TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/26 W220 2223097-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.05.2020
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Entscheidungsdatum

26.05.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W220 2217704-1/5E

W220 2223097-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela UNTERER als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1. XXXX , geb. XXXX und 2. XXXX , geb. XXXX , beide Staatsangehörigkeit Nepal, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 1. 07.03.2019, ZI.: 1182922800-180207925, und 2. 05.07.2019, Zl.: 1232682504-190564666, zu Recht:

A)

I. Die Beschwerden gegen die jeweiligen Spruchpunkte I. bis V. der angefochtenen Bescheide werden gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46 FPG als unbegründet abgewiesen.

II. Den Beschwerden gegen die jeweiligen Spruchpunkte VI. der angefochtenen Bescheide wird insoweit stattgegeben, als die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 2 und 3 FPG 3 Monate beträgt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Erstbeschwerdeführerin ist Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers und stellte nach illegaler Einreise am 28.02.2018 für sich selbst sowie am 24.05.2019 für den im österreichischen Bundesgebiet geborenen minderjährigen Zweitbeschwerdeführer die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz im österreichischen Bundesgebiet.

Am 01.03.2018 wurde die Erstbeschwerdeführerin vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und gab dabei zu ihrem Fluchtgrund an, dass sie nach Europa gewollt habe, um ihren Freund, welchen sie schon in Nepal gehabt hätte, zu finden; wo er sich aufhalte, wisse sie nicht.

Am 21.02.2019 fand die niederschriftliche Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Die Erstbeschwerdeführerin führte dabei im Wesentlichen aus, dass sie schwanger sei, Geburtstermin sei der 11.05.2019. Sie sei mit ihrem Mann seit acht Jahren verheiratet, ihr Mann habe sich im Ausland befunden, als sie die Ehe eintragen hätte lassen; in Österreich habe sie ihren Mann wiedergefunden. Sie sei immer zwischen Indien und Nepal gependelt; ihr Vater und einer ihrer Brüder würden in Indien leben, ihre Mutter sowie die Frau und die Kinder ihres Bruders in Nepal. Die Erstbeschwerdeführerin sei schwanger gewesen, ihr Mann wäre weg gewesen und sei sie von niemandem akzeptiert worden, weil sie schwanger gewesen sei. Sie habe dann einen Mann kennengelernt, der ihr angeboten habe, dass sie aus Nepal weggehen und er ihre eine Arbeit in einem Hotel in Nepal besorgen könne. Ihr Mann sei ihr Onkel, ihr Vater sei deshalb böse gewesen, da sie ein Kind von ihrem eigenen Onkel erwarte; ihr Vater habe nur geschimpft.

Für den am 13.05.2019 geborenen minderjährigen Zweitbeschwerdeführer wurde am 24.05.2019 ein Antrag auf internationalen Schutz im Familienverfahren gestellt, wobei keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht wurden.

Mit oben genannten Bescheiden vom 07.03.2019 (Erstbeschwerdeführerin) und 05.07.2019 (minderjähriger Zweitbeschwerdeführer) wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der Beschwerdeführer sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab, erteilte den Beschwerdeführern gemäß § 57 AsylG 2005 keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG nach Nepal zulässig sei. Für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist von vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Bescheid betreffend die Erstbeschwerdeführerin zusammengefasst aus, dass die Erstbeschwerdeführerin, eine Angehörige der Volksgruppe der Newar sowie der Religion des Hinduismus zugehörig, keine Bedrohung oder Verfolgung ihrer Person vorgebracht habe; auch sonst hätten keine Bedrohung oder Probleme aufgrund ihrer Nationalität, Rasse, politischen Einstellung oder Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe festgestellt werden können. Die Erstbeschwerdeführerin beherrsche Nepali, sei ledig und habe keine Kinder. Sie sei im erwerbsfähigen Alter und arbeitsfähig, sodass sie im Fall einer Rückkehr ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeitsleistung bestreiten könne; eine Rückkehr nach Nepal sei der Erstbeschwerdeführerin zumutbar und möglich. Gründe, die einer Abschiebung der Erstbeschwerdeführerin entgegenstehen würden, könnten nicht festgestellt werden; das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, insbesondere einer geordneten Zuwanderung, überwiege das private Interesse der Erstbeschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich. Die Erstbeschwerdeführerin sei mit dem Vater ihres ungeborenen Kindes nach österreichischem Recht nicht verheiratet und bestünde diesem gegenüber eine aufrechte Rückkehrentscheidung in Bezug auf Nepal. Im Bescheid betreffend den minderjährigen Zweitbeschwerdeführer wurde ebenfalls dargelegt, dass dieser im Fall einer Rückkehr nach Nepal dort keiner Gefährdung ausgesetzt wäre oder in eine existenzbedrohende Notlage geriete; eine Rückkehr sei zumutbar und möglich.

Gegen diese Bescheide wurden am 08.04.2019 (Erstbeschwerdeführerin) und 28.08.2019 (minderjähriger Zweitbeschwerdeführer) fristgerecht Beschwerden erhoben.

In diesen wurde zusammengefasst vorgebracht, dass die Erstbeschwerdeführerin im Fall einer Rückkehr befürchte, als alleinerziehende Mutter einer unmenschlichen Behandlung und Ausgrenzung aus der Gesellschaft ausgesetzt zu sein. Die Erstbeschwerdeführerin habe zudem keinerlei Kontakt zu ihrer Familie, da sie als Ausgestoßene gelte und somit auf keine Unterstützung ihrer Verwandten bauen könnte. Die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Länderberichte würden sich weder mit der Lage alleinstehender Frauen noch mit den konkreten Umständen der Erstbeschwerdeführerin befassen. Der Mann der Erstbeschwerdeführerin bzw. der Vater des Zweitbeschwerdeführers befinde sich in einem Aufenthaltsverfahren und bestehe jedenfalls die Möglichkeit unterschiedlicher Ausgänge im Verfahren; die gemeinsame Rückführung der Familie sei nicht gewährleistet. Die Erstbeschwerdeführerin habe sich in Österreich gut integriert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführer und zum Verfahrensgang:

Die Erstbeschwerdeführerin führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX ; ihre Identität steht nicht fest. Der Zweitbeschwerdeführer führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX ; seine Identität steht fest. Die Erstbeschwerdeführerin ist Mutter des im Bundesgebiet geborenen minderjährigen Zweitbeschwerdeführers. Die Erstbeschwerdeführerin ist ledig. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Nepal und der Volksgruppe der Newar sowie dem hinduistischen Glauben zugehörig.

Die Erstbeschwerdeführerin wurde in Indien geboren und verbrachte dort einen großen Teil ihres Lebens, pendelte jedoch regelmäßig zwischen Nepal und Indien und arbeitete vor ihrer Reise nach Europa zuletzt rund vier bis fünf Jahre in einem Hotel in Nepal. Sie spricht Nepali. Die Erstbeschwerdeführerin hat Familienangehörige in Nepal und Indien.

Die Erstbeschwerdeführerin stellte nach illegaler Einreise am 28.02.2018 für sich selbst sowie am 24.05.2019 für den minderjährigen Zweitbeschwerdeführer die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz im österreichischen Bundesgebiet.

