TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/15 W170 2122035-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.06.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

15.06.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W170 2122035-2/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX auch XXXX , geb. XXXX auch XXXX , StA. Algerien, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Josef UNTERWEGER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 17.01.2019, Zahl: 1000269208-14018554 / BMI-BFA_NOE_RD, wegen §§ 3, 8, 10 und 57 AsylG 2005 sowie §§ 52 und 55 FPG 2005, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung hinsichtlich A) I. zu Recht erkannt und hinsichtlich A) II. beschlossen:

A) I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, in Verbindung mit §§ 3, 8, 10, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2020, und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 27/2020, mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Rückkehrentscheidung nach Algerien lautet.

II. Das Verfahren wird hinsichtlich der Anträge, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen bzw. XXXX einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG zuzuerkennen, wegen Zurückziehung dieser Anträge gemäß §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, eingestellt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2020, nicht zulässig.




Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) stellte am 10.01.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen des Administrativverfahrens brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er sei staatenloser Palästinenser aus Gaza, sei mit seiner Familie im Alter von 10 oder 11 Jahren nach Syrien gezogen und dort aufgewachsen. Dieses Vorbringen hielt er auch auf Vorhalt eines durch die Behörde eingeholten „Sprachgutachtens“, nach dem er aus Nordafrika und nicht Gaza oder Syrien stammen würde, aufrecht.

Mit im Spruch bezeichneten Bescheid (zugestellt am 23.01.2019) wurde der gegenständliche Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Unter einem wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen die beschwerdeführende Partei eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie eine Frist für deren freiwillige Ausreise bestimmt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, seine Staatsangehörigkeit sei ungeklärt, seine Identität stehe nicht fest und könne nicht davon ausgegangen werden, dass er staatenlos sei und im Gaza-Streifen und in Syrien gelebt habe.

Mit am 31.01.2019 bei der Behörde eingelangtem Schriftsatz wurde gegen den Bescheid Beschwerde erhoben, das Vorbringen aufrechterhalten und beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen bzw. dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG zuzuerkennen.

Die Beschwerde gegen den Bescheid wurde samt dem bezugnehmenden Verwaltungsakt am 08.02.2019 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

Am 19.11.2019 fand eine Befundaufnahme durch den im gegenständlichen Verfahren bestellten Sachverständigen aus dem Fachgebiet Orientalistik statt, in deren Rahmen der Beschwerdeführer erstmals angab, im Gegensatz zu seinem bisherigen Vorbringen aus Algerien zu stammen. Dieses Vorbringen wurde durch das Sprachgutachten des genannten Sachverständigen vom 26.11.2019 bestätigt sowie vom Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom 18.12.2019 aufrechterhalten. Bis dahin sei es ihm unmöglich gewesen, seine Identität gegenüber den Behörden offenzulegen. Erst im Gespräch mit dem Sachverständigen habe er Vertrauen fassen können.

Am 26.05.2020 wurde vom Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher der Sachverständige einvernommen wurde und der Beschwerdeführer ein Vorbringen zu Algerien erstattete und die Anträge, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen bzw. ihm einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG zuzuerkennen, zurückzog. Er brachte vor, ihm sei vor der belangten Behörde nicht die Möglichkeit gegeben worden, seine falsche Identität richtig zu stellen. Er habe falsche Angaben gemacht, damit er nicht abgeschoben werde. Nachgefragt, ob er die Personen aus seinem Freundeskreis, die ihm Empfehlungsschreiben ausgestellt hatten, auch über seine Identität getäuscht habe, gab er an, dass diese seit 2016 wüssten, dass er aus Algerien sei. Falls ihn die Behörde oder das Bundesverwaltungsgericht gefragt hätten, wäre er bereits gewesen, die Wahrheit zu sagen. Er habe jedoch nur die gestellten Fragen beantworten dürfen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. XXXX auch XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) ist ein volljähriger algerischer Staatsangehöriger. Er behauptet nunmehr, der Volksgruppe der Berber und keiner Konfession anzugehören.

Die Identität des Beschwerdeführers steht nur hinsichtlich seiner Volljährigkeit und seiner algerischen Staatsangehörigkeit fest, darüber hinaus steht diese nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich unbescholten.

