TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/12 W137 2229810-1

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Veröffentlicht am 12.05.2020
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Entscheidungsdatum

12.05.2020

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W137 2229810-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.02.2020, Zl. 1249844907/191071161, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 21.10.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich bereits seine Ehefrau (Verfahren W137 2229811-1) und der gemeinsame minderjährige Sohn (Verfahren W137 2229808-1) als Asylwerber im Bundesgebiet.

2. Am Tag der Antragstellung fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers nach dem AsylG 2005 statt, wobei er zu seinen persönlichen Daten befragt angab, verheiratet zu sein, fünf Kinder zu haben und aus Paghman zu stammen. Er gehöre der Volksgruppe der Tadschiken und der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam an. Zu seinem Fluchtgrund befragt, führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass er von der Familie eines Ex-Schwiegersohnes körperlich angegriffen und mit dem Tod bedroht worden sei. Mitglieder dieser Familie hätten auch versucht, den minderjährigen Sohn des Beschwerdeführers zu entführen. Mitglieder dieser Familie seien bei der Hezb-e-Islami aktiv. Bei einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben und das Leben seiner Familie.

Seine Frau hatte zu diesem Zeitpunkt bereits ein inhaltsgleiches Vorbringen erstattet, allerdings nur von "Beziehungen zu der islamischen Partei" gesprochen; der minderjährige Sohn hatte keine individuellen Fluchtgründe vorgebracht.

3. Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 10.02.2020 gab der Beschwerdeführer zunächst an, Herzprobleme und Probleme mit der Prostata zu haben. Er sei in ärztlicher Behandlung. Hinsichtlich der Gründe für seinen Antrag erklärte der Beschwerdeführer, keine eigenen Fluchtgründe zu haben. Er stelle einen Antrag auf ein Familienverfahren bezogen auf das Asylverfahren seiner Ehefrau. Im Falle einer Rückkehr befürchte er, von der Familie des Ex-Schwiegersohnes getötet zu werden. Gleiches drohe auch seiner Frau und seinem Sohn.

4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.02.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.). Unter Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs 4 AsylG bis zum 19.02.2021 erteilt.

Begründend brachte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen vor, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevanten Fluchtgründe vorgebracht habe und sich die Begründung auf den Antrag der Ehefrau beziehe. Da dieser der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei, komme dieser Status auch ihm selbst zu.

Hinsichtlich der Ehegattin und des minderjährigen Sohnes wurden im Ergebnis gleiche Entscheidungen getroffen.

5. Mit Schriftsatz vom 16.03.2020 (einheitlich für die gesamte Familie) erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des oben angeführten Bescheides. In dieser wurde zunächst das Fluchtvorbringen wiederholt und ausgeführt, die Familie des Ex-Schwiegersohnes sei "sehr einflussreich" und habe "Beziehungen zu der islamischen Partei". Berichte betreffend Blutfehden in Afghanistan würden die Gefährdung des Beschwerdeführers darlegen. Schließlich habe das Bundesamt in den gegenständlichen Verfahren mangelhaft ermittelt. Insbesondere hätte das Bundesamt ungeachtet des in der niederschriftlichen Einvernahme dokumentierten "Verzichts" des Beschwerdeführers nicht auf seine Einvernahme zu den Fluchtgründen verzichten dürfen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass dieser den Verzicht bewusst abgegeben habe. Dies umso mehr, als der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe in der Erstbefragung "detailliert geschildert" habe. Tatsächlich sei eine drohende asylrelevante Verfolgung jedenfalls glaubhaft dargelegt worden.

6. Am 20.03.2020 langte eine Beschwerdevorlage des Bundesamtes ein. Es wurde beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Auf Grundlage der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakten, sowie der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, das Zentrale Fremdenregister und Strafregister werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person und zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Identität werden der Entscheidung zugrunde gelegt. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehörige von Afghanistan und gehört der Volksgruppe der Tadschiken und der sunnitischen Glaubensgemeinschaft des Islam an. Er ist verheiratet und hat fünf Kinder.

