TE Lvwg Erkenntnis 2020/2/13 VGW-171/092/78/2019, VGW-171/V/092/205/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.02.2020
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Entscheidungsdatum

13.02.2020

Index

L24009 Gemeindebedienstete Wien

Norm

DO 1994 §18 Abs2
DO 1994 §76 Abs1 Z4
DO 1994 §77 Abs3
LandesGleichbehandlungsG Wr 1996 §7 Abs1
LandesGleichbehandlungsG Wr 1996 §7 Abs2
LandesGleichbehandlungsG Wr 1996 §8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richter Univ.-Doz. Dr. Kolonovits als Vorsitzenden und Mag. Dr. Kienast als Berichter, seine Richterin Mag. Hornschall als Beisitzerin sowie die fachkundigen Laienrichter MMag. Ramharter und Mag. Jarolim über die Beschwerden des Herrn A. B. (Erstbeschwerdeführer) und der Disziplinaranwältin der Stadt Wien (Zweitbeschwerdeführerin) gegen das Erkenntnis der Disziplinarkommission der Stadt Wien, Zl. …, vom 29.10.2018, nach mündlicher Verhandlung am 18.11.2019, 19.11.2019 und 11.12.2019 zu Recht e r k a n n t :

I.     Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG insoweit stattgegeben, als der Spruch zu lauten hat:

„Herr A. B., Dienststelle Magistratsabteilung X (nunmehr Magistratsabteilung Y), Personalnummer …, hat es als Fachbeamter des technischen Dienstes und als Vorgesetzter (Leiter des Geschäftsbereichs C. der Magistratsabteilung X) unterlassen, gegenüber der ihm unterstellten Mitarbeiterin Frau D. E. nach Beendigung der gemeinsamen privaten Beziehung ein höfliches Verhalten an den Tag zu legen, im Dienst und außerhalb des Dienstes nicht alles vermieden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte, sowie Frau D. E. durch verbale, von dieser als unerwünscht, unangebracht und anstößig empfundene Äußerungen sexuell belästigt und somit aufgrund ihres Geschlechtes diskriminiert, indem

1.   er gemeinsam mit seiner Ehegattin in der Nacht vom 21. auf 22. November 2016 Frau D. E. an deren Wohnort in Wien, F.-gasse, aufgesucht hat und diese mehrmals als ,Fickfetzen' bezeichnet hat;

2.   er am 22. November 2016 ab 12.24 Uhr von seinem Diensthandy (Rufnummer: …) SMS mit folgenden Formulierungen an das Diensthandy von Frau D. E. (Rufnummer: …) gesendet hat: ,Du bist und warst immer nur ein Fickfetzen‘, ,… weil ich dich als Fickfetzen weiterhin wollte …‘, ,Daher hast Du Sau keine Rechte‘, ,… du nicht nur dumm sondern auch hässlich und siehst total verbraucht aus‘, ,… du schirche Sau‘;

3.   er am 19. Dezember 2016 zwischen 19:53 Uhr und 20:05 Uhr von seinem Diensthandy (Rufnummer: …) SMS mit folgenden Formulierungen an das Privathandy von Frau D. E. (Rufnummer: …) gesendet hat: ,Du bist der widrigste und abscheulichste Mensch den ich je getroffen habe‘, ,… du Tschuschenfut …‘, ,… Billiges Hurrenloch …‘, ,Erbärmlich – wirklich du bist – eine Tschusenfut – wahhhh – pfuiii – blas an anderen … wie konnte ich nur meinen Schwanz in Deinen aufgespritzten Mund stecken … Und diese grausamen, falschen Quasteln von Dir – könnte nur kotzen!!! …‘, ,… geh einfach scheissen – du schirche verbrauchte Sau – du Bein …‘, ,… Scheiss Spielzeug …‘, ,… du dreckige Fut!! Geh in Arsch …‘;

4.   er am 20. Dezember 2016 um 00:18 Uhr via ,Telegram‘ von seinem Diensthandy (unter Verwendung der Rufnummer … zur Privatnutzung des Diensthandys) Nachrichten mit folgenden Formulierungen an den Telegram-Account von Frau D. E. (eingerichtet auf deren Diensthandy mit der Rufnummer: …) gesendet hat: ,… in deinen verblasten, scheiss, drecksmund – geh einfach nur scheißen – bist also doch aufgespritzt – typisch yugosaufut …‘, ‚… du scheiß, grausiger Sau!!!‘;

5.   er am 20. Dezember 2016 um 04:52 Uhr von seinem dienstlichen E-Mail-Account (a.b.@wien.gv.at) eine E-Mail mit folgenden Formulierungen an den privaten E-Mail-Account von Frau D. E. (d.e@gmail.com) gesendet hat: ,Du bist so eine schierche Drecksau – so ein erbärmlicher Mensch …‘.

Er hat hiedurch schuldhaft seine Dienstpflichten gemäß § 18 Abs. 2 der Dienstordnung 1994 (DO 1994), LGBl. für Wien Nr. 56/1994 in der geltenden Fassung in Verbindung mit § 7 des Wiener Gleichbehandlungsgesetzes – W-GBG, LGBl. für Wien Nr. 18/1996 in der geltenden Fassung, verletzt.

Wegen dieser Dienstpflichtverletzungen wird gemäß § 76 Abs. 1 Z 4 DO 1994 die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt.“

III.   Gemäß § 106 Abs. 1 DO 1994 werden dem Erstbeschwerdeführer für das Disziplinarverfahren keine Kosten auferlegt.

IV.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

I.     Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 2.5.2017 teilte der Dienststellenleiter der MA X, Herr Ing. Dr. G., der MA 2 den Sachverhalt mit, aus dem sich der Vorwurf ergebe, der Erstbeschwerdeführer habe seine Dienstpflichten verletzt. Diesem Schreiben waren seitens Herrn Ing. Dr. G. folgende Einvernahmen vorausgegangen:

24.1.2017: Frau D. E.;

25.1.2017: Erstbeschwerdeführer;

27.1.2017: Frau D. E.;

1.2.2017: Frau H. B. und Herr J. E.;

28.2.2017: Frau K. und Frau D. E.;

25.4.2017: Erstbeschwerdeführer;

27.4.2017: Frau L.;

28.4.2017: Frau D. E.;

19.6.2017: Erstbeschwerdeführer.

Mit Schreiben vom 20.6.2017 räumte die MA 2 dem Erstbeschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehöres die Gelegenheit ein, sich zu näher genannten Vorwürfen von Dienstpflichtverletzungen zu äußern.

Mit Schriftsatz vom 2.8.2017 gab der Erstbeschwerdeführer nach Ersuchen um Aktenabschrift und Fristerstreckung eine Stellungnahme ab.

Mit Schreiben vom 11.9.2017 erstattete die MA 2 an die Disziplinaranwältin … Disziplinaranzeige.

2.   Mit Schreiben vom 5.3.2018 erstattete die Disziplinaranwältin einen Strafantrag an die Disziplinarkommission der Stadt Wien und räumte gleichzeitig dem Erstbeschwerdeführer die Möglichkeit ein, sich zu diesem innerhalb von zwei Wochen zu äußern und allfällige Beweisanträge an die Disziplinarkommission der Stadt Wien zu richten.

Mit Schriftsatz vom 20.3.2018 gab der Erstbeschwerdeführer zum Strafantrag eine Stellungnahme ab.

Am 23.5.2018 fand vor der Disziplinarkommission der Stadt Wien (...) eine mündliche Disziplinarverhandlung statt, bei der neben der Einvernahme des Erstbeschwerdeführers als Beschuldigten auch Frau H. B., Frau L. und Herr J. E. jeweils als Zeugen einvernommen wurden. Die Verhandlung wurde am 25.5.2018 mit der Einvernahme der Zeugen Frau K., Herrn Ing. M. und Frau D. E. fortgesetzt, am 17.9.2018 mit der Einvernahme der Herrn N., Ing. Dr. G., Mag. P. als Zeugen. Am 15.10.2018 erfolgte die Einvernahme des Zeugen Herrn R., hielten Erst- und Zweitbeschwerdeführer ihre Schlussausführungen und wurde das Disziplinarerkenntnis mündlich verkündet.

