TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/15 W213 2230180-1

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Veröffentlicht am 15.04.2020
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Entscheidungsdatum

15.04.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
WG 2001 §26 Abs1 Z2
WG 2001 §36a Abs1 Z2

Spruch

W213 2230180-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Albert SLAMANIG als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , gegen den Bescheid des Militärkommandos Oberösterreich, Ergänzungsabteilung, vom 02.03.2020, GZ. P1555407/1-MilKdoOÖ/Kdo/ErgAbt/2019(6), betreffend gänzliche Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG i.V.m. § 26 Abs. 1 Z. 2 WehrG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

!.1.Mit Schreiben vom 08.05.2019 beantragte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf seine familiäre Situation ihn von der Leistung des Grundwehrdienstes zu befreien, wobei im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass die Eltern des Beschwerdeführers seit 1996 einen landwirtschaftlichen Betrieb mit 37 ha Nutzfläche und 6 ha Forstwirtschaft führten. Im Stall stünden 35 Milchkühe, 12 Maststiere, 16 Kalbinnen, 20 Jungrinder und Kälber. Der ältere der beiden Brüder des Beschwerdeführers XXXX (21) arbeite als Landmaschinentechniker, habe seinen Wehrdienst abgeleistet und sei bereits von zu Hause ausgezogen. XXXX (19) maturiere derzeit Zeit an der HTBLA XXXX und werde im Februar 2020 seinen Zivildienst im KH Schärding antreten. Der Beschwerdeführer werde im Juli 2019 die Landwirtschaftliche Fachschule XXXX mit der Facharbeiterprüfung abschließen und anschließend am elterlichen Betrieb arbeiten, wo er derzeit schon tatkräftig mithelfe.

Die Mutter des Beschwerdeführers sei 2015 wegen Darmkrebs mit anschließender Chemo- bzw. Strahlentherapie und Operationen aus dem Arbeitsleben gerissen worden. 2016 sei bei ihr ein Melanom diagnostiziert wurde. Auf Grund massiver Komplikationen sei sie neun Monate im Krankenhaus und drei Monate auf REHA gewesen. Nachdem einem Jahr im Rollstuhl könne sie sich zwar derzeit wieder mittels Rollator und Krücken fortbewegen, brauche aber selbst noch teilweise Unterstützung bei den Aktivitäten des täglichen Lebens und im Haushalt. Der Vater des Beschwerdeführers sei durch diese Situation physisch und psychisch sehr belastet. Daher sei der Beschwerdeführer zur Fortführung des landwirtschaftlichen Betriebes, den er später einmal übernehmen wolle, unentbehrlich.

I.2. Die belangte Behörde forderte im Zuge des Ermittlungsverfahrens mit Schreiben vom 14.05.2019 die Heimatgemeinde des Beschwerdeführers und die Landwirtschaftskammer Oberösterreich zur Bekanntgabe nähere Informationen über die persönlichen, familiären und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers und seiner Eltern sowie näherer Angaben über Art und Umfang des von den Eltern des Beschwerdeführers bewirtschafteten landwirtschaftlichen Betriebes auf. Ferner wurde der Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom 09.08.2019 aufgefordert Befunde über die im Antrag angegebene physische und psychische Erkrankung seines Vaters vorzulegen.

I.3. Nach Durchführung der obigen Ermittlungsschritte setzte die belangte Behörde den Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme im Rahmen des Parteiengehörs in Kenntnis. Der Beschwerdeführer nahm dieses Ergebnis mit Schreiben vom 12.12.2019 zur Kenntnis, wobei er lediglich ergänzte, dass sich die Anzahl der Milchküche sich von 27 Kühen, auf 35 Kühe erhöht habe. Ferner lebe sein Bruder XXXX seit September 2019 nicht mehr im gemeinsamen Haushalt. Er könne daher auch in Notfällen nicht mehr aushelfen, da er selbst neben seiner Berufstätigkeit auch noch am Betrieb seiner Freundin mithelfe. Aus dieser und der in der Beweisaufnahme angeführten Gründe und seiner familiären Situation sei er vom elterlichen Betrieb unabkömmlich, denn sein Vater könne die Arbeiten im Betrieb nicht alleine bewältigen. Da er gerne den Betrieb weiterführen wolle und diesen nach der Pensionierung seines Vaters übernehme, bitte er um Befreiung vom Grundwehrdienst.

