TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/15 W241 2192926-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.01.2020
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Entscheidungsdatum

15.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W241 2192926-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hafner als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Bangladesch, vertreten durch RA XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.03.2018, Zahl 1028786906/14887153, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.11.2019 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 und 57 Asylgesetz 2005 sowie §§ 52 und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein Staatsangehöriger Bangladeschs, reiste nach seinen Angaben irregulär in Österreich ein und stellte am 18.08.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).

1.2. In seiner Erstbefragung am 18.08.2014 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Bengali im Wesentlichen Folgendes an:

Er sei ledig und stamme aus XXXX in Bangladesch. Seine Eltern, ein Bruder und eine Schwester seien weiterhin dort aufhältig. Er habe Bangladesch am 30.07.2014 verlassen und sei über Indien per Flugzeug in ein ihm unbekanntes Land gereist. Per Bus und Zug sei er nach Österreich gelangt.

Als Fluchtgrund gab der BF an, dass er als Angehöriger der BNP von der regierenden Partei verfolgt werde. Er sei telefonisch bedroht worden. Diese Telefonnummer habe er bei der Polizei bekannt gegeben. Deshalb habe er beschlossen, Bangladesch zu verlassen.

1.3. Bei seiner Einvernahme am 30.09.2014 vor dem BFA, im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Bengali, gab der BF zu seinen Fluchtgründen Folgendes an (Auszug aus dem Einvernahmeprotokoll, Schreibfehler teilweise korrigiert):

"LA [Leiter der Amtshandlung]: Weshalb haben Sie Ihr Heimatland verlassen? Können Sie nun Ihren Fluchtgrund konkret schildern!

VP [Verfahrenspartei]: Nachdem ich den Mittelschulabschluss erlangte, im Jahre 2008, trat ich der Politik bei. Als einfaches Mitglied der BNP war ich eine Zeitlang tätig. Während der Übergangsregierung haben wir gegen die Vorgehensweise der Übergangsregierung demonstriert. Während der Amtsperiode der Awami League (AL) haben wir auch gegen ihre Vorgehensweise demonstriert. Am 5.1.2014 fanden letzten Parlamentswahlen statt. Bei diesen Wahlen nahm meine Partei nicht mehr teil, wir haben die Wahlen boykottiert. Wir haben damals auch versucht, die Bevölkerung zu überzeugen, nicht unter der Aufsicht der AL den Wahlen stattzugeben. Im Jahre 2009 ist die AL zuvor auch an die Macht gekommen und nach 5 Jahren ist es neuerlich zu Wahlen gekommen. Unser Anliegen war, solange die AL nicht zurücktritt und die ganzen Amtsgeschäfte nicht an die Übergangsregierung abtritt, würden wir nicht an den Wahlen teilnehmen. Es gab einen Befehl von der obersten Parteihierarchie, dass in jedem Polizeiverwaltungsbezirk ein Schülerflügel der XXXX zu bilden sei. Am 1.12.2013 wurde ich in unserem Polizeiverwaltungsbezirk Generalsekretär der XXXX , ich wurde für den Gemeindeverband XXXX bestellt.

Als Beweis für meine Funktion lege ich eine Bestätigung meiner Partei vor, auf dem der ganze Vorstand der XXXX des Gemeindeverbandes XXXX aufgezeichnet ist. Eine gesonderte Bestätigung wurde auch ausgestellt, wo ich als Generalsekretär bestätigt wurde. Die VP legt weiters Geburtsurkunde und eine Bestätigung seitens des Gemeindeverbandes vor, wo ersichtlich ist, dass er als Gemeindesekretär bestellt wurde.

Nachdem ich bestellt wurde, habe ich eine Kundgebung organisiert. Um unsere Funktion bekanntzugeben, wurde von der Partei ein Plakat erstellt. (VP legt Plakat vor). Am 8.12.2013 wurde dieses Plakat publik gemacht, überall aufgehängt. Am 10.12.2013 erhielt ich einen Anruf, also zwei Tage danach. Jemand hat mir gedroht, dass ich die Partei verlassen soll und für die AL tätig sein soll, ansonsten ich auf der Straße getötet werden würde. Nach diesem Anruf habe ich 15 Tage lang mein Mobiltelefon ausgeschaltet gelassen. Aber am 5.1.2014 wurden Wahlen angesagt, wir haben die Bevölkerung aufgefordert, nicht wählen zu gehen, weil wir diese Wahlen boykottierten. Deshalb habe ich mein Handy wieder eingeschaltet, weil ich verschiedene Leute kontaktieren musste. Die sind wieder an die Macht gekommen durch massive Wahlmanipulationen. Am 7.1. 2014 erhielt ich erneut einen Anruf. Sie haben mich nicht zum Parteiwechsel aufgefordert, sondern direkt gesagt, dass sie mich töten, egal wo sie mich finden. Von dem ersten Anruf am 10.12. habe ich meine Eltern nicht informiert, aber über den 2. Anruf habe ich sie informiert. Meine Eltern meinten, dass es sehr gefährlich sei und ich eine Anzeige erstatten sollte. Am 13.1.2014 ging ich zur Polizeistation XXXX , ich habe gewusst, welche Menschen mich telefonisch kontaktiert haben, obwohl sie sich nicht namentlich meldeten. Ich habe sie durch ihre Stimme erkannt und wollte bei der Polizei gegen diese Personen erstatten. Die wollten aber keine Anzeige aufnehmen, mit Mühe habe ich es geschafft, eine GD (Vermerk in das Tagesjournal) einzubringen. Es ist ein generelles Problem, wenn man Mitglieder der regierenden Partei anzeigen will. Es geht fast gar nicht.

(VP legt GD vor). Zu meinem persönlichen Schutz habe ich das eingebracht. Zwei Tage danach ist die Polizei zu mir gekommen, und zwar am 15.1.2014. Es ist ganz komisch, ich habe für meinen Lebensschutz gesucht und die Polizei sucht mich. Das ist komisch. Es war für mich klar, dass die Polizei eine verlängerte Hand der Awami Regierung ist. Ich habe damals schon aus Angst, nachdem mich die AL Leute telefonisch bedroht haben, immer beim Nachbarn übernachtet. Tagsüber war ich zwar zu Hause, aber ich schlief bei meinem Nachbar, der zugleich mein Freund ist. Als die Polizei da war, es war gegen 22.00 Uhr, war ich auch bei meinem Freund. Deshalb haben sie mich nicht erwischt. Am nächsten Tag hat mein Vater mir gesagt, es sei nicht sicher für mich. Ich sollte ins Ausland gehen bzw. sofort nach XXXX gehen, um dort unterzutauchen. Ich begab mich nach XXXX , ich lebte bei einem Freund in XXXX , ich habe ihn auch ersucht, er sollte mir einen Job verschaffen. Ich musste ja dort leben. Mittlerweile wurde ich dann von Mitglieder der AL angezeigt und zwar am 31.1.2014 wurde ich fälschlicherweise angezeigt, am nächsten Tag, also am 1.2. waren die Polizisten schon wieder da. Die haben den Spieß umgedreht. Ich habe für meine Sicherheit Polizeischutz angesucht, die haben aber die Polizisten gegen mich gehetzt und mich suchen lassen.

(VP legt die Unterlagen der Anzeige vor). Da scheint mein Name auf der Beschuldigtenliste an zweiter Stelle auf. In der Anklageschrift wurde ich auch als Zweitangeklagter angeführt. Mein Vater hat dann mithilfe eines Rechtsanwaltes diese Unterlagen bekommen. Dann wussten wir tatsächlich von dieser Anzeige. Mit wurde in dieser Anzeige eine Sachbeschädigung im Zuge eines Generalstreikes bzw. einer Demonstration vorgeworfen, dass ich ein Verkehrsmittel angezündet hätte.

Am 2.8.2014 wurde diese Anzeige an das Gericht weitergeleitet. Am 17.9.2014 wurde gegen mich ein offizieller Haftbefehl erlassen, welcher landesweit vollstreckbar ist. Am 2.10.2014 erhielt meine Familie eine Vorladung vom Gericht des Berufsrichters von XXXX .

Auf Nachfrage gebe ich an, dass sie mich in einer anderen Polizeidienststelle angezeigt haben. Das sind alles erfundene Geschichten, sie haben eine Polizeidienststelle gewählt, der unter einem besseren Einfluss von ihnen stand. Vielleicht stand auch sogar das Gericht unter einem besseren Einfluss, weshalb sie das so gewählt haben.

Das war für mich schon komisch, dass ich in einem anderen Distrikt angezeigt wurde. Alleine das zeigt, wie lang die Hände der Awami Regierung ist.

Nachdem ich nicht erschienen bin, wurde ein Beschlagnahmungsbefehl erlassen. Ich hielt mich noch bei meinem Freund auf. Am 9.2.2014 rief mein Vater mich an und sagte, dass meine Mutter im Sterbebett liegen würde. Sie war krank und ihr Zustand war sehr schlecht, ich sollte zurückkommen. Ich konnte nicht zurückkehren, aber meine Mutter wollte ich auch sehen, das wollte ich mir nicht entgehen lassen. Ich bin trotzdem hingefahren, ich kam um Mitternacht an. Wie ich dann am nächsten Tag am 10.2.2014, als ich bei der Bushaltestelle zeitig in der Früh stand, traf mich durch Zufall ein Journalist. Er fragte mich, was los sei, weil ich von der Bildfläche verschwunden sei. Er hat mir auch gesagt, dass er von der Anzeige gehört hätte, aber hatte keine Bestätigung dafür. Er hat mich interviewt und am nächsten Tag war es in der Zeitung. (VP legt einen Zeitungsausschnitt vom 11.2. vor.) Es ist noch schlimmer geworden, nachdem die Zeitung erschien. Ich wusste nicht, dass er das veröffentlicht, waren die Schlägertypen der AL bei meinem Elternhaus und mein Haus wurde beschädigt, Möbel wurden beschädigt. Sie sind gewaltsam ins Haus eingedrungen, meine Eltern wurden geschlagen, sie erlitten leichte Verletzungen. Nach dem hat meine Partei in unserer Gegend ein Plakat veröffentlich, das war am 15.2.2014, indem die Regierung aufgefordert wurde, die fingierte Anzeige gegen mich einzustellen und die Bevölkerung aufmerksam gemacht, dass sie dagegen ihre Stimme erheben sollen. Am 16. sind sie wieder gekommen und haben meine Eltern wieder geschlagen und sie waren 15 Tage im Spital. Meine Eltern haben damit nichts zu tun, sie waren auch nicht politisch aktiv, warum werden unschuldige ältere Menschen in diesen Konflikt hineingezogen bzw. geschlagen.

Mein Freund hat in XXXX in einem Restaurant einen Kellnerjob für mich organisiert und ich war dort tätig. Ende März 2014 haben einige AL Leute aus unserer Gegend, die dort Gast waren, mich gesehen. Sie haben gesagt, wir suchen dich, wo hast du dich versteckt. Sie haben gesagt, nicht nur wir, du wirst auch von der Polizei gesucht. Ich habe meinen Freund gleich angerufen und bin davongelaufen. Ich bin dann sofort zu einem Freund in einem anderen Distrikt XXXX gefahren. Ich bin zu dem Freund gegangen und dieser Freund hat mir dann einen Job in einer Textilfabrik organisiert. Aber wissen, das Problem war, nach einem Monat waren die Leute neugierig, weil ich neu dort war. Sie fragen, was ich dort suche, warum ich nicht bei meinen Eltern sei, bei wem ich auf Besuch sei. Die AL Leute von dort haben gemeint, dass es komisch sei, dass ich dort sei und nicht in meinem Heimatdistrikt. Ich habe dann natürlich dort ehrlicherweise auch gesagt, dass ich BNP Anhänger sei. Das war ein Fehler. Sie haben mich dann aufgefordert, wegzugehen. Dann haben sie meinen Freund, bei dem ich lebte, unter Druck gesetzt, mich wegzuschicken. Dann begab ich mich nach XXXX zu meinem Cousin väterlicherseits, Sohn der Schwester meines Vaters. Dort habe ich gelebt und dort habe ich bei einem Schneider als Gehilfe gearbeitet. Dann passierte das Gleiche dort. Die Leute waren wieder neugierig, ich kann nicht überall die Wahrheit sagen, weil auf meinen Kopf ein Haftbefehl steht. Diese Regierung geht systematisch gegen uns vor. Früher gingen sie gegen unsere Funktionäre des Zentralausschusses vor. Jetzt gehen sie gegen die Basis vor. Sie wissen, wenn man die Basis des Gebäudes zerstört, dann fliegt alles auseinander und wir sind die Basis.

Eine Sache habe ich vergessen, ich muss wieder zurückgehen, als ich der BNP beitrat. Im Jahre 2010 wurde ich von AL Leuten, nach dem BNP Beitritt, 2008 bin ich beigetreten, 2010 war der Angriff auf mich. Der Anschlag war neben dem Clublokal, sie haben mich mit einem Messer gestreift (VP zeigt auf seine linke Augenbraue, wo eine Narbe zu sehen ist).

Ich komme wieder darauf zurück, dass ich mich nicht mehr in Bangladesch aufhalten konnte. Am 21.07.2014 bin ich nach XXXX zurückgekehrt, mein Freund hat einen Schlepper organisiert. Am 30.7.2014 habe ich das Land verlassen.

LA: Sie haben Unterlagen hinsichtlich der Anzeige vorgelegt, um welche Unterlagen handelt es sich dabei?

VP: Der Erstinformationsbericht, das Anzeigeprotokoll, Anklageschrift, Haftbefehl, Beschlagnahmungsbefehl und weiteres, ich müsste hineinschauen. Es gibt noch ein weiteres Schriftstück, aber das müsste ich nachschauen, was es ist.

LA: Wann wurde der Erstinformationsbericht verfasst?

VP: 31.1.2014 wurde die Anzeige erstattet.

LA: Weswegen wurden Sie angezeigt?

VP: Verkehrsmittelbeschädigung und irgendwelche Paragraphen des Strafgesetzes.

Auf Nachfrage gebe ich an, dass ich die Paragraphen nicht genau angeben. Ich bin kein Jurist, ich bin nicht so oft angezeigt worden, deshalb habe ich nicht so eine Ahnung.

LA: Wer genau wurde angezeigt?

VP: Ich wurde von der Polizei direkt angezeigt, der Staat geht als Anzeigeerstatter hervor.

LA: Wer wurde angezeigt?

VP: Ich kann die anderen nicht angeben, die anderen kenne ich nicht, die sind von einem anderen Distrikt, ich habe mit dieser Sache nichts zu tun gehabt, das ist komplett erfunden.

LA. Wo und wann hätten Sie die Straftat begangen haben sollen?

VP: Am 31.1.2014 sollte dieser Vorfall stattgefunden haben.

LA: Wo?

VP: XXXX , Verkehrskreuzung, sollte dieser Vorfall stattgefunden haben.

LA: Wie genau sollte diese Schädigung vor sich gegangen sein?

VP: Es war so, dass ungefähr 400 bis 500 BNP Mitglieder sich versammelt hätten und sie hätten die öffentliche Ruhe gestört und die ganze Gegend zerstört und dabei auch die Verkehrsmittel beschädigt, naheliegende Geschäftslokale wurden auch beschädigt, es wurde auch behauptet, dass die Autoreifen in Brand gesetzt worden seien, um den öffentlichen Verkehr zu hindern.

LA: Was meinen Sie damit, wenn Sie sagen, dass Verkehrsmittel beschädigt werden sollten?

VP: Busse und Polizeiautos.

LA: Wissen Sie, wie viele Leute deswegen angezeigt worden seien?

VP: 8 Personen, aber die anderen 7 kenne ich nicht.

LA: Wann haben Sie von dieser Anzeige erfahren?

VP: Am 1.2.2014 habe ich davon erfahren, weil die Polizisten bei mir im Elternhaus waren. Sie haben von dieser Anzeige berichtet.

LA: Woher haben Sie die vorgelegten Unterlagen?

VP: Mein Vater hat die mir per Post zu geschickt. Vor ein paar Tagen habe ich diese erhalten.

LA: Woher hat Ihr Vater diese Unterlagen?

VP: Meinen Vater hat einen Anwalt ersucht, dieser Sache nachzugehen.

LA: Wann hat Ihr Vater einen Anwalt beauftragt?

VP: Das weiß ich nicht so genau.

LA: Welchen Anwalt hat Ihr Vater beauftragt?

VP: XXXX .

LA: Woher hat Ihr Anwalt diese Unterlagen?

VP: Vom Gericht, ich weiß aber nicht von welchem Gericht, XXXX oder XXXX .

LA: Haben Sie nachgefragt?

VP: Nein.

LA. Warum nicht?

VP: Ich habe nicht daran gedacht, ich bin selbst durcheinander deswegen, ich mache mir die ganze Zeit Sorgen um meine Zukunft.

LA: Weshalb kommen zwei Gerichte in Frage?

VP: Weil ich den ständigen Wohnsitz in XXXX hatte und die Anzeige aber in XXXX gemacht wurde. Deswegen kommen diese zwei Gericht in Frage, aber ich weiß es nicht genau.

LA: Wann wurde ein Haftbefehl gegen Sie erlassen?

VP: Am 17.9.2014.

LA: Haben Sie den Haftbefehl vorgelegt?

VP: Ja.

LA: Sie nannten diesen aber nicht, als Sie konkret zu den vorgelegten Unterlagen hinsichtlich der Anzeige befragt wurden!

VP. Ich habe die nach der Reihe erklärt und nicht alle Dokumente.

LA: Woher haben Sie den Haftbefehl?

VP: Mein Vater hat mir diesen auch mit den anderen Unterlagen geschickt.

LA: Seit wann haben Sie Kenntnis davon, dass ein Haftbefehl gegen Sie vorliegt?

VP: Nachdem ich die Dokumente erhalten habe, danach habe ich das erfahren.

Auf Nachfrage gebe ich an, dass ich im Heimatland nichts davon gewusst habe, dass ein Haftbefehl gegen mich vorliegt.

LA: Weshalb haben Sie dann erwähnt, dass Sie nicht die Wahrheit sagen wollten, weil ein Haftbefehl auf Ihren Kopf stand?

VP: Haftbefehl habe ich deshalb gesagt, weil aus jetziger Sicht im Falle der Rückkehr ein Haftbefehl gegen mich vorliegen würde.

LA: Von wem wurde der Haftbefehl ausgestellt?

VP: Ich weiß es nicht, ich glaube XXXX .

LA: Ist die örtliche Zuständigkeit in Ihrem Heimatland in Bezug auf Straftaten einheitlich geregelt?

VP: Ich kann das nicht erklären.

Auf Nachfrage gebe ich an, dass ich die Frage der Zuständigkeit nicht erklären kann, welches Gericht zuständig ist.

LA: Weshalb waren Sie dann zuvor verwundert, dass nicht das in Ihrem Wohnbereich zuständige Gericht zuständig sei?

VP: Ich habe auch erwähnt, dass sie vielleicht dort mehr Einfluss hätten und deshalb haben sie die Klage dort eingebracht.

LA: Stehen Sie aktuell in Kontakt mit Ihren Eltern?

VP: Ja.

LA: Worüber sprechen Sie?

VP: Wie es mir geht, wie es meinen Eltern geht und ich habe auch gesagt, dass ich hier in Sicherheit sei und sie sind froh darüber.

LA: Gab es irgendwelche weiteren Hinweise auf eine Suche nach Ihrer Person?

VP. Ja, einige Male waren die Polizisten auch da.

LA: Wie oft und wann waren Sie bei Ihren Eltern?

VP: Das weiß ich nicht, das muss ich nachfragen.

LA: Als Sie noch im Heimatland waren, wie oft suchten Polizisten Ihr Elternhaus auf?

VP. Zweimal.

Auf Nachfrage gebe ich an, dass einmal, wie ich die GD eingebracht habe, zwei Tage danach sie gekommen sind und das zweite Mal, nachdem die Anzeige erstattet wurde, am darauffolgenden Tag.

LA: Was wollten die Polizisten?

VP: Sie wollten mich festnehmen.

LA: Wann haben Sie jeweils von deren Besuch erfahren?

VP: Von meinem Vater am gleichen Tag, wie die Polizisten da waren.

LA: Wo waren Sie jeweils, als die Polizisten bei Ihren Eltern waren?

VP: Als die Polizisten das zweite Mal gekommen sind, war ich in XXXX , das erste Mal war ich bei meinem Nachbar.

LA: Wann kam es zu dem Vorfall, wo Ihre Eltern ins Spital mussten?

VP: An dieses Datum kann ich mich nicht mehr erinnern.

LA: Wann haben Sie davon erfahren?

VP: Am gleichen Tag, wie sie geschlagen wurden, habe ich davon erfahren.

LA: Von wem haben Sie das erfahren?

VP: Mein Freund, mein Nachbar, bei dem ich beim ersten Polizeibesuch versteckt war.

LA: Was genau hat er Ihnen mitgeteilt?

VP: Er hat mir gesagt, dass die AL Leute bei mir zu Hause gewesen seien und sie meine Eltern geschlagen hätten und sie deswegen im Spital seien.

LA: Weswegen mussten sie ins Spital?

VP: Sie wurden mit Stöcken geschlagen, sie waren beide bewusstlos, daraufhin mussten sie ins Spital gebracht werden. Sie sind ältere Menschen.

LA: Waren abgesehen von Ihren Eltern weitere Personen anwesend im Haus?

VP: Ja, meine Schwester war dort, sie war nicht so schwer verletzt.

LA: Was war mit Ihrer Großmutter?

VP: Meine Großmutter haben sie nicht geschlagen.

LA: Wie viele Personen waren an diesem Vorfall beteiligt?

VP: Es wurde mir gesagt, 10,12 Leute.

LA: Mit welchem Vorwand kamen diese in Ihr Elternhaus?

VP: Sie wollten meinen Aufenthaltsort wissen, sie haben meine Eltern aufgefordert, zu sagen, wo ich sei.

LA: Welche Verletzungen trugen Ihre Eltern davon?

VP: So genau kann ich das nicht sagen.

LA: In welchem Spital waren sie aufhältig?

VP: In einem Spital, in einer Privatklinik in XXXX .

LA: Gab es abgesehen von diesem Vorfall einen weiteren solcher Art?

VP: Davor auch, sie haben auch geschlagen, sie wurden aber nicht spitalsreif geschlagen.

LA: Wann fand dieser Vorfall statt?

