TE Vwgh Erkenntnis 2020/7/31 Ra 2019/12/0071

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Veröffentlicht am 31.07.2020
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
14/03 Abgabenverwaltungsorganisation
40/01 Verwaltungsverfahren
91/02 Post

Norm

AVG §1
AVG §56
AVG §6
AVG §66 Abs4
BPAÜG 2007 §1 Abs2
BPAÜG 2007 §2 Abs1
B-VG Art131 Abs1 Z1
PTSG 1996 §17 Abs1a idF 2019/I/058
PTSG 1996 §17 Abs8 Z1 idF 2019/I/058
PTSG 1996 §17 Abs8 Z2 idF 2019/I/058
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §27
VwGVG 2014 §28 Abs3
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel, Hofrätin MMag. Ginthör und Hofrat Mag. Cede als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Thaler, über die Revision des Personalamts Klagenfurt der Österreichischen Post AG, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gauermanngasse 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. September 2019, W122 2171269-1/10E, betreffend teilweise Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG in einer Angelegenheit der Gebührlichkeit einer Überstundenvergütung (mitbeteiligte Partei: G S in K, vertreten durch die Moser Mutz Rechtsanwälte GesbR in 9020 Klagenfurt, Pfarrplatz 5/III), zu Recht erkannt:

Spruch

Spruchpunkt A) a.) des angefochtenen Erkenntnisses wird, soweit damit die Angelegenheit zur Berechnung der in die jeweiligen Folgequartale übertragenen Stunden und Auszahlung der Überstunden an die belangte Behörde gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zurückverwiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts aufgehoben.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 26. Juni 2017 sprach das Personalamt Klagenfurt über Antrag des Mitbeteiligten vom 21. Jänner 2013, über Auftrag der Dienstbehörde vom Mitbeteiligten konkretisiert mit Schreiben vom 26. August 2013, Folgendes aus (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

„I. Es wird festgestellt, dass der Mitbeteiligte im Zeitraum 01. Jänner 2013 bis 31. Juli 2016 keine Mehrdienstleistungen aus dem Titel des § 48b BDG 1979 i.d.g.F. erbracht hat. Für diesen Zeitraum gebühren ihm diesbezüglich kein Freizeitausgleich und keine Überstundenvergütung.

Seine (Eventual-) Anträge auf Feststellung, dass die per Dienstanweisung vom 13. Dezember 2012 verfügte halbstündliche Pause in die Dienstzeit einzurechnen ist, weshalb er täglich seit dem 01. Jänner 2013 von 06:15 Uhr bis 14:45 Uhr Dienstleistungen verrichtet und seine Normaldienstzeit sohin 8,5 Stunden betragen hat, er somit seit 01. Jänner 2013 Arbeitsleistungen im Ausmaß von 42,5 Wochenstunden bzw. täglich Mehrdienstleistungen im Ausmaß von 30 Minuten geleistet hat, welche ihm gemäß § 49 Abs. 4 BDG 1979 abzugelten sind; ihm die aus diesem Anlass bereits vom Jänner 2013 bis Juli 2016 erbrachten Mehrdienstleistungen beim nächsten Monatsbezug auszubezahlen sowie auch zukünftig im Ausmaß von 30 Minuten pro Tag gemäß § 49 BDG 1979 abzugelten sind, werden abgewiesen.

II. Es wird festgestellt, dass die Österreichische Post AG dem Bund keinen aus Mehrdienstleistungen des Antragstellers betreffend § 48b BDG 1979 i.d.g.F. resultierenden Aufwand der Aktivbezüge und keinen aus § 48b BDG 1979 i.d.g.F. betreffend Mehrdienstleistungen des Antragstellers resultierenden Beitrag zur Deckung des Pensionsaufwandes zu ersetzen hat.“

2        Aufgrund der dagegen vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde sprach das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis Folgendes aus:

„A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und

a.)  festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum von 01.01.2013 bis zum 31.07.2016 360 Stunden an Mehrdienstleistungen erbracht hat.

     Zur Berechnung der in die jeweiligen Folgequartale übertragenen Stunden und Auszahlung der Überstunden wird die Angelegenheit an die belangte Behörde gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zurückverwiesen.

b.)  Spruchpunkt II. des bekämpften Bescheides wird ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.“

3        Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen zu Spruchpunkt A) a.) unter Hinweis auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Jänner 2016, Ra 2015/12/0051, aus, dass der Mitbeteiligte einen Anspruch auf die bezahlte Mittagspause habe, sei unstrittig. Die somit vom Mitbeteiligten erbrachten Dienstleistungen seien daher im gesetzlichen Ausmaß von 30 Minuten pro Tag anzurechnen gewesen. Ein separater Abspruch über die Eventualanträge habe zu entfallen gehabt, weil bereits über den Primärantrag entschieden und das Ausmaß der Mehrdienstleistungen zuerkannt worden sei.