I.4. Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge den nunmehr angefochtenen Bescheid dessen Spruch nachstehenden Wortlaut hatte:

"Ihr Antrag vom 08.05.2019 auf gänzliche Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 26 Abs. 1 Ziffer 2 des Wehrgesetzes 2001 - WG 2001, BGBl. I Nr. 146, in der derzeit geltenden Fassung."

In der Begründung wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges unter Hinweis auf die einschlägige gesetzliche Bestimmung des §§ 26 WehrG ausgeführt, dass im vorliegenden Fall keine besonders rücksichtswürdigen wirtschaftlichen Interessen im Sinne der bezogenen Gesetzesstelle vorlägen, welche eine Befreiung von der Verpflichtung zur Ableistung der oben angeführten Präsenzdienstart rechtfertigten, weil nicht der Beschwerdeführer selbst, sondern seine Eltern Besitzer des in Rede stehenden Betriebes seien.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hätten die für eine Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes maßgeblichen wirtschaftlichen Interessen jedoch auch in der Person des Antragstellers gelegen zu sein (vergleiche dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 04. Dezember 1987, Zl. 87/11/0094).

Auch das Vorbringen, dass der Beschwerdeführer der zukünftige Eigentümer des Betriebes sei, vermöge kein besonders rücksichtswürdiges wirtschaftliches Interesse im Sinne der bezogenen Gesetzesstelle zu begründen. Dies deshalb, weil eine solche Übernahme ein in der Zukunft liegendes Ereignis darstelle, nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Behörde, aber nur von solchen Tatsachen auszugehen habe, die zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides bereits bestünden (siehe dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. März 1969, Zl. 1.310/68).

Beim Beschwerdeführer lägen jedoch familiäre Interessen vor, weil bei seiner Mutter eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von 100 % bestehe und sie sich seit September 2018 in der Berufsunfähigkeitspension befinde. Die Frage aber, ob diese Interessen im Sinne der bezogenen Gesetzesstelle so besonders rücksichtswürdig seien, müsse verneint werden. Dies deshalb, weil nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besonders rücksichtswürdige familiäre Interessen im Sinne des § 26 Abs. 1 Ziffer 2 Wehrgesetz 2001 nur dann vorlägen, wenn ein Familienangehöriger in seinen eigenen Belangen der Unterstützung des Wehrpflichtigen bedürfe, die ihm dieser aber wegen der Leistung des Grundwehrdienstes nicht gewähren könne und wenn der unterstützungsbedürftige Familienangehörige als Folge des Ausbleibens dieser Unterstützung in seiner Gesundheit oder in sonstigen lebenswichtigen Interessen gefährdet würde (vergleiche dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. März 1993, Zl. 93/11/0042). Eine Pflegebedürftigkeit seiner Mutter durch ihn habe der Beschwerdeführer jedoch nicht ausdrücklich geltend gemacht und könne auch dem vorliegenden Sachverhalt nicht entnommen werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei zur Unterstützung eines Familienmitgliedes nicht nur jener Wehrpflichtige, der zur Erfüllung seiner Wehrpflicht einberufen werden soll, sondern vielmehr die ganze Familie berufen (siehe dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Dezember 1987, Zl. 87/11/0094, wonach zur Unterstützung eines Familienmitgliedes nicht ausschließlich der Sohn, der zur Erfüllung seiner Wehrpflicht einberufen werden soll, sondern vielmehr die gesamte Familie berufen ist (vergleiche dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 08. Mai 1990, Zl. 89/11/0056).