VP: Nachdem ich die GD eingebracht habe.

LA: Können Sie das genauer angeben?

VP: Das war am 13.1.2014, einige Tage danach.

Auf Nachfrage gebe ich an, dass die AL Mitglieder kamen, auch 10 bis 12.

LA: Seit wann haben Sie nicht mehr in Ihrem Elternhaus genächtigt?

VP: Nachdem ich telefonisch bedroht wurde.

LA: Wann war das?

VP: Das erste Mal wurde ich am 10.12.2013 und das zweite Mal am 7.1.2014 bedroht.

Auf Nachfrage gebe ich an, dass ich ab 10.12.2013 nicht mehr zu Hause war.

LA: Wo hielten Sie sich ab dem 10.12.2013 auf?

VP: Ich war beim Nachbarn, tagsüber war ich zu Hause.

LA: Wie haben Sie das Ihren Eltern erklärt, wenn Sie nicht mehr zu Hause nächtigten?

VP: Am Anfang habe ich es nicht gesagt, ich sagte, dass ich irgendwo hängen geblieben bin, dass ich woanders übernachtet habe, aber nach einiger Zeit haben ich es ihnen schon gesagt, dass ich Probleme habe.

LA: Wann genau haben Sie es Ihren Eltern gesagt?

VP: Als sie mich das zweite Mal bedroht haben.

LA: Wie haben Sie Ihren Eltern erklärt, wenn Sie nach dem 10.12.2013 nicht mehr zu Hause genächtigt hätten! Das wären ca. 4 Wochen!

VP: Ja, das ist üblich, das hat niemanden gestört.

LA: Wann genau haben Sie Ihren Heimatort verlassen?

VP: Am 15.1.2014.

LA: Für wie lange hielten Sie sich bei Ihrem Freund in XXXX auf?

VP. Ca. zweieinhalb Monate.

Auf Nachfrage gebe ich an, dass ich danach in XXXX für zwei Monate war.

LA: Wo hielten Sie sich in XXXX auf?

VP: Ich war bei einem Freund, er lebt dort mit seiner Frau und seinem Kind.

LA: Danach?

VP: Ein Monat und 20 Tage war ich dann bei einem Cousin in XXXX .

Auf Nachfrage gebe ich an, dass ich am 21.7.2014 nach XXXX kam. Ca. 9 Tage war ich dort. Ich hielt mich bei einem anderen Freund auf.

LA: Weshalb gingen Sie von XXXX nach XXXX ?

VP: Weil in diesem Restaurant die AL Leute waren.

LA: Was genau geschah in diesem Restaurant?

VP: Der Gast war alleine. Er sagte zu mir, was ich hier mache, wir suchen dich, die Polizei sucht dich. Er sagte, dass ich warten sollte und nicht weggehen sollte. Ich bin dann hineingegangen, wo der Personaleingang war, er durfte nicht hinein. Ich habe meinen Freund angerufen und gesagt, dass ich einen anderen Platz organisieren müsste, bis sich XXXX ergab.

LA: Wie weit ist der Stand Ihres Verfahrens?

VP: Das weiß ich jetzt nicht.

LA: Haben Sie sich erkundigt?

VP: Meinem Vater habe ich das schon gesagt, mein Vater hat gesagt, er kontaktiert den Anwalt. Jetzt habe ich noch keine Information.

LA: Wie heißt der zuständige Richter, der Ihren Fall bearbeitet?

VP: Das weiß ich nicht.

LA: Weshalb haben Sie keine Kenntnis von diesen Dingen?

VP. Vor drei Tagen habe ich die Unterlagen bekommen, das wird schon in den Unterlagen stehen, aber ich habe nicht so viel Zeit gehabt, dass ich das alles nachschaue. Ich habe zwar alles überflogen, aber nicht genauer.

LA: Unternahmen Ihre Eltern in Bezug auf den Vorfall, wo sie verletzt wurden, etwas?

VP: Meine Eltern haben gar nichts gemacht, weil eine Anzeige gar nichts bringt. Im Vorhinein wissen sie schon, dass die Anzeige nicht entgegen genommen wird.

Auf Nachfrage gebe ich an, dass alle Polizeistationen AL freundlich sind, es geht nicht, dass Anzeigen entgegen genommen werden.

LA: Gibt es in Ihrem politischen Umfeld ähnliche Fälle?

VP: Ja.

LA: Wer ist betroffen?

VP: XXXX .

Auf Nachfrage gebe ich an, dass er ein weitschichtiger Onkel ist. Er ist auch bei der BNP. Er ist zur Zeit flüchtig, er wurde ebenfalls strafrechtlich angezeigt, auch fälschlicherweise, aber was ihm genau vorgeworfen wurde, weiß ich nicht.

LA: Weshalb sollte ein derartiges Interesse an Ihrer Person bestehen?

VP: Weil ich in meiner Gegend populär und auch bekannt war.

LA: Was war der ausschlaggebende Grund, der Sie zum Verlassen der Heimat bewogen hat?

VP: Weil ich überall Probleme habe, als ich in XXXX war, hatte ich Probleme, woanders fragte man nach. Ich kann den Leuten nicht die wahre Antwort geben, wo ich herkomme, etc.

LA: Was konkret befürchten Sie im Falle einer Rückkehr in Ihr Heimatland?

VP: Ich habe Angst, dass ich durch die Behörden oder AL Leute getötet werde.

(...)

LA: Sind Sie damit einverstanden, dass eventuell Recherchen im Heimatland in Bezug auf Ihr Vorbringen durchgeführt werden?

VP: Ja."

1.4. Am 02.02.2017 wurde seitens des BFA eine Anfrage an die Staatendokumentation zwecks Verifizierung der vorgelegten Dokumente gestellt, deren Beantwortung am 31.05.2017 einlangte. Daraus geht hervor, dass der BF keine Partei des originalen Falles ist. Die Aktenzahlen stimmen nicht überein. Die vorgelegten Dokumente seien daher gefälscht. Die Angaben des BF seien von seinem Vater bestätigt worden. Die meisten Ortsansässigen hätten jedoch angegeben, dass der BF politisch nicht aktiv gewesen sei und auch keine Anzeige gegen ihn vorläge.

1.5. Am 10.08.2017 wurde der BF erneut einvernommen und ihm die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Kenntnis gebracht. Der BF machte daraufhin folgende Angaben:

"LA: Wollen Sie sich dazu äußern?

VP: Dann wurde nicht richtig ermittelt. Ich habe 100, 1000%ig. Ich bin mir 1000%ig sicher, dass eine Anzeige gegen mich vorliegt. Wäre eine Ermittlung passiert, hätte mein Vater mir das gesagt, aber mein Vater hat mir diesbezüglich gar nichts gesagt. Ich habe eine Bitte an Sie, dass das noch einmal korrekt ermittelt wird."

Der BF legte Deutschzertifikate A2 und B1 (nicht bestanden) vor.

1.6. Der BF übermittelte weitere Schriftstücke, darunter laut Angaben des BF eine weitere Anzeige. Von der Übersetzung der Anzeige wurde seitens des BFA aufgrund der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation Abstand genommen.