Das am 15.10.2018 mündlich verkündete Disziplinarerkenntnis wurde mit Datum 29.10.2018 ausgefertigt und dem Erstbeschwerdeführer am 13.11.2018 und der Zweitbeschwerdeführerin am 12.11.2018 zugestellt.

3.  Mit Schriftsatz vom 6.12.2018 erhob die Zweitbeschwerdeführerin gegen dieses Disziplinarerkenntnis Beschwerde mit dem Antrag, über den Erstbeschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 1 Z 4 DO 1994 die Disziplinarstrafe der Entlassung zu verhängen.

Mit Schriftsatz vom 11.12.2018 erhob der Erstbeschwerdeführer Beschwerde mit dem Antrag, das bekämpfte Disziplinarerkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben; er verband diesen Antrag mit mehreren Eventualanträgen.

Mit Schriftsatz vom 14.12.2018 gab der Erstbeschwerdeführer zur Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin eine Stellungnahme ab.

Am 20.12.2018 legte die Disziplinarkommission der Stadt Wien (...) dem erkennenden Verwaltungsgericht die Beschwerden samt den bezughabenden Akten vor, wo sie am 3.1.2019 einlangten.

Das erkennende Verwaltungsgericht führte am 15.5.2019 eine mündliche Verhandlung durch, die auf das Thema „Dienstbezug" beschränkt war und in der der Erstbeschwerdeführer als Beschuldigter und der Dienststellenleiter Herr Ing. Dr. G. als Zeuge einvernommen wurden.

Der Erstbeschwerdeführer beantragte mit Schriftsatz vom 20.5.2019 eine Protokollberichtigung und brachte Ergänzungen und Anmerkungen zu seiner Aussage vor, die er mit der Vorlage von Urkunden verband.

Die für 16.9.2019 und 17.9.2019 vorgesehenen Verhandlungstermine mussten wegen Verhinderung des Erstbeschwerdeführers abberaumt werden.

Wegen dauernder Verhinderung des Laienrichters Obermüller musste sodann die gesamte Verhandlung vom 15.5.2019 wiederholt werden.

Es fanden sodann unter neuer Senatsbesetzung (der dauernd verhinderte Laienrichter wurde durch die Laienrichterin Mag. Jarolim ersetzt; ansonsten blieb die Zusammensetzung der Berufs- und der Laienrichter unverändert) Verhandlungen am 18.11.2019 (Einvernahmen Herr Ing. Dr. G. und Erstbeschwerdeführer), 19.11.2019 (Einvernahmen Frau H. B., Frau L., Frau D. E., Herr J. E.) und 11.12.2019 (Stattgabe eines Protokollberichtigungsantrags des Erstbeschwerdeführers; Einvernahmen Herr Mag. P., Herr Ing. M., Frau K. und Erstbeschwerdeführer; anschließend trugen die Zweitbeschwerdeführerin, die Vertreterin der belangten Disziplinarkommission und die rechtsfreundliche Vertretung des Erstbeschwerdeführers ihre Schlussausführungen vor, ebenso der Erstbeschwerdeführer persönlich). Am 17.12.2019 fand eine nicht-öffentliche Senatsberatung statt. Am 19.12.2019 verkündete der Vorsitzende des Senats das gegenständliche Disziplinarerkenntnis; der Erstbeschwerdeführer beantragte die schriftliche (Voll-)Ausfertigung.

II. Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

1.    Feststellungen:

1.1.   Zur Organisation:

Der Erstbeschwerdeführer stand zum Tatzeitraum (21.11.2016 bis 20.12.2016) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien und war in der MA X des Magistrats der Stadt Wien Geschäftsbereichsleiter für den Geschäftsbereich „C.". Frau E. war die Chefsekretärin des damaligen Abteilungsleiterstellvertreters, Herrn S.; Abteilungsleiter war Herr Ing. Dr. G.. Dienstrechtlich zählte Frau E. dem Referat „Kanzlei" zu; Referatsleiterin war Frau T.; diese war der Fachbereichsleiterin Frau K. unterstellt; diese wiederum dem Erstbeschwerdeführer als Geschäftsbereichsleiter. Der Erstbeschwerdeführer war somit zum Tatzeitraum Vorgesetzter (…) von Frau E..

Der Erstbeschwerdeführer wurde im Jahre 2016 von Abteilungsleiter Ing. Dr. G. und der Geschäftsbereichsleitung beauftragt, ein Konzept für U. für das Management („U.“) zu erstellen. Diese Tätigkeit konnten von ihrer fachlichen Ausbildung her die bestehenden Chefsekretärinnen, wie Frau E., nicht leisten.

Daneben gab es in der MA X noch ein zweites Konzept …, dieses betraf aber Sekretariatstätigkeiten für die Kundenbetreuung im Bereich V.. Frau E. sollte in dieses zweite Konzept integriert werden.

Frau K. hatte in der Projektsbesprechung „U." am 18.1.2017 erfahren, dass nach dem Konzept für dieses Projekt für Frau E. kein Platz sei, weil für diese Tätigkeit Voraussetzungen festgelegt waren, die Frau E. nicht erreichte. Sie teilte ihre Sorge, dass Frau E. vom Erstbeschwerdeführer im Zuge der geplanten Organisationsänderung benachteiligt würde, Herrn Ing. Dr. G. mit, der die Gefahr nicht als unbegründet erachtete und deshalb Frau E. zusagte, sie werde ihre Position behalten. Das Konzept „U." wurde danach nicht weiterverfolgt.

Der Erstbeschwerdeführer forderte noch im Herbst 2016 (vor dem Tatzeitraum) die Fachbereichsleiterin Frau K. auf, sich dafür einzusetzen, dass sich Frau E. für die Nachbesetzung des Chefsekretariats des Abteilungsleiter Ing. Dr. G. bewerbe, und sie dabei zu unterstützen. Anfang Dezember 2016 widerrief der Erstbeschwerdeführer gegenüber Frau K. wiederum diesen seinen Auftrag.

1.2.   Feststellungen zu den „technischen Kommunikationsgeräten" des Erstbeschwerdeführers:

Der Erstbeschwerdeführer verfügte zum Tatzeitraum dienstlich über ein iPhone (Rufnummer: …; bei Privatnutzung Rufnummer: …), ein iPad und ein Notebook. Diese drei Geräte sind mit Passwörtern gesichert; am Notebook ist dies ein „LAN-Passwort".

Alle drei technischen Geräte wurden vom Erstbeschwerdeführer benützt, wenn auch das iPad nicht in der Intensität wie die anderen Geräte.

Die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers hatte das iPad nicht vom 15.11.2016 bis zum 20.12.2016 durchgehend in ihrer Verfügungsgewalt; ebenso wenig kannte sie die Passwörter von iPad und iPhone ihres Mannes.

Der Erstbeschwerdeführer hatte entsprechend seiner Führungsposition zumindest sein iPhone auch in seiner Freizeit regelmäßig so in seinem Nahebereich, dass er eingehende Nachrichten/Anrufe bemerken konnte.

Der Erstbeschwerdeführer war auch zum Tatzeitraum gelegentlich stellvertretender Manager oft Duty. Für diese Funktion gab es ein eigenes Handy („deutsches Handy"), um die Diensthabenden zu kontaktieren; dieses Handy wurde stets physisch dem nächsten stellvertretenden Manager of Duty weitergereicht.

1.3.   Feststellungen zum Erstbeschwerdeführer und seiner Beziehung zu Frau D. E.:

Der Erstbeschwerdeführer steht in aufrechter Ehe mit Frau H. B.; sie haben drei gemeinsame Kinder; sie bewohnen gemeinsam eine zweigeschoßige Wohnung; ….

Der Erstbeschwerdeführer begann im Dezember 2013 eine Beziehung mit der Mitarbeiterin in seinem Geschäftsbereich Frau E., die – in unterschiedlicher Intensität – bis November 2016 andauerte. Der Erstbeschwerdeführer verbrachte mit Frau E. auch gemeinsame Urlaube, zum Beispiel im Sommer 2016 in Kroatien. Diese Beziehung war sowohl gegenüber der Ehefrau des Erstbeschwerdeführers geheim als auch gegenüber allen Mitarbeitern im Büro.

