TE Lvwg Erkenntnis 2020/5/4 VGW-021/060/3049/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.05.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

04.05.2020

Index

50/01 Gewerbeordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

GewO 1994 §74 Abs2
GewO 1994 §81 Abs1
GewO 1994 §366 Abs1 Z3
VStG 1991 §44a Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seine Richterin Dr. Neumann über die Beschwerde des Herrn Ing. A. B., gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 08.02.2019, Zl. …, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 3 GewO 1994, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung

zu Recht:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.   Verfahrensgang

1.1.     Das in Beschwerde gezogene Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien (Magistratisches Bezirksamt …) vom 8.2.2019 enthält folgenden Spruch:

„1.

Datum:

13.4.2018 – 06.11.2018

 

Ort:

Wien, C.-gasse

 

Sie haben als gewerberechtliche Geschäftsführer (§§ 39 und 370 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994) zu verantworten, dass die mit rechtskräftigen Bescheiden, (erstmals) vom 25.06.1953 – MBA – Ba/2/89 genehmigte Betriebsanlage in Wien, C.-gasse (Karosseriebau- und Karosserielackiertechniker verbunden mit Kraftfahrzeugtechniker (verbundenes Handwerk)), nach Änderungen,

wie folgt:

?    Die Lackiererei wurde aufgelassen und wird als Garderobe bzw. als Büro genutzt wird. Die Spenglerei wurde ebenfalls aufgeschlossen und wird nun als Reifenlager und als Raum für die Reifenmontage verwendet. In der Werkstätte wurden zusätzlich zwei Hebebühnen aufgestellt.

?    Durch die Neuübernahme wurde im ehemaligen Blockbau eine 2-Säulen-Hebebühne und im Raum daneben eine weitere 1-Säulen-Hebebühne hinzugenommen, sodass im gesamten Betrieb nun 6 Hebebühnen aufgestellt sind. Gegenüber dem genehmigten Bestand mit 2 Hebebühnen wurden somit 4 weitere Hebebühnen hinzugenommen und der Werkstättenbetrieb vergrößert. Die beiden Tore zu den Ausstellungsräumen der 1- und 2-Säulen-Hebebühne waren zum Erhebungszeitpunkt geöffnet, wobei sich Fahrzeuge auf den Hebebühnen befanden. Dies schließt Tätigkeiten bei geöffneten Toren nicht aus. Das Büro und die Sozialräume im rechten Hofbereich, vor der Werkstatt wurden aufgelassen. Diese Fläche ist überdacht und dient nun als Abstellfläche für PKW‘s und Reifenlager.

?    Die Anzahl der ArbeitnehmerInnen gegenüber der letzten der Überprüfung vom 16.04.2015 ist von 2 auf 5 Arbeitnehmer gestiegen.

Ohne erforderliche rechtskräftige Genehmigung dieser Änderungen gemäß § 81 Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994 von 26.4.2018 bis 13.8.2018 betrieben hat, obwohl diese Änderungen geeignet sind

Durch die Erhöhung der Arbeitnehmer Zahl, dadurch bedingt des Tätigkeitsumfanges sowie des Fahrzeugverkehrs im Hofbereich bei Werkstättenbetrieb, die Nachbarn durch Lärm und Schall zu belästigen (§ 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1994).

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

Verwaltungsübertretung nach

1.

§ 366 Abs. 1 Zif. 3 GewO 1994

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist,

Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß

1.   € 380,00

0 Tagen 8 Stunden

 

§ 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG zu zahlen:

€ 38,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, jedoch mindestens 10 Euro für jedes Delikt

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher

€ 418,00

…“

1.2.     Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 19.2.2019 binnen offener Frist Beschwerde und führte darin aus:

„… Mit Verwunderung habe ich die Straferkenntnis vom 08. Februar 2019 gelesen.

Verwundert deshalb, da in einem Schreiben von Herrn Dipl.-Ing. D. vom 16.04.2015, bereits nach einer Erhebung, in der Werkstätte E. F., an das MBA, mitgeteilt wurde, dass die Lackiererei aufgelassen und als Garderobe genutzt wird. Die Spenglerei wurde aufgelassen und das Reifenlager verwendet. Die Meisterkoje ist entfallen und es wurden 2 zusätzliche Hebebühnen aufgestellt. Es gab also 4 Hebebühnen, zu diesem Zeitpunkt.