Bei dem vorgelegten handschriftlichen Schreiben handelt es sich um einen Brief des Vaters des BF vom 20.08.2017, in dem dieser schildert, dass im Februar 2017 ein Mann zu ihnen nach Hause gekommen sei. Dieser Mann habe Geld von ihm gefordert, ansonsten werde er einen negativen Bericht schreiben und der BF werde nach Bangladesch zurückgeschickt werden. Er habe ihm kein Geld geben können und danach auch keinen Kontakt mehr zu diesem Mann gehabt. Dieser habe in der Ortschaft nur mit einem Mann gesprochen, dieser sei ein (namentlich genannter) politischer Gegner des BF. Am 15.08.2017 habe es in der Ortschaft eine Schlägerei zwischen Awami League und BNP gegeben. In derselben Nacht habe die Polizei nach dem BF gesucht. Zwei Tage später habe er erfahren, dass gegen den BF Anzeige erhoben worden sei. Er werde einen Rechtsanwalt kontaktieren und dem BF die Unterlagen zukommen lassen.

1.7. In der Folge wies das BFA mit Bescheid vom 15.03.2018 den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch nicht zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.). Weiters wurden gegen den BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Eine asylrelevante Verfolgung liege nicht vor, das Vorbringen des BF betreffend eine Verfolgung seiner Person in Bangladesch sei nicht glaubhaft. Er habe keine Verfolgung im Sinne des AsylG glaubhaft gemacht und es bestünden keine stichhaltigen Gründe gegen eine Abschiebung des BF nach Bangladesch. Im Falle der Rückkehr drohe ihm keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde.

Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF nach Bangladesch. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.

Beweiswürdigend führte das BFA (zusammengefasst) aus, dass der BF bezüglich seiner behaupteten Herkunftsregion, Volks- und Staatsangehörigkeit aufgrund seiner Sprach- und Lokalkenntnisse - im Gegensatz zu seinem Fluchtvorbringen - glaubwürdig wäre.

Der BF habe eine asylrelevante Verfolgung aufgrund seiner politischen Tätigkeit aufgrund ungenauer und unplausibler Angaben nicht glaubhaft gemacht. Die Unglaubwürdigkeit ergebe sich auch aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, welche im Bescheid zitiert wurde.

In der rechtlichen Beurteilung wurde ausgeführt, dass die Begründung des Antrages keine Deckung in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) finde.

Subsidiärer Schutz wurde ihm nicht zuerkannt, da im Falle einer Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur GFK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt oder im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes aufgrund der derzeitigen, allgemeinen Lage in Bangladesch nicht drohe. Eine Rückkehr in den Herkunftsstaat sei möglich, da er erwachsen, gesund und erwerbsfähig sei, sodass er dort selbstständig durch die Ausübung einer Erwerbstätigkeit aus eigenen Kräften für die Deckung der grundlegendsten Bedürfnisse aufkommen könne.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) wurde den BF mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG der Verein Menschenrechte Österreich gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig als Rechtsberater zur Seite gestellt.

1.8. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Schreiben vom 12.04.2018 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim BVwG ein und beantragte die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

In der Beschwerdebegründung wurden im Wesentlichen die Ergebnisse der Vor-Ort-Recherche kritisiert. Es sei durchaus möglich, dass bezüglich der politischen Aktivität des BF Personen befragt worden seien, die der Awami League angehörten. Der BF lege nunmehr eine neuerliche Anzeige vom 26.08.2017 vor.

1.9. Die Beschwerde samt Verwaltungsakten langte am 19.04.2018 beim BVwG ein.

1.10. Eine deutsche Übersetzung der Anzeige vom 26.08.2017 wurde am 16.08.2018 vorgelegt.

1.11. Das BVwG führte am 04.11.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Bengali durch, zu der der BF im Beisein eines gewillkürten Vertreters und eines Zeugen persönlich erschien. Die belangte Behörde verzichtete auf eine Teilnahme an der Verhandlung.

Daraufhin gaben der BF sowie der anwesende Zeuge auf richterliche Befragung im Wesentlichen Folgendes an (Auszug aus der Verhandlungsschrift):

"RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an, und wenn ja, welcher?

BF: Ich bin sunnitischer Moslem.

RI: Sind Sie verheiratet, oder leben Sie in einer eingetragenen Partnerschaft oder sonst in einer dauernden Lebensgemeinschaft?

BF: Nein.

RI: Haben Sie Kinder?

BF: Nein.

RI: Geben Sie bitte Anzahl und Aufenthaltsorte Ihrer näheren Angehörigen bekannt!

BF: Meine Eltern und eine Schwester sind in Bangladesch. Mein älterer Bruder ist heute anwesend, er wohnt in Wien und ist österreichischer Staatsbürger. Onkel väterlicherseits habe ich in Bangladesch. Sie leben im Dorf. Mein Großvater väterlicherseits ist auch am Leben und lebt auch im Dorf in Bangladesch.

R: Sie haben nicht erwähnt, dass Ihr Bruder in Österreich ist.

BF: Ich habe es schon seit Anfang an erwähnt.

RI stellt fest, dass vor dem BFA festgehalten wurde, dass sein älterer Bruder in Australien lebt. Offensichtlich wurde es hier mit Austria verwechselt.

RI: Haben Sie Kontakt zu diesen Angehörigen?

BF: Einmal im Monat habe ich telefonischen Kontakt, aber selten. Niemand hat Zeit und jeder ist beschäftigt. Ich mache mir immer Sorgen um meinen Aufenthalt in Österreich.

R: Haben Sie regelmäßigen Kontakt zu Ihrem Bruder in Österreich?

BF: Drei Jahre habe ich mit ihm zusammengelebt. Seitdem seine Frau und sein Kind hier ist, bin ich umgezogen. Aber Kontakt haben wir, auch mit meiner Nichte. Ich esse täglich dort.

R: Hat Ihr Bruder hier in Österreich auch Asyl bekommen?

BF: Er hat einen positiven Asylstatus erhalten und später die Staatsbürgerschaft.

RI: Haben Sie in Ihrem Herkunftsstaat eine Schul- oder Berufsausbildung absolviert?

BF: Ich habe den Abschluss der Mittelschule. Eine Berufsausbildung habe ich nicht.

RI: Womit haben Sie sich in Ihrem Herkunftsstaat Ihren Lebensunterhalt verdient bzw. wer ist für Ihren Lebensunterhalt aufgekommen?

BF: Mein Vater hatte Agrargrundstücke. Von diesen Erträgen haben wir gelebt.

R: Haben Sie nie einen Beruf ausgeübt?

BF: Ich habe in der Landwirtschaft geholfen.

RI: Wie stellte sich Ihre finanzielle Situation bzw. die Ihrer Familie dar?

BF: Sie war sehr gut.

RI: Sind oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei oder einer anderen politisch aktiven Bewegung oder Gruppierung?

BF: Ja, ich war bei der BNP und deshalb hatte ich Probleme zuhause.

RI: Wann haben Sie Ihren Herkunftsstaat zuletzt genau verlassen?

BF: Am 30.07.2014.

Zur derzeitigen Situation in Österreich:

RI: Haben Sie, außer Ihrem Bruder, sonst noch in Österreich lebende Familienangehörige oder Verwandte?

BF: Meine Schwägerin und meine Nichte sind seit einem Jahr auch in Österreich.

RI ersucht D, die folgenden Fragen nicht zu übersetzen. RI stellt diverse Fragen.

RI: Sprechen Sie Deutsch? Haben Sie mich bis jetzt auch ohne Übersetzung durch den D verstehen können?

BF: Ein bisschen.

RI stellt fest, dass der BF die zuletzt gestellten und nicht übersetzten Fragen verstanden und auf Deutsch beantwortet hat.

RI: Besuchen Sie derzeit einen Deutschkurs oder haben Sie einen Deutschkurs bereits besucht?

BF: Ja, ich habe einen besucht. Den musste ich privat zahlen und mein Bruder hat mich finanziell unterstützt. A2 habe ich bestanden. B1 habe ich ebenfalls besucht, aber nicht bestanden.

