TE Vwgh Erkenntnis 1997/12/11 95/20/0572

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Veröffentlicht am 11.12.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §1;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §25 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des N, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 34, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. August 1995, Zl. 4.339.699/2-III/13/92, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger und reiste im Jänner 1992 in das Bundesgebiet ein. Er stellte mit Schriftsatz vom 22. Jänner 1992 den Antrag, ihm Asyl zu gewähren und wiederholte diesen Antrag mit Schreiben vom 17. Juli 1992. Im letztgenannten Schriftsatz gab er als Fluchtgründe an, innerhalb der Schülerschaft den Widerstand gegen die Ungleichbehandlung der Kurden organisiert zu haben. Seine Familie sei verfolgt worden und sein Bruder und seine Schwester seien nach Deutschland bzw. in die Schweiz geflohen. Er selbst sei nach Istanbul gegangen, da die Armee aufgrund der Flucht seiner Geschwister Hausdurchsuchungen durchgeführt habe. In Istanbul habe er an Demonstrationen gegen das Regime teilgenommen, zuletzt am 27. November 1991 an einer unangemeldeten Demonstration. Die Geheimpolizei habe ihn identifiziert und seine Wohnung durchsucht. Um einer Verfolgung zu entgehen, sei er gezwungen gewesen, ins Ausland zu fliehen.

Anläßlich seiner niederschriftlichen Befragung durch das Bundesasylamt vom 4. September 1992 gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen an:

"Ich bin KURDE; UND HATTE ALS SOLCHER FOLGENDE SCHWIERIGKEITEN in der Türkei:

Während der Schulzeit im Gymnasium in Pertek haben meine Probleme begonnen. Ich konnte mit meinen vorwiegend kurdischen Kollegen nicht kurdisch sprechen, da in der Schule überall Polizisten waren. Wir beschwerten uns beim Direktor und forderten, daß wir mehr Rechte bekommen, und daß die Polizei aus der Schule verschwindet. Es wurde alles abgelehnt. Im Schuljahr 1987 wurde ich dreimal festgenommen. Erstmals im Mai, dann im September und November. Ich wurde jeweils zur Polizei nach Tunceli gebracht, wo ich 6 Tage inhaftiert war, und während meiner Haft geschlagen wurde. Dabei wurden meine Hände am Hinterkopf festgebunden, und ich wurde mit Gummiknüppel geschlagen und mit kaltem Wasser bespritzt und übergossen. Dann wurde ich aus der Schule entlassen. Wegen diesen Vorfalles in der Schule und wegen der Flucht meiner Geschwister, kam es regelmäßig bis Ende 1989 zu Hausdurchsuchungen in meinem Elternhaus. Dabei wurde ich von den Soldaten nach dem Aufenthaltsort meiner Geschwister gefragt. Dabei wurde ich mit dem Gewehrkolben niedergeschlagen und mit den Füßen getreten. Um diesen Schlägen zu entgehen, zog ich im Jahre 1990 nach Istanbul.

Am 27.11.1991 wurde der Kurdenführer Hüseyin TORAMAN ermordet. Anfang Dezember 1991 nahm ich an einer nicht genehmigten Demonstration wegen der Ermordung von Hüseyin TORAMAN teil. Diese Demonstration wurde von der Polizei gewaltsam aufgelöst, und ich wurde festgenommen. Mein Akt wurde offensichtlich aus Tunceli angefordert, weil die Beamten alles über meine bisherige Sache wußten. Ich war eine Woche im Gefängnis der Abt. I in Beyoglu inhaftiert. Ich wurde während meiner Verhöre gelegentlich geohrfeigt. Es waren keine organisierten Schläge. Dieser Vorfall war in Istanbul.

Auf Grund der Tatsache, daß ich jetzt auch in Istanbul von den Behörden registriert wurde, und befürchten mußte, daß es zu weiteren Festnahmen kommt, da auch meine Geschwister bereits aus ähnlichen Gründen ihre Heimat verlassen haben, habe ich beschlossen, ebenfalls die Türkei zu verlassen."