Frau E. verfügt über ein Diensthandy (Rufnummer: …) und über ein Privathandy (Rufnummer: …).

Am Sonntag, dem 13.11.2016, kam es am späteren Abend telefonisch zu einem Gespräch zwischen Frau E. und der Ehefrau des Erstbeschwerdeführers, in dem letztere über die außereheliche Beziehung von Frau E. mit dem Erstbeschwerdeführer informiert wurde. Nach heftigen Diskussionen mit dem Erstbeschwerdeführer zog dessen Ehefrau letztlich am 15.11.2016 (vorübergehend) aus der ehelichen Wohnung aus; sie nächtigte fortan zumeist bei ihrer Mutter (Frau L.) oder auch in ihrem Haus in W.. Die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers kam immer wieder in die gemeinsame Ehewohnung zurück, um sich Kleidung zu holen.

Der Erstbeschwerdeführer befand sich vom 15.11.2016 bis 18.11.2016 im Krankenstand; die Krankmeldung erstattete er am 15.11.2016 in der Früh via iPad.

Vom erkennenden Verwaltungsgericht kann nicht festgestellt werden, dass am 20.12.2016 ein „Entschuldigungstelefonat" stattgefunden hat, in dem die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers gegenüber Frau E. eingestand, Autorin sämtlicher schriftlicher Beleidigungen zu sein, und sich für diese entschuldigte.

1.4.   Feststellungen im Zusammenhang mit Punkt 1 der als erwiesen angenomme nen

Tat:

Am 21.11.2016 war die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers in der Ehewohnung; sie hatte das Bedürfnis, Frau E. persönlich kennen zu lernen; sie kündigte ihr daher am Abend telefonisch ihr Kommen an. Da sie jedoch bereits alkoholisiert war, fuhr sie der Erstbeschwerdeführer gegen Mitternacht zur Privatwohnung von Frau E.. Dort trat die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers zunächst kräftig gegen die Eingangstür des Wohnhauses und läutete heftig an der Glocke der Sprechanlage. Frau E., die den Besuch erwartet hatte, kam umgehend auf die Straße herunter; dort begegnete sie dem Erstbeschwerdeführer und seiner aufgebrachten Ehefrau. Diese Situation erschien bedrohlich. Frau E. wurde in diesem Zusammenhang mehrmals vom Erstbeschwerdeführer als „Fickfetzen" beschimpft. Frau E.s Vater, der ebenfalls in diesem Haus wohnte, bemerkte die nächtliche Zusammenkunft, zog sich an und kam gleichfalls auf die Straße. Frau E. sagte noch zu ihrem Vater, dass alles in Ordnung sei, und ging dann gemeinsam mit der Ehefrau des Erstbeschwerdeführers in ein Lokal, um sich mit ihr auszusprechen. Der Erstbeschwerdeführer fuhr hingegen mit seinem Auto nach Hause, nachdem er sich noch von Frau E.s Vater verabschiedet und sich auch für den nächtlichen Vorfall entschuldigt hatte. Dieser verfolgte die beiden Damen danach heimlich bis zum Lokal und wartete dort stundenlang. Erst am frühen Morgen des 22.11.2016 holte der Erstbeschwerdeführer seine Ehefrau … ab und fuhr mit ihr zur gemeinsamen Ehewohnung.

1.5.    Feststellungen zu den Punkten 2 bis 5 der als erwiesen angenommenen Tat:

Am 22.11.2016 sandte der Erstbeschwerdeführer von seinem Diensthandy an das Diensthandy von Frau E. ab 12.24 Uhr SMS mit (unter anderem) folgenden Formulierungen: „Du bist und warst immer nur ein Fickfetzen", „… weil ich dich als Fickfetzen weiterhin wollte …", „Daher hast Du Sau keine Rechte", „… du nicht nur dumm sondern auch hässlich und siehst total verbraucht aus", „… du schirche Sau" (Punkt 2 der als erwiesen angenommenen Tat).

Am 19.12.2016 sandte der Erstbeschwerdeführer von seinem Diensthandy an das Privathandy von Frau E. zwischen 19:53 Uhr und 20:05 Uhr SMS mit (unter anderem) folgenden Formulierungen: „Du bist der widrigste und abscheulichste Mensch den ich je getroffen habe", „… du Tschuschenfut …“, „… Billiges Hurrenloch …“, „Erbärmlich – wirklich du bist – eine Tschusenfut – wahhhh – pfuiii – blas an anderen … wie konnte ich nur meinen Schwanz in Deinen aufgespritzten Mund stecken … Und diese grausamen, falschen Quasteln von Dir – könnte nur kotzen!!! …", „… geh einfach scheissen – du schirche verbrauchte Sau – du Bein …“, „… Scheiss Spielzeug …", „… du dreckige Fut!! Geh in Arsch …" (Punkt 3 der als erwiesen angenommenen Tat). Diese SMS endete wörtlich wie folgt: „Eide Bock – du dreckige Fut!! Geh in Arsch samt den Hund – versteh das endlich!!!!!!!"

Am 20.12.2016 sandte der Erstbeschwerdeführer um 00:18 Uhr von seinem Diensthandy in Privatnutzung via „Telegram" Nachrichten an den auf ihrem Diensthandy eingerichteten Telegram-Account von Frau E. mit (unter anderem) folgenden Formulierungen: „… in deinen verblasten, scheiss, drecksmund – geh einfach nur scheißen – bist also doch aufgespritzt – typisch yugosaufut …", „… du scheiß, grausiger Sau!!!" (Punkt 4 der als erwiesen angenommenen Tat).

Am 20.12.2016 sandte der Erstbeschwerdeführer um 04:52 Uhr von seinem dienstlichen E-Mail-Account (a.b.@wien.gv.at) eine E-Mail an den privaten E-Mail-Account von Frau E. (d.e@gmail.com) mit (unter anderem) folgenden Formulierungen: „Du bist so eine schierche Drecksau – so ein erbärmlicher Mensch …" (Punkt 5 der als erwiesen angenommenen Tat). Diese E-Mail enthielt aber auch folgende Aussagen: „– aber glaub mir auch das wird meine Frau und mich nicht auseinander bringen! Im Gegenteil das macht uns noch stärker und unser gemeinsames Leben wird wunderschön!"

1.6.   Feststellungen zum Bekanntwerden der als erwiesen angenommenen Tat:

Knapp vor Weihnachten 2016 ersuchte Frau E. bei Frau K. um ein Gespräch, das letztlich zwischen Weihnachten 2016 und Neujahr 2017 stattfand. Bis zu diesem Zeitpunkt war die jahrelang dauernde Beziehung zwischen Frau E. und dem Erstbeschwerdeführer in seiner Magistratsabteilung unbekannt. Bei diesem Gespräch zeigte Frau E. Frau K. die vom Erstbeschwerdeführer an sie gerichteten Beleidigungen (Punkte 2 bis 5 der als erwiesen angenommenen Tat); sie artikulierte auch ihre Angst, dass ihr beruflich etwas passiere. Frau K. sagte zu, auf Frau E. aufzupassen. Sie beobachtete dann gemeinsam mit Frau T. (der Leiterin des Referats „Kanzlei") die Situation. Als am 18.1.2017 eine Konzeptbesprechung „U." stattfand und in diesem Konzept Frau E. nicht vorgesehen war, machte sie gemeinsam mit Frau T. und der Vertrauensperson … eine diesbezügliche Meldung beim Abteilungsleiter Ing. Dr. G.; dieser sagte daraufhin Frau E. in einem persönlichen Gespräch zu, dass sie sich keine Sorgen wegen ihres Postens zu machen brauche; er werde darauf schauen.

Frau E. hatte vor dem Erstgespräch mit Frau K. etliche Krankenstandstage. Während dieses Gesprächs war Frau E. überaus aufgewühlt, sie zitterte und war nervlich am Ende.