Weiter wurde mit diesem Schreiben auf KfZ-Reparaturen mit 2 Arbeitnehmerin (gewerblich) eingeschränkt.

Als die Anlage im Jahr 2018 übernommen wurde, wurden lediglich 2 Bühnen zusätzlich aufgestellt.

Eine 2-Säulenhebebühne in Box 1, wo eine kleine Spenglerei ist. Diese Bühne wird dazu verwendet um Ersatzteile leichter erneuern oder am Unterboden und seitlich unten leichter abarbeiten zu können. Diese Bühne wird also nur nach Bedarf und nicht täglich verwendet. Absatz eine zusätzliche Einsäulen-Hebebühne wurde daneben in Box 2 aufgestellt. Hier werden nur Reifen umgesteckt. In der Saison um die anderen Bühne nicht zu blockieren. Oft stehen hier aber auch Fahrzeuge, die zum Teil zerlegt sind und wo auf mechanische Ersatzteile gewartet wird. Auch hier wird diese Bühne nicht täglich verwendet.

Da bis 31. Dezember 1018, auch nur 2 gewerbliche Arbeitnehmer tätig waren (plus ein Lehrling im 1. Lehrjahr) kann man nicht davon ausgehen, dass die Nachbarn durch Lärm und Schall mehr belästigt werden, als es beim Vorgänger der Fall war. Der nunmehrige Stand an gewerblichen Mitarbeitern ist 1 plus ein Lehrling.

Die restlichen 3 Arbeitnehmer sind im Büro (einer davon Teilzeit) neuer Absatz aus diesem Grund ersuche ich von einer Strafe abzusehen, da es kein Vergehen gab, dass mehr Emissionen oder Emissionen verursacht haben. …“

1.3.     Mit Schreiben des Verwaltungsgerichts Wien vom 12.12.2019 wurde das Magistratische Bezirksamt … um Übermittlung/Mitteilung von Unterlagen/angefragter Informationen wie folgt ersucht

?    Übermittlung des Bezug habenden Akts betreffend die Betriebsanlagengenehmigung,

?    Bekanntgabe sämtlicher Termine der durchgeführten gewerbetechnischen Überprüfungen/Kontrollen und Übermittlung sämtliche Erhebungsberichte, sofern diese nicht bereits vorgelegt Strafakts enthalten sind,

?    Bekanntgabe, ob bei sämtlichen Überprüfungen/Kontrollen DI G. das Kontrollorgan war.

1.4.     Mit Schreiben vom 19.12.2019 übermittelt das Magistratische Bezirksamt … wird der Papierteil des Hybridakts entsprechend Aktenanforderung übermittelt und darüber hinaus zu der hg. ersuchten Auskunft folgende Mitteilung gemacht:

„… Erhebungen durch die MA 36-A (GTW, Gewerbetechnik) erfolgten am 10.1.2019, 6.11.2018 und 13 4. 1018. Das erhebende Organ war jeweils TI G., der schon für die Verhandlung am 24.02.2020 geladen wurde. Eine weitere Hebung wurde veranlasst, die ebenfalls von DI G. durchgeführt werden wird.

Am 11.6.2018 wurde durch die MA 59 (Mag.a H., derzeit nicht im Dienst) erhoben, wer damals betreibt, wobei sich schon damals wie heute um Herrn K. mit dem gewerberechtlichen Geschäftsführer Herrn B. handelte.

Sonstige Erhebungen liegen weiter zurück, am 11.2.2015 erfolgt eine Erhebung durch Herrn L. M. (MA 45) und am 16. 4. 2015 durch DI D. (MA 36-A, mittlerweile im Ruhestand).

Am 7. 3. 1019 fand eine Augenscheinsverhandlung statt, an der seitens der MA 36-AGTW ebenfalls auch DI G. teilnahm. …“

1.5.     Mit E-Mail vom 17.1.2020 gibt der Beschwerdeführer bekannt, dass der damalige Antrag auf Änderung der Betriebsanlage … zurückgezogen worden sei. Da dies mit seinem Beschwerdeverfahren in unmittelbarem Zusammenhang stünde, ersuche er ebenso sein Verfahren einzustellen, ohne dass Kosten/Strafen entstehen würden.