1.2. Der Beschwerdeführer ist rechtswidrig nach Österreich eingereist, hat am 10.01.2014 unter Vorspiegelung einer falschen Identität als staatenloser Palästinenser mit Herkunftsstaat Syrien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt; im Rahmen des diesbezüglichen behördlichen Asylverfahrens wurde der Antrag mit im Spruch bezeichneten Bescheid hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und der Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.). Da das Bundesamt die Staatsangehörigkeit nicht feststellen konnte, wurde die Rückkehrentscheidung nicht zielstaatsbezogen ausgesprochen und konnte auch nicht festgestellt werden, dass die Abschiebung in einen bestimmten Staat zulässig ist. Der Bescheid wurde am 23.01.2019 zugestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 31.01.2019 bei der Behörde eingebrachte Beschwerde, zugleich wurde die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG sowie die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.

1.3. Der Beschwerdeführer hat ab der Antragstellung am 10.01.2014 bis zur Befundaufnahme durch den beigezogenen Sachverständigen am 19.11.2019 angegeben, ein staatenloser, aus dem Gaza-Streifen stammender Palästinenser zu sein, der gemeinsam mit seinem Vater im Alter von etwa 11 Jahren nach Syrien ausgewandert sei und Syrien erst 2007 oder 2011 oder 2013 verlassen zu haben. Dieses Vorbringen ist weder glaubhaft noch wurde es im Rahmen der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten.

Nunmehr wird nunmehr angegeben, dass der Beschwerdeführer die algerische Staatsangehörigkeit besitzt, dieses Vorbringen ist glaubhaft und wird der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes unterstellt.

Durch die falschen Angaben zum Herkunftsstaat wurde das Asylverfahren erheblich verzögert, weil es sich einerseits bei Algerien um einen sicheren Herkunftsstaat handelt und somit das Asylverfahren beschleunigt zu führen gewesen wäre und andererseits zwei Gutachten zur Abklärung des Herkunftsgebietes des Beschwerdeführers eingeholt wurden, deren Notwendigkeit jedenfalls hinsichtlich eines dem Beschwerdeführer und seinen falschen Angaben zuzurechnen ist.

Algerien ist ein sicherer Herkunftsstaat. Algerien ist sowohl fähig als auch willig, seinen Bürgern Schutz zu gewähren. Algerien weist eine funktionierende, unabhängige Justiz sowie einen funktionierenden Sicherheitsapparat auf. Behördliche Korruption steht unter Strafe, mit Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren. Dieses Gesetz wird nicht effektiv durchgesetzt, wenn es auch ein eigenes Zentralbüro zur Bekämpfung der Korruption gibt. Daneben sorgt die Nationale Organisation zur Verhinderung und Bekämpfung von Korruption für eine beratende Funktion. Die Sicherheitslage in Algerien ist, abgesehen von einigen Grenzregionen im Süden und Osten und den Bergregionen im Westen als sicher zu qualifizieren. Algerien ist allen wesentlichen internationalen Menschenrechtsabkommen beigetreten. Die Menschenrechtssituation in Algerien hat sich seit den 1990-er Jahren sukzessive verbessert. In Algerien besteht ein aufwändiges Sozialsystem. Schulbesuch und Gesundheitsfürsorge sind kostenlos. Die medizinische Versorgung ist allgemein zugänglich und kostenfrei. In jeder größeren Stadt existieren Krankenhäuser. Grundnahrungsmittel, Energie und Wasser werden stark subventioniert. Die Wirtschaft in Algerien ist als Konsumwirtschaft zu bezeichnen, mit wenig produzierenden Unternehmen, sodass die Arbeitsplatzsituation insbesondere für junge Algerier angespannt ist. Illegal Ausreisenden droht im Falle der Rückkehr eine Geld- und/oder Freiheitsstrafe, wobei in der Praxis lediglich Bewährungsstrafen verhängt werden. Nach Algerien angeschobene Personen werden 24 Stunden festgehalten und verhört, um den Grund der Ausweisung zu erfahren. Eine behördliche Rückkehrhilfe existiert nicht.