Mit (Formular-)Bescheid vom 18. September 1992 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien fest, daß der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Zuerkennung seiner Flüchtlingseigenschaft nicht erfülle. Eine Auseinandersetzung mit den von ihm geltend gemachten Fluchtgründen erfolgte in diesem Bescheid nicht. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er von seinen Angaben in erster Instanz abweichende Umstände nicht geltend machte, sondern lediglich darauf verwies, er habe seine Heimat aus politischen Gründen verlassen müssen, auch seine Geschwister seien im kurdischen Widerstand tätig gewesen und hätten mittlerweile in Deutschland bzw. in der Schweiz Asyl erhalten. Die Furcht des Beschwerdeführers, in seiner Heimat weiter verfolgt zu werden, sei begründet, da er zum einen selbst politisch für die Sache der Kurden eingetreten sei und überdies bereits Geschwister ins Ausland geflohen seien, sodaß ein weiteres Vorgehen gegen die Familie des Beschwerdeführers wahrscheinlich sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. August 1995 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen. Nach Darstellung des Verfahrensganges und der von ihr in Anwendung gebrachten Rechtslage (AsylG 1991) führte die belangte Behörde rechtlich aus, der vom Beschwerdeführer vorgetragene Sachverhalt sei nicht geeignet gewesen, die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers zu begründen. Die Verhaftungen betreffend das Jahr 1987 stünden in keinem zeitlichen Konnex zur Einreise des Beschwerdeführers und seien daher nicht geeignet, seine Flüchtlingseigenschaft zu begründen. Die Hausdurchsuchungen und die erfolgten "etwas schärferen Befragungen" könnten mangels Vorliegens eines der fünf im § 1 Z. 1 AsylG 1991 taxativ aufgezählten Gründe, die staatlicher Verfolgung erst asylrechtliche Relevanz zu verleihen vermögen, die Flüchtlingseigenschaft nicht begründen. Diese Hausdurchsuchungen und Befragungen sollten ja erfolgt sein, um vom Beschwerdeführer Informationen über seine Geschwister zu erlangen; es wäre in diesem Fall der Grund, weswegen die Befragungen erfolgten, lediglich in einem von den türkischen Behörden beim Beschwerdeführer vermuteten Sonderwissen über die Aktivitäten seiner Geschwister, erworben durch sozialen Umgang mit diesen, gelegen und somit weder in seiner politischen Gesinnung noch schlechthin in der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Kollektiv zu suchen. Die behauptete Verfolgung wäre auch nicht durch die Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe "Familie" bedingt, da der Beschwerdeführer, auch nach "vernünftiger Auffassung" der türkischen Behörden, nicht aufgrund seiner Verwandtschaft und familiären Bindungen über dieses Sonderwissen, welches man von ihm angeblich zu erlangen trachtete, verfügte, sondern eben aufgrund vorangegangener sozialer Kontakte mit seinen Geschwistern.

Das Vorbringen, Anfang Dezember 1991 bei einer nicht genehmigten Demonstration festgenommen, eine Woche inhaftiert und etwas schärfer befragt worden zu sein, sei nicht geeignet, die Asylgewährung zu rechtfertigen, da es sich hiebei lediglich um eine strafrechtliche Verfolgung handle, die "nicht dem im Asylgesetz 1991 angesprochenen Sachverhalt zugrundegelegt werden" könne. Überdies seien dem Beschwerdeführer aus diesem in Istanbul singulären Ereignis keine weiteren Nachteile erwachsen und spreche die Entlassung aus der Haft dafür, daß die Person des Beschwerdeführers für die türkischen Behörden nicht von besonderem Interesse sei. Es sei daher nicht davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in die Türkei, insbesondere im Falle seiner Niederlassung auf dem in der Türkei überwiegend befriedeten Gebiet, bei gesetzeskonformem Verhalten seinerseits Unbill zu gewärtigen hätte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