Der BFV legt eine Bestätigung über die "nicht bestandene" Prüfung vor, zum Beweis dafür, dass er den Kurs besucht hat, aber nicht bestanden hat.

RI: Haben Sie Arbeit in Österreich? Gehen Sie einer regelmäßigen Beschäftigung nach?

BF: Nein.

RI: Wenn Sie in Österreich bleiben dürften, welchen Beruf würden Sie gerne ergreifen?

BF: Zuerst muss ich einmal B1 und B2 Niveau erreichen, damit ich besser kommunizieren kann. Mein Bruder ist ein ausgezeichneter Mitarbeiter in seinem Betrieb. Dort könnte ich sofort aufgenommen werden. Als Koch möchte ich einen Beruf erlernen. Ich bin bis jetzt unbescholten, ich fahre nicht einmal schwarz mit der U-Bahn. Wenn ich angestellt werde, bekomme ich 1200,- netto.

RI: Besuchen Sie in Österreich bestimmte Kurse oder eine Schule, oder sind Sie aktives Mitglied in einem Verein? Gehen Sie sportlichen oder kulturellen Aktivitäten nach?

BF: Ja, Kurse muss ich selbst finanzieren. Das ist sehr schwierig. Ich schäme mich dafür, von meinem Bruder finanziell unterstützt zu werden. Ich bin Mitglied in der Bangladesch-Österreichischen Gesellschaft und in einem politischen Flügel der BNP in Österreich.

R: Wie betätigen Sie sich politisch in Österreich?

BF: Hier feiern wir auch die Nationalfeiertage oder 2017 war die Premierministerin von Bangladesch in Österreich und wir haben demonstriert vor der UNO-City. Der jetzige Obmann heißt XXXX und Generalsekretär XXXX . Ich kann auch Zeugen nennen, die mit mir bei der Demonstration waren. Am 10.11. gibt es auch ein Treffen von meiner Partei hier in Österreich. Am 07.11. wurde unser Parteigründer vom Gefängnis befreit und das feiern wir.

RI: Wurden Sie in Österreich jemals von einem Gericht wegen einer Straftat verurteilt oder von einer Behörde mit einem Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot belegt?

BF: Nein.

Zu den Fluchtgründen und zur Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat:

RI: Nennen Sie jetzt bitte abschließend und möglichst umfassend alle Gründe, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben bzw. warum Sie nicht mehr in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren können (Fluchtgründe). Nehmen Sie sich dafür nun bitte ausreichend Zeit, alles vorzubringen.

BF: 2008 trat ich der Chartra Dal (Studenten/Schülerflügel der BNP) bei. Damals war die Übergangsregierung an der Macht. Meine Partei war zuvor an der Macht und trat dann zurück. Damals war ich auch für meine Partei aktiv. Wir hatten einen Konflikt mit der Übergangsregierung und deshalb wurde diese Wahl im Dezember manipuliert. Dann kam die jetzige Regierung an die Macht. Als Mitglied der Chartra Dal sind wir auf der Straße aktiv, weil wir jung und dynamisch sind. Die Verfolgung durch die Awami League (AL) ist amtsbekannt, dass wir massiv verfolgt wurden. Am 01.12.2013 wurde in unserem Gemeindevorstand ein Vorstand gegründet. Am 10.12.2013 haben wir durch mehrere Plakate diesen Vorstand publik gemacht. Ich habe diese Plakate auch hier. Ca. 2 Tage nachdem wir diese Plakate angebracht haben, haben die Leute der AL mich angerufen und mich aufgefordert, meine Parteitätigkeit zu beenden und mich für die AL zu engagieren. Am 05.01.2014 fanden diese "gemachten" Wahlen statt. Ich habe etwas vergessen. Wie sie mich telefonisch belästigt hatten, habe ich das Telefon einmal abgedreht für 14 Tage lang. Am 05.01.2014 habe ich das Telefon aufgedreht um die Wahlkampagnen einer Partei durchzuführen. Diese Wahl ist ebenfalls manipuliert worden und sie haben die Mehrheit erlangt. Zwei Tage nach diesen Wahlen um 10:12 Uhr haben sie mich wieder angerufen. Sie haben nicht mehr gesagt, ich soll der Partei beitreten. Sie sagten, dass sie jetzt noch mächtiger seien und mich töten werden. Sie haben auch gesagt, dass sie meinen Bruder gezwungen haben, das Land zu verlassen. Sie werden mich so behandeln wie meinen Bruder. Ich habe das alles mit meiner Familie besprochen. Mein Vater wollte die Bedrohung zur Anzeige bringen. Wir haben versucht, diese telefonischen Bedrohungen zur Anzeige zu bringen, aber die Polizisten nahmen die Anzeigen nicht entgegen.

RI fragt nach, ob der BF sich noch so genau erinnern kann, um wie viel Uhr er den zweiten Anruf erhalten hat. BF bestätigt dies, dass er sich an die genaue Uhrzeit erinnern kann.

BF fährt fort: Die Polizisten wollten keine Anzeige entgegennehmen, aber durch Intervention haben wir es doch geschafft, einen Eintrag in das polizeiliche Tagesjournal (GD = General Diary) zu bewirken. Das war am 13.01.2014. Dies hat keine Rechtswirkung. Am 15.01.2014 wurde ich von der Polizei gesucht.

R: Können Sie sagen, wann Sie den ersten Anruf erhalten haben?

BF: Am 10.12.2013 habe ich das Plakat aufgehängt, am 12.12.2013 kam der Anruf.

R: Wie wissen Sie, dass die Polizei Sie gesucht hat?

BF: Am 15.01.2014 waren die Polizeibeamten bei mir und sie wollten mich nicht wegen der GD sprechen, sondern sie wollten mich mitnehmen, in der Nacht. Ich war aber zu dieser Zeit bei einem Freund.

R: Wann sind Sie gekommen?

BF: Ich weiß es nicht genau, aber es war spät in der Nacht.

R: Wie weit war dieser Freund entfernt?

BF: Ca. 10 Minuten entfernt, wenn man schnell geht.

R: Also das Haus war nicht in der Nachbarschaft?

BF: Es war in der Nachbarschaft, es war nicht unmittelbar, es war 10 Minuten entfernt.

R: Was ist da passiert? Was haben die Polizisten gesagt?

BF: Wo ist Ihr Sohn haben sie zu meinem Vater gesagt.

R: Haben die Polizisten zu Ihrem Vater gesagt, um was es geht?

BF: Die Polizisten sind nicht so wie hier. Mein Vater fragte, um was es geht und sie sagten, dass sie das dann sagen, wenn sie mich haben.

R: Haben die Polizisten etwas erwähnt, dass Sie angezeigt wurden?

BF: Von der Anzeige haben sie nichts erwähnt. Sie sind nur gekommen und haben gesagt, wo ist Ihr Sohn.

R: Wie ist es dann weitergegangen?

BF: Am nächsten Tag hat mein Vater mir telefonisch von dem Polizeibesuch bekannt gegeben. Dann bin ich nach XXXX gefahren.

R: Sie haben gesagt, Sie waren bei einem Freund. Seit wann haben Sie dort gelebt bzw. waren Sie dort durchgehend anwesend?

BF: Ich war bei einem Freund, es fand eine Hochzeit statt und dort war ich. Ich bin dann dortgeblieben.

R: Genau an dem Tag, wo Sie nicht zuhause waren und wo Sie bei dem Freund auf der Hochzeit waren, kam die Polizei und Sie hatten Glück, dass Sie nicht zuhause waren?

BF: Zwei Tage nach dem GD kamen die Polizisten. Es war Zufall, dass ich an diesem Tag nicht zuhause war.

