Entscheidungsdatum
15.04.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W213 2230186-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Albert SLAMANIG als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , gegen den Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 21.03.2020, GZ. 483089/18/ZD/0320, betreffend Zuweisung zum außerordentlichen Zivildienstes, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 8a Abs. 6 ZDG in Verbindung mit § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
I.1. Nach Feststellung der Tauglichkeit, Abgabe einer Zivildiensterklärung und Feststellung des Eintrittes der Zivildienstpflicht wurde der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 28.03.2019 einer näher genannten Einrichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes für den Zeitraum vom 01.07.2019 bis zum 31.03.2020 zugewiesen.
I.2. Mit dem gegenständlichen Bescheid vom 21.03.2020, Zl. 483089/18/ZD/0320wurde der Beschwerdeführer zu einem außerordentlichen Zivildienst gemäß § 8a Abs. 6 ZDG iVm § 21 Abs. 1 ZDG zugewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass aufgrund der Covid-19 Pandemie der Einsatz des Beschwerdeführers erforderlich sei. Der Bescheid wurde am 24.03.2020 zugestellt
I.3. Mit Schriftsatz vom 30.03.2020 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid und brachte im Wesentlichen vor, dass am 01.07.2019 den ordentlichen Zivildienst beim Verein Menschenrechte Österreich, Geschäftsstelle Graz, begonnen habe.
Durch den mit dem bekämpften Bescheid angeordneten außerordentlichen Zivildienst würde sein im Wintersemester 2019/20 begonnenes Studium der Informatik an der TU Graz beeinträchtigt bzw. unterbrochen werden. Das gelte auch für seine mit Wirkung vom 01.03.2020 eingegangenes Dienstverhältnis als Studienassistent (Beschäftigungsausmaß sechs Wochenstunden) an der TU Graz. Darüber hinaus könne er seine seit 01.08.2017 ausgeübte als IT-Support Angestellter im Ausmaß von sechs Wochenstunden bei der XXXX , nicht mehr ausüben.
Zusätzlich sei noch hinzuzufügen, dass er an Hämatophobie leide, was soweit gehe, dass es bereits mehrmals zu Ohnmachtsanfällen in diesbezüglichen Situationen gekommen sei. Ein konkretes Beispiel wäre der Erste-Hilfe-Kurs, welchen er im Rahmen des Führerscheinkurses, beim Roten Kreuz absolviert habe und bei welchem er das Bewusstsein verloren habe. Der Einsatz seiner Person im Gesundheitswesen sei daher unzumutbar.
Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei erforderlich, da die Durchsetzung des bekämpften Bescheides einen unverhältnismäßigen Nachteil für ihn ergeben würde und seine Beschäftigung als Studienassistent genauso im öffentlichen Interesse stehe wie die Verlängerung der Leistung des Zivildienstes. Darüber hinaus würde der Schaden bereits entstehen, sollte die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt werden.
Es werde daher beantragt,
1. der Beschwerde aufschiebende Wirkung gemäß § 2a Abs. 4 ZDG zuzuerkennen;
2. den angefochtenen Zuweisung Bescheid ersatzlos zu beheben;
3. in eventu, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Dauer des zu leistenden außerordentlichen Zivildienstes herabgesetzt wird;
4. eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der Beschwerdeführer wurde zum Wehrdienst für tauglich befunden, ist zivildienstpflichtig und wurde über die Zeit des ordentlichen Zivildienstes hinaus mit dem gegenständlichen Bescheid vom 21. März zwei 3020 der Einrichtung XXXX , für den Zeitraum vom 01.04.2020 bis zum 30.06.2020 zur Leistung eines außerordentlichen Zivildienstes zugewiesen. Er hat sein 50. Lebensjahr noch nicht vollendet und wurde nicht von der Leistung des Zivildienstes befreit. Der Beschwerdeführer war im Zuweisungszeitpunkt weder in Haft noch dienstunfähig aufgrund von Krankheit mit unabsehbarer Wiederherstellung der Dienstfähigkeit.
