Entscheidungsdatum
18.05.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W156 2157619-1/18E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Dr. J.Peter Krause, beeideter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 1080 Wien, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (nunmehr Sozialversicherung der Selbständigen) vom 10.03.2017, VSNR XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Niederösterreich, nunmehr Sozialversicherung der Selbständigen (im Folgenden: SVS) hat mit Bescheid vom 10.03.2017, VSNR XXXX , festgestellt, dass die monatliche Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung nach dem GSVG von 01.01.2015 bis 31.07.2015 ?4.226,78 beträgt.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 06.04.2017 fristgerecht Beschwerde.
3. Mit Schreiben vom 11.05.2017 legte die SVS die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und wurde das Verfahren der Gerichtsabteilung W236 zugewiesen.
4. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 21.01.2020 wurde das Verfahren der Gerichtsabteilung W156 zur Entscheidung zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Schreiben vom 24.112016 beantragte der BF die Erlassung eines Bescheides betreffend die Vorschreibung des vierten Quartals 2016. In dieser Vorschreibung erfolgte die Nachbelastung der Beiträge zur Pensionsversicherung auf Basis der im Spruch des Bescheides genannten Beitragsgrundlage.
Der BF war seit 1.1.2013 Inhaber einer Gewerbeberechtigung für Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik. Die Gewerbeberechtigung für Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung ist mit 17.8.2015 erloschen.
Ab 1.1.2013 war der BF aufgrund des Antrages vom 27.11.2012 auf Ausnahme von der Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 1 Z 7 GSVG von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung vorläufig ausgenommen.
Mit Mail vom 20.4.2015 teilte der BF der SVS mit, dass er im Jahr 2015 wahrscheinlich die für die Ausnahme maßgebliche Gewinngrenze überschreiten werde und ersuchte um Verrechnung der Beiträge für das Einzelunternehmen.
Durch den gemäß § 229a GSVG vorgesehenen Datenaustausch wurde der SVS am 4.10.2016 der Einkommensteuerbescheid 2015 vom 5.8.2016 des Finanzamtes XXXX übermittelt. Diese weist Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 28.603,07 ? aus.
Der BF war im ersten Halbjahr 2015 als Geschäftsführer der XXXX GmbH in Österreich tätig, die spezielle Software für Golfklubs entwickelte. Daneben führte der BF als Einzelunternehmer auch EDV-Dienstleistungen (Beratungen und Unterstützungen) durch. Aus dieser Tätigkeit erzielte er einen steuerpflichtigen Überschuss von 9.075,- ?.
Von 15.09.2014 bis 22.05.2015 hielt sich der BF zu Studienzwecken an der University of XXXX , Großbritannien, auf und entwickelte als Diplomarbeit ein Software-Tool, genannt " XXXX ". Die US-Firma XXXX kaufte dem BF das Know-how an XXXX ab. Seit August 2015 arbeitet der BF mit einem Team bei XXXX in San Francisco. Die Zahlung von XXXX erfolgte erst nach 31.7.2015.
Im Zeitraum von 19.01.2015 bis 01.08.2015 erzielte der BF Einkünfte in Höhe von ? 9,866,97 aufgrund von Geschäften mit Kunde aus Großbritannien, Deutschland und den USA.
Die vom BF gelegten Honorarnoten weisen die österreichische Adresse des BF auf, ebenso die österreichische VAT-Nummer und das in Österreich befindliche Konto des BF auf.
Der BF hielt sich in der Zeit von September 2014 bis Ende Juli 2015 fallweise in Österreich aufgehalten. Im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum war der BF in Österreich hauptgemeldet.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist unstrittig. Bestritten wird von BF lediglich die Höhe der Einkünfte, die der Berechnung der Beitragsgrundlagen zu Grunde gelegt wurden.
3.Rechtliche Beurteilung:
3.1. Rechtliche Grundlagen:
§ 2 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz in der hier maßgebenden Fassung lautet auszugsweise:
Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:
[...]
4. selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, daß seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z 5 oder Z 6) übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im nachhinein festzustellen.
§ 25 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz in der hier maßgebenden Fassung lautet auszugsweise:
(2) Die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung besteht für die im Abs. 1 genannten Personen nur, wenn sie das 15. Lebensjahr vollendet haben.