Es gibt immer noch terroristische Strukturen, wenn auch reduziert. Der djihadistische Terrorismus in Algerien ist stark zurückgedrängt worden; Terroristen wurden großteils entweder ausgeschaltet oder haben das Land verlassen, was zur Verlagerung von Problemen in die Nachbarstaaten, z.B. Mali, führte. Gewisse Restbestände oder Rückzugsgebiete sind jedoch v.a. in der südlichen Sahara vorhanden.

Dem Beschwerdeführer droht im Falle seiner Rückkehr keine Gefährdung in seinem Herkunftsstaat. Ihm droht auch keine unverhältnismäßige Strafe nach seiner Rückkehr nach Algerien wegen illegaler Ausreise, lediglich hinsichtlich der Verhängung einer Bewährungsstrafe besteht ein reales Risiko. Der Beschwerdeführer darf sich in Algerien niederlassen, wo er dies möchte, insbesondere auch in den großen Städten wie Algier, Oran und Constantine.

1.4. Der Beschwerdeführer hat in Bezug auf Algerien lediglich vorgebracht, in seinem Herkunftsgebiet wegen seines Militärdienstes von Islamisten verfolgt zu werden, Probleme mit der Regierung, der Armee oder den Sicherheitskräften hat er nicht vorgebracht. Selbst wenn man seine Konfessionslosigkeit – diese ist allerdings nicht glaubhaft gemacht worden – der Entscheidung als wahr unterstellen würde, würde ihm alleine wegen dieser keine staatliche Verfolgung drohen; dass der Beschwerdeführer für die Konfessionslosigkeit werben würde, hat dieser nicht behauptet und auch nicht glaubhaft gemacht. Das Vorbringen hinsichtlich der Verfolgung durch die Islamisten ist weder glaubhaft noch hinreichend aktuell; jedenfalls könnte der Beschwerdeführer, der in Algerien lange Jahre die Schule besucht hat sowie in Österreich einerseits Kenntnisse der deutschen Sprache auf gutem Niveau zu erreichen vermochte und andererseits eine weiterführende Ausbildung auf einer HTL genossen hat, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in den großen Städten wie Algier, Oran und Constantine einer Erwerbstätigkeit nachgehen, die seinen Lebensunterhalt sichert, ohne dass er dort Gefahr liefe, von Islamisten verfolgt zu werden, selbst wenn man sein diesbezügliches Vorbringen der Entscheidung unterstellen würde. Darüber hinaus würde dem Beschwerdeführer die Hilfe des algerischen Sozialsystems zur Verfügung stehen. Er würde daher im Falle seiner Rückkehr nach Algerien nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in eine prekäre Lage kommen, wenn er sich in eine der genannten großen Städte niederlässt.

1.5. Die Familie des Beschwerdeführers lebt nicht in Österreich, hier befinden sich keine Verwandten des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer hat glaubhaft gemacht, in Österreich einen großen Freundeskreis zu haben. Der Beschwerdeführer besuchte in Österreich eine HTL, er würde im Falle der Erteilung einer ausländerbeschäftigungsrechtlichen Bewilligung bzw. der rechtlichen Zulässigkeit eine unselbständige Arbeit finden, die ihm seinen Lebensunterhalt sichert. Der Beschwerdeführer kann Deutsch auf verkehrs- und alltagstauglichem Niveau. Der Beschwerdeführer besucht immer wieder eine Kirche und betätigt sich regelmäßig in der Gemeinde und in dort oder in der Nähe ansässigen Institutionen.

Diese Integration hat sich zu einem Zeitpunkt entwickelt, zu dem alle Beteiligten und insbesondere der Beschwerdeführer um den prekären aufenthaltsrechtlichen Status des Beschwerdeführers wussten. Die Beziehungen, die der Beschwerdeführer eingegangen ist, beruhen im Wesentlichen auf einer falschen Identität hinsichtlich Name, Staatsangehörigkeit aber auch hinsichtlich seines Vorlebens, da der Beschwerdeführer etwa angab, aus einem Kriegsgebiet geflüchtet zu sein und andererseits, dass er vor seiner Einreise nach Österreich nur eine sehr rudimentäre Ausbildung erhalten habe, was beides nicht richtig ist.