R: Von diesem ersten Anruf, haben Sie irgendwem was davon erzählt?

BF: Vom ersten Anruf habe ich niemanden erzählt, weil sich dann meine Eltern Sorgen gemacht hätten.

R: Jetzt sind Sie am 07.01. bedroht worden. Haben Sie irgendetwas zu Ihrem eigenen Schutz gemacht?

BF: Diesen Vorfall habe ich meinen Eltern schon mitgeteilt und sie haben beschlossen, Schutz von der Polizei zu erhalten. Das haben wir auch versucht, aber eine offizielle Anzeige wurde nicht entgegengenommen.

R: Hätten Sie sich nicht auch an Ihre Partei wenden können?

BF: Meine Partei hatte ohnehin Probleme. Der Organisationssekretär der XXXX unseres Ortes, der ebenfalls auf dem Poster war, wurde getötet. Ich habe von XXXX aus Kontakt aufgenommen.

R: Jetzt sind Sie nach XXXX gegangen.

BF: Am 09.02. hat mein Vater mich angerufen, dass meine Mutter schwer krank wurde. Um ca. 2 Uhr in der Früh kehrte ich nachhause, um meine Mutter zu besuchen. In den Morgenstunden ging ich wieder vom Haus weg. Aber an der Bushaltestelle traf ich zufällig einen Journalisten. Er war auch unterwegs nach XXXX . Er hat mit mir ein Interview gemacht und hat mich auch fotografiert und hat einen Bericht erfasst. Das erschien am 11.02.2014. Nachdem dieser Bericht in der Zeitung veröffentlicht wurde, war die AL bei mir zuhause und meine Familienangehörigen wurden von ihnen bedroht, belästigt und angegriffen. Mittlerweile habe ich Kontakt mit meiner Partei gehabt und am 15.02.2014 hat meine Partei ein Plakat veröffentlicht. Auf diesem Poster wurde die Regierung aufgefordert, die fingierte Anzeige einzustellen.

R: Von einer fingierten Anzeige haben Sie noch nichts erwähnt.

BF: Nein, ich meine die Belästigungen durch die Polizei. Die Anzeige ist erst später eingebracht worden.

R: Das heißt, die fingierte Anzeige gegen Sie wurde erst nach dem 15.02.2014 eingebracht?

BF: Nein, diese wurde schon am 31.01.2014 eingebracht, aber niemand hat von der Anzeige gewusst. Es ist erst später publik geworden.

R: Dann sind ja die Polizisten zu Ihnen gekommen, das erste Mal, obwohl es noch keine Anzeige gab.

BF: In Bangladesch haben die Polizisten ein Sonderermächtigungsgesetz. Sie können die Leute einfach so mitnehmen.

R: Am 15.01. war die Polizei da, stimmt das?

BF: Ja.

R: Wann war die Polizei dann wieder da?

BF: Ca. zwei Monate nach der Anzeige. Am 31.01. war die Anzeige und zwei Monate war die Polizei das zweite Mal da.

R: Wann ist die Anzeige publik geworden?

BF: Beim zweiten Besuch, wo die Polizisten bei uns zuhause waren, hat der Polizeibeamte gegenüber meinem Vater erwähnt, dass eine Anzeige gegen mich besteht.

R: Hat es damals schon eine schriftliche Anzeige gegeben?

BF: Nein. Sie gleicht keiner Verfahrensunterlage. Dann hat mein Vater einen Anwalt beauftragt, der bekam dann Akteneinsicht und dann konnte man die Unterlagen vom Strafverfahren bekommen.

R: Wann war das, als Ihr Vater den Anwalt beauftragte?

BF: Das weiß ich nicht.

R: Noch 2014 oder später?

BF: Die Unterlagen habe ich erst hier erhalten.

R: Das heißt, eigentlich erst ein, zwei Jahre nachdem sie geflüchtet sind, hat Ihr Vater den Anwalt beauftragt.

BF: Am 30.07.2014 habe ich das Land verlassen. Im August reiste ich in Österreich ein.

R: Wann haben Sie die Unterlagen erhalten?

BF: Ca. einen oder eineinhalb Monate später.

R: Was werden Sie in Bangladesch beschuldigt, getan zu haben?

BF: Mittlerweile gibt es ein zweites Strafverfahren gegen mich. Am 26.08.2017 wurde in meiner Abwesenheit ein Strafverfahren eingeleitet.

R wiederholt die Frage.

BF: Sachbeschädigung, dass ich Polizeiautos beschädigt hätte und Widerstand gegen die Staatsgewalt. Das war die erste Anzeige.

R: Können Sie mir da sagen, welchen Paragraph bzw. Gesetz Sie verstoßen haben?

BF: Ich weiß das nicht auswendig.

R: Das müssen Sie ja wissen, was Ihnen genau vorgeworfen wird.

BF: Ja, diese zwei Sachen habe ich von den Unterlagen entnehmen können. Es war Staatseigentumsbeschädigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt, aber welche Paragraphen weiß ich nicht. Ich glaube, die Polizisten waren unmittelbar nach dieser Anzeige auch bei mir. Ich weiß es jetzt nicht genau. Das ist einige Jahre her.

R: Während Sie in Bangladesch waren, waren dreimal die Polizisten bei Ihnen?

BF: Während meinem Aufenthalt in Bangladesch waren sie insgesamt ca. siebenmal bei meinen Eltern.

R: Was ist Ihnen in der zweiten Anzeige vorgeworfen worden?

BF: Am 26.08.2017 wurde ein weiteres Strafverfahren eingeleitet, wegen einer erfundenen Körperverletzung, weil ich war ja nicht dort. Im Zuge eines Raufhandels.

R: Dieses Ereignis hat stattgefunden, wo Sie gar nicht mehr in Bangladesch waren.

BF: Ja, wissen Sie, in Bangladesch muss dieser Vorfall nicht mal stattfinden. Es ist möglich, dass dieser Vorfall gar nicht stattgefunden hat, sondern nur in den Akten. So verfolgen sie uns. Von dieser Anzeige habe ich von meinem Vater erfahren, als die Polizei bei meinem Vater war. Sie behaupten, dass ich in Bangladesch bin.

R: Wann waren dann diese Überfälle auf Ihre Eltern?

BF: Am 11.02.2014 waren sie da, da haben sie unser Haus demoliert. Es war niemand verletzt. Am 15.02.2014 waren sie wieder da, da wurden meine Eltern verletzt und wurden in einer Privatklinik untergebracht und behandelt, 15 Tage lang. Ich war in XXXX , ich war sehr besorgt. Aber ich konnte nicht zurück.

R: Sie haben ja gesagt, Ihre Mutter ist im Sterben gelegen. Haben die auf eine kranke, liegende Frau eingeschlagen?

BF: Ja, die sind keine Menschen. Sie behandeln uns wie Tiere.

R: Wie ist es dann weitergegangen?

BF: In XXXX habe ich zufällig einige gegnerische Parteileute getroffen und haben gesagt, was ich hier mache und sie werden mich suchen.

R: Wie war das, dass Sie zufällig diese Parteileute getroffen haben?

BF: In einem Einkaufszentrum, ich war in einem Restaurant, dort habe ich gearbeitet als Kellner. Dort waren sie zufällig auch. Sie haben dort als Gäste gegessen. Es war eine Person von der Partei und sein Bekannter.

R: Sie haben vorher gesagt, einige und jetzt sind es plötzlich nur zwei.

BF: Ich habe nur zwei gesehen. Vielleicht sind sie aber immer in Gruppen unterwegs. Ich habe ihm serviert und er meinte, er kennt mich aus meinem Heimatort.