Vorauszuschicken ist, daß am 1. Juni 1992 das gegenständliche Verfahren noch in erster Instanz anhängig war; der Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien wurde (erst) am 23. September 1992 erlassen. Dies bedeutet, daß aufgrund der Übergangsbestimmungen des § 25 Abs. 1 und 2 des Asylgesetzes 1991 das gegenständliche Verfahren nach der bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes geltenden Rechtslage zu Ende zu führen war (vgl. dazu u.a. hg. Erkenntnis vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0831). Die belangte Behörde hätte daher im vorliegenden Beschwerdefall das (bei ihr erst nach dem 1. Juni 1992 anhängig gewordene) Verwaltungsverfahren gemäß § 25 Abs. 1 erster Satz AsylG 1991 nach der bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes geltenden Rechtslage zu Ende zu führen gehabt. Daß sie demgegenüber - anders als die Behörde erster Instanz - bereits die materiellen Bestimmungen des AsylG 1991 angewendet hat, bedeutet aber noch nicht zwangsläufig eine zu seiner Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, setzt doch eine solche eine damit verbundene Rechtsverletzung des Beschwerdeführers voraus. Diese ist aber nicht gegeben, weil sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides in rechtlicher Würdigung der vom Beschwerdeführer gemachten Angaben über seine Fluchtgründe ausschließlich mit dem Flüchtlingsbegriff des § 1 Z. 1 AsylG 1991 auseinandergesetzt hat und dieser von jenem des § 1 Asylgesetz (1968) - ungeachtet dessen, daß es nach der neuen Rechtslage für den Erwerb dieses Status keiner behördlichen Feststellung mehr bedarf, was im gegebenen Zusammenhang ohne rechtliche Bedeutung ist - nicht abweicht, sondern mit dem des nach der zuletzt erwähnten Bestimmung maßgeblichen Art. 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention, soweit es sich um dessen Z. 2 (in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974) handelt, vollinhaltlich übereinstimmt (vgl. das obzitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. März 1993).

Gemäß § 1 Asylgesetz, BGBl. Nr. 126/1968, ist ein Fremder Flüchtling im Sinne des Gesetzes, wenn nach dessen Bestimmungen festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, unter Bedachtnahme auf das Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, erfüllt und kein Ausschließungsgrund nach Art. 1 Abschnitt C oder F der Konvention vorliegt. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Konvention bestimmt, daß als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens - abgesehen vom Fall der Staatenlosigkeit - anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides rügt der Beschwerdeführer, die von ihm geschilderten Vorfälle hätten hinreichend dargetan, daß in diesem Fall die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention gegeben seien. Er sei wegen seiner Nationalität und der damit verbundenen politischen Gesinnung verfolgt worden und habe dies glaubhaft dargetan. Unter dem Gesichtpunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften fügt der Beschwerdeführer hinzu, die Behörde habe den angefochtenen Bescheid nicht nachvollziehbar begründet und ihn nicht weiter zu den gegen ihn gesetzten Verfolgungshandlungen befragt. Er sei nicht nur wegen seiner Nationalität und politischen Gesinnung, sondern auch wegen seiner alewitischen Religionszugehörigkeit sowie seiner Zugehörigkeit zu einer politisch aktiven Familie verfolgt worden. Die Behörde habe die Mißhandlungen, denen er durch die türkischen Behörden ausgesetzt gewesen sei, verharmlost und verfehlterweise festgehalten, daß sie lediglich in seinem angeblichen Sonderwissen über die Aktivitäten seiner Geschwister begründet gewesen seien und nicht in seiner Zugehörigkeit zu einem bestimmten Kollektiv. Auch Verfolgungshandlungen gegen Verwandte könnten Grund für die Asylgewährung sein und auch Ohrfeigen als Verfolgungshandlungen aufgefaßt werden, sodaß jedenfalls bei der Schwere der von ihm erlebten Mißhandlungen und Folterungen von einer Gefährdung seines Lebens in der Türkei auszugehen gewesen sei.

Soweit sich der Beschwerdeführer darauf stützt, auch als Mitglied der alewitischen Religionsgemeinschaft staatlicher Verfolgung ausgesetzt zu sein, ist auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot hinzuweisen, das eine Berücksichtigung dieses erstmals in der Beschwerde vorgebrachten Umstandes nicht erlaubt.

Soweit die belangte Behörde die Ansicht vertritt, die vom Beschwerdeführer genannten Verhöre, Festnahmen und Hausdurchsuchungen in den Jahren 1987 bis 1989 dienten lediglich der Erforschung eines beim Beschwerdeführer vermuteten "Sonderwissens" über die Aktivitäten seiner Geschwister, setzt sie sich darüber hinweg, daß der Beschwerdeführer auch aufgrund eigener Aktivitäten im Jahre 1987 die Aufmerksamkeit der Behörde auf sich gelenkt hatte. Es kann daher nicht nur die Rede davon sein, daß die damals behördlicherseits durchgeführten Aktionen "lediglich" in einem Sonderwissen über seine Geschwister begründet sind. Insoweit die belangte Behörde einen Zusammenhang dieser von staatlichen Behörden (auch) gegen den Beschwerdeführer gesetzten Aktionen zu seiner politischen Gesinnung oder seiner Zugehörigkeit zu einem bestimmten Kollektiv schlechthin in Abrede stellt, entfernt sie sich daher - ohne im Rahmen der Beweiswürdigung deren Unglaubwürdigkeit aufzuzeigen - von den Angaben des Beschwerdeführers.