1.6.     Am 24.2.2020 fand in gegenständlicher Sache vor dem Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu Protokoll:

„Ich war auch in den Monaten April bis November 2018 gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma K. mit einer Betriebsanlage in der C.-gasse, Wien. Bevor wir das Unternehmen übernommen hatten, das war im Juli 2017, aber eingezogen und damit die Tätigkeit aufgenommen wurde dann im Jänner 2018. Davor war eine Lackiererei, Spenglerei und mechanische Werkstätte in den Räumlichkeiten. Es ging um Oldtimer. Der Vater von meinem Chef hat sich die Betriebsanlage angeschaut und diese Informationen weitergegeben. Ich habe das mitbekommen.

Ich weiß, dass es in den Räumlichkeiten eine Garderobe gibt und auch ein Büro. Aus den Erzählungen des Vaters von meinem Chef wusste ich aber nicht, wo die Lackiererei war. Auch über die Örtlichkeiten der ehemaligen Spenglerei weiß ich nichts. Es gibt jetzt im Betrieb ein Reifenlager, dass ein eigener Raum ist.

Dann gibt es einen eigenen Raum, in dem die Werkstätte betrieben wird. Im Hof gab es drei abgetrennte Räumlichkeiten, sogenannte Boxen. Eine Box ist nur das Reifenlager. Die anderen zwei Boxen haben zwei zusätzliche Hebebühnen bekommen, die ursprünglich nicht vorhanden waren. Eine Hebebühne dient zum Austausch von Ersatzblechteilen und die andere Hebebühne für Reifen in der Reifensaison. Wenn im Straferkenntnis in weiterer Folge von einer Zwei-Säulen-Hebebühne und im Raum daneben eine weitere Ein-Säulen-Hebebühne die Rede ist, die hinzugenommen worden sein sollen, dann sind das genau die vorhin erwähnten Hebebühnen. Wenn die Rede davon ist, dass gegenüber dem genehmigten Bestand mit zwei Hebebühnen vier weitere Hebebühnen zugenommen worden seien und der Werkstättenbetrieb vergrößert worden sei, so gebe ich an, dass die vier Hebebühnen bereits der vorherige Unternehmer aufgestellt hatte. Das geht auch aus dem Schreiben von Herr D. hervor.

Wenn mir gesagt wird, dass von den sechs insgesamt aufgestellten Hebebühnen in der Betriebsanlage nur zwei Hebebühnen genehmigt gewesen seien:

Dass von den vier vorgefundenen Hebebühnen zwei ohne Genehmigung aufgestellt wurden, davon wusste ich nichts. Ich bin davon ausgegangen, dass das was vorgefunden wurde auch genehmigt war.

Im Zeitraum 13.04.2018 bis 06.11.2018 waren zwei Mitarbeiter in der Werkstätte (gewerbliche Mitarbeiter) und drei im Büro tätig.“

          Der Zeuge Dipl. Ing. G. gab zu Protokoll:

„Ich bin unter anderem beim Magistrat der Stadt Wien für die Kontrolle von Betriebsanlagen zuständig. Entsprechend der Aktenlage gehe ich von einer Überprüfung der Betriebsanlage am 16.11.2018 aus.

Meiner Erinnerung nach wurde in der Erhebung vor mir von dem Kollegen festgestellt, dass sich die Anzahl der Hebebühnen erhöht hat. Die Spritzlackieranlage wurde stillgelegt. All das hat mein Kollege beobachtet. Wie ich die Kontrolle gemacht habe waren zusätzlich noch zwei weitere Hebebühnen vorhanden. Diese waren im vorderen Bereich der Betriebsanlage und nicht im Werkstättenbereich eingerichtet.

