Entscheidungsdatum
17.03.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W274 2227164-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch Mag. LUGHOFER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , Justizwachebeamter, p.A. Justizanstalt XXXX , vertreten durch Stögerer Preisinger Rechtsanwälte OG, Mariahilfer Straße 76/2/23, 1070 Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (nunmehr Bundesministerin für Justiz) vom 06.12.2019, GZ BMVRDJ-3003098/00034/b/2019, wegen Reisegebühren zu Recht:
Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert:
"Dem Beschwerdeführer werden antragsgemäß Reisekosten nach Tarif I für die vom 12. Jänner 2018/6.00 Uhr bis 13. Jänner 2018/8.00 Uhr durchgeführte Bewachung eines Gefangenen im Landeskrankenhaus Graz II - Standort Süd gewährt."
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Mit Reisegebührenrechnung vom 24.01.2018 begehrte der in einem öffentlichen Dienstverhältnis als Justizwachebeamter stehende Beschwerdeführer (BF) "Verrechnung der Tagesgebühren Tarif I" bezogen auf eine Dienstreise vom 12.01.2018, 06:00 Uhr bis 13.01.2018 8:15 Uhr "zur Bewachung des Strafgefangenen HNR 153695 vom 12.01.2018 07:00 Uhr bis 13.01.2018, 7:00 Uhr im LKH Graz Süd-West, Standort Süd, Wagner-Jauregg-Platz 1,8053 Graz".
Am 07.02.2018 wurden dem BF Reisegebühren in Höhe von Euro 13,20 gemäß § 47 Abs. 2 RGV 1955 iVm § 13 und 17 angewiesen.
Mit Schreiben vom 24. Oktober 2019 ersuchte der BF um nachträgliche Abgeltung "der ausstehenden Reisekosten nach Tarif I zur Gänze" sowie um bescheidmäßige Erledigung seines Ansuchens. Begründend führte er aus, beim zugrunde liegenden Dienst habe es sich um keine regelmäßige Dienstverrichtung gehandelt. Eine Dienstverrichtung im LKH Graz komme für den BF nur selten bzw. anlassbezogen vor. Durch die uneingeschränkte Bewachung des Inhaftierten über 26 Stunden hindurch habe er die Kosten der Selbstversorgung (Frühstück, Mittag- und Abendessen inklusive Getränke) zur Gänze selber tragen müssen, um seine Dienstfähigkeit aufrechterhalten zu können. In der JA XXXX bestehe die Möglichkeit, sich bei 24-Stunden-Diensten um 3,80 ? (Frühstück, Mittag- und Abendessen) verpflegen zu lassen. Es sei nicht möglich, eine Ganztagsverpflegung außerhalb der Anstalt um 3,80 ? zu erwerben.
Mit Schreiben vom 12.11.2019 legte die belangte Behörde ihren Verfahrensstandpunkt dar und gab dem BF Gelegenheit, hierzu binnen Frist Stellung zu nehmen. Im Wesentlichen führte sie dazu aus, die Tatsache, dass die JA XXXX in bestimmten Fällen auf die medizinischen Dienste des LKH Graz zurückgreifen müsse, wirke sich nur insoferne auf den BF aus, als sich die An- und Rückreise mit dem Dienstkraftfahrzeug länger gestalte. Dieser Umstand fließe auch in die Dienstzeit ein und habe Auswirkungen auf die Höhe der gemäß § 47 Abs. 2 Z. 1 RGV zu errechnenden Tagesgebühr. Da sich der BF die Kosten der Tagesverpflegung in der JA XXXX in Höhe von Euro 3,80 erspare und darüber hinaus Tagesgebühr in Höhe von Euro 13,20 angewiesen worden seien, seien ihm de facto Euro 17,-- für seine Selbstverpflegung zur Verfügung gestanden. Jeder Bedienstete habe für seine Verpflegungskosten grundsätzlich selbst aufzukommen. Der Grundgedanke der RGV bestehe darin, dem Beamten lediglich einen Mehraufwand zu ersetzen, der ihm anlässlich einer Dienstreise erwachse. Besondere Umstände, die eine Nichtanwendung des §§ 47 RGV rechtfertigen würden, könnten in casu nicht erkannt werden.