Für den Beschwerdeführer ist daraus aber nichts gewonnen.

Der Beschwerdeführer hielt sich seit Beginn des Jahres 1990 bis Dezember 1991 unbehelligt in Istanbul auf. Daß er sich dort versteckt gehalten hat, um einer - fortgesetzten - Verfolgung staatlicher Behörden zu entgehen, macht er nicht geltend. Damit liegt kein Anhaltspunkt dafür vor, das fluchtauslösende Ereignis, die Teilnahme des Beschwerdeführers an der Demonstration im Dezember 1991 (laut Asylantrag im November 1991) samt kurzfristiger Festnahme (laut Asylantrag - lediglich - verbunden mit einer Hausdurchsuchung), als Fortsetzung der Verfolgungshandlungen der Jahre 1987 bis 1989 zu qualifizieren. Diesen (asylrelevanten) Verfolgungshandlungen fehlt somit der zeitliche Konnex zur Ausreise des Asylwerbers Ende 1992.

Die Teilnahme an der Demonstration selbst (samt kurzfristiger Festnahme) stellt aus nachstehenden Gründen kein Ereignis dar, das geeignet wäre, wohlbegründete Furcht vor Verfolgung auszulösen. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Zu fragen ist daher nicht danach, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht im engsten Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht.

Daß die Behörde "alles über seine bisherige Sache gewußt hätte", bzw. daß "die allgegenwärtige Geheimpolizei ihn identifiziert habe" erscheint allein nicht geeignet, um die maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer konkret drohenden Verfolgung darzutun. Daraus allein ist nicht ableitbar, daß die Behörde ein - über die Festnahme wegen der Teilnahme an einer unangemeldeten Demonstration hinausgehendes - Interesse an weiterer Verfolgung der Person des Beschwerdeführers haben könnte. Der Umstand, daß die staatlichen Behörden in Istanbul den Aufenthalt des Beschwerdeführers "registriert" hatten, rechtfertigt ohne Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte nicht den Schluß, eine konkrete Verfolgung aus asylrelevanten Gründen sei wahrscheinlich.

Schließlich sind den vom Beschwerdeführer genannten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes, aus denen sich die Asylrelevanz von Verfolgungshandlungen gegen Verwandte bzw. die Qualifikation der Verabreichung von Ohrfeigen als Verfolgungshandlung ergeben sollte, derartige Aussagen nicht zu entnehmen. Weder dem hg. Erkenntnis vom 31. Mai 1989, Zl. 89/01/0082 (im dortigen Beschwerdefall, in dem die Beschwerde abgewiesen wurde, hatte der Beschwerdeführer lediglich Flugblätter verteilt und Parolen geschrieben), noch den hg. Erkenntnissen vom 20. Dezember 1989, Zl. 89/01/0283 bis 0286 (hier wurden in militärischen Auseinandersetzungen, denen grundsätzlich die gesamte Zivilbevölkerung des Landes ausgesetzt war, keine konkrete Verfolgungshandlung erblickt), sowie vom 18. September 1991, Zl. 91/01/0099 (hier wurde der angefochtene Bescheid wegen Begründungsmängel u.a. betreffend die mögliche Relevanz anonymer telefonischer Todesdrohungen behoben), sind derartige allgemeine Aussagen zu entnehmen.

Insoweit der Beschwerdeführer als Verletzung von Verfahrensvorschriften schließlich vorbringt, die Behörde habe ihn nicht weiter zu den gegen ihn gesetzten Verfolgungshandlungen befragt, geht auch diese Verfahrensrüge ins Leere. Der Beschwerdeführer, der sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren detailliert in seiner Beschwerde wiedergibt, verabsäumt es nämlich darzulegen, was er im Fall eingehender Befragungen vorgebracht und inwiefern dieses Vorbringen zu einer anderen Sachentscheidung geführt hätte.

Dem Beschwerdeführer ist es somit nicht gelungen, glaubhaft zu machen, daß ihm staatliche Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht. Es kann daher im Ergebnis nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abwies.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995200572.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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