§ 25. (1) Für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs. 1 sind, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte aus einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten, die der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz, unbeschadet einer Ausnahme gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 und 6, unterliegen, heranzuziehen; als Einkünfte gelten die Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988. Als Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit gelten auch die Einkünfte als Geschäftsführer und die Einkünfte des zu einem Geschäftsführer bestellten Gesellschafters der Gesellschaft mit beschränkter Haftung.
(2) Beitragsgrundlage ist der gemäß Abs. 1 ermittelte Betrag,
1. zuzüglich der auf einen Investitionsfreibetrag entfallenden Beträge im Durchschnitt der Monate der Erwerbstätigkeit; ist der Investitionsfreibetrag gewinnerhöhend aufgelöst worden, so sind die darauf entfallenden Beträge, soweit sie schon einmal bei Ermittlung einer Beitragsgrundlage nach diesem Bundesgesetz bis zum Betrag der Höchstbeitragsgrundlage gemäß Abs. 5 berücksichtigt worden sind, bei Ermittlung der Beitragsgrundlage über Antrag außer Ansatz zu lassen; ein solcher Antrag ist binnen einem Jahr ab dem Zeitpunkt des Eintrittes der Fälligkeit der Beiträge für den ersten Kalendermonat jenes Zeitraumes für den eine Verminderung um den Investitionsfreibetrag begehrt wird, zu stellen;
2. zuzüglich der vom Versicherungsträger im Beitragsjahr im Durchschnitt der Monate der Erwerbstätigkeit vorgeschriebenen Beiträge zur Kranken-, Arbeitslosen- und Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz; letztere nur soweit sie als Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 1 lit. a EStG 1988 gelten;
3. vermindert um die auf einen Sanierungsgewinn oder auf Veräußerungsgewinne nach den Vorschriften des EStG 1988 entfallenden Beträge im Durchschnitt der Monate der Erwerbstätigkeit; diese Minderung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Versicherte es beantragt und bezüglich der Berücksichtigung von Veräußerungsgewinnen überdies nur soweit, als der auf derartige Gewinne entfallende Betrag dem Sachanlagevermögen eines Betriebes des Versicherten oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der der Versicherte mit mehr als 25% beteiligt ist, zugeführt worden ist; diese Minderung ist bei der Feststellung der Ausnahme von der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 und 6 nicht zu berücksichtigen; ein Antrag auf Minderung ist binnen einem Jahr ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit des ersten Teilbetrags (§ 35 Abs. 3) der endgültigen Beiträge für jenen Zeitraum, für den eine Verminderung um den Veräußerungsgewinn oder Sanierungsgewinn begehrt wird, zu stellen.
(3) Hat der Pflichtversicherte Einkünfte aus mehreren die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Erwerbstätigkeiten, so ist die Summe der Einkünfte aus diesen Erwerbstätigkeiten für die Ermittlung der Beitragsgrundlage heranzuziehen.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Den Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bildet im Kern die Frage, ob die belangte Behörde gegenüber dem BF die Beitragsgrundlagen nach GSVG in der Pensionsversicherung im beschwerdegegenständlichen Zeitraum 01.01.2015 bis 31.07.2015 zu Recht festgestellt hat.
Vorab ist festzuhalten, dass der BF die Zuständigkeit der SVS als Träger der Sozialversicherung nicht bestritten hat, sondern lediglich die Höhe der Beitragsgrundlage in Abrede stellte.
Dennoch ist im beschwerdegegenständlichen Fall vorerst zu prüfen, ob auf den gegenständlichen Beschwerdefall österreichisches Sozialversicherungsrecht anzuwenden ist.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist das Bestehen oder Nichtbestehen der Pflichtversicherung sowohl hinsichtlich der Sach-, als auch hinsichtlich der Rechtslage zeitraumbezogen zu beurteilen (siehe dazu VwGH vom 28.10.2015, Zl. Ra 2015/08/0103; vom 19.12.2007, Zl. 2007/08/0290 und vom 03.07.2002, Zl. 2000/08/0161).
Gegenständlich sind die Beitragspflicht und als Vorfrage die Zuständigkeit Österreichs und die Pflichtversicherung des BF im Zeitraum 01.01.2015 bis 31.07.2015 zu beurteilen.