2.   Beweiswürdigung:

2.1.   Das Verwaltungsgericht Wien erhob Beweis durch

•     Einsichtnahme in den zur Zahl MA X - ... protokollierten Verwaltungsakt der MA X (samt den darin einliegenden Auszügen aus dem SMS-, „Telegramm"- und E-Mail-Verkehr zwischen dem Erstbeschwerdeführer und Frau E. sowie den Protokollen der Einvernahmen des Erstbeschwerdeführers, von Frau D. E., der Ehefrau des Erstbeschwerdeführers Frau H. B., von Frau E.s Vater Herrn J. E., der Schwiegermutter des Erstbeschwerdeführers Frau L. und Frau K.),

•     Einsichtnahme in den zur Zahl … protokollierten Verwaltungsakt der belangten Disziplinarkommission der Stadt Wien (samt den darin einliegenden Niederschriften über die Einvernahme des Erstbeschwerdeführers, seiner Ehefrau H. B., von Frau L., Herrn J. E., Frau K., Herrn Ing. M., Frau D. E., Herrn N., Herrn Ing. Dr. G., Herrn Mag. P. und Herrn R.),

•     Einsichtnahme in die Beschwerden, in die Stellungnahme des Erstbeschwerdeführers zur Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.11.2019 und 19.11.2019 sowie 11.12.2019,

•     Einsichtnahme in die vom Erstbeschwerdeführer vorgelegten Unterlagen (Beilagen ./X, ./Y und ./Z),

•     Einvernahme des Erstbeschwerdeführers als Beschuldigten und

•     Einvernahmen der Zeugen Ing. Dr. G., H. B., L., D. E., J. E., Mag. P., Ing. M. und K. in den mündlichen Verhandlungen am 18.11.2019, 19.11.2019 und 11.12.2019.

2.2.     Beweiswürdigung zu den Feststellungen „Organisation":

Die Feststellungen zur Organisation der MA X zum Tatzeitraum gründen hinsichtlich der Hierarchie und Linienverantwortung in den unbedenklichen Aussagen des Abteilungsleiters Ing. Dr. G. (Verhandlungsprotokoll vom 18.11.2019, Seiten 2 f).

Die Feststellungen zur Entwicklung des Konzeptes „U." liegen in den gleichfalls unbedenklichen Aussagen der Zeugen Mag. P. (Verhandlungsprotokoll vom 11.12.2019, Seiten 2 ff) und Ing. M. (Verhandlungsprotokoll vom 11.12.2019, Seiten 5 f) begründet; jene zum Konzept V. in der Aussage des Zeugen Mag. P. (Verhandlungsprotokoll vom 11.12.2019, Seiten 3 f).

Die Feststellungen zur Gefahr und Sorge, das Konzept „U." führe zum Verlust des Arbeitsplatzes von Frau E., fußen ebenso in den insoweit lebensnahen und glaubwürdigen Aussagen der Fachbereichsleiterin Frau K. wie die Feststellungen, dass der Erstbeschwerdeführer sie einerseits zunächst dazu anhielt, sich für Frau E. bei deren Bewerbung für das Chefsekretariat des Abteilungsleiters einzusetzen, und er andererseits dieses Ansinnen später – nach dem Beziehungssende – aber fallen ließ (Verhandlungsprotokoll vom 11.12.2019, Seiten 7 ff).

2.3.   Beweiswürdigung zu den Feststellungen „'technische Kommunikationsgeräte'

des Erstbeschwerdeführers":

a)  Die Feststellungen zur Anzahl und den Arten der dem Erstbeschwerdeführer dienstlich zur Verfügung gestellten technischen Kommunikationsgeräte ergeben sich aus den Verwaltungsakten und aus den Aussagen des Erstbeschwerdeführers selbst (Verhandlungsprotokoll vom 18.11.2019, Seite 8).

b)  Die Feststellungen betreffend das „deutsche Handy" im Zusammenhang mit der Funktion als stellvertretender Manager auf Duty gründen in der insoweit unbedenklichen Aussage des Erstbeschwerdeführers selbst (Verhandlungsprotokoll vom 18.11.2019, Seite 9).

c)  Die Feststellung, dass Führungspersonen wie der Erstbeschwerdeführer auch in ihrer Freizeit regelmäßig am Diensthandy erreichbar sind, ergibt sich zunächst abstrakt aus der Aussage des Herrn Ing. Dr. G. (Verhandlungsprotokoll vom 18.11.2019, Seite 3); dass dies im Besonderen auch für den Erstbeschwerdeführer gilt, aus der diesbezüglich unbedenklichen und auch lebensnahen Aussage von Frau E. (Akt der Disziplinarkommission, AS 128), die den Erstbeschwerdeführer nicht nur als Workaholic bezeichnete, sondern auch folgendes konstatierte: „Er [der Erstbeschwerdeführer] schaut ständig auf sein Diensthandy. Er hat sein Diensthandy während unserer Beziehung nie außer Hörweite gelassen oder beispielsweise im Auto liegen gelassen. Er hat auch im Urlaub und an Wochenenden immer wieder sein Diensthandy kontrolliert."

d)  Die übrigen Feststellungen, insbesondere bezüglich der Unkenntnis des Passworts von iPhone und iPad und der Gewahrsame des iPad in der Zeit vom 15.11.2016 bis 20.12.2016 gründen auf folgenden Beweiswürdigungen:

Der Verteidigungsstrang des Erstbeschwerdeführers baut auf der Prämisse auf, dass seine Ehefrau Zugriff auf seine Kommunikationsgeräte, insbesondere auf sein iPad und sein iPhone, hatte. Dies setzt voraus, dass sie diese Geräte nicht nur physisch in ihrer Gewahrsame hatte, sondern auch deren Sicherung überwand. Die diesbezüglichen Aussagen des Erstbeschwerdeführers und seiner Ehefrau wirken jedoch konstruiert und abgesprochen:

Nach diesen habe die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers dessen iPad bereits beim (vorübergehenden) Auszug aus der Ehewohnung am 15.11.2016 mitgenommen und es bis zu ihrer Rückkehr in die Wohnung am 20.12.2016 behalten, ohne dass dem Erstbeschwerdeführer dessen Fehlen aufgefallen wäre; er habe dieses Gerät nach seiner Aussage (Verhandlungsprotokoll vom 18.11.2019, Seite 8) damals seit Monaten nicht mehr verwendet. Diese Aussage wurde dann insoweit widerlegt, als die Überprüfung seiner Krankmeldung vom 15.11.2016 ergab (Akt der Disziplinarkommission, AS 376), dass diese von seinem iPad erfolgte, was der Erstbeschwerdeführer dann auch selbst eingestand (Verhandlungsprotokoll vom 19.11.2019, Seite 11). Der Erstbeschwerdeführer hätte somit sein iPad just am 15.11.2016 zur Erstattung seiner Krankmeldung im Einsatz (an dem Tag, an dem seine Ehefrau es angeblich für über einen Monat an sich nahm) gehabt und offenbar auch im November bereits davor, nämlich als er nach seiner Aussage (Verhandlungsprotokoll vom 18.11.2019, Seite 9) sein Passwort an den November „anpasste".

Das Diensthandy (iPhone) wiederum habe zwar die Ehegattin des Erstbeschwerdeführers nicht in ihren Besitz genommen, es sei jedoch gerade an jenen Tagen und auch zu jener Zeit, an denen und zu der sie in der Ehewohnung offenbar Kleidungsstücke holte, frei zugänglich an der Bar im Untergeschoss gelegen, während sich der Erstbeschwerdeführer – zumeist krank – im Obergeschoss aufgehalten hätte. Dies ist jedoch realitätsfern, weil Führungskräfte (noch dazu wenn sie EDV-Fachmänner sind) erfahrungsgemäß – wenn auch nur für Notfälle – rund um die Uhr auf ihren Diensthandy erreichbar sind, was auch durch die Aussagen des Herrn Ing. Dr. G. und von Frau E. bestätigt wird (siehe oben lit. c)). Diesem Erfahrungssatz und den Aussagen von Herrn Ing. Dr. G. und Frau E. steht die Verantwortung des Erstbeschwerdeführers entgegen, sein Diensthandy sei im Untergeschoss verblieben, wohingegen er sich im Obergeschoß aufhielt (Verhandlungsprotokoll vom 11.12.2019, Seite 12), wodurch er weder das allfällige Läuten seines Handys hören noch das allfällige Einlangen von Nachrichten bemerken und damit auch nicht einsehen hätte können.