Wenn dann aber zusätzlich noch sechs oder auch fünf Arbeitnehmer noch tätig sind, kann ich nicht mehr argumentieren, dass der Betrieb emissionsneutral geändert wurde. Wären nur zwei Arbeitnehmer in der Werkstätte tätig gewesen, so könnte man argumentieren, dass keine zusätzlichen Emissionen anfallen. Es ist auch anzumerken, dass zwei zusätzliche Hebebühnen nicht im Werkstättenbereich aufgestellt wurden, sondern in Räumen die keine mechanische Be- und Entlüftung hatten und deswegen davon ausgegangen werden musste, dass ein Öffnen der Tore bei Durchführung von Arbeiten nicht auszuschließen war. Deswegen konnte eine zusätzliche Lärmbelästigung gegenüber den Nachbarn nicht ausgeschlossen werden und wurde von mir eine genehmigungspflichtige Betriebsanlagenänderung gegenüber der Behörde mitgeteilt. Mit sechs Hebebühnen gibt es darüber hinaus ein höheres Aufkommen als mit zwei Hebebühnen. Ich denke hier an Manipulationsfahrten vor allem.“

Gefragt über die Zahl der in der Werkstätte tätigen Arbeitskräfte:

„Dazu weiß ich heute aus der Erinnerung nichts mehr. Soviel ich weiß, habe ich mit dem Herrn Ing. B. gesprochen und dieser hat mir gesagt: Soviel ich weiß arbeiten fünf, sechs Leute in der Betriebsanlage. Insgesamt kann man bei den beobachteten Änderungen die Frage erhöhte Emissionen nicht allein an der Zahl der Mitarbeiter in der Werkstätte festmachen.

Positiv festzuhalten ist, dass die Lackieranlage stillgelegt wurde. Bei dieser ging es vor allem um Geruchsemissionen aus dem Lackierbetrieb. Bei den Hebebühnen geht es um Lärmemissionen. Man kann jetzt nicht hergehen und die Reduktion der einen Emissionsquelle mit der Neuschaffung einer anderen Emissionsquelle kompensieren und unterm Strich sagen, dass keine Genehmigungspflicht vorliegt.“

Dazu führte der Beschwerdefrüher aus:

„Die erhöhten Manipulationswege die vom Zeugen erwähnt wurden sind insofern nicht von Bedeutung, weil die Boxen auch vorhin als Arbeitsplätze schon verwendet wurden und dort mit Kraftfahrzeugen zugefahren wurde.“

Der Behördenvertreter führte aus:

„Ob die Boxen vom genehmigten Betriebsanlagenkonsens verwendet wurden ist fraglich. Das ist aber entscheidend für die Frage, ob der Fahrzeugverkehr im Hofbereich erhöht wurde.“

Der Beschwerdeführer verwies in den Schlussausführungen noch einmal darauf, dass eine Änderung der Betriebsanlage angezeigt wurde unmittelbar im Zusammenhang mit Aufnahme der Tätigkeit.

Mit Schreiben des Verwaltungsgerichts Wien vom 4.3.2020 wurde der Magistrat der Stadt Wien (MBA) aufgefordert, zum Konsens der in Rede stehenden Betriebsanlage in Bezug auf die für das Verfahren maßgebliche Verwendung der „Boxen“ aufgefordert.

Mit Schreiben des Magistrats der Stadt Wien (MBA) vom 2.4.2020 wird bekannt gegeben:

„…Daraus folgend vertritt die belangte Behörde die rechtliche Ansicht, dass die Betriebsanlage, bestehend aus den ehemaligen Räumlichkeiten von Herrn F., im Umfang des Bescheides vom 30.04.1990, GZ: MBA – BA/2/89 als bewilligt gilt. Dieser Bescheid ist zwar kein Bewilligungsbescheid nach der Gewerbeordnung, im durchgeführten Verfahren nach dem ASchG erfolgte jedoch auch eine gewerbetechnische Beurteilung. Zudem ergibt auch ein Vergleich zwischen den genehmigten Plänen zu den Bescheiden vom 21.04.1988, GZ: MBA – Ba/1/88 und vom 30.04.1990, GZ: MBA – Ba/2/89 keine genehmigungsrelevanten Änderungen iSd Gewerbeordnung.

Betreffend den Genehmigungsumfang wird daher auf den Bescheid vom 30.04.1990, MBA – Ba, sowie den diesem zugrunde gelegten und einen Bestandteil des Bescheides bildenden Plan verwiesen, in welchem die ‚Benützte Betriebsfläche der Fa. F.‘ zweifellos erkennbar ist.