Der Beschwerdeführer stammt aus der Provinz Kabul. Er ist in Afghanistan geboren und dort aufgewachsen. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari. Er besuchte in Afghanistan zwölf Jahre die Schule, machte die Matura und hatte anschließend ein eigenes Bekleidungsgeschäft. Er ist (im Landesvergleich) überdurchschnittlich gebildet und war wirtschaftlich überdurchschnittlich gut abgesichert. Er finanzierte die Ausreise für sich, die Ehefrau und den minderjährigen Sohn aus eigenen Mitteln. Der Beschwerdeführer hat zwei Brüder und drei Schwestern. Erwachsene Kinder leben in Kanada, Indien und Österreich.

Der Beschwerdeführer ist in seinem Herkunftsstaat Afghanistan weder vorbestraft, noch wurde er dort jemals inhaftiert und hatte auch mit den Behörden des Herkunftsstaates weder auf Grund seines Religionsbekenntnisses oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit noch sonst irgendwelche Probleme. Der Beschwerdeführer war nie politisch tätig und gehörte nie einer politischen Partei an. Eine dem Beschwerdeführer mit maßgeblicher Gefahr drohende Verfolgung aus politischen, ethnischen oder religiösen Gründen in Afghanistan liegt nicht vor. Eine staatliche Verfolgung ist auszuschließen.

Der Beschwerdeführer begründete seinen Antrag auf internationalen Schutz in der Erstbefragung mit einer drohenden Verfolgung durch die Familie des Ex-Schwiegersohns. Zu diesem Zeitpunkt hatte seine getrennt von ihm eingereiste Ehefrau bereits die ausführliche Einvernahme im Asylverfahren absolviert. Zudem lebte eine erwachsene Tochter des Beschwerdeführers bereits seit mehreren Jahren im Bundesgebiet.

Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 10.02.2020 erklärte der Beschwerde nach Angaben zu seiner Person und zur Ausreise, dass er keine eigenen Fluchtgründe geltend machen wolle und nunmehr einen Antrag auf ein Familienverfahren bezogen auf das Asylverfahren seiner Ehefrau stelle. Zudem verzichtete er auf Übersetzung der Feststellungen zur Situation in Afghanistan. Dem Beschwerdeführer wurde die gesamte Einvernahme abschließend vom Dolmetscher nochmals rückübersetzt - er bestätigte die Richtigkeit und Vollständigkeit mit seiner Unterschrift.

Der Beschwerdeführer hat seinen Verzicht auf das Vorbringen eigener/individueller Verfolgungsgründe gegenüber dem Bundesamt ausdrücklich geäußert und schriftlich bestätigt. Er war stets in der Lage, die Tragweite dieser Handlung intellektuell zu erfassen. Die von der Ehefrau geltend gemachten Fluchtgründe - die effektiv auch für ihn gelten - erweisen sich als nicht glaubhaft. In der Beschwerde wurden vom Beschwerdeführer keinerlei zusätzliche Informationen oder Schilderungen zu den Fluchtgründen übermittelt.

1.2. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Parlament und Parlamentswahlen

Die afghanische Nationalversammlung ist die höchste legislative Institution des Landes und agiert im Namen des gesamten afghanischen Volkes (Casolino 2011). Sie besteht aus zwei Kammern: dem Unterhaus oder Volksvertretung (Wolesi Jirga) mit 250 Abgeordneten (für 5 Jahre gewählt), sowie dem Oberhaus oder Ältestenrat (Meschrano Jirga) mit 102 Abgeordneten (AA 15.4.2019).

Das Oberhaus setzt sich laut Verfassung zu je einem Drittel aus Vertretern der Provinz- und Distrikträte zusammen. Das letzte Drittel der Senatoren wird durch den Präsidenten bestimmt (AA 15.4.2019). Die Hälfte der vom Präsidenten entsandten Senatoren müssen Frauen sein. Weiters vergibt der Präsident zwei Sitze für die nomadischen Kutschi und zwei weitere an behinderte Personen. Auch ist de facto ein Sitz für einen Vertreter der Hindu- bzw. Sikh-Gemeinschaft reserviert (USDOS 13.3.2019).

