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E000 EU- Recht allgemeinNorm
AWG 2002 §69Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 19. Mai 2020, LVwG-AV-362/001-2020, betreffend Widerruf der Zustimmung zur Verbringung von Abfällen gemäß § 69 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (mitbeteiligte Partei: A S.r.I., vertreten durch Dr. Martin Eisenberger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Muchargasse 30), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 In den Revisionszulässigkeitsgründen wird die Frage aufgeworfen, ob ein Widerrufsgrund für eine Notifizierung vorliege, wenn diese als Notifizierung zur Verwertung genehmigt worden sei und die Verwertung des quantitativ größeren Teils der aus diesen Abfällen in Folge hergestellten Abfallfraktionen nicht sichergestellt sei, sondern diese aufgrund einer vorgesehenen Änderung der Behandlung durch die Empfängerin bzw. die Betreiberin der Verwertungsanlage allenfalls einer Beseitigung zugeführt werden müssten.
5 Gemäß den Angaben in den Notifizierungsunterlagen hätten zumindest 55 % der Abfälle einer thermischen oder stofflichen Verwertung zugeführt werden sollen. Unter dieser Prämisse sei die Zustimmung zur grenzüberschreitenden Verbringung (Anmerkung: aus Italien nach Österreich) der gegenständlichen Abfälle erteilt worden. Bei einer Kontrolle sei festgestellt worden, dass die „Müllkompostfraktion“ ca. 80 % ausmache. Von der Z Abfallverwertung GmbH sei dargelegt worden, dass diese Fraktion voraussichtlich für die Herstellung einer Rekultivierungsschicht geeignet sei, diesbezügliche Untersuchungen seien im Gange. Andernfalls sollte gemäß Darlegung der Z Abfallverwertung GmbH eine Deponierung dieser Fraktion erfolgen.
6 Aufgrund dieser Änderung und insbesondere der vorgesehenen Behandlung der quantitativ größten Fraktion, der Müllkompostfraktion, sei nicht mehr sichergestellt, dass tatsächlich eine Abfallverwertung vorliege, da diese Fraktion im schlimmsten Falle deponiert werden solle. Im Falle der tatsächlichen Deponierung dieser Fraktion wäre die Verbringung der Abfälle als Verbringung zur Beseitigung einzustufen gewesen. Die Beseitigung der Abfälle stünde den Angaben in der Notifizierung entgegen, jedoch sei auch schon die Herstellung der Müllkompostfraktion entgegen den Angaben in der Notifizierung erfolgt, da deren Verwertbarkeit weder festgestanden noch von der Revisionswerberin vorab beurteilt worden sei. Die Ausführungen zu einem Untersuchungsbefund, wonach die Fraktion zur Herstellung künstlicher Erden mit dem Ziel des Einsatzes für die Herstellung einer Rekultivierungsschicht voraussichtlich zulässig sei, belege keinesfalls die tatsächliche Verwertbarkeit dieser Fraktion. Folglich wäre die Verbringung der gegenständlichen Abfälle zur Verwertung unter diesen neuen, nicht vorab behördlich geprüften Rahmenbedingungen nicht zulässig gewesen.
7 Die ursprünglich zum Verwertungsverfahren übermittelten Angaben seien plausibel erschienen, erst nachträglich sei das Behandlungsverfahren bei der Z Abfallverwertung GmbH umgestellt worden. Die Behandlung der im Zuge dieses Verfahrens anfallenden Reststoffe sei von erheblicher Bedeutung für die Beantwortung der Frage, ob dieses Verfahren zutreffend als Verwertungsverfahren eigestuft worden sei oder nicht. Werde ein von einer Notifizierung umfasstes Verwertungsverfahren derart umgestellt, dass die Verwertung des quantitativen Großteils der aus der vorgesehenen Abfallbehandlung resultierenden Abfälle nicht mehr sichergestellt sei, rechtfertige dies einen Widerruf der Zustimmung zur Notifizierung, der geradezu verpflichtend zu erfolgen habe. Die zuständige Behörde im Bestimmungsstaat sei von falschen Voraussetzungen bei der Erteilung der Zustimmung ausgegangen, und auch die zuständige Behörde im Versandstaat habe das Vorliegen der Voraussetzungen für die Verbringung der Abfälle zur Verwertung geprüft, nicht jedoch das Vorliegen der strengeren Voraussetzungen für die Verbringung der Abfälle zur Beseitigung.