Nach Rechtsansicht der belangten Behörde sind vom Genehmigungsumfang – anlehnend an die Beschreibung im Spruch und den Plan – eine Werkstätte sowie ein Lager- und Abstellraum im hinteren Bereich der Grundgrenze umfasst. In der Werkstätte sind eine Meisterkoje, ein Bremsprüfstand, eine Zweisäulenhebebühne, zwei Montagegruben sowie ein Altölofen genehmigt. Im Lagerbereich sind die Lagerung von Autoersatzteilen sowie das Einstellen von KFZ bewilligt. Zur genehmigten Betriebsanlage gehören keine weiteren Betriebsflächen. “

Mit Schreiben des Verwaltungsgerichts Wien vom 14.4.2020 wurde das oben genannte Schreiben des Magistrats der Stadt Wien vom 2.4.2020 dem Beschwerdeführer zur Kenntnis- und Stellungnahme übermittelt.

2.       Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer war unter anderem im Zeitraum von 13.4.2018 bis 6.11.2018 gewerberechtlicher Geschäftsführer für den Unternehmer K. (Gewerbeinhaber des Gewerbes mit dem Gewerbewortlaut „Karosseriebau- und Karosserielackiertechniker verbunden mit Kraftfahrzeugtechnik), der eine Kfz-Werkstätte in Wien, C.-gasse, auch im oben angegebenen Zeitraum betrieb. Erstmals wurde für diese Adresse eine Betriebsanlage mit rechtskräftigem, Bescheid vom 25.6.1953 (MBA – 2/53) genehmigt. Es folgten mehrere Bescheide, mit denen Änderungen an der Betriebsanlage vorgenommen wurden. Die Zahl der Arbeitnehmer war nie Bestandteil einer Betriebsanlagenbescheids.

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich unzweifelhaft aus der Aktenlage und wurde diesbezüglich auch vom Beschwerdeführer nichts Gegenteiliges vorgebracht.

3.       Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 366 Abs 1 Z 3 GewO 1994 (idF BGBl. I Nr. 155/2015) begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesbestimmung mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach deren Änderung betreibt (§§ 81f).

Nach § 81 Abs 1 GewO 1994 (idF BGBl. I Nr. 125/2013) bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Ob eine, das entsprechende Tatbestandsmerkmal des § 366 Abs 1 Z 3 GewO 1994 erfüllende „Änderung“ vorliegt, bemisst sich ausschließlich nach dem die Betriebsanlage genehmigenden Bescheid (vgl VwGH 24.5.1994, 93/04/0031).

Gemäß § 74 Abs 2 GewO 1994 (idF BGBl. I Nr. 135/2009) dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1) das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994 in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994 in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs 1 Z 4 lit g angeführten Nutzungsrechte,

2) die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3) die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4) die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5) eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung aufgrund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

Wie sich bereits aus dem Wortlaut des Einleitungssatzes dieser Gesetzesstelle ergibt, begründet bereits die (grundsätzliche) Eignung einer Betriebsanlage, die in den Z 1 bis 5 dieser Gesetzesstelle genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen herbeizuführen, die Genehmigungspflicht. Ob solche Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstige nachteilige Einwirkungen im konkreten Einzelfall tatsächlich von der Betriebsanlage ausgehen, ist sodann im Genehmigungsverfahren zu prüfen und, je nach dem Ergebnis dieser Prüfung - allenfalls unter Vorschreibung von Auflagen - die Genehmigung zu erteilen oder zu versagen.

Bei Beurteilung der Genehmigungspflicht der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage kommt es daher nicht darauf an, ob von der in Rede stehenden Betriebsanlage tatsächlich die im Gesetz näher bezeichneten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder Einwirkungen ausgehen. Die Genehmigungspflicht ist vielmehr schon dann gegeben, wenn diese Umstände nicht auszuschließen sind (vgl VwGH 27.3.1990, 89/04/0223).

Für die Genehmigungspflicht einer Betriebsanlage ist es keineswegs erforderlich, dass die Belästigung eine konstante jederzeit wahrnehmbare ist; es genügt vielmehr auch die nur zeitweise Belästigung, wenn deren Möglichkeit durch Erhebung sichergestellt ist (vgl VwGH 5.5.1892, Budwinski-Slg. 6589).