Nicht nachvollziehbar ist schließlich, warum die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers stets das Diensthandy ihres Mannes zum Absetzen der Beleidigungen verwendet haben soll (und sich dabei auch stets der Gefahr aussetzte, durch ein plötzliches Erscheinen des Erstbeschwerdeführers von diesem beim Schreiben ertappt zu werden), wenn sie ohnehin im Besitz seines iPads gewesen sei und mit diesem ungestört und ohne Zeitdruck all dies auch verrichten hätte können.

Die Kenntnis des Passwortes von iPad und iPhone habe die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers (nach einigen Fehlversuchen) dadurch erlangt, dass sie sich an ein Gespräch erinnerte, welches sie mit ihrem Ehemann im Zusammenhang mit einer Sendung führte, in der es um die Sicherheit von Passwörtern ging, und in dem der Erstbeschwerdeführer nicht konkret über seine Passwörter sprach, sondern ganz allgemein die Methode beschrieb, wie man sich Passwörter (leicht) merken könne, nämlich indem man das Passwort in einen fixen und einen variablen Teil trennt, wobei der variable Teil beispielsweise der jeweilige Monat und der fixe ein bekanntes Datum (wie ein Geburtstag) sei (Verhandlungsprotokoll vom 19.11.2019, Seiten 5 f). Der Erstbeschwerdeführer, dessen iPad damals mit 11 und dem Hochzeitstag gesichert gewesen sein solle, müsste allerdings – obwohl er es angeblich monatelang nicht verwendete (Verhandlungsprotokoll vom 18.11.2019, Seite 8) – dessen Passwort noch im November 2016 geändert haben, damit seine Ehefrau es hat erraten können. Dies ist nicht glaubwürdig.

2.4.   Beweiswürdigung zu den Feststellungen „Erstbeschwerdeführer und seine Beziehung zu Frau E.":

a)  Diese Feststellungen ergeben sich aus den insoweit übereinstimmenden Aussagen des Erstbeschwerdeführers, seiner Ehefrau und auch von Frau E. in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Verwaltungsgericht; sie sind insoweit auch nicht strittig.

b)  Ob das „Entschuldigungstelefonat" tatsächlich stattfand, konnte vom erkennenden Verwaltungsgericht nicht festgestellt werden: Objektiv betrachtet, steht Aussage gegen Aussage: Der Erstbeschwerdeführer, seine Ehefrau und dessen Mutter geben übereinstimmend an, dass dieses Telefonat mit Frau E. stattgefunden hat; dem gegenüber steht Frau E., die in ihrer Aussage verneint, ein derartiges Telefonat geführt zu haben (Verhandlungsprotokoll vom 19.11.2019, Seite 17).

Allerdings kommt den drei erstgenannten Personen ein Interesse an der Existenz dieses Telefonats zu, nämlich das Interesse, den Erstbeschwerdeführer von den Punkten 3 bis 5 der als erwiesen angenommenen Tat zu entlasten und ihn damit möglicherweise auch vor aus dem Disziplinarerkenntnis allenfalls entspringenden wirtschaftlichen Schäden zu bewahren; die Aussage von Frau E. lässt sich hingegen nicht mit wirtschaftlichen Interessen begründen. Auch persönliche Interessen treten in den Hintergrund, weil sie ja zum Zeitpunkt ihrer diesbezüglichen Erstaussage (28.2.2017, Akt der MA X, AS 79) nicht wissen konnte, dass dieses Telefonat – sofern es stattgefunden hat – nicht aufgezeichnet wurde und sie somit allzu leicht der Falschaussage überführbar wäre. Die Antwort auf die Frage, ob dieses Telefonat stattgefunden hat, konnte aber dahingestellt bleiben. Denn selbst bei Bejahung dieser Frage, wäre es letztlich für die Frage der Autorenschaft der in den Punkten 3 bis 5 der als erwiesen angenommenen Tat enthaltenen Beleidigungen ohne Aussagewert: Ist nämlich die Ehegattin des Erstbeschwerdeführers bereit, die Autorenschaft der diskriminierenden Beleidigungen zu Gunsten ihres Ehemannes auf sich zu nehmen, dann ist sie wohl auch dazu bereit, sich allenfalls bei Frau E. für Beleidigungen zu entschuldigen, die nicht von ihr stammen.

2.5.   Beweiswürdigung zu den Feststellungen „im Zusammenhang mit Punkt 1 der als erwiesen angenommenen Tat":

a) Für diese vom Erstbeschwerdeführer mehrfach an Frau E. gerichtete Beschimpfung („Fickfetzen") besteht zwar allein die zeugenschaftliche Aussage von Frau E. selbst, wohingegen die anderen beteiligten Personen (Erstbeschwerdeführer, dessen Ehefrau und Herr E.) diese Formulierung nicht gehört haben wollen. Allerdings sind die Aussagen dieser drei Personen überhaupt teils widersprüchlich (z.B.: Hat sich Frau B. gegenüber Herrn E. vorgestellt und ihn mit Handschlag begrüßt? Vgl. Verhandlungsprotokoll vom 18.11.2019, Seiten 5 und 12, und vom 11.12.2019, Seite 11), was nicht zuletzt wohl auch darin begründet liegt, dass der Vorfall bereits über drei Jahre zurückliegt. Auch ist es möglich, dass Herr E. die Beschimpfung gar nicht hören konnte, weil er erst nach seiner Tochter auf der Straße eintraf.

Darüber hinaus war die inkriminierte Formulierung vom Erstbeschwerdeführer direkt an Frau E. gerichtet, sodass sie diese wohl am besten hören konnte und sie auch wegen des gegen sie gerichteten, bedrohlichen Inhalts wohl nicht der Vergessenheit anheimgefallen ist.

Schließlich wäre aber die am nächsten Tag (22.11.2016, 12:24 Uhr) von Frau E. an den Erstbeschwerdeführer gerichtete SMS (Akt der MA X, AS 14) nicht recht verständlich, in der sie ihm wörtlich vorwirft: „Du beschimpfst mich Fickfetzen und entschuldigst dich dann bei meinem Vater?". Durch den zeitlichen Zusammenhang mit dem (in Verbindung mit der Verabschiedung gestandenen) Entschuldigen bei Herrn E. kann die in der SMS angesprochene Beschimpfung wohl nur im selben Kontext geschehen sein, somit in der Nacht vom 21.11.2016 auf den 22.11.2016 vor der Wohnung von Frau E..

Dass sich der Erstbeschwerdeführer bei Herrn E. im Zuge seiner Verabschiedung auch entschuldigt hat, ergibt sich aus deren diesbezüglich übereinstimmenden Aussagen (Akt der Disziplinarkommission, AS 83; Verhandlungsprotokoll vom 19.11.2019, Seite 12).

b) Die Feststellung, dass die Situation bedrohlich erschien, gründet einerseits in der von Frau E. in dieser Situation an den Erstbeschwerdeführer und seine Ehefrau gerichteten Frage „Bekomme ich jetzt meinen Kieferbruch?" und ihrer Schilderung, dass auch ihr Vater „die bedrohliche Situation wahrgenommen" habe (Akt der MA X, AS 33), andererseits auch in der Reaktion eben ihres Vaters, der die nächtliche Situation gleichfalls als bedrohlich einstufte, sonst wäre er wohl nicht sofort auf die Straße gekommen und den beiden Damen noch heimlich auf ihren Weg zum und vom Lokal gefolgt.