Mit Schreiben vom 20.11.2019 führte der BF aus, bei der Bewachung des BF im LKH Graz II, einer Sonderkrankenanstalt, könne von einer regelmäßigen Dienstverrichtung nicht die Rede sein. Euro 3,80 an Verpflegungskosten seien Fixkosten. Es dürfe als unbestrittene Tatsache angenommen werden, dass es einem JWB im Zuge einer Dienstrichtung im Ausmaß von durchgehend 26 Stunden außerhalb der Dienststelle nicht möglich sei, sich mit Euro 13,20 selbst zu versorgen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde "den Antrag vom 29.10.2019 auf Rückvergütung der ausstehenden Reisekosten nach Tarif I zur Gänze für die vom 12.Januar/6:00 Uhr bis 13.1.2018/8:00 Uhr durchgeführte Bewachung eines Gefangenen im LKH Graz II Standort Süd" ab und führte begründend zusammengefasst aus, entsprechend der Rechtsprechung des VwGH seien auswärtige Dienstverrichtungen im Zusammenhang mit der Gefangenenaufsicht regelmäßige Dienstverrichtungen. Die Unterbringung von (auch akut) erkrankten Gefangenen bzw. Untersuchungshäftlingen in Krankenanstalten stelle in der JA XXXX kein besonderes Ereignis dar. Die JA sei darauf eingestellt, nötigenfalls gemäß den Grundsätzen des §§ 71 Abs. 2 StVG zu handeln, wonach kranke Gefangene bzw. U-Häftlinge, die in der JA nicht ausreichend ärztlich versorgt werden könnten, in öffentliche Krankenanstalten überstellt und dort bewacht werden. Die Fahrten zur diesen Krankenanstalten erfolgten ausnahmslos mit Dienstkraftfahrzeugen der JA XXXX . Die vom BF diskutierte Judikatur des VwGH sei teilweise nicht falleinschlägig, teilweise beziehe sie sich auf die Rechtslage vor der Dienstrechtsnovelle 1999 BGBl Nr. 127/1999, im Rahmen derer insbesondere § 47 Abs. 2 RGV novelliert wurde. Der grundsätzliche Gedanke der RGV bestehe darin, dem Beamten den Mehraufwand zu ersetzen, der ihm aus Anlass einer Dienstreise, einer Dienstverrichtung im Dienstort, einer Dienstzuteilung oder Versetzung erwachse, wobei der Ersatz in der Regel in pauschalierter Form vorgenommen werde. Dass dieser Mehraufwand in dem angewiesenen Reisekostenersatz von Euro 13,20 keine Deckung gefunden hätte, habe vom BF nicht glaubhaft dargelegt werden können. Aufgrund der dienstlichen Verpflichtung, uneingeschränkt seine Bewachungstätigkeiten im Sinne des Postendienstes wahrzunehmen, habe lediglich die Möglichkeit einer Kaltverpflegung bestanden, wobei erfahrungsgemäß davon ausgegangen werden könne, dass die Kosten dafür niedriger gehalten werden könnten, als bei Inanspruchnahme einer Verpflegung in einer Gaststätte. Für die im genannten Zeitraum im Rahmen des regelmäßigen Dienstbetriebs der JA XXXX erfolgte Heranziehung des BF zu einer Krankenhausbewachung habe ihm die nach den §§ 13 und 17 RGV ermittelte Tagesgebühr lediglich im halben Ausmaß gemäß § 47 Abs. 2 RGV gebührt. Ein Mehraufwand, der eine Beurteilung der Dienstverrichtung im Sinne des §§ 47 Abs. 1 RGV gerechtfertigt hätte, sei nicht erkennbar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem erkennbaren Antrag, im Sinne einer Abänderung des Bescheides dem BF Reisekosten nach Tarif I zur Gänze für die vom 12. Januar 2018 6:00 Uhr bis 13. Januar 2018 8:00 Uhr durchgeführte Bewachung eines Gefangenen im LKH Graz II Standort Süd zuzuerkennen. Erkennbar erfolgt die Anfechtung des Bescheides aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde mit dem elektronischen Akt ohne weitere Stellungnahme vor.