In Österreich lebt der Lebensgefährte der Erstbeschwerdeführerin, der auch der Vater des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers ist. Die Beschwerdeführer leben mit diesem im gemeinsamen Haushalt. Gegen den Lebensgefährten der Erstbeschwerdeführerin bzw. Vater des Zweitbeschwerdeführers besteht eine aufrechte Rückkehrentscheidung in Bezug auf Nepal. Er verfügt weder über ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet noch erscheint seine Rückkehr oder Abschiebung nach Nepal aus sonstigen Gründen unmöglich. Er befindet sich in einem offenen Aufenthaltsverfahren gemäß § 55 AsylG 2005; der Antrag gemäß § 55 AsylG 2005 wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zurückgewiesen, die dagegen erhobene Beschwerde ist derzeit beim Bundesverwaltungsgericht anhängig. Eine Rückkehr nach Nepal im Familienverband mit diesem ist den Beschwerdeführern möglich. Die Erstbeschwerdeführerin hat Deutschkurse besucht und verrichtete regelmäßig ehrenamtlich Gartenarbeit. Sie verfügt über soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Form eines Bekanntenkreises, wobei das Bestehen intensiver Bindungen nicht hervorgekommen ist. Anknüpfungspunkte wirtschaftlicher Natur existieren nicht; die Beschwerdeführer beziehen Leistungen aus der Grundversorgung.

Die Beschwerdeführer sind gesund. Die Erstbeschwerdeführerin ist arbeitsfähig.

Im Strafregister der Beschwerdeführer scheint keine Verurteilung auf.

1.2. Zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer:

Die Erstbeschwerdeführerin ist in Nepal nicht individuell und konkret bedroht oder verfolgt worden. Im Fall der Rückkehr nach Nepal sind die Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten Verfolgung ausgesetzt. Ihnen droht keine konkrete und individuelle physische oder psychische Gewalt.

1.3. Zur Situation in Nepal sowie einer möglichen Rückkehr der Beschwerdeführer dorthin:

Die Beschwerdeführer laufen nicht konkret Gefahr, in ihrem Herkunftsstaat der Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe beziehungsweise der Todesstrafe unterworfen zu werden oder in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Notlage zu geraten.

Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 27.03.2018 wiedergegeben:

"Politische Lage

Nepal hat ca. 147.181 km² Fläche und ca. 29,5 Mio. Einwohner. Die Hauptlandessprache ist Nepalesisch (AA 2.2018). Regierungsform ist eine parlamentarische Mehrparteien-Demokratie, die nach dem zehnjährigen Bürgerkrieg (1996-2006) entstand. Staatsoberhaupt ist seit 28.10.2015 die Präsidentin Bidya Devi Bhandari (AA 2.2018; vgl. AA 3.2018).

Nepal war 240 Jahre lang ein hinduistisches Königreich. Die ersten freien Parlamentswahlen im Mai 1991 gelten als Geburtsstunde der parlamentarischen Demokratie in Nepal. Die oftmals rasch wechselnden Koalitions- und Minderheitsregierungen konnten die Erwartungen der breiten Bevölkerung jedoch nicht erfüllen. Der Unmut führte schließlich im Februar 1996 zur Aufnahme des bewaffneten Kampfes der maoistischen Rebellenbewegung unter Führung der Unified Communist Party of Nepal (UCPN-M) gegen das bestehende politische System mit dem Ziel der Etablierung einer Volksrepublik. Der Konflikt zwischen Sicherheitskräften und Maoisten eskalierte nach 1999 landesweit und forderte im Verlauf von zehn Jahren rund 13.000 Todesopfer auf beiden Seiten. Mehr als 1.200 Menschen gelten noch immer als vermisst. Die nach dem zehnjährigen Bürgerkrieg (1996 - 2006) Anfang April 2008 gewählte erste verfassungsgebende Versammlung erklärte in ihrer konstituierenden Sitzung Nepal zur Demokratischen Bundesrepublik. Die zweite verfassungsgebende Versammlung wurde in allgemeinen Wahlen am 19.11.2013 gewählt. Die endgültige Staatsform, das Regierungs- und Wahlsystem sowie die künftige föderale Gliederung (sieben Provinzen) regelt die neue Verfassung, die am 16.9.2015 durch die verfassungsgebende Versammlung verabschiedet und am 20.9.2015 verkündet wurde. Mit Verkündung der Verfassung hatte sich die verfassungsgebende Versammlung aufgelöst. Die Funktion übernahm in Folge das Parlament. Das Parlament und die sieben neu eingerichteten Provinzparlamente sind am 7.12.2017 gewählt worden (AA 3.2018).

In den im November und Dezember 2017 abgehaltenen Parlaments- und Provinzwahlen erhielten die Vereinte Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei (CPN-UML) und ihr Bündnispartner, die Kommunistisch-Maoistische Zentrumspartei (CPN-MC), 121 bzw. 53 Sitze im Unterhaus, das über 275 Sitze verfügt. Bei der bislang stärksten Partei Nepali Congress (NC) verfehlten dagegen viele Politiker den Wiedereinzug ins Parlament. In der südlichen Provinz Nr. 2 erhielten zwei Parteien, die die Minderheit der Madhesi vertreten, eine parlamentarische Mehrheit. Das linke Bündnis der Kommunisten verstärkte seine Position noch, indem es eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat erhielt. Die CPN-UML und die CPN-MC gewannen dort 27 bzw. 12 Sitze von insgesamt 59. Nach dem überwältigenden Wahlsieg des linken Bündnisses hat der Führer der CPN-UML Khadga Prasad Sharma Oli das Amt des Premierministers Nepals als Nachfolger von Sher Bahadur Deuba angetreten.

Die verfassungsmäßigen Vorschriften und neuen Mehrheitsverhältnisse machen es wahrscheinlich, dass Nepal, anders als in der Vergangenheit, von Premierministern regiert wird, die mehrere Jahre im Amt bleiben werden. Nach den erfolgreichen Wahlen sind jetzt auf der Gemeinde-, der Provinz- und der Bundesebene gewählte Volksvertreter dabei, die Exekutive zu kontrollieren (GIZ 3.2018b; vgl. DS 14.2.2018).

Auf nationaler Ebene wird Nepal ein Bestehen von demokratischen Institutionen attestiert. Doch sind diese instabil, etwas umstritten und wegen fortwährender politischer Kontroversen wenig effektiv (BTI 2018). Diese ersten nationalen, regionalen und lokalen Wahlen, welche unter einer neuen Verfassung mit einer hohen Wahlbeteiligung stattfanden, bedeuten trotz einiger Gewaltmeldungen einen Aufwärtstrend für Nepal (FH 2018).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.2018): Nepal, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nepal-node/nepal/221214, Zugriff 5.3.2018

AA - Auswärtiges Amt (3.2018): Nepal - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nepal-node/-/221262, Zugriff 26.3.2018

BTI - Bertelsmann Stiftung¿s Transformation Index (2018): Nepal Country Report, http://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/NPL/, Zugriff 26.3.2018

DS - Der Standard (15.2.2018): Marxist als neuer Ministerpräsident in Nepal vereidigt, https://derstandard.at/2000074349937/Marxist-als-neuer-Ministerpraesident-in-Nepal-vereidigt, Zugriff 5.3.2018

FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2018, Nepal, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/nepal, Zugriff 26.3.2018

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018b): Nepal - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/nepal/geschichte-staat/, Zugriff 5.3.2018

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage bleibt vor allem in urbanen Zentren wie Kathmandu und Pokhara angespannt. Unruhen, Streiks und Anschläge sind zu keiner Zeit auszuschließen (BMEIA 28.3.2018). Nepal befindet sich in einer politischen Übergangsphase. Seit Inkrafttreten der Verfassung am 20.9.2015 haben sich die politischen Spannungen erhöht, da sie nicht von allen politischen Parteien und Gesellschaftsgruppen akzeptiert wird. Zwischen Herbst 2015 und Frühjahr 2016 führten zahlreiche Proteste und Generalstreiks auf nationaler, regionaler und Distrikt-Ebene zu mehrmonatigen Versorgungsengpässen; vor allem die Treibstoffversorgung war stark eingeschränkt. Erneute Ereignisse dieser Art sind jederzeit möglich. Im ganzen Land, einschließlich Kathmandu, werden sporadisch Anschläge mit kleineren Sprengsätzen verübt.

Sie haben vereinzelte Todesopfer und Verletzte sowie Sachschaden verursacht (EDA 18.12.2017). Im jetzigen politischen Umfeld kommt es in Nepal nur noch gelegentlich zu kurzfristig ausgerufenen "Bandhs" (Zwangsstreiks jedweder Art, auch im Kathmandu-Tal, mit Blockaden/Straßensperren); manchmal werden diese auch gewaltsam durchgesetzt. Letzteres gilt auch für sog. Transportstreiks. Nach den bisherigen Erfahrungen können diese Protestaktionen das öffentliche Leben empfindlich stören. Besonders im Terai ist mit Protestaktionen und gewaltsamen, unter Umständen gefährlichen Auseinandersetzungen zu rechnen (AA 20.3.2018).

Kriminelle Organisationen und andere Gruppierungen erpressen in vielen Landesteilen nationale und internationale Organisationen, Geschäftsleute und Einzelpersonen und setzen Forderungen teilweise mit Gewalt durch. Auf Grund der politischen Instabilität und der Unzuverlässigkeit des Rechtssystems ist eine steigende Gewaltbereitschaft und Kriminalität im ganzen Land feststellbar (AA 20.3.2018).

Bedenken bestehen hinsichtlich Aktivitäten von indischen Grenzsicherheitskräften, welche außerhalb ihrer Zuständigkeitsbereiche agieren. Darüber hinaus sollen chinesische Grenztruppen an der nördlichen Grenze zur Autonomen Region Tibet gelegentlich auf nepalesischem Territorium operieren (BTI 2018).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (20.3.2018): Nepal - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nepal-node/nepalsicherheit/221216, Zugriff 26.3.2018

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (28.12.2017): Reiseinformation - Nepal, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/nepal/, Zugriff 5.3.2018

BTI - Bertelsmann Stiftung¿s Transformation Index (2018): Nepal Country Report, http://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/NPL/, Zugriff 26.3.2018

EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (18.12.2017): Reishinweise für Nepal, https://www.eda.admin.ch/content/eda/de/home/laender-reise-information/nepal/reisehinweise-nepal.html, Zugriff 5.3.2017

Rechtsschutz/Justizwesen

Die Gerichtsbarkeit ist unabhängig und gemäß internationalen Maßstäben des Rechtsdenkens ausgerichtet. Das Justizwesen ist jedoch anfällig für politischen Druck, Bestechung und Drohungen. Das Gerichtswesen ist dreistufig: an der Spitze steht der Oberste Gerichtshof, darunter rangieren Berufungs- und Distriktgerichte. Der Oberste Gerichtshof ist für die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen zuständig (GIZ 3.2018; vgl. USDOS 3.3.2017). Durch den Obersten Gerichtshof wurden mehrere politische Führer wegen Korruption anklagt und mutige Entscheidungen mit Bezug auf Übergangsjustiz, Staatsbürgerschaft und Quoten getroffen (BTI 2018).

Die Behörden setzen Gerichtsbeschlüsse, einschließlich Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs, nicht konsequent um. Der Respekt für die Einhaltung rechtsstaatlicher Normen und das Vertrauen in die bestehenden Rechtsorgane sind erodiert. Die formelle Justiz ist in Nepal für Konfliktparteien oft kaum erreichbar, unzuverlässig und zu teuer. Die weit verbreitete Korruption der Polizeibehörden und der Staatsverwaltung trägt dazu bei, dass die Bevölkerung kein Vertrauen in die bestehenden Rechtsorgane setzt (GIZ 3.2018; vgl. USDOS 3.3.2017).

Unsichere Eigentumsrechte stellen für Einkommensschwache ein besonderes Problem dar, da es diesem Personenkreis oft an einer geeigneten Dokumentation mangelt, um einen Anspruch auf Grund und Boden bei der Verwaltung und bei örtlichen Gerichten durchzusetzen (BTI 2018).

Bei der Umsetzung und Mittelausstattung für die beiden Übergangsmechanismen der Justiz, der Wahrheitskommission (Truth and Reconciliation Commission - TRC) und der Untersuchungskommission für Verschwindenlassen / verschwundene Personen (Commission on the Investigation of Enforced Disappeared Persons - CIEDP), kommt es zu Verzögerungen. Während der Konfliktzeit begangene Verbrechen werden nur ungenügend strafverfolgt (USDOS 3.3.2017).

Die Regierung hat das vom Obersten Gerichtshof in den Jahren 2014 und 2015 angeordnete Gesetz zur Untersuchung von Fällen verschwundener Personen, Wahrheit und Versöhnung nicht abgeändert. Bis Ende des Jahres hatten die TRC und die CIEDP über 60.000 bzw. 3.000 Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen wie Mord, Folter und Verschwindenlassen durch staatliche Sicherheitskräfte und Maoisten während des Konflikts von 1996 bis 2006 gesammelt. Effektive Untersuchungen fanden nicht statt. Ein akuter Mangel an Ressourcen und Kapazitäten beeinträchtigt die Fähigkeit der beiden Organe, Aufklärung, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung zu erbringen (AI 22.2.2018; vgl. BTI 2018).

Quellen:

AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Nepal, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425587.html, Zugriff 6.3.2018

BTI - Bertelsmann Stiftung¿s Transformation Index (2018): Nepal Country Report, http://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/NPL/, Zugriff 26.3.2018

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018): Nepal - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/nepal/geschichte-staat/, Zugriff 5.3.2018

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nepal, https://www.ecoi.net/local_link/337161/479925_de.html, Zugriff 5.3.2018

Sicherheitsbehörden

Die Aufgabe der Nepal Police (NP) ist die Durchsetzung von Recht und Ordnung, während die Armed Police Force (APF) für die Terrorismusbekämpfung, für die Gewährleistung der Sicherheit während Ausschreitungen und öffentlichen Unruhen, für die Unterstützung bei Naturkatastrophen und für den Schutz wichtiger Infrastruktur zuständig ist. NP und APF können Fahndungs- und Haftbefehle ohne gerichtliche oder staatsanwaltschaftliche Überprüfung erlassen. Beide Einheiten verfügen, genauso wie die Armee (Nepal Army - NA), über eine Menschenrechtskommission, aber nur die Kommissionen von NP und NA verfügen über unabhängige Ermittlungsbefugnisse. Alle Sicherheitskräfte erhalten eine Menschenrechtsschulung. Von der NP wurde festgestellt, dass die Missbrauchsvorwürfe bezüglich der Zeit des Bürgerkriegs durch die Truth and Reconciliation Commission (TRC) behandelt werden sollten. Die Menschenrechtskommission der Nepal Police berichtete zwischen Juli 2015 und Juli 2016 über drei Beschwerden, die sich alle auf Foltervorwürfe bezogen und zur Bestrafung von zehn Polizeibeamten führten. Sieben Offiziere erhielten offizielle Rügen und drei wurden nicht befördert. Zusätzlich rügte die nepalesische Polizei in drei Folterfälle aus dem abgelaufenen Jahr fünf Beamte und mahnte einen anderen Beamten ab. Die NGO Terai Human Rights Defenders Alliance (THRDA) und das Advocacy Forum (AF) berichten jedoch unabhängig voneinander, dass sie seit August 2016 mehrere Beschwerden wegen Polizeigewalt bei den Bezirksgerichten einreichten, die alle noch anhängig sind. AF informiert weiters, dass es keine Beschwerden mehr an die Menschenrechtskommission der NP richtet, da diese auf keine der über 100 Beschwerden, welche AF seit 2010 eingereicht hat, reagiert hat. Die Polizeikorruption, vor allem bei unterbezahlten niederen Polizeibeamten, und die mangelhafte Bestrafung polizeilichen Missbrauchs bleiben weiterhin Probleme (USDOS 3.3.2017).