Im genannten Zeitraum stand die am 01.05.2010 in Kraft getretene Verordnung (EG) 883/2004 bereits in Geltung.
Die europäischen Gemeinschaftsbestimmungen im Bereich der sozialen Sicherheit werden durch die VO(EG) Nr. 883/2004 und die VO(EG) Nr. 987/2009 abgebildet, durch welche die unterschiedlichen einzelstaatlichen Systeme koordiniert werden; d.h. die Gemeinschaftsbestimmungen normieren Regeln, welche nationale Rechtsordnung bei Sachverhalten mit Auslandsberührung anzuwenden sind.
Art. 11 Abs. 1 der VO(EG) Nr. 883/2004 bestimmt, dass auf eine Person, für die die VO gilt, in jedem Zeitpunkt immer nur die Rechtsvorschriften eines einzigen Staates anwendbar sind. Abs. 3 lit. a leg. cit. legt vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 als grundsätzliche Regelung die Zuständigkeit des Beschäftigungsstaates für Beschäftigte oder selbständig Erwerbstätige fest (Beschäftigungsstaatprinzip).
Wird gleichzeitig in mehreren Mitgliedstaaten eine Erwerbstätigkeit ausgeübt, kann mit dem Beschäftigungsstaatprinzip nach Art. 11 jedoch allein keine Bestimmung des zuständigen Staates vorgenommen werden, sodass Art. 13 VO(EG) Nr. 883/2004 für solche Fälle zusätzliche Anknüpfungspunkte vorsieht. Am übergeordneten Prinzip der Zuständigkeit nur eines Staates wird dabei festgehalten.
In diesem Sinne bestimmt nun Art. 13 Abs. 2 leg. cit., dass eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, entweder den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaates unterliegt, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt, oder den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Tätigkeit befindet, wenn sie nicht in einem der Mitgliedstaaten wohnt, in denen sie einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt.
In Artikel 14 Absatz 6 der Verordnung 987/2009 ist festgelegt, dass unter einer Person, "die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt", eine Person zu verstehen ist, die gleichzeitig oder abwechselnd eine oder mehrere gesonderte Tätigkeiten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt, und zwar unabhängig von der Eigenart dieser Tätigkeiten.
Gemäß Abs. 8 leg.cit. bedeutet bei der Anwendung von Artikel 13 Absätze 1 und 2 der Grundverordnung die Ausübung "eines wesentlichen Teils der Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit" in einem Mitgliedstaat, dass der Arbeitnehmer oder Selbständigedort einen quantitativ erheblichen Teil seiner Tätigkeit ausübt, was aber nicht notwendigerweise der größte Teil seiner Tätigkeitsein muss.
Um festzustellen, ob ein wesentlicher Teil der Tätigkeit in einem Mitgliedstaat ausgeübt wird, werden folgende Orientierungskriterien herangezogen:
a) im Falle einer Beschäftigung die Arbeitszeit und/oder das Arbeitsentgelt und
b) im Falle einer selbständigen Erwerbstätigkeit der Umsatz, die Arbeitszeit, die Anzahl der erbrachten Dienstleistungen und/oder das Einkommen.
Wird im Rahmen einer Gesamtbewertung bei den genannten Kriterien ein Anteil von weniger als 25 % erreicht, so ist dies ein Anzeichen dafür, dass ein wesentlicher Teil der Tätigkeit nicht indem entsprechenden Mitgliedstaat ausgeübt wird.
Gemäß Abs. 9 leg.cit. wird bei der Anwendung von Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe b der Grundverordnung bei Selbständigen der "Mittelpunkt ihrer Tätigkeiten" anhand sämtlicher Merkmale bestimmt, die ihre berufliche Tätigkeit kennzeichnen; hierzu gehören namentlich der Ort, an dem sich die feste und ständige Niederlassung befindet, von dem aus die betreffende Person ihre Tätigkeiten ausübt, die gewöhnliche Art oder die Dauer der ausgeübten Tätigkeiten, die Anzahl der erbrachten Dienstleistungen sowie der sich aus sämtlichen Umständen ergebende Wille der betreffenden Person.