R: Haben Sie ihn nicht gekannt?

BF: Ich habe ihn nicht so gut gekannt. Wie ich ihm aber nahe war, habe ich ihn dann erkannt. Am Anfang nicht.

R: XXXX ist eine Stadt mit über 8 Mio. Einwohnern, fast so viel Einwohner wie Österreich. Da werden sie zufällig in dieser riesigen Stadt von diesen zwei Personen aufgespürt?

BF: Das war ein öffentliches Restaurant. Es ist ein berühmtes Einkaufszentrum XXXX und dort kommt jeder aus dem Dorf vorbei. Er war nicht dort, um mich zu suchen, sondern, er war nur essen dort.

R: Was hat er genau zu Ihnen gesagt?

BF: "Du wirst von uns gesucht, was machst du hier." Er ist gleich aufgestanden und weggegangen, um Leute zu holen. Er hat gesagt, dass ich dort warten soll.

R: Wie ist es dann weitergegangen? Was haben Sie gemacht?

BF: Da bin ich sofort von dort weggegangen und zu meinem Freund nach XXXX gegangen. Dort habe ich in einer Textilfabrik gearbeitet. In XXXX hatte ich nicht so ein Problem, aber in XXXX haben sie die Bewohner vom Dorf immer gefragt, was ich mache. Da fühlte ich mich nicht ganz sicher. Ein Monat und 20 Tage ca. war ich dort.

R: Diese Stadt hat auch 320.000 Einwohner. Da fällt man als Fremder schon auf?

BF: In Bangladesch gibt es sehr viele islamische Terroristen, deshalb sind die Bewohner auch sehr achtsam. Es wurden auch schon Anschläge verübt.

R: Warum haben Sie dann nicht geantwortet, sie sind neu zugezogen. Sie wurden ja nicht bedroht.

BF: Ich habe mich dort bekannt gegeben.

R: Keiner hat sie dort vertrieben oder verscheucht.

BF: Ja, sie haben mich gefragt, was ich gemacht habe, warum ich hier bin, warum ich nicht in meiner Heimat bin. Sie haben mich so viel gefragt. So wurden auch andere Parteikollegen ausfindig gemacht. Deswegen bin ich dann nach XXXX gegangen.

R: Bei wem haben Sie in XXXX gelebt?

BF: Bei einem Freund, in einer Wohngemeinschaft.

R: Und in XXXX ?

BF: Auch in einer WG.

R: Warum sind Sie dann nach XXXX gegangen?

BF: Zu meinem Cousin bin ich gezogen. Natürlich deshalb, weil so viele neugierig wurden.

R: In XXXX würde man sie ja genauso verdächtigen, neu zu sein. Was ändert sich denn da?

BF: Dort hatte ich Verwandte. Der bestätigt dann, dass er mich kennt.

R: Warum sind Sie dann nicht in XXXX geblieben?

BF: Die Anzeige ist publik geworden und wurde behördlich gesucht. Der Anwalt hat mit meinem Vater gesprochen und gemeint, dass jederzeit ein Haftbefehl erlassen werden könnte und dann wird es schwierig.

R: Haben Sie nicht gesagt, dass dieser Anwalt erst von Ihrem Vater beauftragt wurde, als Sie schon in Österreich waren?

BF: Ja, er hat den Anwalt schon kontaktiert, wie ich noch in Bangladesch war. Aber die Unterlagen hat er mir geschickt, als ich schon in Österreich war.

R: Wie lange waren Sie in XXXX ?

BF: Ca. zwei Monate.

R: Was haben Sie dort gemacht?

BF: Bei einem Schneider war ich als Aushilfe.

R: Hat man Sie dort gefragt, woher Sie kommen. Oder war alles in Ordnung?

BF: Da hat es keine Probleme gegeben. Aber die Polizei hat begonnen, in meinem engeren Familienkreis nach mir zu suchen.

R: Wie ist es dann weitergegangen?

BF: Ich habe dann mit meinem Freund in XXXX Kontakt aufgenommen und ihn beauftragt, meine Ausreise aus Bangladesch zu organisieren. Dann habe ich mit meinem Freund die Bezahlung von 12.000? vereinbart. Am 30.07.2014 habe ich dann Bangladesch verlassen. Ich bin dann versteckt auf einem LKW nach Indien gefahren.

R: Wann sind Sie nach XXXX zurückgekehrt?

BF: Am 21.07.2014.

R: Wann hat es offiziell die Anzeige gegen Sie gegeben?

BF: Am 31.01.2014 wurde die erste Anzeige in der Polizeistation XXXX erstattet. Die zweite Anzeige wurde am 26.08.2017 in der Polizeistation XXXX erstattet. Diese Anzeige, am 26.08.2017 wurde von dem Obmann des Polizeiverwaltungsbezirks der AL namens XXXX erstattet. Die Staatsanwaltschaft agiert als Nebenkläger.

R: Warum steht in dieser Anzeige, die Sie vorgelegt haben, dass Kläger in diesem Fall ein XXXX ist?

BF: Das ist der Polizist. Die Polizei wird für die Staatsanwaltschaft agieren. In der Anklageschrift steht dieser XXXX nicht drin.

R: Wurden Sie da nur alleine angezeigt?

BF: Es wurden mehrere Leute angezeigt. Solche fertigen Formulare haben die Polizisten. Das ist Gang und Gebe.

R: Wissen Sie, was mit den anderen Personen, die angezeigt werden, passiert?

BF: Ich war an diesem Vorfall nicht beteiligt. Ich habe vorher gesagt, ob dieser Vorfall überhaupt passiert ist oder nur am Papier.

R: Wie ist der Name von diesem Mann, der getötet wurde?

BF: XXXX .

R: Gibt es darüber Berichte, dass er ermordet wurde?

BF: Es gab einen Zeitungsbericht, aber ich habe diesen nicht mit. Meine Gemeinde heißt XXXX . Er stammt aus dieser Ortschaft. Alle sind auf der Flucht.

R: Dann gibt es diese Partei nicht mehr?

BF: Ja, die BNP wurde zerstört. Die Basis fehlt.

R: Ist der Ermordete auch auf dem Plakat?

BF: Nein, aber sein Name war darauf.

BF verweist auf das Schreiben des Obmanns der XXXX vom 01.12.2013.

R: Wann ist der ermordet worden?

BF: 2017 wurde er ermordet. Er wurde von der Polizei inhaftiert und es wurde dann so dargestellt, dass er im Zuge einer Flucht erschossen wurde. Es gibt keine Justiz. Ich vertraue dem Justizwesen in Bangladesch nicht mehr. Der oberste Richter wurde aus dem eigenen Land vertrieben. Er heißt XXXX . Er wurde aus dem Land vertrieben, weil er ein Urteil verkündete.

R: Was wurde Ihnen in der ersten Anzeige konkret vorgeworfen?

BF: In einer Kreuzung XXXX passierte ein Vorfall. Dort wurden Polizeiautos beschädigt im Zuge einer Auseinandersetzung.

R: Wissen Sie auch noch den Tag, wo das passiert sein soll?

BF: Ich war nicht dort, ich weiß es nicht genau. Aber die Anzeige erfolgte am 31.

R: Sie legen eine Anzeige vor, aber ich kann ja auch glauben, dass Sie dort waren und das wirklich passiert ist.

BF: Ich war nicht dabei. Es gibt tausende Berichte, dass solche alltäglich passieren und die Polizei falsche Anzeigen erstatten.

R: Können Sie sagen, wie lange Sie im XXXX waren, nachdem Sie das erste Mal nach XXXX gegangen sind?

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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