Bemühungen, die strafrechtliche Verfolgung von Menschenrechtsverletzungen zu gewährleisten, werden weiterhin dadurch stark untergraben, dass die Polizei die zur Einleitung von Ermittlungen erforderlichen Berichte (First Information Reports) nicht anfertigt, keine Untersuchungen einleitet und gerichtliche Anweisungen nicht befolgt. Dies gilt selbst in Fällen von mutmaßlichen außergerichtlichen Hinrichtungen, Menschenhandel, geschlechtsspezifischer Gewalt sowie von Folter und anderen Misshandlungen (AI 24.2.2016).

Angebliche unangemessene Gewaltanwendung durch die Sicherheitskräfte bei den Protesten zwischen August 2015 und Februar 2016 - besonders in der Region Terai - werden kritisiert und als erhebliches Menschenrechtsproblem betrachtet (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nepal, https://www.ecoi.net/local_link/319778/466805_de.html, Zugriff 3.5.2017

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nepal, https://www.ecoi.net/local_link/337161/479925_de.html, Zugriff 5.3.2018

Allgemeine Menschenrechtslage

Nach dem verheerenden Erdbeben am 25.4.2015 wurde innerhalb weniger Monate eine neue Verfassung verabschiedet, welche im September 2015 in Kraft trat. Sie wies zahlreiche Defizite in Bezug auf den Schutz der Menschenrechte auf und sah eine föderalistische Staatsstruktur vor, die von den ethnischen Gruppen in der Terai-Region abgelehnt wurde. Der Verfassungsänderung folgten gewalttätige Zusammenstöße zwischen Protestierenden und Polizei - besonders in den Gebieten der Terai, und führte von August 2015 bis Februar 2016 zu zahlreichen Toten (AI 22.2.2017; vgl. AI 24.2.2017, AI 22.2.2018, BTI 2018). Im August 2016 genehmigte jedoch die Regierung die Gründung einer unabhängigen Juristischen Kommission, um Menschenrechtsverletzungen während der Unruhen bezüglich der Verfassungsänderung zu untersuchen. Aber seit September wurde die Arbeit noch nicht aufgenommen (USDOS 3.3.2017).

Durch eine ungleiche Verteilung der Katastrophenhilfe nach dem Erdbeben wurden benachteiligte Gruppen diskriminiert; in allen betroffenen Gebieten kam es zu Verzögerungen beim Wiederaufbau (AI 22.2.2017; vgl. AI 24.2.2017). Hunderttausende Überlebende des Erdbebens von 2015 (fast 70% der Betroffenen) leben noch immer in Notunterkünften. Die Regierung hat einen Nachweis des Grundbesitzes als Bedingung für den Erhalt einer Wiederaufbauförderung festgelegt. Da jedoch bis zu 25% der Bevölkerung dieses Kriterium nicht erfüllt haben, sind zehntausende der Überlebenden des Erdbebens nicht förderfähig. Die Situation betrifft vor allem marginalisierte und benachteiligte Gruppen, darunter Frauen, Dalits, wie auch andere ethnische Minderheiten und Kasten (AI 22.2.2018; vgl. BTI 2018).

Weitere Menschenrechtsprobleme sind die Schikanierung von Medien und die Einschränkung der Presse durch Selbstzensur. Die Regierung begrenzte die Versammlungsfreiheit vor allem in den Gebieten, wo die gewalttätigen Proteste gegen die Verfassungsänderung stattfanden. Die Freiheitsrechte von Flüchtlingen, insbesondere tibetischer Herkunft, wurden teilweise eingeschränkt. Die Staatsbürgerschaftsgesetze und -regelungen sind diskriminierend und tragen zur Entstehung von Staatenlosigkeit bei. Früh- und Zwangsehen sowie Vergewaltigung und häusliche Gewalt gegen Frauen, einschließlich Mitgiftmorde, sind nach wie vor ernste Probleme. Es wird weiterhin über Gewalt gegen Kinder, auch in Waisenhäusern, berichtet; die Vorfälle werden jedoch selten gerichtlich verfolgt. Menschenhandel von Kindern und Erwachsenen zu Zwecken sexueller Ausbeutung kommt häufig vor. Personen mit Behinderung und einige ethnische Minderheiten leiden unter Diskriminierung (USDOS 3.3.2017). Jegliche Diskriminierung auf der Basis der Kastenzugehörigkeit ist von der nepalesischen Verfassung verboten. Trotzdem werden Angehörige "unberührbarer Kasten" (Dalits) vielfach ausgegrenzt (GIZ 3.2018). Die Schikanierung aufgrund von Geschlecht oder Zugehörigkeit zu sexuellen Minderheiten ist nach wie vor verbreitet. Die Arbeitnehmerrechte werden teilweise eingeschränkt. Bei der Bekämpfung von Zwangsarbeit und Schuldknechtschaft gibt es nur geringe Fortschritte. Trotz Verbots sich diese weiterhin gebräuchlich. Bei der Bekämpfung von Kinderarbeit gibt es moderate Fortschritte (USDOS 3.3.2017).

Menschenrechtsorganisationen in Nepal fordern von der Regierung das Schicksal der im Bürgerkrieg verschwundenen, verschleppten und ermordeten Menschen aufzuklären (GIZ 3.2018). Diesbezüglich wurden bereits die ersten Initiativen ergriffen. Die Untersuchungskommission zum erzwungenen Verschwinden von Personen (Commission of Investigation on Enforced Disappeared Persons - CIEDP), hat eine Gesetzesvorlage erarbeitet, die darauf zielt, Verschwindenlassen unter Strafe zu stellen. Daneben möchte die CIEDP auch solche Fälle untersuchen, in denen die Opfer des Verschwindenlassens auch gefoltert wurden oder anderen Verbrechen ausgesetzt waren. Die o.g. Forderungen wurden jedoch bis jetzt von der Regierung ignoriert. Die Regierung hatte die Kommission gebildet, ohne ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden, das das Verschwindenlassen von Personen kriminalisiert, womit sie Vorgaben des Obersten Gerichts ignorierte, den Transitional Justice Act entsprechend zu überarbeiten. Sie sah sich deshalb dem Vorwurf von Zivilgesellschaft, Menschenrechtsorganisationen und internationaler Gemeinschaft ausgesetzt, eine zahnlose Übergangsjustiz etablieren zu wollen, bei der die schweren Verbrechen aus der Konfliktzeit nicht mehr strafrechtlich aufgearbeitet würden. Laut CIEDP dienen die Maßnahmen der Regierung nur dazu, die Erlassung der erforderlichen Gesetze und die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen verzögern zu können (SAB 1.2016; vgl. THT 26.3.2017).

Bis Juni 2017 erhielt der CIEDP 3.093 Beschwerden über Verschwindenlassen. Eine weitere Aufsichtsbehörde, die Wahrheits- und Versöhnungskommission (Truth and Reconciliation Commission - TRC) nahm trotz fehlender Ressourcen bereits ihre Arbeit auf; sie ist in sieben Provinzen anwesend und bis Juni 2017 erhielt sie 58.000 Beschwerden bezüglich Menschenrechtsverletzungen vor allem aus der Zeit des Bürgerkriegs. Der Vorsitzende der TRC berichtet, dass Gerechtigkeit für die Opfer von außergerichtlicher Tötung, Verschwindenlassen, Vergewaltigung und Folter aufgrund der mangelhaften Gesetzeslage nicht gewährleistet werden kann (THT 8.7.2017).

Quellen:

AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Nepal, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425587.html, Zugriff 5.3.2018

AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Nepal, http://www.ecoi.net/local_link/336579/479257_de.html, Zugriff 5.1.2018

AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nepal, https://www.ecoi.net/local_link/319778/466805_de.html, Zugriff 5.1.2018

BTI - Bertelsmann Stiftung¿s Transformation Index (2018): Nepal Country Report, http://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/NPL/, Zugriff 26.3.2018

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018): Nepal - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/nepal/geschichte-staat/, Zugriff 5.3.2018

SAB - Südasienbüro (1.2016): Nepal: Untersuchungskommission zum erzwungenen Verschwinden von Personen, http://www.suedasienbuero.de/index.php/suedasien-bestellen/99-meldungen/nepal-meldungen/964-1-2016-untersuchungskommission-zum-erzwungenen-verschwinden-von-personen, Zugriff 5.3.2018

THT - The Himalaya Times (8.6.2017): Transnational justice bodies await revision of related acts, https://thehimalayantimes.com/kathmandu/transitional-justice-bodies-await-revision-related-acts/, Zugriff 5.3.2017

THT - The Himalaya Times (26.3.2017): CIEDP handicapped as legally there's very little it can do, https://thehimalayantimes.com/nepal/commission-of-investigation-on-enforced-disappeared-persons-handicapped-legally/, Zugriff 5.3.2017

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nepal, https://www.ecoi.net/local_link/337161/479925_de.html, Zugriff 5.3.2018

Frauen

Frauen, werden im öffentlichen Leben regelmäßig diskriminiert und sind vom Zugang zu Ressourcen und Machtpositionen ausgeschlossen (BTI 2018). Allerdings errangen Frauen bei den Kommunalwahlen aufgrund von Quotenregelungen 41% der Sitze. Höhere Posten bleiben jedoch überwiegend von Männern besetzt. Während die Verfassung ein Drittel der Sitze im Parlament für Frauen vorsieht, waren nur 7% der Direktwahlkandidaten für die Parlamentswahlen Frauen (HRW 2.2018).

Häusliche Gewalt gegen Frauen und Mädchen bleibt ein ernstes Problem. Es gibt viele Beweise dafür, dass physische und verbale Misshandlungen weit verbreitet sind. Die Menschenrechtsorganisation Informal Sector Service Centre (INSEC) hat über eine Zunahme von gemeldeten Fällen von häuslicher Gewalt im Laufe des Jahres 2017 berichtet. Diese Zunahme kann teilweise auf das gestiegene Bewusstsein zurückzuführen sein (USDOS 3.3.2017).

Im neuen Strafgesetz liegen die Strafbestimmungen für Vergewaltigungen und deren gesetzliche Verjährungsfristen noch weit hinter internationalen Standards und dem Völkerrecht zurück. Geschlechtsspezifische Diskriminierungen untergraben weiterhin die Möglichkeiten von Frauen und Mädchen, über deren Sexualität zu bestimmen, eine angemessenen Gesundheitsfürsorge für Schwangere und Mütter in Anspruch zu nehmen, Entscheidungen zum Thema Fortpflanzung zu treffen oder eine verfrühte bzw. erzwungene Ehe anzufechten (AI 22.2.2018).

Chaupadi, eine Praxis, welche menstruierende Frauen und Mädchen aus ihren Häusern zwingt, wurde im August 2017 nach einer Serie von Todesfällen von Frauen und Mädchen in sog. Menstruationsschuppen, welche an die Öffentlichkeit gelangten, unter einem neuen Gesetz kriminalisiert. Allerdings war diese Praxis bereits im Jahr 2005 durch den Obersten Gerichtshof verboten worden (HRW 2.2018).

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz sieht Bewegungs- und Reisefreiheit, aber auch das Recht auf Emigration und Rückkehr vor. Eine Ausnahme bilden Flüchtlinge; diese müssen bezüglich ihrer Bewegungsfreiheit oft gesetzlich geregelte Einschränkungen hinnehmen. Die Einschränkungen der Flüchtlingsbewegungen werden aber nicht einheitlich durchgesetzt. Die Regierung stellt seit 20 Jahren keine Ausweisdokumente für tibetische Flüchtlinge mehr aus. Es gibt Berichte über Vertriebene aus Tibet, die aufgrund fehlender Personaldokumente an Kontrollpunkten von der Polizei schikaniert oder zurückgeschickt werden. Um Frauen vor Menschenhandel oder Misshandlung zu schützen, führte die Regierung für Frauen ein Mindestalter von 24 Jahren für Auslandsreisen zum Zweck der Aufnahme einer Beschäftigung ein. Diese Regelung wird jedoch von NGOs und Menschenrechtsaktivisten als diskriminierend und kontraproduktiv empfunden, da so Frauen auf informellem Weg über die indische Grenze migrieren (USDOS 3.3.2017). Rekrutierungsunternehmen nutzen weiterhin ihren politischen Einfluss, um Ermittlungen, Strafverfolgung und Wiedergutmachungen für Missbrauch und Ausbeutung von Migranten zu verhindern (AI 22.2.2018).

Während Streiks sind Reisen auf dem Landweg nicht oder nur unter schwierigen Bedingungen möglich (AA 20.3.2018).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (20.3.2018): Nepal - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nepal-node/nepalsicherheit/221216, Zugriff 26.3.2018

AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Nepal, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425587.html, Zugriff 5.3.2018

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nepal, https://www.ecoi.net/local_link/337161/479925_de.html, Zugriff 1.3.2018

