbehinderung durch eine ärztliche Bescheinigung oder durch einen vergleichbaren Nachweis über den Verlust des Gehörvermögens.
(2) Der Antragsteller hat anlässlich seines Antrages Angaben zum Namen, Vornamen und Geburtsdatum aller in seinem Haushalt lebenden Personen zu machen. Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist, sofern der Antragsteller und alle in seinem Haushalt lebenden Personen dem schriftlich zugestimmt haben, berechtigt, diese Angaben im Wege des ZMR auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen, wobei die Anschrift als Auswahlkriterium vorgesehen werden kann.
(3) Die Finanzbehörden haben der GIS Gebühren Info Service GmbH bei Vorliegen der Zustimmung der Betroffenen über Anfrage die Einkommensverhältnisse des Antragstellers und aller mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen mitzuteilen; der Nachweis hat die Summe sämtlicher Einkünfte im Sinne von § 48 Abs. 3 zu umfassen. Unbeschadet des Vorliegens einer Zustimmung der Betroffenen dürfen Auskünfte über die Einkommensverhältnisse nur insoweit eingeholt und gegeben werden, als im Einzelfall berechtigte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit von Angaben des Antragstellers entstanden sind, die durch Befragung der Betroffenen voraussichtlich nicht ausgeräumt werden können.
(4) Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist berechtigt, den Antragsteller zur Vorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden aufzufordern.
(5) Die GIS Gebühren Info Service GmbH kann die in Betracht kommenden Träger der Sozialversicherung um Auskunft über das Bestehen der für die Befreiung maßgeblichen Voraussetzungen ersuchen, wenn berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Antragstellers bestehen; diese sind ihrerseits zur kostenfreien Auskunft verpflichtet.
(6) (...)
§ 51. (1) Befreiungsanträge sind unter Verwendung des hiefür aufgelegten Formulars bei der GIS Gebühren Info Service GmbH einzubringen. Dem Antrag sind die gemäß § 50 erforderlichen Nachweise anzuschließen. (...)"
3.3. Zu A) Rundfunkgebührenbefreiung:
Nach der Systematik der Fernmeldegebührenordnung ist die Zuerkennung einer Befreiung von der Rundfunkgebühr ua an das Vorliegen einer der Anspruchsvoraussetzungen des § 47 Fernmeldegebührenordnung sowie an die Höhe des Haushalts-Nettoeinkommen aller Personen des antragsgegenständlichen Haushaltes gebunden.
Da der Beschwerdeführer Pflegegeld und eine Invaliditätspension bezieht, erfüllt er § 47 Abs. 1 Z 1 und Z 3 FMGebO und somit zwei der gesetzlich normierten Voraussetzungen für eine Befreiung von den Rundfunkgebühren.
Allerdings ist die Befreiung zusätzlich an das Haushaltseinkommen gekoppelt:
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Rundfunkgebührenbefreiung wurde mit angefochtenem Bescheid mit der Begründung abgewiesen, dass das maßgebliche Haushaltseinkommen die in § 48 Abs. 1 FMGebO genannte maßgebliche Betragsgrenze übersteigt.
Im konkreten Beschwerdefall werden die Voraussetzung für die Anrechnung des Wohnungsaufwandes des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht erbracht und sind vom maßgeblichen Haushaltseinkommen in Abzug zu bringen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 31. März 2008, 2005/17/0275, ausgeführt, dass die Geltendmachung von Mehraufwendungen als anerkannte außergewöhnliche Belastungen im Sinne der §§ 34 und 35 Einkommensteuergesetz 1988 nach § 48 Abs. 5 Z 2 Fernmeldegebührenordnung voraussetzt, dass die zuständige Abgabenbehörde einen Bescheid, der die Anerkennung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung enthält, erlassen hat (vgl. auch Erkenntnis vom 25. November 2003, 2003/17/0245).
Soweit im Überschreitungsfall § 48 Abs. 5 Fernmeldegebührenordnung die Geltendmachung abzugsfähiger Ausgaben in Form außergewöhnlicher Belastungen im Sinne der §§ 34 und 35 Einkommensteuergesetz 1988 erlaubt ist, konnte der Beschwerdeführer in Ermangelung der Vorlage eines Einkommenssteuerbescheides oder Nachweises über die 24-Stunden-Betreuung keine außergewöhnlichen Belastungen nachweisen.
Unter Zugrundelegung der Gesamteinkünfte des Beschwerdeführers und seines Mitbewohners bleibt selbst bei Berücksichtigung der korrigierten monatlichen Belastungen für Wohnraum ab Antragstellung bis 31. Dezember 2019 eine Richtsatzüberschreitung festzustellen.
Allerdings ergibt sich ab 1. Januar 2020 eine Richtsatzunterschreitung.
Gemäß § 51 Abs. 2 RGG ist die Gebührenbefreiung mit höchstens fünf Jahren zu befristen. Die Erteilung einer Rundfunkgebührenbefreiung bis 31. Dezember 2021 erscheint im gegenständlichen Fall angemessen.
Absehen vom Durchführen einer mündlichen Verhandlung:
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist im vorliegenden Fall geklärt.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall von einer mündlichen Verhandlung absehen, weil die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
3.4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Die Revision ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG iVm Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, da der gegenständliche Fall nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Gesetzeslage erscheint im entscheidungswesentlichen Zusammenhang insgesamt klar und eindeutig (zur Unzulässigkeit einer Revision aus diesem Grunde vgl. VwGH 27.08.2014, Ra 2014/05/0007 mwN).
Schlagworte
befristete Befreiung Befristung Berechnung Einkommenssteuerbescheid Gebührenbefreiung Invaliditätspension Nachreichung von Unterlagen Nettoeinkommen Pauschalierung Pflegegeld Richtsatzüberschreitung Rundfunkgebührenbefreiung WohnungsaufwandEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W147.2227711.1.00Im RIS seit
14.09.2020Zuletzt aktualisiert am
14.09.2020