1.6. In der Verhandlung am 26.05.2020 zog der vertretene Beschwerdeführer die Anträge, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen bzw. ihm einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG zuzuerkennen, zurück. Es finden sich keine Hinweise, dass der Beschwerdeführer die Anträge nicht ernstlich und im vollen Wissen über die Folgen zurückgezogen hat, zumal er von einem Rechtsanwalt vertreten war.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der im Rahmen der mündlichen Verhandlung erfolgten Beweisaufnahme, insbesondere aus den Aussagen des Beschwerdeführers, dem Sprachgutachten des bestellten Sachverständigen und aus den in das Verfahren eingeführten Länderberichten.

Die Feststellungen zu 1.1. ergeben sich aus der Aktenlage; die Feststellung der Staatsangehörigkeit war nur im Zusammenschau zwischen den letzten Angaben des Beschwerdeführers und dem vollständigen und schlüssigen Gutachten des Sachverständigen möglich. In seinem Gutachten kam der Sachverständige zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer durch jahrelangen Kontakt zu Syrern den levantinischen Dialekt recht gut beherrscht, seine Sprache allerdings viele Einflüsse aus dem Hocharabischen sowie Interferenzen aus dem eigenen, algerischen Dialekt zeigt. Dass er einige einfache Fragen auf Türkisch beantworten habe können, weise darauf hin, dass er wirklich eine Zeitlang in der Türkei verbracht habe. Die algerische Varietät des Arabischen gelte insgesamt als schwer verständlich und habe in der arabischen Welt ein äußerst geringes Prestige. Dies bedeute, dass Algerisch-Arabisch (im Gegensatz zu Syrisch-Arabisch oder Ägyptisch-Arabisch) so gut wie nie von anderen arabisch-sprechenden Personen beherrscht werde. Der Beschwerdeführer habe jedoch in der mittelalgerischen Varietät sprechen können und sowohl typische Laute als auch charakteristisches Vokabular verwendet. Dem Gutachten wurde nach Übermittlung an die Parteien bzw. in der Verhandlung nicht entgegengetreten, es ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes schlüssig und nachvollziehbar und daher der Entscheidung zu unterstellen.

Die Feststellung der Volljährigkeit ergeht auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers und dem Augenschein in der mündlichen Verhandlung. Dass weitere Feststellungen zur Person nicht möglich sind, ergibt sich aus der wegen seiner mehr als fünf Jahren aufrecht erhaltenen unwahren Angaben zu seiner Identität und seinen Fluchtgründen vollkommen untergegangenen persönlichen Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und den Umständen, dass dieser keine (unbedenklichen) Dokumente vorlegen konnte.

Die Feststellung der Unbescholtenheit gründet auf der eingeholten Strafregisterauskunft.

Die Feststellungen zu 1.2. ergeben sich aus der Aktenlage.

Hinsichtlich der Feststellungen zu 1.3. ist auf die Aussagen des Beschwerdeführers vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, dem Bundesamt, vor dem Bundesverwaltungsgericht und auf dessen Stellungnahme vom 18.12.2019 zu verweisen. Dass das Vorbringen zu Syrien nicht glaubhaft ist, ergibt sich daraus, dass dieses weder aufrechterhalten noch belegt oder bewiesen wurde und eine Glaubhaftmachung an der persönlich vollkommen untergegangenen Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers scheitert. Hinsichtlich der Feststellung, dass der Beschwerdeführer aus Algerien stamme, ist auf die Beweiswürdigung zu 1.1. zu verweisen.