Grundversorgung und Wirtschaft

Der zehnjährige Bürgerkrieg hat die wirtschaftliche Entwicklung Nepals deutlich beeinträchtigt. Mit dem 2006 eingeleiteten Friedensprozess haben sich die politischen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft bislang nur wenig verbessert. Das gesamtwirtschaftliche Wachstum bewegte sich in den letzten Jahren real zwischen 2% und 4%. Die schweren Erdbeben vom April / Mai 2015 und die innenpolitische Krise nach Verkündung der neuen Verfassung (20.9.2015) haben zu einem weiteren Einbruch der Wirtschaft geführt, von dem sich das Land nur langfristig erholen wird. Mit einem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von 733,7 US-Dollar (GTAI, prognostiziert für 2016) ist Nepal das zweitärmste Land Südasiens und zählt weiterhin zu den 20 ärmsten Ländern der Welt. Ein Viertel der Bevölkerung lebt unterhalb der nationalen Armutsgrenze. Die nepalesische Wirtschaft ist faktisch weitgehend privatwirtschaftlich verfasst, aber auch geprägt durch starre sozialstaatliche Elemente sowie durch privilegierte Staatsunternehmen. Ausgeprägte Bürokratie sowie eine unzureichende Infrastruktur beeinträchtigen das Investitionsklima und damit die wirtschaftliche Entwicklung. Nepal ist noch immer ein weitgehend von der Subsistenzwirtschaft geprägter Agrarstaat. Die Landwirtschaft beschäftigt mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen und trägt mehr als ein Drittel zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Der Anteil des verarbeitenden Sektors am BIP hingegen ist aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen für Industriebetriebe in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Der Tourismus im Kathmandu-Tal, im tropischen Regenwald des Terai und im Himalaja ist eine wichtige Deviseneinnahmequelle. Der Dienstleistungssektor profitiert stark vom zunehmenden Fremdenverkehr. Etwa 90% aller Unternehmen des Landes sind Kleinbetriebe, die einen wichtigen Beitrag zur Beschäftigung leisten, aber nur 4% zum BIP beitragen. Die Inflation ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen und liegt aktuell bei etwa 8,5% (IWF, 2015). Ausländische Direktinvestitionen machen nur einen sehr geringen Anteil am gesamten Staatshaushalt aus. Ein Drittel des Budgets wird von der Gebergemeinschaft im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit finanziert (AA 3.2017; vgl. GIZ 1.2018a).

Es existieren keine zuverlässigen Erhebungen zur Arbeitslosigkeit. Die offizielle Erwerbslosenquote ist relativ niedrig (2016: 3.2%), die Unterbeschäftigung ist jedoch weit verbreitet (BTI 2018). In den letzten Jahrzehnten ist die Zahl jener, die das Land aufgrund der politischen Instabilität und der schweren wirtschaftlichen Krise verließen, exponentiell gestiegen. Neben dem traditionellen Zielland Indien sind mit dem Öl-Boom und dem wirtschaftlichen Aufstieg Asiens, Länder am Persischen Golf und in Südostasien zu attraktiven Destinationen geworden. Schätzungen gehen davon aus, dass heute vier bis fünf Millionen Nepalesen im Ausland arbeiten, deren Geldleistungen an die Familien im Heimatland zwischen 25 und 35% des BIP ausmachen. Mit der zunehmenden Emigration ist die Rekrutierung von Arbeitskräften zu einem lukrativen Geschäft geworden. Über 800 sogenannte "manpower companies" werben über lokale Agenten Arbeitswillige in den Dörfern an und organisieren Transport, Ausreisepapiere und Verträge mit den Arbeitgebern in den Zielländern. Die große Mehrheit der Arbeitsmigranten sind junge Männer. Der Anteil der Frauen hat mit der steigenden Nachfrage nach Hausangestellten in den Golfstaaten im letzten Jahrzehnt zwar zugenommen, Frauen machen aber erst etwa 10% der Arbeitskräfte im Ausland aus und sind besonders gefährdet (GIZ 1.2018b; vgl. AA 3.2017, GIZ 1.2018a, DR 25.4.2017).

Nach zwei schweren Erdbeben, die im April und Mai 2015 Nepal erschüttert und verheerende Schäden im Kathmandu-Tal und den Bergdörfern des Himalaya angerichtet haben, erholt sich das Land nur langsam. Damals kamen fast 9.000 Menschen ums Leben, 3,5 Millionen wurden obdachlos, 400.000 Familien benötigen Hilfe. Der Wiederaufbau läuft auch zwei Jahre später nur schleppend. Laut der Wiederaufbaubehörde wurde bisher erst rund 4.000 Menschen eine zweite Rate der zugesicherten Gelder ausgezahlt, nur 420 bekamen bisher die volle Zahlung. Trotz nationaler und internationaler Unterstützung beklagten die Hilfsorganisationen fehlende Vorgaben der Regierung für den notwendigen Wiederaufbau (DR 25.4.2017; vgl. GIZ 1.2018a).

Nepal verfügt außer den familiären sozialen Netzwerken über kein Wohlfahrtssystem. In bestimmten Fällen sind NGOs bemüht, diese Lücke zu füllen, aber deren Tätigkeit ist sehr stark von dem jeweiligen Standort und von internationalen Spenden abhängig, somit können nicht die gleichen Leistungen im ganzen Land angeboten werden. Es gibt nur vereinzelt Privatinitiativen; die öffentlichen Sozialdienste sind rückständig und unzureichend, obwohl sich die Situation in den letzten Jahren leicht verbesserte (BTI 2018).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (3.2017): Nepal - Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nepal-node/-/221218, Zugriff 1.3.2018

BTI - Bertelsmann Stiftung¿s Transformation Index (2018): Nepal Country Report, http://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/NPL/, Zugriff 26.3.2018

DR - Domradio (25.4.2017): Zwei Jahre nach dem Erdbeben in Nepal - Schleppender Wiederaufbau, https://www.domradio.de/themen/weltkirche/2017-04-25/zwei-jahre-nach-dem-erdbeben-nepal, Zugriff 1.3.2018

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2018a): Nepal - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/nepal/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 1.3.2018

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2018b): Nepal - Gesellschaft, https://www.liportal.de/nepal/gesellschaft/, Zugriff 1.3.2018

13. Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung ist in weiten Landesteilen unzureichend und entspricht häufig nicht europäischem Standard. Dennoch hat sich der Gesundheitszustand der nepalesischen Bevölkerung in den vergangenen Jahren stark verbessert. Insbesondere ist es gelungen, die Zahl der Todesfälle von Müttern und Neugeborenen deutlich zu senken. Doch noch gibt es erhebliche Unterschiede zwischen Armen und Wohlhabenden sowie zwischen Stadt und Land. Qualität und Verfügbarkeit grundlegender Gesundheitsdienstleistungen sind für weite Teile der Bevölkerung nach wie vor unzureichend. Eine ausreichende Grundversorgung besteht in Kathmandu und den gängigen Touristenzielen. In Kathmandu ist die medizinische Versorgung in einzelnen Fachbereichen durchaus auch auf einem hohen Niveau (AA 19.1.2018; vgl. BMZ 3.2018).

Das Gesundheitswesen in Nepal liegt in der Zuständigkeit des Gesundheitsministeriums, das für die kurativen Leistungen, Krankheitsprävention, Gesundheitsförderung und die Einrichtung der medizinischen Grundversorgung zuständig ist. Zusätzliche Gesundheitsleistungen werden von internationalen und nationalen NGOs, von Privatärzten, privaten Krankenschwestern und alternativen Heilpraktikern (z.B. Ayurveda Gesundheitszentren) zur Verfügung gestellt. Zwischen 2015 und 2016 gab es 104 öffentliche Krankenhäuser, 303 private Krankenhäuser, 202 Primäre Gesundheitszentren (PHCC) und 3.803 Gesundheitsstationen. Eine grundlegende Gesundheitsversorgung wurde auch von 12.660 medizinischen Beratungsstellen (PHCORC) gewährleistet. Darüber hinaus wurden im Rahmen des Erweiterten Immunisierungsprogramms (EPI) 16.134 Schutzimpfungen durchgeführt. Diese Maßnahmen wurden mit Hilfe von 49.523 freiwilligen medizinischen Helferinnen der Gemeinden (FCHV) unterstützt (DOHS 2.2017).

Das Gesundheitswesen ist aber insgesamt nur schwach entwickelt. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung hat keinen Zugang zu den wichtigsten Medikamenten, auf 100.000 Einwohner kommen im Durchschnitt nur 21 Ärzte. Unterernährung und Erkrankungen des Magen-Darmtraktes, parasitäre Krankheiten, Tuberkulose, Typhus, Malaria, Tollwut, Augen- und Schilddrüsenerkrankungen sind verbreitet. Die Zahl der HIV-Infizierten beläuft sich auf 70.000. Die Kinder- und Müttersterblichkeitsraten sind sehr hoch. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei etwa 70 Jahren. In den ländlichen Gebieten ist die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung besonders schlecht. Auf dem Land fehlt es an Ärzten und Medikamenten, die Wege zu Gesundheitsstationen sind in entlegenen Regionen sehr weit. Die Bevölkerung ist daher noch in hohem Maße auf die traditionellen Heilpraktiken angewiesen. Seit Anfang der 1990er Jahre versucht die Regierung mit der Einrichtung von Gesundheitsstationen (sub-health posts) in ländlichen Gebieten der gesamten Bevölkerung ein Mindestmaß an grundlegenden Gesundheitsdiensten zugänglich zu machen. Die Regierungsentscheidung 7,2% des Jahresbudgets in den Gesundheitssektor zu investieren, ist ein wichtiges Element sozialer Sicherheit. Der Gesundheitssektor steht dennoch vor anhaltenden Herausforderungen, um die Situation für die benachteiligten Bevölkerungsgruppen zu verbessern: Zugangsbarrieren müssen verringert werden, die Qualität von Dienstleistungen muss gesteigert und sozial gerecht finanziert und die dauerhafte Verfügbarkeit von Medikamenten muss gesichert werden (GIZ 1.2018b).

In Nepal gibt es keine Krankenversicherung. Die ärztliche Behandlung ist frei, aber alle für die Behandlung erforderlichen Medikamente und Materialien müssen selbst besorgt werden, so dass für die Ärmsten der Armen praktisch keine medizinische Versorgung möglich ist (DNH o.D.).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (19.1.2018): Nepal - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nepal-node/nepalsicherheit/221216, Zugriff 2.3.2018

BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (3.2018): Nepal, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/nepal/index.html, Zugriff 9.3.2018

DNH - Deutsche-Nepalische Hilfsgemeinschaft (o.D.): Projekte - Medizinische Versorgung, http://www.dnh-stuttgart.org/index.php?id=medizinische-versorgung, Zugriff 1.3.2018

DOHS - Department of Health Services (2.2017): Annual Report - Department of Health Services 2015/2016, http://dohs.gov.np/wp-content/uploads/2017/06/DoHS_Annual_Report_2072_73.pdf, Zugriff 1.3.2018

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2018b): Nepal - Gesellschaft, https://www.liportal.de/nepal/gesellschaft/, Zugriff 1.3.2018

14. Rückkehr

Die Regierung erlaubt den Staatsbürgern von Nepal Emigration, und die Staatsbürger können jederzeit in jede Region von Nepal zurückkehren. Die Regierung arbeitet im Allgemeinen mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen bei der Bereitstellung von Schutz und Unterstützung für Asylwerber und Flüchtlinge zusammen (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nepal, https://www.ecoi.net/local_link/337161/479925_de.html, Zugriff 1.3.2017"

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen hinsichtlich der Personen der Beschwerdeführer und zum Verfahrensgang:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit der Beschwerdeführer ergeben sich aus den glaubhaften Angaben der Erstbeschwerdeführerin im Verfahren (AS 93 zu 2217704-1). Mangels Vorlage von unbedenklichen Identitätsdokumenten steht die Identität der Erstbeschwerdeführerin nicht fest. Die Identität des Zweitbeschwerdeführer steht aufgrund der Vorlage seiner österreichischen Geburtsurkunde fest (AS 3 zu 2223097-1) fest.

Die Feststellung, dass die Erstbeschwerdeführerin ledig ist, basiert auf ihren plausiblen Angaben im Verfahren und wurde bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl getroffen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte diesbezüglich zutreffend aus, dass das von der Erstbeschwerdeführerin vorgelegte Dokument (AS 101 zu 2217704-1) nicht geeignet ist, eine aufrechte Ehe zu bescheinigen, zumal die Erstbeschwerdeführerin selbst angegeben hat, dass ihr Lebensgefährte nicht dabei gewesen wäre, als diese Urkunde vom Standesbeamten ausgefüllt worden sei und zudem die Unterschrift der Eheleute fehlt (AS 101 zu 2217704-1). Die Erstbeschwerdeführerin hatte zudem in der Erstbefragung stets von ihrem "Freund" gesprochen und nirgends erwähnt, dass sie verheiratet sei (AS 1ff zu 2217704-1). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist somit zur Recht davon ausgegangen, dass die Erstbeschwerdeführerin ledig ist.

Die Feststellungen zum Geburtsort der Beschwerdeführer, ihren Aufenthaltsorten, der Berufserfahrung der Erstbeschwerdeführerin, ihren Sprachkenntnissen und ihren Familienangehörigen bzw. deren Aufenthaltsorten beruhen ebenfalls auf den eigenen Angaben der Erstbeschwerdeführerin im Verfahren (AS 93 bis 97 zu 2217704-1), an denen kein Grund zu zweifeln besteht.

Die Daten der Antragstellung ergeben sich - ebenso wie die zuvor erfolgte illegale Einreise - aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zum Aufenthalt der Beschwerdeführer in Österreich sowie ihren Lebensverhältnissen im Bundesgebiet bzw. den Lebensverhältnissen und dem Aufenthaltsstatus des Lebensgefährten der Erstbeschwerdeführerin bzw. Vater des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers ergeben sich aus den Angaben der Erstbeschwerdeführerin (, den von dieser vorgelegten Integrationsunterlagen (AS 103 und 196 zu 2217704-1) sowie aktuellen Auszügen aus dem Zentralen Melderegister und dem Betreuungsinformationssystem in Verbindung mit einer Einsichtnahme in den Akteninhalt betreffend die Verfahren des Lebensgefährten der Erstbeschwerdeführerin bzw. Vaters des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers (insbesondere das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.04.2018, ZI.: W169 1422231-2, und das zu W169 1422231-3 anhängige Verfahren) und wurden bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in den angefochtenen Bescheiden getroffen bzw. entsprechend gewürdigt.

Dass die Beschwerdeführer gesund sind und die Erstbeschwerdeführerin arbeitsfähig ist, ergibt sich aus den Angaben der Erstbeschwerdeführerin zu ihrem Gesundheitszustand und ihrer bisherigen Erwerbstätigkeit (AS 93, 96 und 99 zu 2217704-1). Anhaltspunkte für das Bestehen gesundheitlicher Probleme sind auch den Beschwerden nicht zu entnehmen.

Die Feststellung, dass im Strafregister der Beschwerdeführer keine Verurteilung aufscheint, ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Strafregister.

2.2. Zu den Feststellungen hinsichtlich des Fluchtvorbringens der Beschwerdeführer:

Hinsichtlich der im gegenständlichen Verfahren geltend gemachten Ausreismotive der Beschwerdeführer gelangt auch das erkennende Gericht in Übereinstimmung mit der diesbezüglichen Beurteilung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführer eine bestehende Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft darlegen konnten:

Wie bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid zutreffend festgehalten wurde, hatte die Erstbeschwerdeführerin sowohl in ihrer Erstbefragung als auch in ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl angegeben, nach Europa gereist zu sein, um ihren Freund zu finden sowie mit diesem leben zu können (AS 11 und 94ff zu 2217704-1) und zu keinem Zeitpunkt eine Bedrohung oder Verfolgung ihrer Person vorgebracht. Die Erstbeschwerdeführerin hat explizit ausgesagt, dass ihr Vater, nachdem er erfahren hätte, dass die Erstbeschwerdeführerin von ihrem Onkel schwanger sei, ihr nichts getan, sondern nur mit ihr geschimpft habe und sie nicht mehr akzeptiert hätte (AS 96f zu 2217704-1).

Weiters führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nachvollziehbar aus, dass die Erstbeschwerdeführerin selbst erklärt hatte, nach diesen Vorfällen noch rund vier bis fünf Jahre in einem Hotel gearbeitet zu haben (AS 96f zu 2217704-1) und demnach in der Lage gewesen ist, nach den geschilderten Vorfällen über einen längeren Zeitraum unbehelligt in Nepal zu leben.

Insgesamt betrachtet ist daher die Beurteilung durch die belangte Behörde, dass die Erstbeschwerdeführerin keine Verfolgungsgefahr glaubhaft dargetan hat, nicht zu beanstanden und schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesamtes vollinhaltlich an.

Hinsichtlich des zwischenzeitlich im Bundesgebiet geborenen minderjährigen Zweitbeschwerdeführers ist anzumerken, dass, wie im angefochtenen Bescheid richtig ausgeführt, für diesen keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht wurden (AS 1 zu 2223097-1) und eine Verfolgung der Person des Zweitbeschwerdeführers aufgrund des Vorbringens seiner Eltern nicht ersichtlich ist. Auch unter Berücksichtigung der den angefochtenen Bescheiden und auch dem gegenständlichen Erkenntnis zugrundeliegenden Länderfeststellungen sind keine Gründe zu erkennen, aus denen eine Verfolgung des Zweitbeschwerdeführers abzuleiten wäre. Sofern in der Beschwerde betreffend die Erstbeschwerdeführerin pauschal und unter Heranziehung zusätzlicher Länderberichte auf die schwierige Lage von Frauen allgemein sowie insbesondere von alleinstehenden und -erziehenden Frauen verwiesen wird, ist festzuhalten, dass sich einerseits auch aus diesen Länderberichten nicht eine generell für alleinstehende und -erziehende Frauen bestehende Verfolgungsgefahr ergibt, wobei nicht übersehen wird, dass es zu Diskriminierungen und Ungleichbehandlungen kommen kann. Andererseits handelt es sich bei der Erstbeschwerdeführerin auch nicht um eine alleinstehende und -erziehende Frau und ist den Beschwerdeführern eine Rückkehr nach Nepal im Familienverband mit dem Lebensgefährten der Erstbeschwerdeführerin bzw. Vater des Zweitbeschwerdeführers, wie vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtig aufgezeigt, möglich (siehe oben).

2.3. Zu den Feststellungen zur Situation in Nepal sowie einer möglichen Rückkehr der Beschwerdeführer dorthin:

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte im gegenständlich angefochtenen Bescheid beweiswürdigend zutreffend aus, dass in Nepal weder eine Gefährdung der Personen der Beschwerdeführer zu erkennen sei noch das Vorherrschen von humanitären Problemen, aus welchen eine existenzbedrohende Notlage mangels Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse, wie Nahrung und Wohnraum oder das Bestehen eines nationalen und/oder internationalen Konfliktes anzunehmen wäre.

Ebenso zutreffend legte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dar, dass die erwerbsfähige und gesunde Erstbeschwerdeführerin in Nepal in einem Hotel gearbeitet habe und davon auszugehen sei, dass der Erstbeschwerdeführerin im Fall ihrer Rückkehr nach Nepal die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit neuerlich möglich sein wird; die Erstbeschwerdeführerin wird somit in der Lage sein, den notwendigen Lebensunterhalt für sich selbst sowie den minderjährigen Zweitbeschwerdeführer (wieder) zu erwirtschaften und kann überdies durch ihren Lebensgefährten Unterstützung (bei einer - möglichen, siehe oben - Rückkehr im Familienverband mit diesem oder finanziell) erhalten. Dass es den Eltern des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers unmöglich wäre, diesen ausreichend zu ernähren, wie in der Beschwerde betreffend den minderjährigen Zweitbeschwerdeführer unsubstantiiert behauptet wurde, ist angesichts dessen nicht anzunehmen. Auch ist dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht entgegenzutreten, wenn es darauf hinweist, dass überdies den herangezogenen Länderinformationen zu entnehmen ist, dass die nepalesische Regierung mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen bei der Bereitstellung von Schutz und Unterstützung für Asylwerber und Flüchtlinge zusammenarbeitet.

Sofern in der Beschwerde betreffend die Erstbeschwerdeführerin vorgebracht wurde, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seine eigenen Feststellungen übersehe, wonach die Erstbeschwerdeführerin einen Großteil ihres Lebens in Indien verbracht hätte und die Annahme, dass die Erstbeschwerdeführerin über ein soziales Netz verfüge, nicht nachvollziehbar sei, ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen, wonach die Erstbeschwerdeführerin jedenfalls in der Lage war, sich auch nach den vorgebrachten Vorfällen und dem behaupteten Wegfall der Akzeptanz und Unterstützung durch ihre Familienangehörigen durch die mehrjährige Arbeit in einem Hotel ihren Lebensunterhalt zu sichern; weshalb dies nicht neuerlich möglich sein sollte, wurde in der Beschwerde nicht dargetan und ist überdies neuerlich auf die Möglichkeit einer Unterstützung durch den Lebensgefährten der Erstbeschwerdeführerin bzw. Vater des Zweitbeschwerdeführers zu verweisen.

Es ist sohin dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht entgegenzutreten, wenn es zu dem Schluss kommt, dass keine Anhaltspunkte dahingehend gefunden hätten werden können, dass sich im Verfahren keine Gründe ergeben haben, die einer Rückkehr der Beschwerdeführer nach Nepal entgegenstehen würden.

Anzumerken ist, dass auch im Hinblick auf die weltweite Ausbreitung des COVID-19-Erregers unter Zugrundelegung der medial ausführlich kolportierten, notorischen Entwicklungen (auch) im Herkunftsland der Beschwerdeführer bislang keine derartige Entwicklung erkannt werden, konnte die eine entscheidungsrelevante Lageänderung erkennen ließe. Was die Folgen der COVID-19-Pandemie in Nepal betrifft, so ist überdies festzuhalten, dass es sich hierbei definitionsgemäß um eine weltweite Problematik handelt und kein Staat absolute Sicherheit vor dieser Erkrankung bieten kann; dies wird etwa auch durch die aktuellen Entwicklungen in der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika belegt. Die jungen und gesunden Beschwerdeführer gehören überdies jedenfalls keiner Risikogruppe an.

Die oben wiedergegebenen Feststellungen zur Situation in Nepal ergeben sich aus den in den angefochtenen Bescheiden herangezogenen Länderberichten, die auch dieser Entscheidung zugrunde gelegt werden. Bei den angeführten Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Nepal ergeben. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht (wesentlich) geändert haben.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerden sind rechtzeitig und zulässig.

3.2. Zu A) I. Abweisung der Beschwerden:

3.2.1. Zu den Beschwerden gegen die jeweiligen Spruchpunkte I. der angefochtenen Bescheide:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK (i.d.F. des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Ve

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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