4        Die in der Folge durchzuführende Anweisung der Abgeltung für die nunmehr festgestellten Mehrdienstleistungen habe die belangte Behörde dieser Rechtsansicht folgend vorzunehmen. Diesbezüglich sei das Begehren an die belangte Behörde zu verweisen.

5        Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B) führte das Bundesverwaltungsgericht zum hier interessierenden Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides aus, durch die bereits mehrfach geklärte Frage, ob Mittagspausen des Beamten innerhalb dessen achtstündigen Tagesdiensts bzw. 40-stündigen Wochendiensts konsumiert werden dürften, und die diesbezüglich mehrfache Verkennung der Rechtslage durch die belangte Behörde habe die Zulässigkeit einer Revision ausgeschlossen werden können.

6        Dagegen richtet sich die vorliegende Amtsrevision, mit der dieses Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts nur hinsichtlich des Ausspruches der teilweisen Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG angefochten wird. Es wird beantragt, das Erkenntnis im angefochtenen Umfang wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts, Rechtswidrigkeit seines Inhalts und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

7        Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der er beantragte, die Revision abzuweisen.

8        In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird ausgeführt, nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes würden besoldungsrechtliche Ansprüche eines Beamten in der Regel in drei Phasen - Schaffung eines Rechtstitels, Bemessung und Liquidierung - verwirklicht, wobei die letzte Phase (Liquidierung, Auszahlung) ein technischer Vorgang sei, der nicht durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sei, sodass (erst) für die Entscheidung eines solchen Liquidierungsbegehrens die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs gemäß Art. 137 B-VG gegeben sei. Einer vorangehenden bescheidmäßigen Entscheidung über einen Bezugsanspruch bedürfe es dann, wenn sich die Rechtsfrage seiner Gebührlichkeit stelle, über welche im Streitfall mit Bescheid der zuständigen Dienstbehörde zu entscheiden sei (Hinweis auf VwSlg. 19519 A/2016).

9        Das Verwaltungsgericht weiche von dieser Rechtsprechung ab, weil es die Angelegenheit (auch) zur Auszahlung der Überstunden an die Revisionswerberin als Dienstbehörde gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zurückverweise. Dies impliziere, dass die belangte Behörde über die Angelegenheit, konkret die Auszahlung der Überstunden, einen Bescheid erlassen dürfe (und infolge der Bindungswirkung gemäß Satz drei leg. cit. im vorliegenden Fall auch müsste). Voraussetzung für die Zurückverweisung sei die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung mit Bescheid, die aber nicht gegeben sei. Daraus folge aber auch die Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts, der Revisionswerberin die bescheidmäßige Erledigung mit Beschluss gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzutragen.

10       Darüber hinaus liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, ob die Revisionswerberin als Dienstbehörde zur Erlassung eines Bescheides betreffend die Berechnung der in Folgequartale übertragenen Stunden nach dem Poststrukturgesetz (PTSG) zuständig sei. Gemäß § 17 Abs. 8 Z 1 PTSG obliege die Bemessung, Berechnung und die Zahlbarstellung der Bezüge für die in Abs. 1a leg. cit. genannten Beamtinnen und Beamten demjenigen Unternehmen, dem sie nach Abs. 1a PTSG zugewiesen seien. Bezogen auf die mitbeteiligte Partei sei somit für die Bemessung und Berechnung der Bezüge die Österreichische Post AG zuständig. Aufgrund des Zeitraums, in dem die Mehrdienstleistungen erbracht worden seien, sei ein Freizeitausgleich der Mehrdienstleistungen nicht mehr möglich (§ 49 Abs. 8 BDG 1979). Sie seien daher nach besoldungsrechtlichen Vorschriften abzugelten und daher Bezüge im Sinne des § 17 Abs. 8 Z 1 PTSG. Da somit gemäß § 17 Abs. 8 Z 1 PTSG die Österreichische Post AG und nicht ein bei ihr eingerichtetes Personalamt zur Bemessung und Berechnung der Bezüge verpflichtet sei, stelle sich die Frage, ob entgegen dem Gesetzeswortlaut die Dienstbehörde diese Berechnung durchführen dürfe (und infolge der Bindungswirkung im vorliegenden Fall auch müsse).