Dass der Beschwerdeführer sein Asylverfahren verzögert hat, ergibt sich aus seinen wahrheitswidrigen Angaben, die eben diesen Zweck verfolgten, und aus der Aktenlage. Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht selbst an, er habe falsche Angaben gemacht, damit er nicht abgeschoben werde. Tatsächlich gab er seine Herkunft aus Algerien erst im Rahmen der vom Bundesverwaltungsgericht bestellten Sachverständigen durchgeführten Befundaufnahme für ein Sprachgutachten nach einer kurzen Begrüßung zu; nach Angaben des Sachverständigen hätte der Beschwerdeführer nicht vermocht, ihn über seine Herkunft zu täuschen. Dies ist auf Grund der Begründung des Gutachtens nachvollziehbar und hat der Beschwerdeführer die Unmöglichkeit, den Sachverständigen zu täuschen, nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts erkannt. Dass der Beschwerdeführer seine algerische Herkunft deshalb richtiggestellt hat, da er den Sachverständigen nicht über seine Herkunft zu täuschen vermochte, und nicht da er nur zu diesem Vertrauen habe fassen können, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer – nach Angaben des Sachverständigen – dies nach einer kurzen Begrüßung tat. Dieser kurze Zeitraum konnte dazu ausreichen, um dem Beschwerdeführer die Expertise des Sachverständigen sowie die Aussichtslosigkeit seiner Täuschung bewusst werden zu lassen. Nicht glaubhaft ist, dass der Beschwerdeführer, wenn er aus bloßer Furcht seine Identität geheim gehalten hätte und wenn die Möglichkeit der Täuschung weiterbestanden hätte, nach einer kurzen Begrüßung schon so großes Vertrauen in den Sachverständigen gefasst habe und ihm nur deswegen von seiner algerischen Herkunft berichtete.

Weiters brachte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor, ihm sei von der belangten Behörde nicht die Möglichkeit gegeben worden, seine falsche Identität richtig zu stellen. Dies widerspricht den Tatsachen, zumal die belangte Behörde bereits ein Sprachgutachten eingeholt und dem Beschwerdeführer dessen Ergebnis, dass dieser aus Nordafrika und nicht dem Nahen Osten stamme, vorgehalten hat. Daraufhin hat der Beschwerdeführer lediglich auf sein bisheriges Vorbringen beharrt. Dies ist auch widersprüchlich zu seinem Vorbringen vor dem Bundesverwaltungsgericht, er wäre ohnehin bereit gewesen, seine Identität richtig zu stellen, wenn er nur von der Behörde oder dem Bundesverwaltungsgericht gefragt worden wäre. Tatsächlich hatte der Beschwerdeführer ausreichend Gelegenheit im Verfahren vor der Behörde seine Identität richtig zu stellen, er wurde explizit dazu befragt. Auch in einem diesem Verfahren vorhergehenden Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (über die Erlassung eines Nichtbescheids) hatte der Beschwerdeführer Gelegenheit, seine bisher falschen Angaben richtigzustellen, auch wenn er hiezu (im Lichte des damaligen Fokus der Verhandlung zu prüfen, ob der Bescheid der Behörde erlassen wurde oder nicht) nicht ausdrücklich befragt wurde.

Die Feststellungen zu Algerien ergeben sich aus den in das Verfahren eingeführten Länderquellen, insbesondere aus dem Länderinformationsblatt zu Algerien, Gesamtaktualisierung am 14.06.2019, letzte Information eingefügt am 18.03.2020, der Staatendokumentation (LIB). Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer vorgelegten Artikel ist auszuführen, dass der aus dem Jahr 2012 stammende Artikel unbeachtlich, weil veraltet, ist; die anderen befassen sich mit der politischen Stimmung im Land, ohne eine konkrete Verfolgungsgefahr des Beschwerdeführers aufzuzeigen, zumal dieser nicht einmal von einer exilpolitischen Tätigkeit seinerseits berichtet hat.

Die Feststellungen zu 1.4. ergeben sich aus der Aktenlage und dem diesbezüglichen Vorbringen des Beschwerdeführers. Das Vorbringen basiert auf Informationen vor seiner Ausreise vor Jahren und ist daher nicht mehr aktuell. Die Glaubhaftmachung scheitert an der persönlich vollkommen untergegangenen Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und den fehlenden Beweismitteln. Die Feststellungen hinsichtlich der Möglichkeit, in den großen Städten zu leben und sich eine Existenzgrundlage aufzubauen, begründet sich hinsichtlich der allgemeinen Lage mit dem LIB und hinsichtlich der besonderen Befähigung des Beschwerdeführers aus seinem Vorbringen und den vorgelegten Zeugnissen und Dokumenten; hiezu kommen die ausgezeichneten Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers, die ihm bei der Arbeitssuche, etwa in der Tourismusbranche, zum Vorteil gereichen werden.

