TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/29 W161 2227683-1

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Veröffentlicht am 29.04.2020
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Entscheidungsdatum

29.04.2020

Norm

AsylG 2005 §35
AsylG 2005 §60
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W161 2227684-1/3E

W161 2227683-1/3E

W161 2227682-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft XXXX vom 26.11.2019, Zl. XXXX OB/KONS/0331/2019, aufgrund des Vorlageantrags von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. mj. XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , 3. mj. XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , alle StA. Afghanistan, sämtlich vertreten durch Österreichisches Rotes Kreuz, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft XXXX vom 07.10.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführerinnen. Alle sind afghanische Staatsangehörige und stellten am 04.02.2019 bei der Österreichischen Botschaft XXXX (im Folgenden: "ÖB XXXX ) unter gleichzeitiger Vorlage diverser Urkunden einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG.

Begründend führten sie aus, sie möchten zu ihrem Ehemann/Vater XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan der in Österreich subsidiär Schutzberechtigter sei.

1.2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 30.08.2019 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) aus, dass betreffend die antragstellenden Parteien die Gewährung des Status eines Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Die Antragssteller hätten die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG 2005 nicht nachweisen können und erscheine die Einreise der Antragssteller zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Artikel 8 EMRK nicht geboten.

In der Stellungnahme gleichen Datums führt das BFA aus, gemäß den Voraussetzungen in § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG habe der Familienangehörige bei der Antragsstellung auf Erteilung eines Einreisetitels der Vertretungsbehörde folgende Nachweise vorzulegen:

- über einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen werde (adäquate Unterkunft, Z 1);

- dass er über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfüge und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist (Z 2) und

- dass sein Aufenthalt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (vgl. dazu § 11 Abs. 5 NAG) führen könnte (Z3).

Die Bezugsperson habe keine Einkommensnachweise vorgelegt. Wie aus dem Versicherungsdatenauszug und dem Bescheid der MA 40 ersichtlich sei, sei die Bezugsperson bisher keiner Beschäftigung in Österreich nachgegangen, sondern habe lediglich bedarfsorientierte Mindestsicherung bezogen. Der Familienangehörige habe für sich und seine Ehefrau den "Ehegattenrichtsatz" in Höhe von EUR 1.398,79 aufzubringen. Für seine minderjährigen Kinder müsste er über weitere EUR 143,97 pro Kind verfügen. Außerdem müssen diese Beträge nach Abzug der monatlichen regelmäßigen Kosten (wie Miete, Kreditraten etc.), soweit diese in Summe EUR 294,65 (sogenannter "Wert der freien Station" gemäß § 292 Abs. 3 ASVG für das Jahr 2018) überschreiten, zur Verfügung stehen. Anhand des von der Bezugsperson vorgelegten Mietvertrages ergäbe sich, dass dieser einen monatlichen Bruttomonatszins von EUR 317,75 in Untermiete zu zahlen habe. Es fielen daher den "Wert der freien Station" übersteigende zusätzliche Kosten von EUR 19,10 an. Der erforderliche Betrag von insgesamt EUR 1.706,01 werde somit in Ermangelung an Einkünften nicht erreicht.

Zum Nachweis der ortsüblichen Unterkunft gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG wird ausgeführt, es sei ein Mietvertrag gültig ab 01.12.2018 vorgelegt worden, dieser laute auf die Adresse Top 5 im Hause XXXX , XXXX . Wie darin ersichtlich, verfüge die Bezugsperson in der Unterkunft über einen Vorraum, ein Bad-WC, eine Küche und zwei Zimmer auf einer Fläche von 48 m². Der Behörde liege ein aktueller Auszug aus dem zentralen Melderegister der Bezugsperson mit der oben genannten Meldeadresse vor. Bei der Unterkunft könne jedoch nicht von einer Unterkunft ausgegangen werden, die für ein Ehepaar mit zwei Kindern als ortsüblich angesehen werde (adäquate Unterkunft) da für eine Familie gleicher Größe mindestens 3 Zimmer + Nebenräume als ortsüblich gelten. Zudem sei derzeit an dieser Adresse noch ein weiterer Mann wohnhaft. Es sei für die Antragssteller daher nicht zumutbar, an diesem Wohnort der Bezugsperson zu leben. Der Rechtsanspruch der Bezugsperson auf eine ortsübliche Unterkunft sei somit nicht erfüllt.