11       Im Übrigen sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Dienstbehörde zur Erlassung eines Bescheides über die Gebührlichkeit eines Bezugs(-bestandteiles) dann nicht verpflichtet, wenn und solange der Beamte nach erfolgter Auszahlung ihr gegenüber die Gesetzmäßigkeit der Liquidierung (unter Angabe der strittigen Punkte) nicht in Frage stelle und damit ein rechtliches Interesse geltend mache (Hinweis auf VwGH 12.12.2008, 2007/12/0201, mwN). Im vorliegenden Fall sei lediglich strittig gewesen, ob dem Mitbeteiligten Mehrdienstleistungen zustünden, nicht aber die Frage, ob die Mehrdienstleistungen in Freizeit auszugleichen und/oder als Überstunden abzugelten seien bzw. in welchem Ausmaß der Freizeitausgleich zu erfolgen habe oder in welchem Betrag die Überstunden abzugelten seien. Mangels Feststellungsinteresse des Mitbeteiligten bestehe somit kein Anspruch auf bescheidmäßige Feststellung der Berechnung der in die Folgequartale übertragenen Stunden bzw. in welchem Betrag die Überstunden abzugelten seien.

12       Mit dem Vorbringen, das Bundesverwaltungsgericht sei im Revisionsfall nicht zu der vorgenommenen Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zuständig gewesen, wird eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG und damit die Zulässigkeit der Revision aufgezeigt. Die Revision ist im Ergebnis auch berechtigt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

13       § 17 Poststrukturgesetz (PTSG), BGBl. Nr. 201/1996 in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2019, lautet auszugsweise:

§ 17. (1) Die bisher bei der Post- und Telegraphenverwaltung beschäftigten aktiven Beamten werden auf die Dauer ihres Dienststandes der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft oder ihrer Rechtsnachfolgerin oder einem der Unternehmen, die durch Maßnahmen der Umgründung im Rahmen des bestehenden Gesellschaftsrechts aus der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft hervorgegangen sind und an denen sie oder die Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft direkt oder indirekt einen Anteil von mehr als 25% hält, zur Dienstleistung zugewiesen. ...

(1a) Die gemäß Abs. 1 zugewiesenen Beamten werden, wenn sie überwiegend im Unternehmensbereich

1.   der Gebühren Info Service GmbH oder der Österreichischen Post Aktiengesellschaft beschäftigt sind, letzterer,

2.   der Telekom Austria Aktiengesellschaft beschäftigt sind, dieser, oder

3.   der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft beschäftigt sind, dieser

auf die Dauer ihres Dienststandes zur Dienstleistung zugewiesen. Eine Verwendung der zugewiesenen Beamten bei einer Rechtsnachfolgerin eines dieser Unternehmen oder bei einem Unternehmen, das durch Maßnahmen der Umgründung im Rahmen des bestehenden Gesellschaftsrechts aus einer der Gesellschaften hervorgegangenen ist, sowie bei der Gebühren Info Service GmbH ist zulässig.

...

(3) Zur Wahrnehmung der bisher den Post- und Telegraphendirektionen zugekommenen Funktionen einer nachgeordneten Dienstbehörde werden folgende nachgeordnete Personalämter eingerichtet:

1.   Graz für Beamte bei Betriebsstellen der Österreichischen Post Aktiengesellschaft in der Steiermark;

2.   Innsbruck für Beamte bei Betriebsstellen der Österreichischen Post Aktiengesellschaft in Tirol und Vorarlberg;

3.   Klagenfurt für Beamte bei Betriebsstellen der Österreichischen Post Aktiengesellschaft in Kärnten;

4.Linz für Beamte bei Betriebsstellen der Österreichischen Post Aktiengesellschaft in Oberösterreich;

5.Salzburg für Beamte bei Betriebsstellen der Österreichischen Post Aktiengesellschaft im Land Salzburg;

6.Wien für Beamte bei Betriebsstellen der Österreichischen Post Aktiengesellschaft in Wien, Niederösterreich und Burgenland,

...