2.6.   Beweiswürdigung zu den Feststellungen „Punkte 2 bis 5 der als erwiesen

angenommenen Tat":

Jene Nachrichten, die die Punkte 2 bis 5 der als erwiesenen angenommenen Tat bilden, wurden von Frau E. als Screenshots bzw. Ausdrucke dem Dienststellenleiter Ing. Dr. G. bereits bei ihrer ersten Einvernahme am 24.1.2017 vorgelegt (Akt der MA X, AS 13 ff); am 28.4.2017 nahmen Ing. Dr. G. und Frau Mag. Z. (Fachbereichsleiterin PE „Personal") Einsicht in die beleidigenden Nachrichten sowohl auf dem Diensthandy als auch auf dem Privathandy von Frau E.; sie bestätigten, dass sie die (damals) im Anhang angefügten Nachrichten im Original gesehen und die Absendenummern kontrolliert haben und die Reihenfolge der Nachrichten, wie im Anhang angefügt, vorgelegen ist (Akt der MA X, AS 119). Auch bestätigte Herr Ing. Dr. G. zeugenschaftlich (Verhandlungsprotokoll vom 18.11.2019, Seite 5), mit Frau Mag. Z. unmittelbar am Handy von Frau E. Einsicht in die „Originalnachrichten" genommen zu haben.

Der Inhalt dieser Nachrichten, somit die konkreten Formulierungen, wie sie per SMS, „Telegram" bzw. E-Mail an Frau E. übermittelt worden waren, wurden von den Verfahrensparteien nicht als unecht in Zweifel gezogen; insbesondere hat der Erstbeschwerdeführer nicht behauptet, dass die die Punkte 2 bis 5 der als erwiesen angenommenen Tat bildenden Formulierungen von Frau E. (oder wem auch immer) gefälscht wurden. Da auch beim erkennenden Verwaltungsgericht keine Zweifel entstanden, dass die SMS-, „Telegramm"- und E-Mail-Nachrichten tatsächlich so – wie in den Punkten 2 bis 5 der als erwiesenen erwiesen angenommenen Tat angeführt – bei Frau E. einlangten, legte es diese Formulierungen ihren Feststellungen zugrunde.

Davon zu unterscheiden sind zwei Fragen: Einerseits, ob die Korrespondenz von Frau E. dem Dienststellenleiter Ing. Dr. G. vollständig vor- und damit dem Disziplinarverfahren zugrunde gelegt wurde; andererseits, wer Autor dieser beleidigenden Mitteilungen ist. Das Thema, das die erste Frage anspricht, ist für die Feststellung nicht relevant, ob die vorgelegten (die Punkte 3 bis 5 der als erwiesen angenommenen Tat bildenden) Formulierungen tatsächlich so bei Frau E. einlangten. Erwägungen zur Antwort auf die zweite Frage finden sich unten in den Punkten 2.6.1 und 2.6.2.

Nachweise über sämtliche im Tatzeitraum mit den technischen Kommunikationsmitteln des Erstbeschwerdeführers geführte Kommunikationen waren nicht (mehr) zu erlangen, weil diese Daten nach sechs Monaten von Gesetzes wegen zu löschen sind (Akt der MA X, AS 183).

2.6.1.  Beweiswürdigung zu den Feststellungen zu Punkt 2 der als erwiesen angenommenen Tat:

Diese SMS sind Teil einer etwas längeren Konversation (Akt der MA X, AS 14 ff) mittels Diensthandy (Erstbeschwerdeführer) und Privathandy (Frau E.).

Die Konversation erfolgte mittels Diensthandy des Erstbeschwerdeführers. Zwar behauptet die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers, sie hätte diese SMS geschrieben (Verhandlungsprotokoll vom 19.11.2019, Seite 5), doch erscheint dies bei Gesamtwürdigung aller Begleitumstände nicht glaubwürdig: Es ist nicht realistisch nachvollziehbar, warum die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers, nachdem sie am frühen Morgen in die eheliche Wohnung gekommen war (und nach eigenen Angaben dort nicht geschlafen hat – Verhandlungsprotokoll vom 19.11.2019, Seite 5), erst zu Mittag mit dem Diensthandy ihres Ehemannes SMS zu schreiben begonnen bzw. – folgt man ihrer Aussage, wonach sie bereits am Vormittag mit Frau E. korrespondiert habe (Verhandlungsprotokoll vom 19.11.2019, Seite 5) – warum sie erst zu Mittag (12:24 Uhr) beleidigende Äußerungen gewählt haben soll.

Des Weiteren setzt ihre Autorenschaft voraus, dass sie das Passwort des Diensthandys geknackt habe, was sie mit einem Gespräch mit ihrem Ehegatten nach einer Sendung über Passwörter erklärt hat (Verhandlungsprotokoll vom 19.11.2019, Seiten 5 f); diese Aussage erscheint jedoch nicht glaubwürdig; zum einen können sie und ihr Ehemann sich relativ genau auf eine jahrelang zurückliegende (abstrakt gesehen belanglose) Sendung erinnern (und diese Erinnerung mit sehr ähnlichen Worten wiedergeben – Verhandlungsprotokoll vom 18.11.2019, Seite 8, und vom 19.11.2019, Seite 6), zum anderen erscheint es nicht lebensnah, dass gerade der Erstbeschwerdeführer, der beruflich auch für die Datensicherheit zuständig ist, sein Diensthandy gerade nicht entsprechend sichert.

Bei realistischer Betrachtung und unter Einbeziehung der allgemeinen Lebenserfahrung ergibt sich vielmehr folgendes Bild: Die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers erhält während des mehrstündigen nächtlichen Gesprächs mit Frau E. Detailinformationen über deren Beziehung mit ihrem Ehemann, konfrontiert diesen noch während der Heimfahrt oder am frühen Morgen damit und verlässt danach die eheliche Wohnung. Der Erstbeschwerdeführer – krank (Verhandlungsprotokoll vom 11.12.2019, Seite 12) – legt sich zunächst nieder und ist dann nach Erwachen zu Mittag über die aufgrund des nächtlichen Gesprächs seiner Ehefrau mit Frau E. erheblich verschlechterte ehelichen Situation dermaßen verärgert, dass er die SMS an Frau E. absetzt, um seinem Ärger Luft zu machen.

2.6.2.  Beweiswürdigung zu den Feststellungen zu den Punkten 3 bis 5 der als erwiesen angenommenen Tat:

Auch bei den Beleidigungen, die den Punkten 3, 4 und 5 zugrunde liegen und die in einer Nacht geschrieben wurden, nämlich in der Nacht vom 19.12.2016 auf den 20.12.2016, ist die Autorenschaft zu klären; zunächst (Punkt 3) erfolgen Beleidigungen per SMS vom Diensthandy des Erstbeschwerdeführers, sodann (Punkt 4) per Telegram im Wege der Privatnutzung des Diensthandys und schließlich (Punkt 5) vom dienstlichen E-Mail-Account. Diese letzte E-Mail (Punkt 5) ist zudem „cc" an die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers geschickt worden.

Und dies ist bereits ein Grund, warum davon auszugehen ist, dass der Erstbeschwerdeführer Autor dieser (und auch der gesamten) nächtlichen Konversation ist. Vergleicht man nämlich die „Tiefe" der Beleidigungen in den Punkten 3, 4 und 5 der als erwiesen angenommenen Tat, so fällt auf, dass die Beleidigung zu Punkt 5, somit jene, die „cc" auch an die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers gerichtet ist, vergleichsweise (im Vergleich zu den Äußerungen in den Punkten 3 und 4 der als erwiesen angenommenen Tat) harmlos ist („schierche Drecksau", „erbärmlicher Mensch") und zudem eine Botschaft an die (eigene) Ehefrau enthält: „aber glaube mir auch das wird meine Frau und mich nicht auseinander bringen! Im Gegenteil das macht uns noch stärker und unser gemeinsames Leben wird wunderschön!" Hätte die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers alle drei Nachrichten abgesetzt, wäre dieser Unterschied in der Beleidigungstiefe nicht verständlich.