Darüber hinaus hätten auch jene Familienmitglieder, deren Unterstützungsbedürftigkeit der Wehrpflichtige geltend mache, ihre wirtschaftlichen Angelegenheiten unter Bedachtnahme auf die Präsenzdienstpflicht des Wehrpflichtigen einzurichten. Sie hätten daher so zu disponieren, dass der Wehrpflichtige während der Erfüllung seiner Präsenzdienstpflicht ausreichend vertreten werden könne (vergleiche dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 01. Dezember 1992, Zl. 92/11/0113, und vom 01. Oktober 1996, Zl. 95/11/0314).

Die Behörde anerkenne zwar, dass die berufliche Tätigkeit bzw. die Ableistung des Zivildienstes der Brüder des Beschwerdeführers eine Unterstützung seines Vaters erschwere, vertrete jedoch gleichzeitig die Ansicht, dass eine solche Unterstützung nicht grundsätzlich unmöglich, sondern bei entsprechender Disposition zumutbar wäre, zumal der Bruder XXXX im selben Haushalt wohnhaft sei. Somit könne den Brüdern des Beschwerdeführers zugemutet werden, dass diese nach zeitgerecht erfolgter Absprache, unbeschadet deren außerlandwirtschaftlicher Berufstätigkeit bzw. Zivildienstleistung, dem Vater des Beschwerdeführers bei der Führung des landwirtschaftlichen Betriebes wechselweise Hilfestellung leisten könnten.

Schließlich würde auch der Beschwerdeführer selbst während der Leistung des Grundwehrdienstes, nach Maßgabe der dienstfreien Zeit, insbesondere aber an den Wochenenden, Gelegenheit haben, seinen Vater bei schweren Arbeiten in der Landwirtschaft zu unterstützen.

I.5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte vor, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Unterstützung eines Familienmitgliedes nicht nur jener Wehrpflichtige, der zur Erfüllung seiner Wehrpflicht einberufen werden solle, sondern viel mehr die ganze Familie dazu berufen sei Einen Absatz vorher stehe, eine Pflegebedürftigkeit durch ihn sei nicht ausdrücklich geltend gemacht worden und dass seine Mutter durch das Ausbleiben seiner Unterstützung in ihrer Gesundheit und in sonstigen lebenswichtigen Interessen nicht gefährdet würde. Weil sich die ganze Familie um die Mutter kümmere und sie unterstütze, habe er auch die Pflegebedürftigkeit nicht durch ihn alleine geltend gemacht. Denn sein Bruder unterstützt seine Mutter morgens, während die anderen Familienmitglieder die Stallarbeit verrichteten und abends wenn er von der Arbeit nach Hause komme. Sein Vater und er betreuten und unterstützten abwechselnd seine Mutter während des Tages. Durch mangelnde Unterstützung und Hilfe wäre sein Mutter sehr wohl in Ihrer Gesundheit und lebenswichtigen Interessen gefährdet, da sie seit ihren Darmoperationen 2015 und 2016 einen Anus praeter habe, (siehe Beilage der Diagnosen der Mutter im ersten Antrag) diesen auf Grund Ihrer Lähmung am linken Arm nicht selbständig versorgen könne und dadurch unsere Unterstützung brauche. Durch ihre stark ausgeprägte Polyneuropathie und Kontrakturen sei sie außerdem sehr sturzgefährdet, dass sie auch auf dem Gang zur Toilette unterstützt werden müsse.

Es werde auch seinen beiden Brüdern XXXX und XXXX zugemutet, dass diese nach zeitgerecht erfolgter Absprache, unbeschadet deren außerlandwirtschaftlichen Berufstätigkeit, dem Vater des Beschwerdeführers bei der Führung des landwirtschaftlichen Betriebes wechselweise Hilfeleistung leisten könnten. Dies sei jedoch auch nicht realisierbar, da sein Bruder XXXX nicht mehr im gemeinsamen Haushalt wohne, selbst mit seiner Freundin einen landwirtschaftlichen Betrieb führe und tagsüber als Landmaschinentechniker tätig sei. Morgens auf seinem Betreib die Stallarbeit, dann auf dem elterlichen Betrieb, den ganzen Tag in seiner Firma arbeiten und abends wieder auf beiden Betrieben die Stallarbeit und andere notwendige Arbeiten? Könne man das wirklich einem Menschen zumuten?

Sein Bruder XXXX werde nach Ableistung des Zivildienstes ab November 2020 wieder bei Fa. XXXX in XXXX beschäftigt sein. Er unterstütze morgens und abends die Mutter des Beschwerdeführers bei den ATL und waren um 5.30 Uhr 45 Minuten zu seiner Arbeitsstelle. Aufgrund der zahlreichen Auslandsprojekt seiner Firma seien auch Dienstreisen erforderlich, wobei er manchmal einige Tage bis Wochen ausbleibe. Wer helfe dann dem Vater? Wer betreue die Mutter? Dies so zu positionieren, dass er während seiner Abwesenheit ausreichend vertreten werde, sei leider nicht möglich. Die Kühe müssten aber 2 mal am Tag versorgt werden und seine Mutter brauche auch jeden Tag mehrmals Hilfe, nicht nur am Wochenende.

Ohne Fremdarbeiter könne der Betrieb in Abwesenheit des Beschwerdeführers nicht weitergeführt werden, dieser sei jedoch für den Betrieb nicht leistbar. Würde dem Betrieb ein Zivildiener zugeteilt, müsste dieser die gleiche fachliche Qualifikation mit Landwirtschaftlicher Facharbeiter, Kenntnisse in der Technik, Eigenbestandsbesamungskurs, Klauenpflegeausbildung, Forstausbildung haben.

Bei einer Abweisung kommt für ihn der Grundwehrdienst nicht in Frage, sondern nur der Zivildienst in der Landwirtschaft. Es stelle sich dann nur die Frage der Sinnhaftigkeit und Wirtschaftlichkeit, wenn er auf anderen Betrieben, wo vielleicht keine so große Dringlichkeit bestehe, seinen Zivildienst ableiste, während auf dem elterlichen Betreib ein fremder Zivildiener eingesetzt sei. Sein Vater müsste sich alleine um die Mutter kümmern und ein fremder Zivildiener werde sicher kein so großes wirtschaftliches Interesse zeigen, wie ein zukünftiger Hofübernehmer. Wegen der Erkrankung seiner Mutter habe er nicht wie die meisten Bauernsöhne zusätzlich einen außerlandwirtschaftlichen Beruf erlernt um den Betrieb weiter zu führen und die Mutter zu Hause zu betreuen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der am 13.09.2001 geborene Beschwerdeführer ist seit dem Eintritt der Rechtskraft des Stellungsbeschlusses am 03.05.2019 tauglich. Seine Eltern XXXX sind Eigentümer eines Landwirtschaftlichen Betriebes in XXXX der vom Vater des Beschwerdeführers bewirtschaftet wird.

Die Gesamtfläche des Betriebes setzt sich aus 24,88 ha Eigengrund (09,07 ha Ackerland, 10,11 ha Grünland, 5,70 ha Forstwirtschaftlich genutzte Fläche) und 18,43 ha Pachtgrund (0,65 ha Ackerland, 17,78 ha Grünland) zusammen und liegt in der Erschwerniszone 1 mit 57 BHK Punkten. Es werden 75 Rinder, davon 35 Milchkühe und 16 Mastrinder am Betrieb gehalten. Am Betrieb befinden sich die üblichen landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte für Acker-/Grünlandbetriebe mit Viehhaltung (Traktoren, Grünland- und Ackergeräte,etc.), Melkstand mit 5 Plätzen.

Die Entmistung erfolgt großteils mit automatischen Schieber. Außer dem Beschwerdeführer und seinen Eltern sind keine weiteren Arbeitskräfte am Betrieb beschäftigt. Der Beschwerdeführer geht keiner Nebenbeschäftigung nach.

In Notfällen hilft der Bruder des Beschwerdeführers, XXXX , aus, in XXXX ist ein Maschinenring vorhanden. Im Rahmen der Nachbarschaftshilfe wird mit dem Betrieb von XXXX , zusammengearbeitet (Maisernte und Saat).