(8) Die Bemessung, Berechnung und die Zahlbarstellung der

1.   Bezüge für die in Abs. 1a genannten Beamtinnen und Beamten obliegt demjenigen Unternehmen, dem sie nach Abs. 1a zugewiesen sind;

2.   im Pensionsrecht vorgesehenen Geldleistungen für die in Abs. 7 genannten Ruhegenussempfänger und -empfängerinnen und deren Angehörige und Hinterbliebene obliegt der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVA) im übertragenen Wirkungsbereich. Die Kosten für die Wahrnehmung dieser Aufgabe trägt der Bund. Die § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 1 und 2, § 3, § 4, § 5 und § 6 des Bundespensionsamtübertragungs-Gesetzes, BGBl. I Nr. 89/2006, sind anzuwenden. Die am 31. Dezember 2016 bei den in Abs. 1a angeführten Unternehmungen mit der Bemessung, Berechnung und Zahlbarstellung der Pensionen beschäftigten aktiven Beamtinnen und Beamten gehören ab 1. Jänner 2017 für die Dauer ihres Dienststandes der Dienststelle ‚Amt für Bundespensionen‘ an und sind der BVA zur dauernden Dienstleistung zugewiesen.“

14       § 16 Gehaltsgesetz 1956 (GehG), BGBl. Nr. 54/1956 in der Fassung BGBl. I Nr. 96/2007 lautet auszugsweise:

„Überstundenvergütung

§ 16.

(1) Dem Beamten gebührt für Überstunden,

1.   die nicht in Freizeit oder

2.   die gemäß § 49 Abs. 4 Z 3 oder Abs. 5 Z 3 BDG 1979 im Verhältnis 1 : 1 in Freizeit

ausgeglichen werden, eine Überstundenvergütung.

...“

15       § 49 Beamten-Dienstrechtsgestz 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, in der Fassung BGBl. I Nr. 102/2018 lautet (die wiedergegebenen Teile der Bestimmung waren durchgehend seit dem 1. Jänner 2013 anwendbar) auszugsweise:

Überstunden

§ 49.

(1) Der Beamte hat auf Anordnung über die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden hinaus Dienst zu versehen (Mehrdienstleistung). Den auf Anordnung erbrachten Mehrdienstleistungen sind Mehrdienstleistungen gleichzuhalten, wenn

1.   der Beamte einen zur Anordnung der Mehrdienstleistung Befugten nicht erreichen konnte,

2.   die Mehrdienstleistung zur Abwehr eines Schadens unverzüglich notwendig war,

3.   die Notwendigkeit der Mehrdienstleistung nicht auf Umstände zurückgeht, die von dem Beamten, der die Mehrdienstleistung erbracht hat, hätten vermieden werden können, und

4.   der Beamte diese Mehrdienstleistung spätestens innerhalb einer Woche nach der Erbringung schriftlich meldet; ist der Beamte durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne sein Verschulden verhindert, diese Frist einzuhalten, so verlängert sie sich um die Dauer der Verhinderung.

(2) An Werktagen erbrachte Mehrdienstleistungen (ausgenommen jene nach § 47a Z 2 lit. b) sind nach Möglichkeit im selben Kalendervierteljahr im Verhältnis 1 : 1 in Freizeit auszugleichen. Mehrdienstleistungen außerhalb der Nachtzeit sind vor Mehrdienstleistungen in der Nachtzeit (22.00 bis 6.00 Uhr) auszugleichen. Mehrdienstleistungen an Sonn- und Feiertagen sind nicht durch Freizeit auszugleichen.

(3) Mehrdienstleistungen an Werktagen, die im betreffenden Kalendervierteljahr nicht durch Freizeit ausgeglichen sind, gelten mit Ablauf des Kalendervierteljahres als Überstunden. Mehrdienstleistungen an Sonn- und Feiertagen gelten in jedem Fall als Überstunden und sind nach besoldungsrechtlichen Vorschriften abzugelten.

(4) Werktagsüberstunden sind je nach Anordnung

1.   im Verhältnis 1 : 1,5 in Freizeit auszugleichen oder

2.   nach besoldungsrechtlichen Vorschriften abzugelten oder

3.   im Verhältnis 1 : 1 in Freizeit auszugleichen und zusätzlich nach besoldungsrechtlichen Vorschriften abzugelten.

...

(6) Dem Beamten ist bis zum Ende des auf das Kalendervierteljahr folgenden Kalendermonats mitzuteilen, auf welche Werktagsüberstunden welche Abgeltungsart des Abs. 4 angewendet wird.

...

(8) Ein Freizeitausgleich für Werktagsüberstunden ist bis zum Ende des sechsten auf das Kalendervierteljahr der Leistung folgenden Monats zulässig.

...“

16       Die Dienstbehörde stellte im Bescheid vom 26. Juni 2017 fest, dass der Mitbeteiligte im Zeitraum vom 1. Jänner 2013 bis 31. Juli 2016 aus dem Titel des § 48b BDG 1979 keine Mehrdienstleistungen erbracht habe und dass dem Mitbeteiligten für diesen Zeitraum kein Freizeitausgleich und keine Überstundenvergütung gebührten. Im Übrigen wies sie (Eventual)Anträge des Mitbeteiligten ab.

17       Gegenstand der Entscheidung vor dem Bundesverwaltungsgericht war daher im vorliegenden Revisionsfall schon durch die von der Dienstbehörde getroffene Feststellung, dass diese nicht gebühre, (auch) die Gebührlichkeit der Überstundenvergütung. Im Sinne der Terminologie der Zulässigkeitsbegründung war - entgegen der dort vertretenen Rechtsansicht - auf Grund der vom Mitbeteiligten gegen den dienstbehördlichen Bescheid erhobenen Beschwerde die Gebührlichkeit der Überstundenvergütung vor dem Bundesverwaltungsgericht strittig.

18       Das Bundesverwaltungsgericht sprach vor dem Verwaltungsgerichtshof unangefochten in Spruchpunkt A) a.) erster Satz über die Beschwerde des Mitbeteiligten aus, dass der Mitbeteiligte im Zeitraum vom 1. Jänner 2013 bis zum 31. Juli 2017 360 Stunden an Mehrdienstleistungen erbracht habe. Das Bundesverwaltungsgericht ließ mit diesem Abspruch die Beschwerde insofern unerledigt, als es über die Gebührlichkeit der Überstundenvergütung - unter Festsetzung des gebührenden Betrages - nicht absprach.

19       In dem allein angefochtenen Spruchpunkt A) a.) zweiter Satz verwies das Bundesverwaltungsgericht die Angelegenheit zur Berechnung der in die jeweiligen Folgequartale übertragenen Stunden und Auszahlung der Überstunden an die belangte Behörde (Personalamt Klagenfurt) gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zurück. Im Rahmen der rechtlichen Begründung dieses Abspruchs führte das Bundesverwaltungsgericht aus, die in der Folge durchzuführende Anweisung der Abgeltung für die nunmehr festgestellten Mehrdienstleistungen habe die belangte Behörde dieser Rechtsansicht folgend vorzunehmen. Diesbezüglich sei das Begehren an die belangte Behörde zu verweisen. Sowohl nach dem Wortlaut dieses Abspruchs (Zurückverweisung zur „Berechnung“ und zur „Auszahlung“) als auch nach seiner Begründung (Zurückverweisung zur Vornahme der „Anweisung...“) ist dieser Abspruch dahin auszulegen, dass damit die Angelegenheit zur Durchführung von faktischen Handlungen an die Dienstbehörde zurückverwiesen wurde.

20       Es kommt gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG jedoch die Zurückverweisung einer von der Behörde bislang nicht erledigten Angelegenheit (hier: Durchführung faktischer Handlungen) zur Erlassung eines neuen Bescheides nicht in Betracht (vgl. VwGH 30.1.2019, Ra 2018/12/0057). Dies ergibt sich schon daraus, dass in der genannten gesetzlichen Bestimmung die Aufhebung und Zurückverweisung angeordnet wird.

21       Eine (teilweise) Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kommt überdies nur in Betracht, wenn der Adressatin bzw. dem Adressaten des Zurückverweisungsausspruchs im zurückverwiesenen Umfang die Befugnis zur Erlassung eines Bescheides zukommt, weil nur dann eine Zuständigkeit für die Entscheidung im zurückverwiesenen Umfang besteht.

22       Da faktische Handlungen definitionsgemäß rechtens nicht Inhalt eines Bescheides sein können, kommt demgemäß eine Zurückverweisung an die belangte Behörde gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu deren Durchführung rechtens niemals in Betracht. Es bestand daher keine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur teilweisen Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG an die Dienstbehörde zur Durchführung faktischer Handlungen. Sollte - anders als im vorliegenden Revisionsfall - tatsächlich nur eine faktische Handlung von einer Behörde durchzuführen sein, wäre ihr dazu der Verwaltungsakt vom Verwaltungsgericht einfach zu übermitteln.

23       Angemerkt sei im Übrigen, dass gemäß § 49 Abs. 8 BDG 1979 ein Freizeitausgleich für Werktagsüberstunden nur bis zum Ende des sechsten auf das Kalendervierteljahr der Leistung folgenden Monats zulässig ist. Im vorliegenden Revisionsfall kommt daher ein Freizeitausgleich für die vom Mitbeteiligten im Zeitraum vom 1. Jänner 2013 bis zum 31. Juli 2017 erbrachten Mehrdienstleistungen nicht in Betracht; in Ermangelung einer vorangehenden Anordnung von Freizeitausgleich gebührt ihm eine Überstundenvergütung.

24       Im fortgesetzten Verfahren wird das Bundesverwaltungsgericht daher entweder selbst über die Gebührlichkeit der Überstundenvergütung unter betragsmäßiger Festsetzung zu entscheiden haben oder bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG (vgl. z.B. VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063) insoweit mit Aufhebung und Zurückverweisung vorzugehen haben. Bei der zuletzt genannten Vorgehensweise würde sich die Frage stellen, an wen die Zurückverweisung unter Bedachtnahme auf § 17 Abs. 8 Z 1 PTSG (Personalamt Klagenfurt oder Österreichische Post AG) zu erfolgen hätte.

25       Soweit das Gesetz nicht - etwa in Übergangsbestimmungen - anderes bestimmt, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Beurteilung der Zuständigkeit einer Behörde die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung maßgeblich (vgl. VwGH 25.2.2020, Ro 2019/03/0029; 20.1.2016, Ra 2015/17/0068; 25.3.2015, Ro 2015/12/0003; 16.9.2013, 2012/12/0156; jeweils mwN).

26       Gemäß § 17 Abs. 8 Z 1 PTSG in der hier anwendbaren Fassung obliegt die Bemessung, Berechnung und die Zahlbarstellung der Bezüge für die in Abs. 1a leg. cit. genannten Beamtinnen und Beamten demjenigen Unternehmen, dem sie nach Abs. 1a leg. cit. zugewiesen sind.

27       Damit wird dem Unternehmen (hier: Österreichische Post AG) nicht die Befugnis zur Erlassung eines Bescheides eingeräumt. Einerseits wurde in dieser Bestimmung eine bescheidförmige Bemessung, Berechnung und Zahlbarstellung durch das Unternehmen nicht angeordnet, andererseits ist dem Gesetzgeber nicht zu unterstellen, dass er in verfassungswidriger Weise der Österreichischen Post AG ohne Anordnung eines Weisungszusammenhangs (vgl. z.B. VfGH 12.12.2001, G 269/01 ua = VfSlg. 16.400) eine Bescheiderlassungskompetenz betreffend Bezüge bzw. Bezugsbestandteile der Beamtinnen und Beamten eingeräumt hätte. § 17 Abs. 8 Z 1 PTSG räumt sohin dem dort angesprochenen Unternehmen in verfassungskonformer Auslegung nur die Befugnis zur faktischen Ermittlung der Höhe der Bezüge und der faktischen Auszahlung ein, nicht aber die Befugnis, einen Bescheid darüber zu erlassen.

28       Die Bestimmung des § 17 Abs. 8 Z 2 PTSG spricht nicht gegen die Auslegung dahin, dass der Österreichischen Post AG mit Z 1 leg. cit. keine Bescheiderlassungsbefugnis eingeräumt wurde. Einerseits wird die Bescheiderlassungskompetenz betreffend die Z 2 des § 17 Abs. 8 PTSG erst durch den darin verwiesenen § 1 Abs. 2 Bundespensionsamtübertragungs-Gesetz eingeräumt (unter Weisungszusammenhang gemäß § 2 Abs. 1 dieses Gesetzes), andererseits ist es auch nicht ausgeschlossen, dass der Begriff des „Bemessens“ in § 17 Abs. 8 PTSG verfassungskonform betreffend Z 1 dahin auszulegen ist, dass eine Bescheiderlassungskompetenz nicht eingeräumt wurde, betreffend die Z 2 hingegen schon.

29       Es käme daher im vorliegenden Revisionsfall bei teilweiser Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG als Adressatin derselben unter Berücksichtigung des § 17 Abs. 8 Z 1 PTSG nur die Dienstbehörde (Personalamt Klagenfurt) in Betracht.

30       Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts war im Sinne obiger Ausführungen in dem im Spruch genannten (angefochtenen) Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben.

Wien, am 31. Juli 2020

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3 Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verfahrensrechtliche Entscheidung der Vorinstanz (siehe auch Inhalt der Berufungsentscheidung Anspruch auf meritorische Erledigung) Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens Allgemein Besondere Rechtsgebiete sachliche Zuständigkeit in einzelnen Angelegenheiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019120071.L00

Im RIS seit

29.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.10.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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