Die Feststellungen zu 1.5. ergeben sich aus der Aktenlage und – zur Familie des Beschwerdeführers – aus seinen diesbezüglich nachvollziehbaren Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die Feststellung, dass die Beziehungen, die der Beschwerdeführer eingegangen ist, im Wesentlichen auf einer falschen Identität hinsichtlich Name, Staatsangehörigkeit, aber auch hinsichtlich seines Vorlebens, da er etwa angab aus einem Kriegsgebiet geflüchtet zu sein und andererseits, dass er vor seiner Einreise nach Österreich nur eine sehr rudimentäre Ausbildung erhalten habe, was beides nicht richtig ist, ergibt sich daraus, dass die zahlreichen vom Beschwerdeführer vorgelegten Empfehlungsschreiben von Personen aus seinem Freundes- und Bekanntenkreis, die Ausbildungsbestätigungen und andere Vorlagen auf die falsche Identität (Name, Herkunft, Geburtsdatum) des Beschwerdeführers lauten. In der Verhandlung gab er an, dass manche (nicht alle) dieser Personen seit 2016 wüssten, dass er aus Algerien sei.

Die Feststellungen zu 1.6. ergeben sich aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 26.05.2020.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Gemäß § 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2020 (in Folge: AsylG), ist Asylwerbern auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesen im Herkunftsstaat – das ist hier im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG Algerien – Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, (1.) der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder (2.) dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 Europäische Menschenrechtskonvention, BGBl. Nr. 210/1958 in der Fassung BGBl. III Nr. 139/2018 (in Folge: EMRK), Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen

eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes

mit sich bringen würde.

Soweit dem Beschwerdeführer aber eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht, ist weder der Status des Asylberechtigten noch der des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen. Der Beschwerdeführer hat weder eine asylrelevante Verfolgung noch die reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 EMRK bzw. der anderen relevanten Gefahren glaubhaft gemacht, Algerien ist darüber hinaus ein sicherer Herkunftsstaat. Weiters steht dem Beschwerdeführer, der bis dato auch nach eigenen Angaben keine Probleme mit der algerischen Regierung bzw. Sicherheitsbehörden hatte, eine innerstaatliche Fluchtalternative insbesondere in den Städten Algier, Oran und Constantine zur Verfügung, wo er auch nicht in eine hoffnungslose Lage kommen würde. Daher ist die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des Bescheides abzuweisen.

2. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen, (1.) wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 27/2020 (in Folge: FPG), seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Da der Beschwerdeführer bis dato in Österreich nie geduldet war, liegen die Voraussetzungen für die Erteilung dieses Aufenthaltstitels nicht vor, die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. ist daher abzuweisen.

3. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, § 52 Abs. 2 Z 3 FPG ist eine einen Drittstaatsangehörigen, dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, betreffende Entscheidung nach dem AsylG unter einem mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden.