Das angefochtene Straferkenntnis beinhaltet eine Beschreibung von Änderungen der Betriebsanlage. Schließt man sich der belangten Behörde über den Konsens der in Rede stehenden Betriebsanlage (Schreiben vom 2.4.2020) an, so würden sich dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses im Rahmen der vorgenommenen Beschreibung der Betriebsanlage Änderungen derselben und damit Abweichungen vom Konsens ergeben. Feststellungen über Abweichungen vom Konsens können gegenständlich allerdings auf Grund nachstehender Ausführungen dahingestellt bleiben:

So muss ein Schuldspruch nach § 366 Abs. 1 Z 3 GewO, um das Erfordernis des § 44a Z 1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die vorgenommene Änderung der Betriebsanlage die im § 74 Abs 2 GewO 1994 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet ist (vgl. dazu etwa VwGH 22.2.1994, 92/04/0214). Diesem Erfordernis wird das angefochtene Straferkenntnis jedoch insofern nicht gerecht, als nicht anhand der einzelnen Änderungen die Relevanz der Abweichungen vom Konsens iSd § 74 Abs. 2 GewO aufgezeigt wird. Eine Bezugnahme auf die Zahl der Arbeitnehmer (die im Übrigen auch nicht in den Betriebsanlagenbescheiden enthalten sind) ist diesbezüglich für sich genommen nicht geeignet. Der sachverständige Zeuge DI G. verdeutlichte dies in jenem Teil seiner Aussage, in dem er angibt, dass „zusätzliche Hebebühnen nicht im Werkstättenbereich aufgestellt wurden, sondern in Räumen, die keine mechanische Be- und Entlüftung hatten, und deswegen davon ausgegangen werden musste, dass ein Öffnen der Tore bei Durchführung von Arbeiten nicht auszuschließen war. Deswegen konnte eine zusätzliche Lärmbelästigung gegenüber den Nachbarn nicht ausgeschlossen werden und wurde von mir eine genehmigungspflichtige Betriebsanlagenänderung gegenüber der Behörde mitgeteilt. Mit sechs Hebebühnen gibt es darüber hinaus ein höheres Aufkommen als mit zwei Hebebühnen. Ich denke hier an Manipulationsfahrten vor allem.“ Der Spruch hingegen beschreibt lediglich das, was an Änderungen vorgefunden wurde, führt aber daran anknüpfend nicht die durch diese Änderungen hervorgerufenen möglichen Belästigungen für die Nachbarn an, wenn man von der angeführten „Erhöhung der Arbeitnehmeranzahl“ absieht. Die Zahl der Arbeitnehmer, die nicht Teil der Betriebsanlagengenehmigung(en) sind, sind aber – wie bereits ausgeführt – für sich genommen nicht die Quelle möglicher zusätzlicher Belästigungen iSd § 74 Abs. 2 GewO. Es braucht den Bezug zu Änderungen des Konsenses und den diesbezüglich möglichen zusätzlichen Belästigungen iSd § 74 Abs. 2 GewO.

Da der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses jene Tatumstände, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die vorgenommene Änderung der Betriebsanlage die im § 74 Abs 2 GewO 1994 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet ist (die Erhöhung der Zahl der Arbeitnehmer ist – wie bereits ausgeführt wurde – kein geeigneter Tatumstand) nicht anführt, kommt er den Anforderungen einer konkreten Anlastung im Sinne des § 44a Z 1 VStG nicht nach und wurde innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist auch keine geeignete Verfolgungshandlung gesetzt. Auch wurde im Spruch nicht angeführt, für welchen Gewerbebetrieb der Beschwerdeführer gewerberechtlicher Geschäftsführer ist, sodass ein wesentliches Tatsachenelement zur Beurteilung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit unvollständig ausgeführt wurde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Betriebsanlage; Änderung; Genehmigungspflicht; Konsens; Abweichung; Verfolgungsverjährung; Verfolgungshandlung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.021.060.3049.2019

Zuletzt aktualisiert am

11.09.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten