TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/12 W176 2226614-1

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Veröffentlicht am 12.03.2020
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Entscheidungsdatum

12.03.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
GebAG §20 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W176 2226614-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch RA Dr. Manfred KLEPEISZ, gegen den Bescheid der Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 23.10.2019, Zl. 29 U 12/16a, betreffend Zeugengebühren zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 1, 2 und 5 iVm § 27 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), iVm § 20 Abs. 1 Gebührenanspruchsgesetz, BGBl. Nr. 136/1975 (GebAG), aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin nahm 22.10.2018 am Bezirksgericht Fünfhaus als Zeugin an einer Verhandlung teil.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid bestimmte die Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes Fünfhaus die Gebühren der genannten Zeugin mit insgesamt EUR 292,90. Das Mehrbegehren der Beschwerdeführerin von EUR 1.496,95 wurde abgewiesen, da sie dem Verbesserungsauftrag bezüglich Bescheinigung des tatsächlichen Verdienstentgangs nicht nachgekommen sei und die Kostenbeamtin diesen daher nicht überprüfen habe können.

3. Mit einem fristgerecht eingebrachten Schriftsatz zog die Beschwerdeführerin den Bescheid in Beschwerde. Darin brachte sie im Wesentlichen vor, sie habe mit Schriftsatz vom 09.09.2019 wie gefordert die betreffenden Unterlagen vorgelegt und somit ihren tatsächlichen Verdienstentgang bescheinigt.

4. Daraufhin legte der Vorsteher des Bezirksgerichtes Fünfhaus am 16.12.2019 die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter I. dargestellten Sachverhalt ausgegangen.

Fest steht, dass der angefochtene Bescheid von der Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes Fünfhaus und nicht vom (im Namen) des Leiters/Vorstehers des genannten Bezirksgerichtes erlassen wurde.

3. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsunterlagen.

Der angefochtene Bescheid wurde von der Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes Fünfhaus unterfertigt und der Bescheid enthält keinen Hinweis darauf, dass die Kostenbeamtin im Namen des Leiters (Vorstehers) dieses Bezirksgerichtes (etwa mit der Fertigungsklausel: "für den Leiter bzw. Vorsteher") unterschrieben hat. Auch wird im Kopf des angefochtenen Bescheides (anders als in der Beschwerdevorlage) unter "Bezirksgericht Fünfhaus" nicht "Der Vorsteher" angeführt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

3.1.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.1.3. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

§ 28 Abs. 5 VwGVG lautet: Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Aus der Literatur ergibt sich, dass es sich bei einer Aufhebung gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG um eine materielle Erledigung der Rechtssache in Form eines Erkenntnisses handle. Diese Form der negativen Sachentscheidung sei von der Formalerledigung nach § 28 Abs. 3 2. Satz und Abs. 4 VwGVG zu unterscheiden. Eine neuerliche Entscheidung der Verwaltungsbehörde über den Gegenstand werde bei ersatzloser Behebung regelmäßig nicht mehr in Betracht kommen, wenngleich im Einzelfall über den zugrundeliegenden (unerledigten) Antrag dennoch abermals zu entscheiden sein könne.

3.2.2.1. Gemäß § 20 Abs. 1 GebAG in der ab 01.01.2014 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 190/2013 ist die Gebühr [eines Zeugen] vom Leiter des Gerichts zu bestimmen, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte. Soweit es sich nicht um einen aus dem Ausland geladenen Zeugen handelt, kann der Leiter des Gerichts einen geeigneten Bediensteten des Gerichts mit der Durchführung des Verfahrens betrauen und ihn ermächtigen, in seinem Namen zu entscheiden. Seit Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 44/2019 mit 01.07.2019 ist ein solches Vorgehen auch bei aus dem Ausland geladenen Zeugen möglich, wenn der geltend gemachte Gebührenbetrag EUR 300,-- nicht übersteigt.

Die Rechtslage zum GebAG vor dem 01.01.2014 sah vor, dass die Gebühr im Justizverwaltungsweg von dem damit betrauten Bediensteten des Gerichtes zu bestimmen ist und dagegen ein Rechtsmittel an den Leiter des Gerichtes zulässig ist. Aufgrund der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012 ist dieser administrative Instanzenzug jedoch nicht mehr zulässig. § 20 Abs. 1 GebAG idF BGBl. I Nr. 190/2013 sieht daher explizit vor, dass die für die Bestimmung einer Zeugengebühr nach dem GebAG und somit für eine Justizverwaltungsaufgabe zuständige Behörde der Leiter des Gerichtes ist. Zwar kann er einen Bediensteten mit dieser Aufgabe betrauen, doch bleibt die behördliche Zuständigkeit weiterhin beim Leiter des Gerichtes und kann der Bedienstete lediglich in seinem Namen (für ihn) entscheiden.

3.2.2.2. Daraus folgt, dass die Kostenbeamtin des Gerichtes nicht zuständig war, den angefochtenen Bescheid zu erlassen. Wie oben ausgeführt, geht aus dem angefochtenen Bescheid eindeutig hervor, dass die Kostenbeamtin die Entscheidung im eigenen Namen getroffen hat.

Zuständig wäre aufgrund der Bestimmung des § 20 Abs. 1 GebAG jedoch dieser als Leiter des Gerichtes gewesen. Zwar kann der Leiter eines Gerichtes einen Bediensteten seines Gerichtes mit der Gebührenbestimmung betrauen und ermächtigen, in seinem Namen zu entscheiden, doch hätte dies in der Fertigungsklausel Ausdruck finden müssen. Im gegenständlichen Fall ist jedoch - wie oben gezeigt - nicht ersichtlich, dass die Kostenbeamtin im Namen des Leiters des Gerichts (für ihn) entschieden hat.

Der angefochtene Bescheid wurde daher nicht von der zuständigen Behörde erlassen. Da aus dieser Unzuständigkeit Rechtswidrigkeit folgt und das Bundesverwaltungsgericht eine Unzuständigkeit von Amts wegen noch vor einer inhaltlichen Überprüfung wahrzunehmen hat, ist der angefochtene Bescheid zu beheben.

Über den Gebührenanspruch des Zeugen muss somit neu entschieden werden. Dabei wird die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 10.09.2019 vorgelegten - und auch aktenkundigen - Unterlagen (vgl. Verwaltungsakt, OZ 8) zu berücksichtigen haben.

3.2.3. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Im Falle der Stattgabe einer Beschwerde, anders als bei einer Abänderung, kann damit eine mündliche Verhandlung entfallen (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 24 VwGVG, Anm. 8).

3.3. Zu Spruchpunkt B):

3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.3.2. Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zur den Voraussetzungen eines Vorgehens nach der Bestimmung des § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG siehe VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063) noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beurteilung im vorliegenden Fall über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

3.3.3. Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Approbationsbefugnis Behebung der Entscheidung Bezirksgericht ersatzlose Behebung Fertigungsklausel Gerichtsvorsteher unzuständige Behörde Unzuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W176.2226614.1.00

Im RIS seit

11.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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