Da der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde und ihr auch nach anderen Bundesgesetzen als dem AsylG kein Aufenthaltsrecht zukam, war mit dem angefochtenen Bescheid unter einem eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 9 BFA-VG nicht gegen Art. 8 EMRK verstößt. Gemäß § 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, sofern durch diese Entscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Dabei sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen (1.) die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, (2.) das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, (3.) die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, (4.) der Grad der Integration, (5.) die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, (6.) die strafgerichtliche Unbescholtenheit, (7.) Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, (8.) die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und (9.) die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist. Darüber hinaus ist noch zu berücksichtigen, ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen Art. 3 EMRK verstößt, soweit die diesfalls drohende Verletzung nicht zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erfolgt; eine solche ist nicht zu erkennen. Hinsichtlich der Abwägung nach Art. 8 EMRK bzw. § 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG ist darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer zwar kein Familienleben, aber ein intensives Privatleben – er hat einen großen Freundeskreis – in Österreich hat, er hier eine Schule besuchte und glaubhaft gemacht hat, dass er in Österreich eine unselbständige Erwerbstätigkeit finden würde, wenn er ausländerbeschäftigungsrechtlich hiezu berechtigt wäre. Diesfalls wäre der Beschwerdeführer selbsterhaltungsfähig. Auch hat er freiwillig und ehrenamtlich für Gemeinde und örtlich nahe Institutionen gearbeitet. Er ist seit mehr sechs Jahren und fünf Monaten in Österreich, das heißt länger als fünf Jahre (siehe zur Relevanz dieser Grenze VwGH 24.01.2019, Ra 2018/21/0191, auch wenn sich daraus kein Automatismus ergibt), aufhältig. Allerdings beruht einerseits die Dauer des Asylverfahrens auf falschen und selbst auf Vorhalt eines Sprachgutachtens aufrechterhaltenen Angaben zur Herkunft und zu den Fluchtgründen, die umfangreiche Ermittlungen notwendig gemacht und das Asylverfahren verzögert haben. Erst, als dem Beschwerdeführer bewusstwurde, dass er den vom Bundesverwaltungsgericht bestellten Sachverständigen nicht über seine Herkunft zu täuschen vermochte, gab er Ende 2019 erstmals an, dass er aus Algerien stammt. Selbst wenn man das außer Acht lässt, hat der Beschwerdeführer alle seine Beziehungen in Österreich unter Vorspiegelung einer falschen Identität begründet. Dieser Umstand lässt das Gewicht der erreichten Integration erheblich geringer werden, auch wenn der Beschwerdeführer im Laufe der Zeit einige seiner Bekannten und Freunden die Wahrheit gesagt haben sollte. Darüber hinaus gründet sich sein Aufenthalt bis dato nur auf einen Antrag auf internationalen Schutz, der lediglich mit nicht glaubhaft gemachten Fluchtvorbringen bis 2019 in Bezug auf einen nachweislich falschen Herkunftsstaat begründet war. Da die bisher erreichten Integrationsschritte durch die Begründung auf einer falschen Identität und falschen Fluchtgründen erheblich leichter wiegen, als sie dies tun würden, wäre dies nicht der Fall, überwiegen die öffentlichen Interessen an der Außerlandesbringung die dargestellten Interessen der beschwerdeführenden Partei, – selbst im Hinblick auf das festgestellte Privatleben – insbesondere im Hinblick auf die als schwerwiegend zu beurteilenden Interessen an einem geordneten Fremden-, Asyl- und Zuwanderungswesen; hätte der Beschwerdeführer die wahre Identität angegeben, wäre das Asylverfahren weit schneller zu einem Ende gebracht und er mit einer Rückkehrentscheidung belegt worden. Daher ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. abzuweisen, dieser aber insoweit zu berichtigen, als nunmehr der Herkunftsstaat feststeht. Dieser ist in den Ausspruch mitaufzunehmen.

4. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist gleichzeitig mit der Rückkehrentscheidung festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Dies war im Verfahren vor der belangten Behörde der Fall; da dieser Spruchteil daher im Bescheid der Behörde fehlt, ist dieser nicht Verfahrensgegenstand vor dem Verwaltungsgericht und war daher die Feststellung, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 nach Algerien zulässig ist, im Beschwerdeverfahren zu unterlassen. Dies wird das Bundesamt nachzuholen haben. Allerdings ist diesbezüglich auszuführen, dass die Abschiebung in einen Staat gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig ist, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Das entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG. Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entgegensteht. Im gegenständlichen Fall wäre zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Algerien gegeben, weil nach den die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 Abs. 1 und 2 FPG ergeben würde, und auch keine entsprechende Empfehlung des EGMR für Algerien besteht. Daher wäre die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Algerien festzustellen.

5. Gemäß § 55 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt, die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben.

Der Beschwerdeführer hat weder besondere Umstände nachgewiesen noch einen Termin für seine Ausreise bekanntgegeben, daher ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. abzuweisen.

6. Da in der Verhandlung vom 26.05.2020 die Anträge, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen bzw. dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG zuzuerkennen, zurückgezogen wurden, ist die Entscheidungspflicht des Bundesverwaltungsgerichts weggefallen und das Verfahren diesbezüglich einzustellen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2020, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr.24/2020 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die für die Lösung des Falles relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter A) dargestellt und ist dieser gefolgt; es ist daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen.

Schlagworte

Aufenthaltstitel Einstellung Glaubwürdigkeit Identität innerstaatliche Fluchtalternative Interessenabwägung mangelnde Asylrelevanz non refoulement öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schutzfähigkeit des Staates sicherer Herkunftsstaat Verzögerung Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W170.2122035.2.00

Im RIS seit

14.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten