TE Vwgh Beschluss 2020/8/20 Ra 2020/19/0259

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Veröffentlicht am 20.08.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
22/02 Zivilprozessordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
ZPO §292 Abs2
ZustG §22

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, über die Revision des E O, vertreten durch Mag. Dr. Anton Karner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Steyrergasse 103/2, gegen das am 29. Mai 2020 mündlich verkündete und mit 16. Juni 2020 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, I415 2168982-1/19E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein nigerianischer Staatsangehöriger, stellte am 25. September 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, er sei von der Boko Haram verfolgt worden bzw. habe ihn sein Onkel, der es auf das Vermögen seines verstorbenen Vaters abgesehen habe, töten wollen. Zudem könne er in Nigeria seine Homosexualität nicht ausleben.

2        Mit Bescheid vom 10. August 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Das BVwG führte begründend aus, das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers sei nicht glaubwürdig. Der Revisionswerber sei ein junger, gesunder, arbeitsfähiger Mann mit zehnjähriger Schulbildung und Arbeitserfahrung, sodass er seinen Lebensunterhalt in seinem Herkunftsstaat allenfalls auch ohne familiären Anschluss durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bestreiten werde können.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG sei von „gefestigter Rechtsprechung“ abgegangen und habe sich mit dem Vorbringen des Revisionswerbers nicht auseinandergesetzt.

9        Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 25.6.2019, Ra 2019/19/0188, mwN).

10       Die vorliegende Zulässigkeitsbegründung, die weder eine konkrete Rechtsfrage anführt, in der das angefochtene Erkenntnis von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweichen würde, noch darlegt, worin die behauptete Abweichung fallbezogen bestehen soll, genügt den genannten Anforderungen nicht.

11       Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit weiter vor, dem Revisionswerber sei nie eigenhändig eine Ladung zur mündlichen Verhandlung zugestellt worden. Die gegenteiligen Sachverhaltsannahmen seien „unrichtig“. Der Revisionswerber wohne in einer Asylunterkunft, wo die Post den Betreuern übergeben werde, „die ihm diese hier bedingt durch die Corona Maßnahmen nicht aushändigten“. Der Revisionswerber habe daher keine Kenntnis von der mündlichen Verhandlung gehabt, sodass das BVwG die Verhandlung vertagen hätte müssen.

12       Das BVwG hat am 29. Mai 2020 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu welcher der Revisionswerber unentschuldigt nicht erschienen ist. Nach den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses habe der Revisionswerber die Ladung für diese Verhandlung am 7. Mai 2020 persönlich übernommen. Dies stimmt mit dem im Akt einliegenden Rückschein, der eine Übernahmebestätigung durch den „Empfänger“ sowie eine (unleserliche) Unterschrift aufweist, überein.

13       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes macht ein ordnungsgemäßer Zustellnachweis als öffentliche Urkunde Beweis über die Zustellung; allerdings ist der Gegenbeweis (etwa dass der in der Urkunde bezeugte Vorgang unrichtig sei; vgl. § 292 Abs. 2 ZPO) möglich (vgl. VwGH 1.2.2019, Ro 2018/02/0014, mwN). Behauptet jemand, es liege ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind (vgl. VwGH 23.11.2016, 2013/05/0175, mwN).

14       Dies gelingt der Revision mit der bloßen Behauptung, der Revisionswerber habe die Ladung zur mündlichen Verhandlung nicht eigenhändig übernommen, und dem Hinweis auf die allgemeine Vorgangsweise bei der Zustellung von Dokumenten in der Asylunterkunft des Revisionswerbers nicht, zumal die Revision, die auch in diesem Zusammenhang keine Rechtsfrage formuliert, nicht einmal behauptet, dass die Unterschrift auf dem Rückschein nicht jene des Revisionswerbers sei.

15       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 20. August 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020190259.L00

Im RIS seit

29.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.09.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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