Gemäß Abs. 10 leg.cit. berücksichtigen für die Festlegung der anzuwendenden Rechtsvorschriften nach den Absätzen 8 und 9 die betroffenen Träger die für die folgenden 12 Kalendermonate angenommene Situation.
Für die Feststellung, ob eine Person nun gewöhnlich Tätigkeiten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt oder ob sie nur jeweils in einem Mitgliedstaat arbeitet, ist im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere auf jene Kriterien Bedacht zu nehmen, die - unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des EuGH - in den Beschluss Nr. A2 der Verwaltungskommission und den praktischen Leitfaden eingeflossen sind (vgl. VwGH vom 31.07.2014, Ro 2014/08/0003). Die Verwaltungskommission stellt zur angesprochenen Fragestellung unter Punkt II/2. des Leitfadens fest, dass von einer Tätigkeit in zwei oder mehr Mitgliedstaaten nur auszugehen ist, wenn es Anzeichen dafür gibt, dass es in den nächsten 12 Kalendermonaten bei dieser Arbeitsverteilung bleiben wird.
Vorliegend absolvierte der BF ein Studium im Ausmaß von etwa neun Monate in Großbritannien und ist daraus zu schließen, dass der BF sich in erster Linie nicht zum Zweck einer selbständigen Erwerbstätigkeit in Großbritannien aufgehalten hat, sondern um dort vorrangig im Rahmen eines Studiums seine Diplomarbeit zu schreiben und im Rahmen dessen nebenbei seine selbständige Erwerbstätigkeit ausübte. Es liegen keine Anzeichen vor, dass der BF beabsichtigte über die neun Monate Studiendauer bei dieser Arbeitsteilung zu bleiben. So bringt der BF selber vor, dass es nicht klar gewesen sei, wie es nach dem Studium beruflich weitergehen würde und er deshalb weder die Gewerbeberechtigung noch die Geschäftsführertätigkeit beendet habe.
Die von ihm gestellten Honorarnoten weisen seine österreichische Adresse und sein in Österreich befindliches Konto auf, er war im Besitz einer österreichischen Gewerbeberechtigung, durchgängig in Österreich mit Hauptwohnsitz gemeldet, Geschäftsführer einer österreichischen GmbH und der BF war in Großbritannien in erster Linie zu Studienzwecken aufhältig.
In Gesamtschau liegt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes somit keine gewöhnliche Tätigkeit in zwei oder mehr Mitgliedstaaten vor und gelangen folglich ausschließlich die österreichischen sozialversicherungsrechtlichen Rechtsvorschriften zur Anwendung.
Die Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG richtet sich nach der Einkommensteuerpflicht, sodass bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides, aus dem die die Versicherungsgrenzen übersteigenden Einkünfte der in § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG genannten Art hervorgehen, Versicherungspflicht nach dieser Bestimmung besteht, sofern die zu Grunde liegende Tätigkeit im betreffenden Zeitraum weiter ausgeübt wurde und auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz eingetreten ist (VwGH vom 24.01.2006, Zl. 2003/08/0231).
Mit der Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG hat der Gesetzgeber auch das "Ziel der Harmonisierung mit dem Steuerrecht" verfolgt und dazu ausdrücklich auf bestimmte Einkunftsarten nach dem EStG 1988 Bezug genommen, die eine selbständige, auf die Erzielung von Einkünften gerichtete Erwerbstätigkeit voraussetzen, nämlich auf "Einkünfte aus selbständiger Arbeit" im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 3 iVm. § 23 EStG 1988, somit aus einer "selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt" (§ 23 Z 1 EStG 1988).
Einkünfte, die steuerlich diesen Einkunftsarten zuzuordnen sind, können daher nicht als der Privatsphäre zugehörig angesehen werden (vgl. VwGH vom 11.09.2008, Zl. 2006/08/0243 mwN).
Mit der unmittelbaren Anknüpfung an die steuerrechtlichen Tatbestände lässt der Gesetzgeber zudem keinen Raum dafür, aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht eine eigenständige Beurteilung des Vorliegens einer selbständigen betrieblichen Tätigkeit vorzunehmen und damit materiell die im Fall des Vorliegens eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides von den Finanzbehörden im Hinblick auf die Zuordnung der Einkünfte entschiedene Rechtsfrage erneut zu prüfen.