Der Beschwerdeführer hat am 01.07.2019 den ordentlichen Zivildienst beim XXXX , angetreten. Während des laufenden Zivildienstes begann er im Wintersemester 2019/20 mit dem Studium der Informatik an der TU Graz. Mit Wirkung vom 01.03.2020 ging er ein Dienstverhältnis als Studienassistent (Beschäftigungsausmaß sechs Wochenstunden) an der TU Graz ein.
Seit 01.08.2017 ist der Beschwerdeführer im Ausmaß von sechs Wochenstunden als IT-Support Angestellter bei der XXXX , beschäftigt.
Aufgrund der aktuellen Covid-19 Pandemie steht das gesamte österreichische Gesundheitssystem vor substantiellen Einschränkungen bzw Anforderungen. Diese betreffen auch die oben genannte Einrichtung. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers bei der genannten Einrichtung dient der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Gesundheitsversorgung.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde. Die belangte Behörde ermittelte den entscheidungsrelevanten Sachverhalt im behördlichen Verfahren hinreichend und stellte in der beschwerdegegenständlichen Bescheidbegründung diesen nachvollziehbar fest. Es gibt keinen Grund, an der Feststellung der belangten Behörde, wonach die Zuweisung erforderlich ist und keine Zuweisungshindernisse vorliegen, zu zweifeln. Dabei ist hervorzuheben, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich des von ihm begonnenen Studiums und der von ihm eingegangenen Dienstverhältnisse vollinhaltlich Glauben geschenkt wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da für den hier vorliegenden Fall im maßgeblichen Zivildienstgesetz 1986 (ZDG) keine Senatsbestimmungen vorgesehen sind, liegt gegenständlich somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 4 leg.cit. kann das Verwaltungsgericht, soweit das Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt, ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
Letzteres ist hier der Fall. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte Abstand genommen werden, da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und lediglich eine einfache Rechtsfrage vorliegt.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Wie oben bereits ausgeführt steht der in der Angelegenheit maßgebliche Sachverhalt bereits aufgrund der Aktenlage fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.
Zu A)
Gem. § 8a Abs. 6 ZDG ist der weitere Einsatz von der Zivildienstserviceagentur bescheidmäßig zu verfügen, sofern ein Einsatz nach Abs. 1 über die bescheidmäßig verfügte Dauer des ordentlichen Zivildienstes (§ 8 Abs. 1 ZDG) hinaus erforderlich wird. Dies gilt als außerordentlicher Zivildienst gemäß § 21 Abs. 1 ZDG.
Die Zivildienstserviceagentur hat Zivildienstpflichtige gem. § 21 Abs. 1 ZDG bei Elementarereignissen, Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfanges und außerordentlichen Notständen (insbesondere in Zeiten, in denen Wehrpflichtige zur Leistung des Einsatzpräsenzdienstes einberufen werden) im personell und zeitlich notwendigen Ausmaß zur Leistung des außerordentlichen Zivildienstes zu verpflichten. Die Zivildienstpflichtigen sind anerkannten Einrichtungen (§ 4 Abs. 1 ZDG) zuzuweisen, die in besonderem Maße geeignet sind, die Erfüllung des Zweckes dieses außerordentlichen Zivildienstes zu gewährleisten. Hinsichtlich der Zuweisung von Zivildienstleistenden an Rechtsträger sowie die Anweisung Zivildienstleistender durch Rechtsträger gilt § 8a ZDG sinngemäß.
Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu Folgendes aus: "Es ist zwischen der Zivildienstpflicht und der Ableistung des ordentlichen oder gegebenenfalls auch des außerordentlichen Zivildienstes zu unterscheiden. Gemäß § 1 Abs 4 des ZDG 1986 wird mit Einbringung einer mängelfreien Zivildiensterklärung der Wehrpflichtige von der Wehrpflicht befreit und zivildienstpflichtig. Die Zivildienstpflicht tritt damit an die Stelle der Wehrpflicht, welche gemäß § 10 Abs 1 WehrG 2001 - von bestimmten Ausnahmen abgesehen - mit Vollendung des 50. Lebensjahres endet. Dass die Zivildienstpflicht auch nach Ableistung des ordentlichen Zivildienstes fortbesteht, zeigt auch § 21 Abs 1 ZDG 1986, wonach die Zivildienstserviceagentur Zivildienstpflichtige bei Elementarereignissen, Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfangs und außerordentlichen Notständen zur Leistung des außerordentlichen Zivildienstes zu verpflichten hat." (Verwaltungsgerichtshof, 27.05.2010, 2008/03/0028).
Gemäß § 12 ZDG sind nur jene Zivildienstpflichtigen von einer Zuweisung ausgeschlossen, über die eine Freiheitsstrafe verhängt worden ist und die einen Strafaufschub oder eine Strafunterbrechung bewilligt erhielten, für die Dauer dieses Aufschubes oder dieser Unterbrechung, sowie Personen, die sich in Haft befinden oder sonst auf behördliche Anordnung angehalten werden, für die Dauer dieser Haft oder dieser Anhaltung, sowie Zivildienstpflichtige, die geistig oder körperlich zu jedem Zivildienst dauernd oder vorübergehend unfähig sind und bei denen die Herstellung der Dienstfähigkeit in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist.
Ein solches Zuweisungshindernis liegt im vorliegenden Fall nicht vor und wurde auch nicht behauptet. Soweit der Beschwerdeführer behauptet an Hämatophobie zu leiden und er deswegen im Gesundheitswesen nicht eingesetzt werden könne, ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer die Tauglichkeit für den Zivildienst aufweist und auch bereits seinen ordentlichen Zivildienst tatsächlich geleistet hat. Einer Verwendung des Beschwerdeführers im Rahmen der Altenpflege steht daher nichts im Wege, zumal es sich bei Insassen von Altersheimen um eine unter dem Gesichtspunkt der Covid-19 Pandemie besonders von vulnerable Gruppe handelt.
Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde auf persönliche Gründe verweist, die der Verlängerung des Zivildienstes entgegenstehen würden, ist dem entgegenzuhalten, dass diese Gründe in einem Befreiungsantrag nach § 13 ZDG geltend zu machen sind.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hindert ein Antrag auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Präsenzdienstes [hier: Zivildienst] oder auf Aufschub eine Einberufung nicht, sondern wird gemäß § 26 Abs. 4 WG 2001 erst mit Erlassung eines Bescheides, durch den einem Wehrpflichtigen eine Befreiung oder ein Aufschub gewährt wurde, eine bereits rechtswirksam verfügte Einberufung für den Zeitraum dieser Befreiung oder dieses Aufschubes unwirksam. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt erst ein rechtskräftiger Ausspruch betreffend die Befreiung von der Präsenzdienstpflicht ein rechtliches Hindernis für die Erlassung eines Einberufungsbefehles dar. Die Stellung eines Antrages auf Befreiung hindert demnach ebenso wenig die Einberufung zum Grundwehrdienst wie die Erhebung einer Berufung [nunmehr Beschwerde] gegen den einen Befreiungsantrag abweisenden Bescheid (vgl. VwGH 23.05.2013, 2013/11/0102 mwN).
Da der Einsatz des tauglichen Beschwerdeführers als Zivildienstleistender aufgrund der aktuellen Situation zur pandemiebedingten Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung erforderlich ist, keine Zuweisungshindernisse vorliegen und der Beschwerdeführer nicht von der Leistung des Zivildienstes befreit wurde, ist die Beschwerde abzuweisen.
Ein separater Abspruch über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung konnte entfallen, da mit der gegenständlichen Entscheidung unverzüglich über die Hauptsache entschieden wurde und damit das Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers über diesen Spruchpunkt weggefallen ist (vgl. VwGH 07.04.2016, Ro 2015/03/0046).
Die Beschwerde war daher gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG i.V.m. § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung - Entfall Befreiungsantrag geringfügige Beschäftigung Gesundheitszustand öffentliche Interessen Pandemie Studium Zivildiener Zivildienst Zuweisung ZuweisungsbescheidEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W213.2230186.1.00Im RIS seit
11.09.2020Zuletzt aktualisiert am
11.09.2020