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41/04 Sprengmittel Waffen Munition;Norm
WaffG 1986 §20 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde des E in Wien, vertreten durch Dr. Alois Eichinger, Rechtsanwalt in 1140 Wien, Hütteldorfer Straße 90, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 30. Oktober 1996, Zl. SD 880/95, betreffend Entziehung waffenrechtlicher Urkunden, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen (Ersatz)Bescheid wurde den Berufungen des Beschwerdeführers gegen die Bescheide der Bundespolizeidirektion Wien, Administrationsbüro, jeweils vom 6. Juni 1994, mit denen dem Beschwerdeführer der ihm am 23. Juli 1987 ausgestellte Waffenpaß sowie die ihm am 8. Oktober 1976 ausgestellte Waffenbesitzkarte entzogen worden waren, keine Folge gegeben und die erstinstanzlichen Bescheide gemäß § 66 Abs. 4 AVG mit der Ergänzung bestätigt, daß die Entziehung der genannten Urkunden auf § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Z. 2 Waffengesetz 1986 gestützt werde.
Zur weiteren Vorgeschichte wird auf das die Parteien betreffende Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. September 1996, Zl. 95/20/0666, verwiesen.
Die belangte Behörde begründete den nunmehr angefochtenen Bescheid zunächst mit der Feststellung, dem Berufungswerber sei in der Zeit vom 14. Dezember 1994 bis 21. April 1995 eine Faustfeuerwaffe abhanden gekommen, wobei er in seiner Diebstahlsanzeige angegeben habe, daß er die Waffe in seinem im Dachgeschoß des Hauses Wien 14, Hütteldorferstraße 90, untergebrachten Büro in einem abgesonderten Privatzimmer bzw. Büroraum in einer Lade des Schreibtisches, die beide grundsätzlich in seiner Abwesenheit versperrt gehalten würden, verwahrt gehabt habe. Spuren einer Gewaltanwendung seien nicht erkennbar gewesen. Bei den kriminalpolizeilichen Erhebungen sei festgestellt worden, daß man von unten in das hintere Ende der Schreibtischlade hätte greifen können, und daß es möglich wäre, auf diese Weise eine Waffe herauszunehmen. Allerdings habe der Beschwerdeführer dazu glaubwürdig ausgeführt, daß ihm diese Zugriffsmöglichkeit nicht bekannt gewesen sei. Er habe auch mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß man in die Lade nur in der Weise hätte greifen können, indem man sich unter den Schreibtisch lege und sich zur Lade vortaste, was mangels Sichtmöglichkeit "akrobatische Fähigkeiten" erfordere. Daraus schloß die belangte Behörde, daß ein Diebstahl der Faustfeuerwaffe, die sich in einer Kunststoffbox befunden haben solle, die auch nach dem Diebstahl an Ort und Stelle verblieben sei, durch einen Gelegenheitstäter, dem die Lage der Waffe nicht bekannt gewesen sei, nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen werden könne. Da der Beschwerdeführer selbst auch die mit der Situation vertrauten Gelegenheitspersonen als Täter ausgeschlossen habe, müsse die belangte Behörde geradezu zwangsläufig zu dem Schluß kommen, daß die Waffe dem Beschwerdeführer auf andere Weise als durch Diebstahl aus dem versperrten Schreibtisch abhanden gekommen sei. Dafür, daß der Schreibtisch entweder nicht versperrt gewesen oder die Waffe woanders abhanden gekommen sei, spreche vor allem der Umstand, daß der Täter die Waffe samt der Box auf so komplizierte Art und Weise aus dem versperrten Schreibtisch herausgenommen, die Waffe daraus entnommen, die Box wieder auf demselben Wege in die Schreibtischschublade unter die Geschäftspapiere und Unterlagsmappen hätte praktizieren müssen, was als äußerst (un)wahrscheinlich angesehen werden müsse. Die belangte Behörde komme daher zu dem Schluß, daß die Faustfeuerwaffe tatsächlich abhanden gekommen sei und daß dieses Abhandenkommen nicht auf befriedigende Art und Weise durch den Beschwerdeführer geklärt habe werden können, sodaß dieses Abhandenkommen auf mangelnde Verwahrung zurückzuführen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltende machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:
Gemäß § 20 Abs. 1 Waffengesetz hat die Behörde mit der Entziehung vorzugehen, wenn sich anläßlich der Vornahme einer Überprüfung oder aus anderem Anlaß ergibt, daß der Inhaber einer waffenrechtlichen Urkunde nicht mehr verläßlich ist. Unter welchen Voraussetzungen die Behörde hiebei vom Fortbestehen der Verläßlichkeit ausgehen kann und wann diese zu verneinen ist, ergibt sich aus § 6 Waffengesetz. Gemäß § 6 Abs. 1 Waffengesetz 1986 ist eine Person als verläßlich im Sinne dieses Bundesgesetzes anzusehen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie
1. Waffen nicht mißbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;
2. mit Waffen vorsichtig und sachgemäß umgehen und diese sorgfältig verwahren wird;