8 Die Verwertung des quantitativ größeren Teils der aus den Abfällen in der Folge hergestellten Abfallfraktionen sei nicht sichergestellt, sondern diese sollten aufgrund einer vorgesehenen Änderung der Behandlung durch die Empfängerin bzw. Betreiberin der Verwertungsanlage allenfalls einer Beseitigung zugeführt werden. Nach dem Urteil des EuGH vom 27. Februar 2002, Rs C-6/00, dürfe die zuständige Behörde am Versandort prüfen, ob eine geplante Verbringung, die in der Notifizierung als Verbringung von zur Verwertung bestimmten Abfällen eingestuft sei, dieser Zuordnung tatsächlich entspreche, und diese Behörde müsse dieser Verbringung durch Erhebung eines auf eine unzutreffende Zuordnung gestützten Einwandes entgegentreten.
9 Dieses Vorbringen in den Revisionszulässigkeitsgründen bezieht sich auf Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses, die damit in Frage gestellt werden (S. 32 letzter Absatz bis S. 39 erster Absatz des angefochtenen Erkenntnisses). Zuvor führte das Verwaltungsgericht aber auf S. 31 zweiter Absatz bis S. 32 vorletzter Absatz des angefochtenen Erkenntnisses aus, dass der von der Revisionswerberin herangezogene Widerrufsgrund des Art. 9 Abs. 8 lit. d EG-VerbringungsV einen Widerruf zulasse, wenn die Behörde Kenntnis erlange, dass die Abfälle in einer Weise verbracht, verwertet oder beseitigt „werden“, die nicht im Notifizierungsformular und im Begleitschreiben angegeben oder diesem beigefügt seien. Diesbezügliche Feststellungen könnten nicht getroffen werden, und auch die Abfallrechtsbehörde sei nicht vom Vorliegen dieser Umstände ausgegangen. Vielmehr sei der Widerruf auf die von der Anlagenbetreiberin bei der Überprüfungsverhandlung deklarierten Planungen der Z Abfallverwertung GmbH gestützt worden. Da ein derartiger Widerruf aber ein faktisches Tun und nicht lediglich Planungsüberlegungen voraussetze, sei schon aus diesem Grund der vor dem Verwaltungsgericht angefochtene Widerruf mit Rechtswidrigkeit belastet.
10 In den Revisionszulässigkeitsgründen wird weder der Auffassung des Verwaltungsgerichtes zur Auslegung des Art. 9 Abs. 8 lit. d EG-VerbringungsV entgegengetreten noch dessen Feststellung, dass derzeit lediglich Planungen der Z Abfallverwertung GmbH vorlägen. In den Revisionszulässigkeitsgründen wird vielmehr ausdrücklich von einer „vorgesehenen“ Änderung der Behandlung durch die Empfängerin bzw. Betreiberin der Verwertungsanlage gesprochen und davon, dass die Abfälle „allenfalls“ einer Beseitigung zugeführt werden müssten.
11 Das Verwaltungsgericht hat sich somit auf eine tragfähige Alternativbegründung gestützt, der in den Revisionszulässigkeitsgründen nicht entgegengetreten und hinsichtlich derer somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt wird.
12 Die Revision erweist sich daher als unzulässig (vgl. VwGH 16.12.2019, Ra 2019/05/0310, mwN) und war gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 20. August 2020
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Verordnung EURallg5European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020050136.L00Im RIS seit
04.12.2020Zuletzt aktualisiert am
04.12.2020