Der Betrieb erwirtschaftet bei einem jährlichen Arbeitszeitbedarf von 2 betrieblichen Arbeitskräften (4063 Stunden jährlich) eine kurzfristige Kapitaldienstgrenze von ? 903,-. Der Beschwerdeführer wurde. In der landwirtschaftlichen Berufs- und Fachschule XXXX von September 2016 bis Juli 2019 zum landwirtschaftlichen Facharbeiter ausgebildet, wobei bis März 2019 ein Internat in Anspruch genommen wurde. In dieser Zeit wurde der Beschwerdeführer durch seinen Bruder XXXX vertreten.

Bei der Mutter des Beschwerdeführers bestehen nach mehreren Operationen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100%. Sie befindet sich seit September 2018 in der Berufsunfähigkeitspension.

Über den Gesundheitszustand des Vaters des Beschwerdeführers liegen keine Befunde vor. Der Beschwerdeführer lebt im gemeinsamen Haushalt mit seinem Vater XXXX (geb. XXXX , Landwirt und Betriebsführer), seiner Mutter XXXX (geb. XXXX , Berufsunfähigkeitspension seit 01.09.2018), seinem Bruder XXXX (geb. XXXX , Landmaschinentechniker) und seinem Bruder XXXX (geb. XXXX , beschäftigt bei Firma XXXX in XXXX , ab Februar 2020 Zivildienst).

Sein Bruder XXXX (geb. XXXX , Landmaschinentechniker) lebt seit September 2019 nicht mehr im gemeinsamen Haushalt. Er kann daher auch in Notfällen nicht mehr aushelfen, da er selbst neben seiner Berufstätigkeit auch noch am Betrieb seiner Freundin mithilft.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellung konnten unmittelbar auf Grund der Aktenlage getroffen werden. Dabei ist hervorzuheben, dass die unstrittigen Feststellungen über Art und Umfang des landwirtschaftlichen Betriebes des Vaters des Beschwerdeführers auf den eingeholten Angaben der Gemeinde XXXX , der Landwirtschaftskammer Oberösterreich und dem Vorbringen des Beschwerdeführers beruhen. Auch hinsichtlich der persönlichen und familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers wurde dessen Angaben Glauben geschenkt.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher im Hinblick auf den unstrittigen Sachverhalt gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit - mangels derartiger gesetzlicher Bestimmungen - Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

§ 26 WehrG lautet:

"Befreiung und Aufschub

§ 26. (1) Taugliche Wehrpflichtige sind, soweit zwingende militärische Erfordernisse nicht entgegenstehen, von der Verpflichtung zur Leistung eines Präsenzdienstes zu befreien

1. von Amts wegen, wenn und solange es militärische Rücksichten oder sonstige öffentliche Interessen erfordern, und

2. auf ihren Antrag, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

Als sonstige öffentliche Interessen gelten insbesondere gesamtwirtschaftliche oder familienpolitische Interessen sowie die Tätigkeiten von Fachkräften der Entwicklungshilfe nach § 15 des Entwicklungshelfergesetzes. Als familiäre Interessen gelten auch solche aus einer eingetragenen Partnerschaft. Eine Befreiung ist auch zulässig, wenn eine Voraussetzung nach Z 1 oder 2 während eines Präsenzdienstes eintritt. Befreiungen nach Z 1 hat der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport zu verfügen.

(2) Anträge auf Befreiung nach Abs. 1 Z 2 dürfen beim Militärkommando eingebracht werden und darüber hinaus

1. hinsichtlich des Grundwehrdienstes auch im Stellungsverfahren bei der Stellungskommission und

2. während einer Präsenzdienstleistung auch bei jener militärischen Dienststelle, der der Wehrpflichtige zur Dienstleistung zugeteilt ist.

Bescheide nach Abs. 1 Z 1 sind, sofern es sich um eine Befreiung wegen einer beruflichen Tätigkeit handelt, dem Auftraggeber für diese berufliche Tätigkeit, insbesondere dem Arbeitgeber des Wehrpflichtigen, zur Kenntnis zu bringen.

(3) Tauglichen Wehrpflichtigen ist, sofern militärische Interessen nicht entgegenstehen, der Antritt des Grundwehrdienstes aufzuschieben, wenn

1. sie nicht zu einem innerhalb eines Jahres nach ihrer jeweiligen Heranziehbarkeit zum Grundwehrdienst gelegenen Termin zu diesem Präsenzdienst einberufen wurden und sie durch eine Unterbrechung einer bereits begonnen Schul- oder Hochschulausbildung oder sonstigen Berufsvorbereitung einen bedeutenden Nachteil erleiden würden oder

2. sie vor der rechtswirksam verfügten Einberufung zum Grundwehrdienst eine weiterführende Ausbildung begonnen haben und eine Unterbrechung dieser Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde.

Ein Aufschub ist auf Antrag der Wehrpflichtigen zu verfügen. Der Aufschub darf bis zum Abschluss der jeweiligen Berufsvorbereitung gewährt werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September jenes Kalenderjahres, in dem diese Wehrpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden.

(4) Mit Erlassung eines Bescheides, durch den einem Wehrpflichtigen eine Befreiung oder ein Aufschub gewährt wurde, wird eine bereits rechtswirksam verfügte Einberufung für den Zeitraum dieser Befreiung oder dieses Aufschubes für ihn unwirksam."

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist der Wehrpflichtige gehalten, seine wirtschaftlichen Belange so zu gestalten, dass für den Fall seiner Einberufung zur Leistung eines Präsenzdienstes voraussehbare Schwierigkeiten vermieden und nicht durch die Aufnahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit solche Schwierigkeiten erst geschaffen werden. Wenn der Wehrpflichtige es unterlässt seine wirtschaftlichen Angelegenheiten mit der Wehrpflicht zu harmonisieren, können die daraus abgeleiteten wirtschaftlichen Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinne des § 26 Abs. 1. Z. 2 WehrG angesehen werden. Die Auffassung, wirtschaftliche Interessen des Wehrpflichtigen seien immer dann besonders rücksichtswürdig, wenn durch die Leistung des Präsenzdienstes die wirtschaftlichen Interessen so schwer getroffen würden, dass mit dem Verlust der wirtschaftlichen Existenz gerechnet werden müsse, ist nicht zielführend, weil dabei außer Acht gelassen wird, dass der Wehrpflichtige derart durch entsprechende Dispositionen die Erfüllung seiner Präsenzdienstpflicht vereiteln könnte. Die wirtschaftlichen Interessen können somit auch dann nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinne der Bestimmungen des WehrG 2001 anerkannt werden, wenn auf Grund der Verletzung der Verpflichtung, die Dispositionen in wirtschaftlicher Hinsicht so zu treffen, dass für den Fall der Einberufung zur Leistung des Grundwehrdienstes voraussehbare Schwierigkeiten vermieden werden, durch die Leistung des Präsenzdienstes eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz eintreten könnte. In einem solchen Fall hätte der Wehrpflichtige die Gefährdung seiner Existenz nämlich selbst herbeigeführt (VwGH, 18.11.2008, GZ. 2008/11/0096 mwN).

Der Wehrpflichtige ist gehalten, seine wirtschaftlichen Dispositionen so zu treffen, dass für den Fall seiner Einberufung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes voraussehbare Schwierigkeiten vermieden und nicht durch die Aufnahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit solche Schwierigkeiten erst geschaffen werden. Unterlässt es ein Wehrpflichtiger, seine wirtschaftlichen Angelegenheiten mit der Wehrpflicht zu harmonisieren, so können die daraus abgeleiteten wirtschaftlichen Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinn der Bestimmungen des Wehrgesetzes angesehen werden (Hinweis E 29. September 2005, 2003/11/0026). Ist der Wehrpflichtige nicht selbst Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebes, in dem er arbeitet, sondern sind dies vielmehr seine Eltern, so ist das Vorliegen besonders rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen iSd § 26 Abs. 1 Z 2 WG 2001 daher auszuschließen. Die künftig vorgesehene Übernahme dieses Betriebes durch den Wehrpflichtigen vermag nämlich ein wirtschaftliches Interesse des Wehrpflichtigen an seiner Befreiung nicht zu begründen (VwGH, 13.12.2005, GZ. 2005/11/0167 mwN).