Darüber hinaus wird in den Punkten 3 und 4 der als erwiesen angenommenen Tat immer wieder auf Begriffe Bezug genommen, die persönlich konnotiert sind; so wird in Punkt 3 der als erwiesen angenommenen Tat mehrmals das Wort „Tschusch" verwendet, wissend, dass sich Frau E. spaßhalber selbst häufig auch als Tschuschin bezeichnet hat; weiters wird mehrmals auf den „gespritzten Mund" Bezug genommen, obwohl zwischen dem Erstbeschwerdeführer und Frau E. klar ist, dass deren Lippen nicht behandelt sind; der Erstbeschwerdeführer verwendete somit wider besseren Wissens diese Formulierung, um Frau E. zu kränken. Die Beschimpfung „schirche verbrauchte Sau" wiederum rührt daher, dass ein Ex-Partner von Frau E. sie so bezeichnet hat, was der Erstbeschwerdeführer von Frau E. weiß. Schließlich verwendet der Erstbeschwerdeführer auch noch die Formulierung „Eide Bock", obwohl er von Frau E. (in aufrechter Beziehung) bei Verwendung dieser Formulierung mehrmals darauf hingewiesen wurde, dass dies falsch sei und man allein „Bok" sage; jetzt verwendet er diese Formulierung ihr zu Fleiß wieder, um alte Wunden aufzureißen. Aus all dem erhellt, dass nur der Erstbeschwerdeführer als Autor dieser Korrespondenz infrage kommt.

In Punkt 3 der als erwiesen angenommenen Tat ist ausdrücklich eine offenbar zwischen dem Erstbeschwerdeführer und Frau E. gepflogene Sexualpraktik angesprochen (Oralverkehr: „blas an anderen … wie konnte ich nur meinen Schwanz in Deinen aufgespritzten Mund stecken“), über die – da sie doch den intimsten Bereich betrifft – die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers wohl weder ihr Ehemann noch Frau E. informierte. Auch dies spricht gegen die Autorenschaft der Ehefrau des Erstbeschwerdeführers.

Ist aber der Erstbeschwerdeführer als Autor dieser Zeilen (Punkte 3 bis 5 der als erwiesen angenommenen Tat) zu identifizieren, so setzt dies voraus, dass die Aussagen seiner Ehefrau, sie habe die Beleidigungen (Punkte 3, 4 und 5 der als erwiesen angenommenen Tat) verfasst, nicht der Wahrheit entsprechen. Ihre diesbezügliche Aussage in der mündlichen Verhandlung am 19.11.2019 wirkte auch einstudiert; sie hatte über ihren Ehemann Zugang zu den vorhandenen Niederschriften und Protokollen (sie beantragte sogar vor der belangten Disziplinarkommission die Berichtigung ihrer am 23.5.2018 protokollierten Aussage [vgl. Akt der Disziplinarkommission, AS 286], obwohl ihr als Zeugin dieses Protokoll gar nicht übermittelt oder ausgehändigt wurde!) und konnte sich daher auf ihre Aussage (aufgrund der zu erwartenden Fragen) ausreichend vorbereiten. Darüber hinaus kommt ihr ein massives persönliches und wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens zu, was allenfalls begründen kann, warum sie in ihrer Aussage ihren Ehemann entlastete.

Ebenso wenig ist – wie vom Erstbeschwerdeführer vorgebracht – entscheidend, ob Frau E. allenfalls den E-Mail-, SMS- und Telegram-Verkehr nicht abschließend, sondern selektiv vorgelegt hat oder ob ihre Aussagen vor der Dienstbehörde, vor der Disziplinarkommission oder auch vor dem erkennenden Verwaltungsgericht nicht immer widerspruchsfrei sind, weil dies nichts am – unstrittigen – Bestand der von ihr vorgelegten SMS-, Telegram- und E-Mail-Nachrichten ändert. Gerade der Umstand, dass sich die von Frau E. bei ihren Einvernahmen im Verwaltungsverfahren getätigten Aussagen nicht stets inhaltlich zu hundert Prozent decken, erhöht deren Glaubwürdigkeit; wären die Aussagen in allen Fällen beinahe wortgleich, wirkten sie einstudiert, ja präpariert.

Da somit das erkennende Verwaltungsgericht – anders als die belangte Disziplinarkommission – von der Autorenschaft des Erstbeschwerdeführers hinsichtlich der Beschimpfungen (Punkte 3, 4 und 5 der als erwiesen angenommenen Tat) ausgeht, war der Spruch des bekämpften Disziplinarerkenntnisses insoweit abzuändern.

2.7.   Beweiswürdigung zu den Feststellungen „Bekanntwerden der als erwiesen angenommenen Tat":

Die diesbezüglichen Feststellungen beruhen auf den zeugenschaftlichen Aussagen der Fachbereichsleiterin Frau K. sowie des Abteilungsleiters Ing. Dr. G. bei ihren Einvernahmen vor dem erkennenden Verwaltungsgericht; sie sind unbedenklich.

2.8.   Allgemeine Aussagen zur Glaubwürdigkeit der einvernommenen Personen:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zeugen hinterließen bei ihrer Einvernahme in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Verwaltungsgericht bei diesem folgenden Eindruck:

Der Erstbeschwerdeführer wirkte gefasst und selbstkontrolliert, seine Aussagen erschienen vorgefasst und einstudiert. Seine Ehefrau (H. B.) trat emotionaler auf, ihre Aussagen weckten aber gleichfalls den Eindruck der Einstudiertheit; sie erschienen zudem mit jenen des Erstbeschwerdeführers abgesprochen, koordiniert. Dasselbe Bild gab auch die Schwiegermutter des Erstbeschwerdeführers (L.) ab: Im Vergleich mit den eigenen früher getätigten Aussagen und auch jenen des Erstbeschwerdeführers und seiner Ehefrau trat der dann auffallende Gleichklang zutage.

Frau D. E. kämpfte mit ihren Emotionen, war aber natürlich und wirkte authentisch; es lagen keine Umstände vor, an ihren Angaben zu zweifeln, sie war glaubhaft.

Auch Frau K. (Fachbereichsleiterin) zeigte sich glaubhaft besorgt, Frau E. werde wegen der tiefen Beleidigungen seitens des Erstbeschwerdeführers ihre Stellung verlieren. Der Abteilungsleiter Ing. Dr. G. wirkte bedacht, erkannte aber gleichfalls aufgrund der kompromittierenden Äußerungen ihres Vorgesetzten und dessen Kompetenz zur Änderung der Organisation die Gefahr, in der sich Frau E. hinsichtlich ihrer beruflichen Position befand.

Die Zeugen Herr Mag. P., Herr Ing. M. und auch Herr J. E. waren uneingeschränkt glaubwürdig.

3.     Rechtliche Beurteilung:

3.1.   Verletzung von Dienstpflichten:

3.1.1.  § 18 Abs. 2 DO 1994:

§ 18 Abs. 2 DO 1994 verpflichtet in seinem ersten Satz Beamte, „gegenüber […] Mitarbeitern […] ein höfliches und hilfsbereites Verhalten an den Tag zu legen." Nach seinem zweiten Satz hat der Beamte auch „im Dienst und außer Dienst alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte.“

a) Dieser in § 18 Abs. 2 DO 1994 geregelte – das dienstliche wie auch das außerdienstliche Verhalten betreffende – Maßstab weist (wie auch der insoweit vergleichbare § 43 Abs. 2 BDG 1979) auf die allgemeine Wertschätzung hin, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt bzw. nach dem Willen des Gesetzgebers genießen soll. Das zu schützende Rechtsgut liegt dabei in der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und des dafür erforderlichen Ansehens der Beamtenschaft (vgl. VwGH 15.9.2004, 2002/09/0152).

b) Mit dem in § 18 Abs. 2 zweiter Satz DO 1994 enthaltenen Gebot, "alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen", die der "Stellung [des Beamten] entgegengebracht werden, untergraben könnte", wird dem Beamten – wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 13.12.2007, 2005/09/0044, zur gleichartigen Bestimmung des § 43 Abs. 2 BDG 1979 dargelegt hat – ganz allgemein ein dienstliches oder außerdienstliches Verhalten untersagt, das bei der Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben das Einfließenlassen anderer als dienstlicher Interessen vermuten lässt. Diese Rückschlüsse können nur aus einem Verhalten gezogen werden, das mit seinem Aufgabenbereich in Zusammenhang steht (sog. Dienstbezug). Dieser Dienstbezug kann ein allgemeiner sein, der sich aus jenen Aufgaben ergibt, die jeder Beamte zu erfüllen hat, er kann sich aber auch aus den besonderen Aufgaben des betroffenen Beamten ergeben (besonderer Dienstbezug; vgl. VwGH 10.12.1996, 93/09/0070, und 21.12.1999, 93/09/0122). Eine Rückwirkung des Verhaltens des Beamten auf den Dienst (Dienstbezug) ist dann gegeben, wenn das Verhalten des Beamten bei objektiver Betrachtung geeignet ist, Bedenken auszulösen, er werde seine dienstlichen Aufgaben – das sind jene konkreten ihm zur Besorgung übertragenen Aufgaben (besonderer Funktionsbezug), aber auch jene Aufgaben, die jedem Beamten zukommen (allgemeiner Dienstbezug) – nicht in sachlicher (rechtmäßig und korrekt sowie unparteiisch und in uneigennütziger) Weise erfüllen. Dabei ist von einer typischen Durchschnittsbetrachtung auszugehen (so bspw. VwGH 22.2.2018, Ra 2017/09/0049).