Die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren lägen aber auch deshalb nicht vor, weil die Ehe nicht bereits "vor der Einreise des Asylberechtigten" bestanden habe und daher die Angehörigen nicht Familienangehörige iSd AsylG seien. Aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Heiratszertifikat ergebe sich eine offensichtlich im Nachhinein - am XXXX - beurkundete Eheschließung der Erstantragstellerin mit der Bezugsperson im Jahr 2000. Eine solche Beurkundung bzw. Registrierung der Ehe habe während des Aufenthalts beider Ehegatten in Afghanistan nie stattgefunden. Nach Artikel 61 Abs. 2 afghanisches Zivilgesetzbuch sei für die Gültigkeit des Eheschließungsvertrages dessen Registrierung vorgeschrieben und zwar zumindest in der für die Registrierung öffentlicher Urkunden vorgesehener Weise. Ohne Nachweis durch eine öffentliche Urkunde sei die Ehe nach staatlichem afghanischen Recht ungültig.

Für die Antragssteller könnte sich die Möglichkeit nach dem NAG eröffnen und bestehe daher auch über das NAG die grundsätzliche Möglichkeit eines Familienlebens gemäß Artikel 8 EMRK.

Mangels Erfüllung von § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG sei die finanzielle Belastung einer Gebietskörperschaft zu erwarten und vor diesem Hintergrund eine Einreise iSd Artikel 8 EMRK geboten.

1.3. Mit Schreiben vom 05.09.2019, zugestellt am selben Tag, wurde den Antragstellern die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihnen wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei.

Die Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG sowie die Stellungnahme des BFA wurden gleichzeitig übermittelt.

Den Antragstellerinnen wurde die Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung des Schreibens die angeführten Ablehnungsgründe durch ein unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen, widrigenfalls aufgrund der Aktenlage entschieden werde.

1.4. Die Antragstellerinnen brachten am 12.09.2019 eine Stellungnahme ein. Darin wird insbesondere vorgebracht, die Erstantragstellerin habe die Bezugsperson im Jahr 2000 geehelicht, die Ehe sei im Jahr 2015 staatlich registriert worden. Gemeinsam mit dem Einreiseantrag sei bei der Vertretungsbehörde eine Stellungnahme eingebracht worden, um auf den äußerst fragilen Gesundheitszustand der Bezugsperson hinzuweisen. Diese leide nämlich an einer chronischen Lumboischialgie, Rezidivdiskusprolaps, einem Fremdkörper im rechten Oberschenkel aufgrund einer Schussverletzung, Steatosis Hepatis, Depression sowie weiteren Beschwerden. Die Trennung der Familie sei im konkreten Grund aus den Fluchtgründen erfolgt, welche sich durch die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten als berechtigt erwiesen hätten. Eine Fortsetzung des Familienlebens in einem anderen Staat komme nach der ständigen Judikatur nicht in Frage. Das Unterbleiben der Anwendung der Nachsichtgründe würde angesichts der Arbeitsunfähigkeit der Bezugsperson letztendlich dazu führen, dass die Bezugsperson sowie die Antragsstellerinnen von der Führung eines gemeinsamen und angemessenen Familienlebens ausgeschlossen wären, da durch die dauerhafte Arbeitsunfähigkeit langfristig keine Selbsterhaltungsfähigkeit gegeben sein wäre. Somit wäre die Familie in Folge der Behinderung der Bezugsperson dauerhaft an einem adäquaten Familienleben iSd Artikel 8 EMRK gehindert.

Auch die Kinder wären durch die Abweisung des Antrags dauerhaft an einem entsprechend intensiven Kontakt zu beiden Elternteilen gehindert, sodass ihren Rechten nach Artikel 3 der UN Kinderrechtskonvention nicht entsprochen werden würde.

Weiters wird das Fehlen der Familienangehörigeneigenschaft gemäß § 35 Abs. 5 AsylG bestritten.

1.5. Das BFA hielt mit Mitteilung vom 04.10.2019 an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose fest.

1.6. Mit Bescheid vom 07.10.2019 verweigerte die ÖB XXXX - nach negativer Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl - die Erteilung des Einreisetitels gem. §26 FPG idgF iVm §35 AsylG 2005 idgF mit der Begründung, dass nach Mitteilung und Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Eine ausführliche Begründung sei der beiliegenden Mitteilung und Stellungnahme des Bundesamtes vom 30.08.2019 zu entnehmen.

Dieser Bescheid wurde den Beschwerdeführerinnen am 07.10.2019 zugestellt.