Am 11.3.2020 erfolgte eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG, in der der BF als Partei sowie XXXX als Zeugin vernommen sowie eine Urkunde vorgelegt wurde.
Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt:
Folgender Sachverhalt steht - über die im Rahmen des Verfahrensgangs unstrittig festgehaltenen Umstände - hinaus fest:
Die Justizanstalt XXXX verfügt über eine eigene Krankenabteilung. Darüber hinaus werden in Bedarfsfällen erkrankte Insassen in einer Inquisitenabteilung im Landeskrankenhaus XXXX bzw. im Landeskrankenhaus Universitätsklinikum Graz bzw. LKH Graz II (psychiatrische Klinik) behandelt. Die Organisation dieser Bewachungen ist wie folgt: Sowohl die Bewachung am LKH XXXX als auch in den genannten Krankenhäusern in Graz erfolgt in der Regel durch einen Justizwachebeamten pro 24 Stunden Dienst. Die Anreise erfolgt mit diensteigenem Pkw. Für die Rückfahrt ist die Beistellung eines Fahrers vorgesehen. Im LKH XXXX und in den Krankenhäusern Graz befinden sich kleine Inquisitenabteilungen, in denen der Justizwachebeamte den Postendienst in der Regel in einem neben dem Krankenraum eingerichteten Bewachungsraum versieht. Diesen Raum darf er, abgesehen von dienstlichen Notwendigkeiten, während des gesamten Postendienstes nicht verlassen. Für die Einnahme von Speisen und Getränken bei Postendiensten in diesen Inquisitenabteilungen ist seitens der Justizanstalt keine Vorsorge getroffen. Im Zeitraum eines Jahres kommt es etwa zu zehn Bewachungsfällen in Krankenhäusern in Graz, wobei ein "Bewachungsfall" von zwei Tagen bis zu einem Monat dauern kann. Bei längeren Bewachungsfällen wechseln die Justizwachebeamten einander im 24 Stunden Rhythmus ab.
Der BF wird etwa ein oder zweimal jährlich in einer Justizanstalt außerhalb der Justizanstalt selbst zu einem Bewachungsdienst eingeteilt. In einem solchen Dienst bestellt er in der Regel etwas Warmes über einen Lieferservice und nimmt sich darüber hinaus Speisen und Getränke mit.
In der Justizanstalt XXXX besteht die Möglichkeit für Justizwachebeamte, an der Insassenverpflegung teilzunehmen. Die Einnahme eines Mittag- und Abendessens samt Getränken kostet dabei etwa fünf Euro. Es handelt sich dabei um die notwendigen Aufwendungen für Verpflegung für einen 24 Stunden Dienst.
Die gut 26-stündige hier zu beurteilende Dienstverrichtung des BF außerhalb der JA XXXX beinhaltete eine 24-stündige Bewachung des Strafgefangenen (laut Reiserechnung von 12. Januar 2018 7.00 Uhr bis 13.01.2018 7:00 Uhr). Die hin- und Rückreise erfolgte mit Dienstkraftwagen.
Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu den in der Justizanstalt XXXX "anfallenden" Krankenbetreuungen außerhalb der Justizanstalt, deren Häufigkeit, Ausstattung der Krankenabteilungen, die Art der damit verbundenen Dienste der Justizwachebeamten sowie die organisatorischen Vorkehrungen (Beistellung eines Dienstkraftfahrzeugs) beruhen auf den diesbezüglich nachvollziehbaren Angaben der Zeugin XXXX im Zusammenhalt mit der vorgelegten Bescheinigung des stellvertretenden Anstaltsleiters XXXX , Beilage Z 1.
Die Feststellung, dass keine organisatorischen Vorkehrungen für die Verpflegung der Justizwachebeamten außerhalb der Justizanstalt bestehen, beruht auf der diesbezüglich klaren Angabe der Zeugin XXXX (NS BVwG, S 3).
Die Feststellungen zu den individuellen Umständen der Dienstverrichtung des BF (Häufigkeit, Art der Verpflegung, Art der Verpflegung in der Justizanstalt) beruhen auf den glaubwürdigen Angaben des BF.
Rechtlich folgt:
Gemäß § 1 Absatz 1 Reisegebührenvorschrift 1955 (RGV), die im Gesetzesrang steht, haben Bundesbeamte nach Maßgabe dieser Verordnung Anspruch auf den Ersatz des Mehraufwandes, der ihnen
a) durch eine Dienstreise,
b) durch eine Dienstverrichtung im Dienstort,
c) durch eine Dienstzuteilung,
d) durch eine Versetzung erwächst.
Gemäß § 2 Abs. 1 liegt eine Dienstreise im Sinne dieser Verordnung vor, wenn sich ein Beamter zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstauftrags oder aufgrund einer Dienstinstruktion an einen außerhalb des Dienstortes gelegenen Ort begibt und die Wegstrecke von der Dienststelle zu diesem Wort mehr als 2 km beträgt.
Gemäß § 4 gebührt dem Beamten bei Dienstreisen
1. die Reisekostenvergütung (Beförderungskosten),
2. die Reisezulage (Abdeckung des Mehraufwandes für Verpflegung und Unterkunft) und
3. nachgewiesene Aufwendungen (Kosten für Ferngespräche oder Kopien etc.).
Gemäß § 13 Abs. 1 umfasst die Reisezulage
1. die Tagesgebühr
a) nach Tarif I in der Höhe von Euro 26,4 oder
b) nach Tarif II in der Höhe von Euro 19,8 und
2. die Nächtigungsgebühr in der Höhe von Euro 15.
Gemäß § 17 Abs. 1 erhält der Beamte für je 24 Stunden der Dienstreise die volle Tagesgebühr.
Gemäß § 47 Absatz 1 besteht für die mit dem regelmäßigen Dienstbetrieb der Justizanstalt und zwar sowohl bei der Gefangenenaufsicht als auch im Wirtschaft- und Arbeitsbetrieb verbundenen Gänge und auswärtigen Dienstverrichtungen in der Regel kein Anspruch auf Gebühr nach § 4.
Gemäß Abs. 2 gebühren Strafvollzugsbediensteten, die zu regelmäßigen Dienstverrichtungen in außerhalb ihres Dienstortes liegenden Außenstellen, Justizanstalten oder solchen Krankenanstalten herangezogen werden,
1. unter Ausschluss einer Nächtigungsgebühr die nach den §§ 13 und 17 ermittelte Tagesgebühr im halben Ausmaß und
2. eine Reisekostenvergütung in der Höhe der Kosten der Beförderung der Person und des notwendigen Reise- und Dienstgepäcks mit einem Massenbeförderungsmittel von der Dienststelle zur Außenstelle oder zur Krankenanstalt.
§ 47 Abs. 2 RGV idgF wurde mit Dienstrechtsnovelle 1999 BGBl I Nr. 127/1999 eingeführt.
In der Regierungsvorlage 1764 der Beilagen zur XX. Gesetzgebungsperiode (Dienstrechtsnovelle 1999, BGBl Nr. 127/1999) wird zu Artikel VII Z. 12 (§ 47 RGV) ausgeführt:
"Gemäß § 47 Absatz 1 idgF besteht für die mit dem regelmäßigen Dienstbetrieb der Justizanstalt verbundenen auswärtigen Dienstverrichtungen in der Regel kein Anspruch auf Reisegebühren. § 47 Abs. 2 idgF sieht vor, dass die für diese Dienste allenfalls anfallenden Gebühren in besonderen Vorschriften geregelt werden können. Der letzte Erlass, der unter Inanspruchnahme dieser Ermächtigung ergangen ist, stammt jedoch aus dem Jahr 1961 und ist mittlerweile schon aus Gründen der Geldentwertung bedeutungslos. Die Neufassung des § 47 zielt darauf ab, für Justizwachebeamte einen Anspruch auf Ersatz allfälliger unvermeidbarer Mehraufwendungen im Zusammenhang mit Bewachungsdiensten in Außenstellen von Justizanstalten sowie in Krankenanstalten vorzusehen, wenn der Ort der Dienstverrichtung außerhalb des Dienstortes liegt. Da es sich dabei um eine Verpflichtung zu regulären Dienstleistungen handelt und ein Mehraufwand für Unterkunft nicht entstehen kann, ist kein Anspruch auf Nächtigungsgebühr vorgesehen. Um einen allfälligen Mehraufwand im Zusammenhang mit der Verpflegung in nicht gewohnter Umgebung abdecken zu können, ist eine nach den §§ 13 und 17 zu bemessende Tagesgebühr im halben Ausmaß vorgesehen. Die Kosten der Reisebewegung von der Dienststelle zur Außenstelle bzw. zur Krankenanstalt werden durch eine Reisekostenvergütung gemäß § 4 Z 1 abgedeckt, wobei jedoch ausschließlich die Kosten eines Massenbeförderungsmittels ersetzt werden. Von der Voraussetzung der tatsächlichen und nachgewiesenen Benützung eines Massenbeförderungsmittels wurde abgesehen, sodass es dem Bediensteten freisteht, auch mit dem eigenen Kraftfahrzeug zum Ort der Dienstverrichtung zu gelangen."
Die Sonderbestimmung für Justizwachebeamte des § 47 RGV vor Inkrafttreten der Dienstrechtsnovelle 1999 lautete wie folgt:
Abs. 1: Für die mit dem regelmäßigen Dienstbetrieb der Justizanstalt, und zwar sowohl bei der Gefangenenaufsicht als auch im Wirtschafts-und Arbeitsbetrieb verbundenen Gänge und auswärtigen Dienstverrichtungen, besteht in der Regel kein Anspruch auf Gebühr nach § 4.
Abs. 2: Die für diese Dienste allenfalls anfallenden Gebühren sind in besonderen Vorschriften geregelt.
Eine Vorschrift im Sinne des § 47 Abs. 2 RGV wurde während der Geltung dieser Bestimmung im Bundesgesetzblatt nicht kundgemacht (VwGH 13.09.2001, 98/12/0092.
Zur "Geschichte" der Rechtsprechung zur Reisekostenvergütung, den Reisezulagen und den nachgewiesenen Aufwendungen von Justizwachebeamten im Zusammenhang mit Bewachungen außerhalb der Justizanstalt:
Zu 1231/ 77 vom 09.09.1977 erkannte der VwGH über Reisegebühren eines Justizwachebeamten eines landesgerichtlichen Gefangenenhauses, der Gefangene in einer Krankenanstalt in derselben Stadt zu bewachen hatte, in der auch das Gefangenenhaus lag. In Bezug auf § 20 Abs. 3 RGV nahm der VwGH auf die Tatbestandselemente "Natur des Dienstes" und "regelmäßige Dienstverrichtungen" Bezug und führte aus, für das Tatbestandselement "Natur des Dienstes" könne nicht entscheidend sein, ob die Dienstverrichtungen ausnahmsweise anfielen - dies wäre allenfalls beim Tatbestandselement der "Regelmäßigkeit" beachtlich -, sondern ob sie zu den Dienstpflichten zählten, die im betreffenden Dienstzweig nach der für ihn charakteristischen Tätigkeit zu erfüllen seien. Der Verwaltungsgerichtshof kam damals zur Ansicht, § 47 Abs. 1 RGV (in der damaligen Fassung) lasse erkennen, dass der Gesetzgeber auswärtige Dienstverrichtungen im Zusammenhang mit der Gefangenenaufsicht schlechthin zum regelmäßigen Dienstbetrieb der Justizanstalt rechne.
Die Entscheidung 98/12/0493 vom 30.01.2002, bezogen ebenso noch auf die alte Rechtslage, sah dies differenzierter: Hier sprach der VwGH (durch einen anderen Senat) aus, der Ausschlusstatbestand des § 47 Abs. 1 RGV sei dann nicht anzuwenden, wenn die Dienstverrichtung den Kreis des regelmäßigen Dienstbetriebs einer Justizanstalt überschreite oder wenn dem Justizwachebeamten durch eine auswärtige Dienstverrichtung, die zwar zum regelmäßigen Dienstbetrieb der Justizanstalt zähle, typologisch betrachtet Mehraufwendungen im Sinne des § 1 RGV entstehen und führte auch aus: "Mag auch die Bewachung eines Insassen in einer justizanstaltsinternen Krankenabteilung bzw. einem derartig integrierten Spital oder in einer im Dienstort gelegenen Krankenanstalt zum regelmäßigen Dienstbetrieb der Justizanstalt gehören, ist nicht auszuschließen, dass die Bewachung eines Häftlings in einer außerhalb der Ortsgemeinde der Dienststelle (hier: 16 km von dieser entfernten) Krankenanstalt in Anbetracht der größeren Entfernung, die der Justizwachebeamte zur Erfüllung des Dienstauftrages zurückgelegt hat, eine besondere Dienstverrichtung darstellt, aus der dem Beamten überdies auch ein Mehraufwand erwächst. Maßgeblich ist die konkrete Organisation der Justizanstalt, ob sie etwa auf die regelmäßige Unterbringung von Insassen in einer Krankenanstalt außerhalb ihrer Ortsgemeinde in der Weise ausgerichtet ist, dass einem Justizwachebeamten die Dienstverrichtung in der Krankenanstalt ohne den für eine Dienstreise typischen Aufwand ermöglicht wird, etwa durch dienstgeberseitig beigestellte Beförderungsmittel."
Im Erkenntnis Ra 2017/12/0122 vom 21.11.2017, nunmehr vor dem Hintergrund der aktuellen Fassung des § 47 Abs 1 und 2 RGV, bezog sich der Verwaltungsgerichtshof zwar auf das oben zitierte Erkenntnis 1231/77, wonach die Beaufsichtigung kranker Gefangener in den hierfür vorgesehenen Abteilungen der Krankenanstalten zu den regelmäßigen und in der Natur des Dienstes gelegenen Dienstverrichtungen eines Justizwachebeamten im Sinne des §§ 20 Abs. 3 RGV zähle. In diesem Erkenntnis wird aber darauf verwiesen, dass das genannte Erkenntnis eine Dienstverrichtung eines Justizwachebeamten in seinem Dienstort zum Gegenstand hatte, sodass hieraus auf den vorliegenden Fall einer Dienstverrichtung außerhalb des Dienstortes noch nichts abgeleitet werden könne. Im Übrigen sei der obige Rechtssatz vor dem Hintergrund des konkreten Anlassfalles - die Beaufsichtigung von Häftlingen in einer Krankenanstalt im Dienstort - zu sehen.
Daraus folgt:
Für die Beurteilung der Regelmäßigkeit der Dienstverrichtungen nach § 47 Abs. 1 bzw. Abs. 2 ist daher nicht in erster Linie die Häufigkeit dieser Dienstverrichtungen, sondern die Frage maßgeblich, ob die konkrete Organisation der Justizanstalt auf die regelmäßige Unterbringung von Insassen in einer Krankenanstalt außerhalb ihrer Ortsgemeinde in der Weise ausgerichtet ist, dass einem Justizwachebeamten die Dienstverrichtung in der Krankenanstalt ohne den für eine Dienstreise typischen Aufwand ermöglicht wird, etwa durch dienstgeberseitig beigestellte Beförderungsmittel.