Das in den Punkten 1 bis 5 der als erwiesen angenommenen Tat umschriebene Verhalten des Erstbeschwerdeführers setzte dieser zwar nicht im Dienst, sondern außerdienstlich, es wirkte aber auf den Dienst zurück (arg. § 18 Abs. 2 DO: „im Dienst und außer Dienst“): Des Erstbeschwerdeführer war nicht nur (dienstlich) Vorgesetzter von Frau E., sondern er verantwortete auch in seiner Funktion als Geschäftsbereichsleiter das Konzept „U.“ seiner Dienststelle, in das Frau E. mangels entsprechender Qualifikation nicht eingliederbar war und das damit deren dienstliche Stellung unmittelbar betraf. Damit strahlt die als erwiesen angenommene Tat konkret auf den Dienst zurück (ohne dass es einer typischen Durchschnittsbetrachtung bedurft hätte): Damit ist ein allgemeiner und auch besonderer Dienstbezug gegeben; dies wird auch durch die nachfolgende Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die Dienstpflichten des § 18 Abs. 2 DO verdeutlicht:

Mit der als erwiesen angenommenen Tat in ihren Punkten 1 bis 5 verletzt der Erstbeschwerdeführer seine in § 18 Abs. 2 DO festgeschriebenen allgemeinen Dienstpflichten: So hat er als Vorgesetzter gegenüber Frau E. kein höfliches und hilfsbereites Verhalten an den Tag gelegt: Insbesondere in der nächtlichen Begegnung am späten Abend des 21.11.2016 (Punkt 1 der als erwiesen angenommenen Tat), als der Erstbeschwerdeführer mit seiner Ehefrau Frau E. an deren Privatwohnung aufsuchte und ihr dermaßen entgegentrat, dass für sie eine Bedrohungssituation entstand, ist nicht nur kein höfliches, hilfsbereites Verhalten zu erblicken, sondern das exakte Gegenteil: Statt höflich und hilfsbereit, beleidigend und bedrohlich (und damit das Erfordernis hilfsbereiten Verhaltens erst hervorrufend). Dieses Verhalten zerstört auch gänzlich die Achtung, die Frau E. dem Erstbeschwerdeführer in seiner Stellung als ihr Vorgesetzter entgegenzubringen hat. Wer sich dermaßen erniedrigt, zu dem kann man nicht aufschauen!

Damit ist gerade das eingetreten, weshalb Vorgesetzte eine hohe Verantwortung für ihre persönliche Verhaltensweise haben, weil sich nämlich deren pflichtwidriges Verhalten achtungs- und vertrauensmindernd auswirkt (vgl. VwGH 4.9.2003, 2000/09/0166). Der Erstbeschwerdeführer hat damit auch seine ihm als Vorgesetzten zukommende Vorbildfunktion verletzt.

Zudem musste auch das Vertrauen in das sachliche, weitblickende, jedenfalls unvoreingenommene Vorgehen eines Vorgesetzten (was mit dieser Stellung einhergeht) in dem Moment verloren gehen, als Frau E. erfährt, im Konzept „U.“, das der Erstbeschwerdeführer als Geschäftsbereichsleiter zu verantworten hat, nicht enthalten zu sein, und sich Existenzängste breit machten. Auch wenn sie allenfalls eine Sekretariatsstelle im Bereich V. hätte erhalten können, so ändert dies nichts am oben beschriebenen Vertrauensverlust, weil sie einerseits von dieser Möglichkeit keine Kenntnis hatte und sie anderseits doch ihres angestammten Arbeitsplatzes verlustig ginge und sie den Grund dafür beim Erstbeschwerdeführer vermuten durfte.

3.1.2.  § 7 Abs. 2 Wiener Gleichbehandlungsgesetz (W-GBG):

Nach § 7 Abs. 2 W-GBG liegt eine „sexuelle Belästigung" vor, „wenn [durch einen Bediensteten] ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das

1.  die Würde einer Frau oder eines Mannes beeinträchtigt oder dies bezweckt und

2.  von der oder dem betroffenen Bediensteten als unerwünscht, unangebracht oder anstößig empfunden wird."

Eine derartige sexuelle Belästigung stellt nach § 7 Abs. 1 W-GBG, eine „Diskriminierung aufgrund des Geschlechts" dar, wenn sie in örtlicher oder zeitlicher Nahebeziehung zur dienstlichen Sphäre (hier:) der Belästigten erfolgt oder – ohne diese Nahebeziehung aufzuweisen – ein einschüchterndes, feindseliges oder demütigendes Arbeitsklima für (hier:) die Belästigte geschaffen hat. Es kann dahinstehen, ob eine derartige Nahebeziehung anzunehmen ist, weil durch die aus dem Konzept „U.“, in das Frau E. mangels entsprechender Qualifikation nicht eingliederbar war, für sie hervorgerufene „Ohnmacht“ gegenüber dem Erstbeschwerdeführer das Arbeitsklima für sie jedenfalls als einschüchternd und feindselig zu qualifizieren war.

Mit den Punkten 2 bis 5 der als erwiesen angenommenen Tat hat der Erstbeschwerdeführer ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt, beziehen sich diese Äußerungen doch großteils auf Frau E. als Frau mit ihren primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen (z.B. „Tschuschenfut“ bzw. „falsche Quasteln“). Durch deren in den Formulierungen zum Ausdruck gebrachte Geringschätzung wurde die Würde von Frau E. nicht nur beeinträchtig, Frau E. wurde vielmehr gezielt gänzlich ihrer Würde entkleidet („Fickfetzen“); dass sie dies als unerwünscht, unangebracht und anstößig empfinden musste, liegt auf der Hand und war auch intendiert. Der Erstbeschwerdeführer hat somit Frau E. iSd § 7 Abs. 2 W-GBG sexuell belästigt und sie – infolge der oben aufgezeigten Rückwirkung auf das Arbeitsklima – aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert.

Diese Diskriminierung aufgrund des Geschlechts verletzt wiederum nach § 8 W-GBG „die Verpflichtungen, die sich aus dem Dienstverhältnis ergeben"; sie ist somit als Dienstpflichtverletzung zu qualifizieren, die – so auch § 8 W-GBG„nach den dienst- und disziplinarrechtlichen Vorschriften zu verfolgen" ist.

3.1.3. Subjektive Tatseite:

Der Erstbeschwerdeführe hat die soeben dargestellten Dienstpflichten auch schuldhaft verletzt: Auch wenn für die Verletzung der Dienstpflichten nach § 18 Abs. 2 DO Fahrlässigkeit ausreichend wäre (VwGH 16.10.2001, 99/09/0253), geht das erkennende Verwaltungsgericht hinsichtlich der Übertretung des § 18 Abs. 2 DO von dolus eventualis aus, weil anzunehmen ist, dass der Erstbeschwerdeführer als Führungskraft diese allgemeine Dienstpflicht kannte, erfordert doch die mit dieser Funktion einhergehende Dienstaufsicht Kenntnis vom Bestand der für den Dienstbetrieb einschlägigen Gesetzte; kannte aber der Erstbeschwerdeführer seine Dienstpflichten, so mussten ihm auch deren Verletzungen durch sein Verhalten bewus

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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