Die besondere Rücksichtswürdigkeit familiärer Interessen ist dann anzunehmen, wenn durch die fehlende Unterstützung der Angehörigen (hier: Eltern bzw. Geschwister) eine Gefährdung ihrer Gesundheit oder sonstiger lebenswichtiger Interessen, wie zB der Verlust der Existenzgrundlage, zu befürchten ist. Zur Unterstützung der Angehörigen ist in diesem Zusammenhang aber nicht nur der Wehrpflichtige, sondern die ganze Familie berufen. Jene Familienangehörigen, deren Unterstützungsbedürftigkeit der Wehrpflichtige geltend macht, haben überdies ihre wirtschaftlichen Angelegenheiten unter Bedachtnahme auf die Präsenzdienstpflicht des wehrpflichtigen Angehörigen einzurichten.

Besonders rücksichtswürdige familiäre Interessen iSd § 36a Abs 1 Z 2 WehrG 1990 liegen nur dann vor, wenn ein Familienangehöriger des Wehrpflichtigen in seinen eigenen Belangen der Unterstützung durch den Wehrpflichtigen bedarf, die ihm dieser aber wegen der Ableistung des ordentlichen Präsenzdienstes nicht gewähren könnte, und wenn mangels Unterstützung des Angehörigen durch den Wehrpflichtigen eine Gefährdung der Gesundheit oder sonstiger lebenswichtiger Interessen des Angehörigen zu befürchten ist (vgl. VwGH, 24.05.2005, GZ. 2004/11/0022, mwN).

Die Harmonisierungspflicht schließt mit ein, rechtzeitig für eine erforderliche Vertretung des Wehrpflichtigen durch Dritte vorzusorgen (VwGH, 29.09.2005 GZ. 2003/11/0026).

Die Obliegenheit zur Harmonisierung der (beruflichen) Dispositionen mit der Wehrpflicht beinhaltet auch, rechtzeitig und vorausschauend - somit durch geeignete wirtschaftliche Dispositionen - für die Möglichkeit einer Vertretung des Wehrpflichtigen während der Dauer des Grundwehrdienstes zu sorgen (VwGH, 23.09.2014, GZ. Ro 2014/11/0081 mwN).

Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechtslage und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde zu Recht das Vorliegen besonders rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen des beswchwerdeeführers verneint hat, da sich diese auf seine Person beziehen müssen. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer im elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb arbeitet und beabsichtigt diesen später zu übernehmen ist dafür nicht hinreichend.

Soweit der Beschwerdeführer besonders rücksichtswürdige familiärer Interessen ins Treffen führt, ist festzuhalten, dass ungeachtet der schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Mutter des Beschwerdeführers und der daraus resultierenden Belastungen für die anderen Familienangehörigen im Sinne der Harmonisierungspflicht der Beschwerdeführer und seiner Familienangehörigen Vorkehrungen zu treffen haben, um die Erfüllung der Wehrpflicht durch den Beschwerdeführer zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang wird auf die in Österreich bestehenden soziale Dienstleistungen (Näheres unter https://www.oesterreich.gv.at/themen/soziales/soziale_dienste/1/Seite.1210120.html#Familienhilfe und Dorfhelfer) verwiesen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG i.V.m. § 26 Abs. 1 Z. 2 WehrG als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Wie oben unter eingehender Auseinandersetzung mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs dargestellt wurde, ist die hier zu lösende Rechtsfrage in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eindeutig gelöst.

Schlagworte

Befreiung Grundwehrdienst Befreiungsantrag besonders rücksichtswürdige familiäre Interessen besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen Familienbetrieb Harmonisierungspflicht Invaliditätspension landwirtschaftlicher Betrieb Minderung der Erwerbsfähigkeit persönliche Gründe Wehrdienst Wehrpflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W213.2230180.1.00

Im RIS seit

11.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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