3. Waffen nicht an Personen überlassen wird, die zum Besitz von Waffen nicht berechtigt sind.
Demgemäß ist dem Erfordernis der Verläßlichkeit dann nicht mehr entsprochen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Person Waffen nicht sorgfältig verwahrt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes bei der Beurteilung, ob Tatsachen im oben angeführten Sinn vorliegen, ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1992, Zl. 92/01/0994). Mit der Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde ist auch dann vorzugehen, wenn im Einzelfall ein nur einmal gesetztes Verhalten den Umständen nach die Folgerung rechtfertigt, der Urkundeninhaber gewährleiste nicht mehr das Zutreffen der in § 6 Abs. 1 Waffengesetz 1986 genannten Voraussetzungen. Ist ein solcher Schluß zu ziehen, so hat die Behörde die ausgestellte Urkunde zu entziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1992, Zl. 92/01/0485). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß mit der Entziehung der waffenrechtlichen Urkunden insbesondere dann vorzugehen ist, wenn festgestellt wird, daß der Berechtigte Waffen nicht sorgfältig verwahrt hat (vgl. dazu hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 1997, Zl. 95/20/0421, und die dort wiedergegebene Judikatur).
Gerät eine Waffe in Verlust, so ist es Sache des Berechtigten, einen konkreten Sachverhalt über seine Art und Weise des Umgangs bzw. der Verwahrung der Waffe, über den Vorgang, der zum Verlust der Waffe geführt hat, zu behaupten und glaubhaft zu machen. Ergibt sich aus dem Vorbringen des Berechtigten nicht, daß der Verlust der Waffe trotz sorgfältigen - d.h. aller in der konkreten Situation zumutbaren Vorkehrungen gegen einen Verlust umfassenden - Umganges bzw. trotz sorgfältiger Verwahrung eingetreten ist, ist die Behörde schon auf Grund der Tatsache des Verlustes zur Annahme berechtigt, daß der Berechtigte die beim Umgang mit bzw. der Verwahrung von Waffen gebotene Sorgfalt nicht eingehalten habe (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. März 1993, Zl. 92/01/0234, und vom 29. November 1994, Zl. 94/20/0036).
Von diesen Grundsätzen ausgehend, erweist sich der von der belangten Behörde aus dem (bloßen) Verlust der Waffe und dem Umstand, daß der Beschwerdeführer über die mit dem Verlust in Zusammenhang stehenden Umstände nur Mußmaßungen aufstellen konnte, gezogene Schluß, der Beschwerdeführer habe die gebotene Sorgfalt nicht eingehalten, nicht als rechtswidrig. Die diesbezüglich weitwendigen Erklärungen in der Beschwerde gehen daher an der tragenden Begründung des angefochtenen Bescheides vorbei, wenn sie - zusammengefaßt - davon ausgehen, der Verlust der Waffe sei durch einen Diebstahl aus dem versperrten Behältnis erfolgt. Die belangte Behörde hat vielmehr aus der in der eigenen Verantwortung des Beschwerdeführers zum Ausdruck kommenden Unwahrscheinlichkeit eines Diebstahles den - logisch richtigen und mit den Denkgesetzen in Einklang stehenden - Schluß gezogen, daß die Entwendung der Waffe nicht aus dem versperrten Behältnis, sondern entweder aus einem unversperrten Behältnis (d.h. im Wege der sich normal öffnenden Schublade) oder aber bei einer vom Beschwerdeführer gar nicht dargestellten gänzlich anderen Gelegenheit, und damit außerhalb eines jeden Behältnisses, zustande gekommen ist. Unwesentlich erscheint hiebei ein Redaktionsversehen im Begründungsteil des angefochtenen Bescheides ("wahrscheinlich" statt "unwahrscheinlich"), das dem verständigen Leser bereits aus dem Kontext des Bescheides als solches erkennbar ist. Insoweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde im Widerstreit mit seiner eigenen, vor der Verwaltungsbehörde vorgetragenen Argumentation versucht, die Plausibilität eines Diebstahls aus der versperrten Schreibtischschublade trotz hiezu erforderlicher "akrobatischer Fähigkeiten" und einem ans Transzendentale grenzenden Wissen eines Gelegenheitstäters um die dort verwahrte Waffe darzulegen und diese Diebsstahlsvariante als die wahrscheinlichste Art des Abhandenkommens der Waffe aufzuzeigen, muß ihm dies schon an Hand seiner eigenen Darstellung und der von ihm vorgelegten photographischen Dokumentation über die örtlichen Verhältnisse des Verwahrungsortes mißlingen. Daß aber lediglich Vermutungen über den Aufenthaltsort der Waffe bzw. die näheren Umstände von deren Abhandenkommen nicht ausreichen, Zweifel an der waffenrechtlichen Verläßlichkeit auszuräumen, wurde bereits oben gesagt. Vielmehr hat die belangte Behörde durchaus nachvollziehbar den Schluß gezogen, dem Beschwerdeführer fehle mangels einer befriedigenden Aufklärung des Abhandenkommens der Waffe die waffenrechtliche Verläßlichkeit. Hinzuzufügen ist, daß der Verfahrensrüge des Beschwerdeführers auch nicht zu entnehmen ist, auf welcher Grundlage die belangte Behörde weitere Feststellungen hätte treffen können, war doch er selbst nicht in der Lage, über den - von ihm selbst nicht erklärbaren - Verlust der Waffe über bloße Mutmaßungen hinausgehende Angaben zu machen. Andere Umstände des Verlustes hat er aber nicht geltend gemacht.
Aus diesem Grunde erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 f VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996200854.X00Im RIS seit
25.04.2001