Gegenständlich stellte die Abgabenbehörde mit dem für das Kalenderjahr 2015 erlassenen Einkommensteuerbescheid vom 05.08.2016 zunächst fest, dass die vom BF im Kalenderjahr 2015 erzielten Einkünfte in Höhe von ? 28.603,07 der Einkunftsart "Einkünfte aus Gewerbebetrieb" gemäß § 23 EStG 1988 zuzuordnen seien.
Im rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 wurden unbestritten Einkünfte des BF aus selbständiger Arbeit ausgewiesen. Damit steht bindend fest, dass der BF die in diesem Bescheid ausgewiesenen Einkünfte erzielt hat.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Sozialversicherungsträger an die rechtskräftigen Ergebnisse des Abgabenverfahrens strikt gebunden (siehe dazu VwGH vom 24.01.2006, Zl. 2003/08/0231 und vom 11.09.2008, Zl. 2006/08/0196 u.a.).
Beitragsgrundlage ist gemäß S 25 Abs. 2 GSVG der nach Abs. 1 ermittelte Betrag zuzüglich der auf einen Investitionsfreibetrag entfallenden Beträge, sowie zuzüglich der vom jeweiligen Versicherungsträger im jeweiligen Kalenderjahr vorgeschriebenen Beiträge zur Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG oder einem anderen Bundesgesetz, letztere nur dann, wenn sie als Betriebsausgaben im Sinne des S 4 Abs. 4 Z 1 lit a EStG gelten.
Der monatlichen Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung nach § 25 GSVG sind daher für den Zeitraum von 01.01.2015 bis 31.07.2015 die im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ? 28.603,07 samt Hinzurechnungsbeitrag in Höhe von ? 984,41, sohin gesamt ? 29.587,48 zu Grunde zu legen.
Die Höhe der Beitragsgrundlage für den Zeitraum von 01.01.2015 bis 31.07.2015 errechnet sich wie folgt:
Die Einkünfte laut Einkommensteuerbescheid in Höhe von ? 28.603,07 zuzüglich den vorgeschriebene Pensions- und Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von ? 984,41 ?, aufgeteilt auf die 7 Monate der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG ergeben eine monatliche Beitragsgrundlage in der bescheidmäßigen Höhe von ? 4.226,78.
Sofern der BF vorbringt, dass der Erlös aus dem Verkauf des Know-How seiner Diplomarbeit " XXXX " ihm erst nach dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum zugeflossen sei, ist dem entgegen zu halten, dass die Beitragsgrundlage nach dem GSVG eine monatliche Beitragsgrundlage ist. Für deren Ermittlung sind die kalenderjährlichen Einkünfte aus der pflichtversicherten Erwerbstätigkeit durch die Anzahl der Kalendermonate, in denen diese Tätigkeit ausgeübt wurde, zu teilen ist.
3.3. Absehen von einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. VwGH 03.11.2015, Zl. 2013/08/0153). Der Gerichtshof hat darüber hinaus bekräftigt, dass die systematische Durchführung mündlicher Verhandlungen die notwendige Sorgfalt bei der Erledigung dort beeinträchtigen kann, wo es - wie etwa in Sozialversicherungssachen - allgemein um eher technische Fragen geht, die in einem schriftlichen Verfahren besser gelöst werden können (vgl. das Urteil vom 18. Juli 2013, Fall Schädler-Eberle, Zl. 56.422/09).
Das trifft für das gegenständliche Verfahren zu. Der maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage geklärt erachtet werden und ist nicht ergänzungsbedürftig. Es wurden für die gegenständliche Entscheidung weder noch zu klärende Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen, noch Rechtsfragen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätten. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt näher zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291), sodass unter Beachtung der Wahrung der Verfahrensökonomie und -effizienz von einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen wurde. Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in seiner Entscheidung an der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes orientiert.
Schlagworte
Beitragsgrundlagen Einkommenssteuerbescheid Pflichtversicherung selbstständig Erwerbstätiger Studium ZuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W156.2157819.1.00Im RIS seit
14.09.2020Zuletzt aktualisiert am
14.09.2020