Schon aus § 4 RGV erfolgt, dass die für eine Dienstreise typischen Aufwendungen Reisekosten, die Abdeckung eines Mehraufwands für Verpflegung und Unterkunft sowie sonstige nachgewiesene Aufwendungen sind.
Im Bereich der Reisekostenvergütung wurde unstrittig ein Dienst-Kfz beigestellt, sodass aus diesem Titel dem BF kein Aufwand erwuchs.
Sehr wohl erwuchs dem BF hingegen ein (Mehr-) Aufwand für Verpflegung (Reisezulage), weil nach den Feststellungen dienstgeberseitig keine Vorkehrungen für eine Verpflegung während des 24-Stundendienstes getroffen wurden. Schon aus dem Umstand, dass dem BF im Rahmen eines Dienstes in der Justizanstalt die Teilnahme an der Insassenverpflegung freisteht, die er etwa für fünf Euro für einen 24-Stundendienst in Anspruch nehmen kann, eine solche Möglichkeit bei der hier in Rede stehenden Gefangenenbetreuung in Graz aber nicht zur Verfügung stand, liegt demgegenüber ein Mehraufwand für Verpflegung auf der Hand. Im Bereich der RGV wird die Reisezulage im Sinne einer Tagesgebühr nach Tarif I bzw. Tarif II pauschaliert. Dem BF obliegt daher nicht der Nachweis, welche tatsächlichen Aufwendungen der Höhe nach für ihn im Rahmen des hier zu beurteilenden Dienstes anfielen. Es ist daher auch keine Differenzrechnung zwischen den bei einem Dienst in der Justizanstalt anfallenden Verpflegungskosten einerseits und dem konkreten Verpflegsaufwand bei der Dienstreise anzustellen. Auch wenn mit § 47 Abs 2 RGV nach der RV eine nach den §§ 13 und 17 zu bemessende Tagesgebühr im halben Ausmaß vorgesehen sein sollte, um einen allfälligen Mehraufwand im Zusammenhang mit der Verpflegung in nicht gewohnter Umgebung abdecken zu können, ist nach der dargestellten Rechtsprechung darauf abzustellen, ob in Concreto die Organisation der Justizanstalt auf die Unterbringung von Insassen in einer Krankenanstalt außerhalb des Dienstortes in der vom Verwaltungsgerichtshof zu 98/12/0493 definierten Weise im bezug auf die Verpflegung der bewachenden Justizwachebeamten ausgerichtet ist. Das ist nach den Feststellungen im Bezug auf die JA XXXX zu verneinen (keinerlei diesbezügliche Vorkehrungen), sodass insoferne nicht von regelmäßigem Dienstbetrieb bzw. regelmäßigen Dienstverrichtungen im Sinne des § 47 Abs. 1 und 2 auszugehen ist. Dem BF ist daher die volle Tagesgebühr zu ersetzen, sodass der bekämpfte Bescheid in diesem Sinne abzuändern war, wobei dem BF bereits die Hälfte der nunmehr spruchgemäß zuerkannten Gebühren nach Tarif I in Höhe von EUR 13,20 bereits angewiesen wurden.
Der Ausspruch der Zulässigkeit der Revision folgt dem Umstand, dass explizite Rechtsprechung zur Frage, wie das Tatbestandselement "regelmäßige Dienstverrichtung" im Sinne des § 47 Abs. 2 RGV auszulegen ist, noch nicht vorliegt.
Schlagworte
Dienstort Häftling Justizanstalt Justizwachebeamter Mehraufwand Reisegebühren Revision zulässig Überwachungsmaßnahme Verpflegskosten VerpflegungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W274.2227164.1.00Im RIS seit
11.09.2020Zuletzt aktualisiert am
11.09.2020