1.7. Dagegen wurde fristgerecht eine Beschwerde eingebracht.

Darin wird zunächst der Verfahrensgang wiedergegeben und auf das Vorbringen in der Stellungnahme vom 12.09.2019 verwiesen.

Der abweisende Bescheid führe in keinster Weise an, dass sich die belangte Behörde auch nur im Geringsten mit der eingebrachten Stellungnahme auseinandergesetzt habe und in keinster Weise eigene Ermittlungen sowie Feststellungen getroffen habe, somit sei das Ermittlungsverfahren mangelhaft und mit Willkür belastet. Auch sei nicht ersichtlich, dass die vorliegende Entscheidung bezüglich Artikel 8 EMRK sowie in Bezug auf das Kindeswohl überprüft worden sei. Auch wären weder die Bezugsperson noch die Beschwerdeführerinnen bezüglich der Möglichkeit einer DNA-Analyse, um die Familieneigenschaft zweifelsfrei nachzuweisen, belehrt worden. Es sei in der Stellungnahme bereits bezüglich der Erteilungsvoraussetzung gemäß § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG angeführt worden, dass die Bezugsperson unverschuldet - aufgrund mehrfacher gesundheitlicher Leiden - nicht in der Lage sei, selbst für den Lebensunterhalt zu sorgen. Des Weiteren sei sehr ausführlich auf das Bestehen der Familienangehörigeneigenschaft insbesondere das Bestehen der Ehe eingegangen worden.

1.8. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 26.11.2019 wies die ÖB XXXX die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht.

Auch nach dem Beschwerdevorbringen sei unstrittig, dass die Beschwerdeführerinnen einen Antrag nach §35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt haben und dass eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ergangen sei.

Auch sei erst nach Verstreichen der Stellungsnahmefrist mit Bescheid abgesprochen worden.

Als alleintragender Grund für die Abweisung des von den Beschwerdeführerinnen gestellten Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels gem. §35 Abs. 1 AsylG 2005 komme somit (nur) in Betracht, dass nach der Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl die Erfolgsaussichten eines Antrags der Beschwerdeführer auf Gewährung desselben Schutzes (wie der Bezugsperson) als nicht wahrscheinlich einzustufen seien. Darauf sei im angefochtenen Bescheid auch ausschließlich Bezug genommen worden.

Unabhängig von der Bindungswirkung teile die belangte Behörde die Ansicht des BFA, dass im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG 205 nicht erfüllt seien. Das BFA habe in seiner Stellungnahme vom 30.08.2019 zutreffend ausgeführt, dass die Bezugsperson keine Einkommensnachweise vorgelegt habe. Wie aus dem Versicherungsdatenauszug und dem Bescheid der MA 40 ersichtlich, sei die Bezugsperson bisher keiner Beschäftigung nachgegangen, sondern habe lediglich bedarfsorientierte Mindestsicherung bezogen. Aufgrund einer Erkrankung der Bezugsperson sei diese arbeitsunfähig und erhalte somit derzeit nur Mittel aus öffentlicher Hand. Damit habe der Nachweis nicht erbracht werden können, dass der Aufenthalt der beschwerdeführenden Parteien zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte und sei somit die Voraussetzung gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 nicht erfüllt.

Selbiges treffe auf § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 zu, da die Meldeadresse der Bezugsperson laut dem bei der Antragsstellung vorgelegtem Mietvertrag jedenfalls keiner adäquaten Unterkunft für eine 5-köpfige Familie (ein Sohn lebe bereits in Österreich) gleichkomme. Insbesondere, da außer der Bezugsperson bereits der volljährige mit ihm in Österreich lebende Sohn XXXX und eine weitere - der belangten Behörde unbekannte - Person namens Nuur Mohammad AMIRSADA an der Adresse in XXXX , XXXX gemeldet seien.

Im Rahmen der Erstellung der Beschwerdevorentscheidung sei erneut das Melderegister zur genannten Adresse eingesehen worden, laut welchem die Bezugsperson seit 24.10.2019 nicht mehr an dieser in den Einreiseanträgen der beschwerdeführenden Parteien genannten Adresse wohnhaft sei, sondern dort als Unterkunftgeber für 5 - am selben Tag hier angemeldeten - Personen auftrete, somit seien laut Melderegisterauszug mit den beiden Obgenannten derzeit 7 Personen an der Adresse XXXX gemeldet. Die Bezugsperson selbst sei laut Melderegisterauszug an der Adresse XXXX , XXXX wohnhaft, über diese Wohnung sei der belangten Behörde jedoch nichts bekannt und sei - obwohl der Umzug vor der Erhebung der Beschwerde passiert sei - dieser in der Beschwerde vom 31.12.2019 mit keinem Wort erwähnt worden.

Betreffend den Beschwerdehinweis auf die Regelung des § 35 Abs. 4 Z 3 letzter Halbsatz AsylG 2005 sei darauf nur zurückzugreifen, wenn die Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 - 3 AsylG 2005 nicht vorliegen, aber "im Falle eines Antrages nach Absatz 1 letzter Satz oder Abs. 2 "-also zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 oder zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 - die Stattgebung des Antrages gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Artikel 8 EMRK geboten sei.

Nur dann also, wenn (ausnahmsweise) eine Familienzusammenführung im Grunde von insbesondere § 46 NAG nicht hinreiche, sondern für den Familienangehörigen Artikel 8 EMRK einen asylrechtlichen Schutzstatus nach § 34 und 35 AsylG 2005 gebiete, komme die Regelung des § 35 Abs. 4 Z 3 letzter Halbsatz AsylG 2005 zum Tragen. Im gegenständlichen Fall sei jedoch eine besondere Dringlichkeit nicht indiziert und auch nicht erkennbar, dass die im Artikel 8 EMRK nur mit einem asylrechtlichen Schutzstatus nach § 34 und 35 AsylG 2005 entsprochen werden könne und nicht auch mit einer Familienzusammenführung nach § 46 NAG. An dem Sachverhalt, dass die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG 2005 jedenfalls nicht vorliegen, vermöge auch die Ermessensregel nichts zu ändern, dass von den Voraussetzungen gemäß § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG 2005 abgesehen werden könne, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens dringend geboten sei. Hierzu werde auf das Urteil des EuGH vom 21.04.2016 in der Rechtssache C-558/14 verwiesen.

Wenn sich - wie hier wegen Fehlens der Voraussetzung nach § 60 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG 2005 - eine Familienzusammenführung durch Inanspruchnahme des § 35 AsylG 2005 als nicht möglich erweise und von den Antragsstellern ein anderer Weg und zwar insbesondere nach § 46 NAG zu beschreiten ist, um eine Familienzusammenführung zu erreichen, so stehe dieser andere Weg auch nicht im Widerspruch zu Artikel 8 EMRK. Hier wird auf Erkenntnisse des VwGH insbesondere das Erkenntnis Ra 2017/19/0609 verwiesen.

Im Übrigen könnten die Beschwerdehinweise hinsichtlich Artikel 8 EMRK sowie die Prüfung des Kindeswohls auch deshalb nicht zum Erfolg führen, weil das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Artikel 8 EMRK unter Gesetzesvorbehalt stehe. Es sei nicht zu sehen, dass ein (allfälliger) Eingriff in das Grundrecht nach Artikel 8 Abs. 1 EMRK nicht in Artikel 8 Abs. 2 EMRK gedeckt wäre.

1.12. Am 03.12.2019 wurde bei der ÖB XXXX ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.

1.13. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 15.01.2020 wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die beschwerdeführenden Parteien stellten am 04.02.2019 bei der Österreichischen Botschaft XXXX einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 Asylgesetz 2005. Als Bezugsperson wurde XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan genannt, welcher der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin und der Vater der Zweit- und Drittbeschwerdeführerinnen sei.

Dem angegebenen Ehemann/Vater der nunmehrigen Beschwerdeführer wurde nach seiner Asylantragstellung vom 22.10.2014 mit Bescheid des BFA vom 13.11.2015 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Zuletzt wurde ihm mit Bescheid des Bundesamtes vom 14.11.2018 ein befristeter Aufenthaltstitel bis 19.11.2020 zuerkannt.

Die Bezugsperson hat kein eigenes Einkommen, dass ihr im Bundesgebiet zur Verfügung stehen würde, sie lebt von der bedarfsorientierten Mindestsicherung. Weiters wird festgestellt, dass die Bezugsperson in Österreich am 22.10.2014 ihren Asylantrag eingebracht hat, sodass seit etwa 5 1/2 Jahren zwischen der Bezugsperson und den Antragsstellerinnen kein persönlicher Kontakt besteht. Ein eigenes Einkommen der Antragstellerinnen wurde nicht angegeben und kann ein solches auch aus dem Akteninhalt nicht festgestellt werden.

Die Beschwerdeführerinnen legten einen Mietvertrag der Bezugsperson betreffend eine Wohnung in XXXX , XXXX vor. Diese Wohnung ist 48 m² groß und waren dort zuletzt laut Melderegisterauszug 7 Personen gemeldet. Laut aktuellem Melderegisterauszug wohnte die Bezugsperson von XXXX in einer Wohnung in XXXX XXXX . Seit XXXX ist die Bezugsperson in einer Wohnung in XXXX , XXXX gemeldet. Als Unterkunftgeber schein der volljährige Sohn XXXX auf. Weder die beiden neuen Adressen noch die Größe der aktuellen Unterkunft der Bezugsperson wurden von den Beschwerdeführerinnen bekannt gegeben.

Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 und Z 3 AsylG sind nicht erfüllt, die Beschwerdeführerinnen konnten weder nachweisen, dass ihr Aufenthalt nicht zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen würde, noch legten sie einen aktuellen Nachweis über eine ausreichende Unterkunft vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Akt der ÖB.

Daraus ist etwa ersichtlich, dass der Bezugsperson mit Bescheid des BFA vom 22.10.2014 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Österreich zuerkannt wurde.

Die Feststellungen zum Einkommen der BF sowie der Bezugsperson ergeben sich aus deren Angaben. Insbesondere ist unstrittig, dass die Bezugsperson im Bundesgebiet von der Mindestsicherung lebt. Ein eigenes Einkommen haben die BF niemals in Treffen geführt.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerinnen und die Bezugsperson seit etwa 5 1/2 Jahren keinen persönlichen Kontakt zu einander hatten, ergibt sich aus dem Zeitpunkt der Einreise der Bezugsperson ins Bundesgebiet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 lauten:

§ 34 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017:

"(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."

§ 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018:

"(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."

§ 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:

"Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen

§ 60. (1) ...

(2) Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn

1. der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,

2. der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,

3. der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und

4. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden.

(3) ..."

§ 11 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 56/2018, § 11a FPG idF BGBl. I Nr. 68/2013 und § 26 FPG idF BGBl. I Nr. 145/2017 lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

(1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.

(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§ 2 Abs. 4 Z 13) oder Praktikanten (§ 2 Abs. 4 Z 13a) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden."

"Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."

"Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26. Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und es kommt ihr diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes im Ergebnis zutreffend ist:

3. Der Bezugsperson wurde mit Bescheid des BFA vom 13.11.2015, der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Im gegenständlichen Fall sind die Erteilungsvoraussetzungen nach § 60 Abs. 2 Z 1 und Z 3 AsylG nicht erfüllt worden. Die Beschwerdeführerinnen konnten (mit Hilfe der Bezugsperson) den Nachweis eigener und fester Einkünfte nicht erbringen und verfügen sie somit nicht über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes in Österreich. Die Bezugsperson müsste für sich und seine Ehefrau den "Ehegattenrichtsatz" in Höhe von EUR 1.398,97 monatlich aufbringen. Für seine minderjährigen Kinder müsste er über weitere EUR 143,97 pro Kind verfügen. Insgesamt bräuchte er einen Betrag von insgesamt EUR 1.706,01 monatlich. Die Bezugsperson hat jedoch tatsächlich gar kein Einkommen, sondern bezieht die bedarfsorientierte Mindestsicherung, die als Sozialleistung kein Einkommen in diesem Sinne darstellt. Damit steht jedenfalls unzweifelhaft fest, dass der Aufenthalt der Beschwerdeführerinnen zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft im Sinne des § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG und § 11 Abs. 5 NAG führen könnte.

Auch das Erfordernis einer für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehenen Unterkunft konnte nicht erbracht werden, da über die aktuell von der Bezugsperson bewohnte Wohnung kein Mietvertrag oder eine andere Nutzungsvereinbarung, aus der die Größe der Wohnung und die Anzahl der dort wohnenden Personen hervorgeht, vorgelegt wurde.

Sohin liegen die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG 2005 nicht vor.

Die Beschwerdeführerinnen vermeinen, dass gegenständlich der Ausnahmetatbestand des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG zur Anwendung zu gelangen und somit die Erteilungsvoraussetzungen nach § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 außer Betracht zu bleiben hätten, da die Stattgebung des Antrages zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art 8 EMRK geboten wäre.

Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass das BFA diese Frage im Rahmen der Erstellung der Wahrscheinlichkeitsprognose implizit mit zu berücksichtigen hatte und fallgegenständlich offensichtlich zu der Ansicht gelangt ist, dass dies nicht geboten ist.

Das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art 8 EMRK steht unter Gesetzesvorbehalt. Wenn die Verweigerung eines Einreiseantrags in den Schutzbereich des Privatlebens oder des Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreift, ist zu prüfen, ob sich diese auf eine gesetzliche Bestimmung stützt, was im vorliegenden Fall offensichtlich zutrifft, und ob sie Ziele verfolgt, die mit der EMRK in Einklang stehen, wofür hier insbesondere die Verteidigung der Ordnung im Bereich des Fremden- und Asylwesens sowie das wirtschaftliche Wohl des Landes in Betracht kommen.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nur ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005 ist, worüber die Botschaft in einem relativ formalisierten Ermittlungsverfahren zu entscheiden hat und dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung, die vom Verfassungsgerichtshof nicht beanstandet wurden, im gegenständlichen Fall nicht vorliegen. Bei Erteilung eines Einreisetitels ist zu berücksichtigen, dass Art. 8 EMRK im Allgemeinen kein Recht auf Einreise in ein bestimmtes Land gewährt (EGMR 02.08.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00, Newsletter 2001, 159 uva). Art. 8 EMRK gewährt auch kein unmittelbares Zuwanderungsrecht und lässt den Mitgliedstaaten der EMRK bei der Regelung der Einwanderungspolitik einen breiten Ermessensspielraum (vgl. VfSlg 17.013/2003 und 18.613/2008).

Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. Die Verweigerung eines Visums, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, kann nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247; 22.01.2013, 2011/18/0012).

Im gegenständlichen Fall ist zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerinnen zwei von drei Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG erfüllen konnten und die Einreise und der Aufenthalt der Beschwerdeführerinnen, einer dreiköpfigen Familie, daher zu einer erheblichen finanziellen Belastung der Gebietskörperschaft führen würde. Es ist auch nicht abzusehen, dass diese Belastung nur von kurzer Dauer wäre, da die Bezugsperson schon bisher weder ein ausreichendes Einkommen noch eine ortsübliche Unterkunft nachweisen konnte und von den beiden minderjährigen Beschwerdeführerinnen eine eigenständige Bestreitung des Lebensunterhaltes in naher Zukunft nicht erwartet werden kann. Eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie der Vermeidung finanzieller Belastungen der Gebietskörperschaft einerseits und des persönlichen Interesses der Beschwerdeführerinnen an einer Fortsetzung des Familienlebens in Österreich fällt daher zu Lasten der Beschwerdeführerinnen aus. Besondere Umstände, weshalb das Recht auf Familienleben im gegenständlichen Fall schwerer wiegen sollte als das öffentliche Interesse, wurden nicht dargetan.

Die Regelung des § 35 Abs. 1 und Abs. 4 Z 3 bedeutet nämlich auch unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK nicht, dass in jedem Fall durch die Nichterteilung eines Einreisetitels in das Recht auf Privat- und Familienleben nach Art. 8 EMRK in unzulässiger Weise eingegriffen würde. Mit der hier gegenständlichen Regelung sollen Gesichtspunkte des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Familienleben nach Art. 8 EMRK - und zwar im Rahmen des Familienverfahrens nach den §§ 34 und 35 AsylG 2005 - Berücksichtigung finden, ist doch davon auszugehen, dass damit eine Verletzung dieses verfassungsgesetzlich geschützten Rechts durch die Nichterteilung des asylrechtlichen Schutzstatus hintangehalten werden soll, weil § 34 darauf abstellt, dass dem Familienangehörigen entweder der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist. Hingegen lässt sich aus dieser Bestimmung nicht ableiten, dass - was offenbar die Beschwerde vor Augen hat - die Voraussetzung des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG 20054 immer schon allein dann erfüllt wäre, wenn überhaupt der Anwendungsbereich des Art. 8 EMRK eröffnet ist (vgl. im Grundsatz VwGH 22.11.2017, Ra 2017119/0218), zumal das Bestehen eines Familienlebens iSd Art. 8 EMRK im Regelfall Voraussetzung für die Familienangehörigeneigenschaft nach § 35 Abs. 5 AsylG ist. Nur in seltenen Ausnahmefällen wäre eine Visumerteilung nach § 35 AsylG auch dann geboten, wenn zwar eine Familienangehörigeneigenschaft nach § 35 Abs. 5 AsylG, aber kein Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht. Es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er die Erfüllung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG nur in den seltenen Fällen als Voraussetzung für die Erteilung eines Einreisetitels vorsehen wollte, in denen trotz Familienangehörigeneigenschaft nach § 35 Abs. 5 kein Familienleben iSd Art. 8 EMRK vorliegt.

Auch aus anderen Bestimmungen ergibt sich (wie der VwGH im zitierten Erkenntnis vom 22.11.2017 ausführt), dass der Gesetzgeber - und zwar selbst dann, wenn die Familienzusammenführung unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK geboten sein sollte, nicht jedem Angehörigen eines Asylberechtigten ebenfalls diesen Status eines Asylberechtigten einräumen wollte (vgl. zur aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK gegebenen verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der insoweit vergleichbaren früheren Rechtslage des § 10 und § 11 AsylG vor der AsylG-Novelle 2003 VwGH 12.06.2003, 99/20/0426, insbes. Pkt. 41, der Entscheidungsgründe), sondern ist hier insbesondere § 46 NAG zu erwähnen, der im Rahmen der Familienzusammenführung - für den Regelfall die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Familienangehörigen ermöglicht.

Nur in einem solcherart besonders gelagerten Fall ist auf die Regelung des § 35 Abs. 4 Z 3 letzter Halbsatz AsylG 2005 zurückzugreifen, wenn die Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht vorliegen, aber "im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2" - also zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 oder zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 - die Stattgebung des Antrages gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.

Nur dann also, wenn (ausnahmsweise) eine Familienzusammenführung im Grunde von (insb) § 46 NAG nicht hinreicht, sondern für den Familienangehörigen Art. 8 EMRK einen asylrechtlichen Schutzstatus nach §§ 34 und 35 AsylG 2005 gebietet, kommt die Regelung des § 35 Abs. 4 Z 3 letzter Halbsatz AsylG 2005 ("die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten") zum Tragen. Eine solche Ausnahmesituation ist für das erkennende Gericht nicht zu sehen und wird von den Beschwerdeführerinnen nichts Derartiges (auch nur) behauptet, und zwar auch nicht im Hinblick auf das in der Beschwerde herangezogen Prinzip des Kindeswohls, kann doch aus keinem der Artikel dieses BVG über die Rechte der Kinder ein Recht des Kindes auf Erteilung eines Einreisetitels abgeleitet werden. Insbesondere ist auch auf Art. 7 dieses BVG zu verweisen, wonach eine Beschränkung der in den Artikeln 1, 2, 4 und 6 dieses BVG gewährleisteten Rechte und Ansprüche nur zulässig ist, insoweit sie gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Das "Kindeswohlvorrangigkeitsprinzips" (Art. 1) als Orientierungsmaßstab für die Gesetzgebung, Gerichtsbarkeit und Verwaltung sowie auch für die Leistungen staatlicher und privater Einrichtungen - steht damit jedenfalls unter Gesetzesvorbehalt. Wie schon oben gesagt kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ein hoher Stellenwert zu und wird gerade im Art 7 des BVG über die Rechte der Kinder die öffentliche Ruhe und Ordnung angesprochen.

Die Beschwerdeargumentation über das Kindeswohl vermag daher eine Rechtswidrigkeit nicht aufzuzeigen. Es mag zwar zutreffen, dass bei der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotenen Interessenabwägung eine besondere Berücksichtigung des Kindeswohls eingefordert wird. Aus dem Gebot, bei dieser Interessenabwägung dem Wohl des Kindes ausreichend Rechnung zu tragen, ist aber noch nicht der Schluss zulässig, der Grundsatz, wonach die EMRK Ausländern kein Recht auf Einreise verbürgt, sei im Hinblick auf das Kindeswohl durchbrochen, verbürge das Kindeswohl im Zusammenhalt mit Art. 8 EMRK per se ein Recht auf Einreise. Wenn daher in der Beschwerde auf ein solches (behauptetes) Recht des Kindes auf Einreise per se abgestellt wird, ist dies verfehlt.

Auch wenn man vom Bestehen eines aufrechten Familienlebens zwischen den Beschwerdeführerinnen und der Bezugsperson ausgehen sollte, kann die familiäre Situation - zumindest - nicht als so außergewöhnlich angesehen werden, dass (ausnahmsweise) eine Familienzusammenführung im Grunde von (insb.) § 46 NAG nicht hinreichen würde, sondern für die Beschwerdeführerinnen Art. 8 EMRK einen asylrechtlichen Schutzstatus nach §§ 34 und 35 AsylG 2005 gebieten würde.

Gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 lit. c Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ist Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltstitel 'Rot-Weiß-Rot - Karte plus" zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles (des NAG) erfüllen, ein Quotenplatz vorhanden ist, der Zusammenführende Asylberechtigter ist und § 34 Abs. 2 AsylG 2005 nicht gilt. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 22.11.2017, Ra 2017/19/0218 darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber im NAG auch Vorkehrungen getroffen hat, um selbst im Fall des Fehlens von Voraussetzungen, die an sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gegeben sein müssen, eine Verletzung von aus Art. 8 EMRK herrührenden Rechten hintanzuhalten (vgl. insbesondere § 1 1 Abs. 3 und § 46 Abs. 2 NAG).

Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z.B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der EuGH in seinem jüngsten Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache C 558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, "dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen.". Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.

Der Verwaltungsgerichtshof führte zuletzt in seinem Erkenntnis vom 03.05.2018 zu Ra 2017/19/0609 aus: "Der VwGH hat allerdings in seiner Rechtsprechung zu § 46 NAG 2005 ("Bestimmungen über die Familienzusammenführung") bereits festgehalten, dass es - um ein verfassungswidriges Ergebnis zu vermeiden - geboten sein kann, im Einzelfall den in § 46 NAG 2005 verwendeten Begriff "Familienangehörigen" von der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG 2005 abzukoppeln. Besteht etwa ein aus Art. 8 EMRK ableitbarer Anspruch auf Familiennachzug, so ist als "Familienangehöriger" in § 46 NAG 2005 demnach aus verfassungsrechtlichen Gründen auch jener - nicht im Bundesgebiet aufhältige - Angehörige erfasst, dem ein derartiger Anspruch zukommt. In diesem Zusammenhang hat der VwGH auch betont, dass ein im Rahmen von "Begriffsbestimmungen" festgelegtes Verständnis eines Terminus nicht in jedem Fall dazu zwingt, diesen innerhalb eines Gesetzes stets im Sinn der Legaldefinition auszulegen, was im Übrigen das NAG 2005 selbst belegt. So wird etwa in § 2 Abs. 1 Z 10 NAG 2005 als "Zusammenführender" ein - bestimmte Voraussetzungen erfüllender - Drittstaatsangehöriger definiert, während in § 47 NAG 2005 als "Zusammenführende" Österreicher, EWR-Bürger oder Schweizer Bürger erfasst werden (vgl. grundlegend VwGH 17.11.2011, 2010/21/0494; sowie dem folgend etwa VwGH 13.11.2012, 2011/22/0074; 26.6.2013, 2011/22/0278; 27.01.2015, Ra 2014/22/0203; 11.2.2016, Ra 2015/22/0145)."

Nach dem Gesagten kommt die Ausnahmeregelung des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG gegenständlich nicht zur Anwendung und sind in der Folge die in § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 normierten Voraussetzungen zu erfüllen. Die Bezugsperson hat - wie oben näher ausgeführt - keinen Nachweis über die geforderten festen, regelmäßigen eigenen Einkünfte, die der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 ASVG entsprechen erbracht. Eine Einreise der Beschwerdeführerinnen würde somit zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen. Darüber hinaus wurde kein Nachweis einer für eine vergleichbar große Familie ortsüblichen Unterkunft erbracht.

Wie von der belangten Behörde unter Verweis auf die Ausführungen des Bundesamtes im Ergebnis korrekt beurteilt sind daher im gegenständlichen Fall bereits die Erteilungsvoraussetzungen nach § 60 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG nicht erfüllt.

Auf die Frage, ob eine in Österreich anerkannte Ehe vorliegt, braucht somit nicht näher eingegangen werden.

Die belangte Behörde hat über die betreffenden Einreiseanträge ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt und kam aufgrund der zutreffenden Mitteilung des BFA, dass die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Beschwerdeführer in Bezug auf den in Österreich befindlichen Ehemann bzw. Vater nicht wahrscheinlich sei, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG 2005 nicht vorliegen.

Im Hinblick darauf, dass es im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels gibt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieses Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu erlassen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Einreisetitel familiäre Situation finanzielle Mittel Nachweismangel Unterkunft Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W161.2227683.1.00

Im RIS seit

11.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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