Die Sitze im Unterhaus verteilen sich proportional zur Bevölkerungszahl auf die 34 Provinzen. Verfassungsgemäß sind für Frauen 68 Sitze, für die Minderheit der Kutschi zehn Sitze und für Vertreter der Hindu- bzw. Sikh-Gemeinschaft ein Sitz reserviert (AAN 22.1.2017; vgl. USDOS 13.3.2019, Casolino 2011).

Die Rolle des Parlaments bleibt begrenzt. Ob das neue Parlament, das sich nach den Wahlen vom Oktober 2018 erst mit erheblicher Verzögerung im April 2019 konstituierte, eine andere Rolle einnehmen kann, muss sich zunächst noch erweisen. Zwar beweisen die Abgeordneten mit kritischen Anhörungen und Abänderungen von Gesetzentwürfen in teils wichtigen Punkten, dass das Parlament grundsätzlich funktionsfähig ist, doch nutzt das Parlament auch seine verfassungsmäßigen Rechte, um die Arbeit der Regierung destruktiv zu behindern, Personalvorschläge der Regierung z.T. über längere Zeiträume zu blockieren und sich Zugeständnisse wohl auch durch finanzielle Zuwendungen an einzelne Abgeordnete abkaufen zu lassen. Insbesondere das Unterhaus hat sich dadurch sowohl die Regierung der Nationalen Einheit als auch die Zivilgesellschaft zum Gegner gemacht. Generell leidet die Legislative unter einem kaum entwickelten Parteiensystem und mangelnder Rechenschaft der Parlamentarier gegenüber ihren Wählern (AA 2.9.2019).

Politische Parteien

Die afghanische Verfassung erlaubt die Gründung politischer Parteien, solange deren Programm nicht im Widerspruch zu den Prinzipien des Islam steht (USDOS 29.5.2018). Um den Parteien einen allgemeinen und nationalen Charakter zu verleihen, verbietet die Verfassung jeglichen Zusammenschluss in politischen Organisationen, der aufgrund von ethnischer, sprachlicher (Casolino 2011; vgl. MPI 27.1.2004) oder konfessioneller Zugehörigkeit erfolgt (Casolino 2011; vgl. MPI 27.1.2004, USDOS 29.5.2018). Auch darf keine rechtmäßig zustande gekommene Partei oder Organisation ohne rechtliche Begründung und ohne richterlichen Beschluss aufgelöst werden (MPI 27.1.2004).

Das kaum entwickelte afghanische Parteiensystem weist mit über 70 registrierten Parteien eine starke Zersplitterung auf (AA 2.9.2019). Die politischen Parteien haben ihren Platz im politischen System Afghanistans noch nicht etablieren können (DOA 17.3.2019). Die meisten dieser Gruppierungen erscheinen mehr als Machtvehikel ihrer Führungsfiguren denn als politisch-programmatisch gefestigte Parteien (AA 2.9.2019; vgl. AAN 6.5.2018, DOA 17.3.2019). Ethnische Zugehörigkeit, persönliche Beziehungen und ad hoc geformte Koalitionen spielen traditionell eine größere Rolle als politische Organisationen (AA 2.9.2019).

Das derzeitige Wahlsystem ist personenbezogen, die Parteien können keine Kandidatenlisten erstellen, es sind keine Sitze für die Parteien reserviert und es ist den Parteien untersagt, Fraktionen im Parlament zu gründen. Der Parteivorsitz wird nicht durch parteiinterne Abläufe bestimmt, sondern wird eher wie ein partimoniales Erbgut gesehen, das von einer Generation an die nächste, vom Vater zum Sohn, übergeben wird. Die Menschen vertrauen den Parteien nicht und junge, gebildete Leute sind nicht gewillt, solchen Parteien beizutreten (DOA 17.3.2019).

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor volatil (UNGASC 3.9.2019), nachdem im Frühjahr sowohl die Taliban als auch die afghanische Regierung neue Offensiven verlautbart hatten (USDOD 6.2019). Traditionell markiert die Ankündigung der jährlichen Frühjahrsoffensive der Taliban den Beginn der sogenannten Kampfsaison - was eher als symbolisch gewertet werden kann, da die Taliban und die Regierungskräfte in den vergangenen Jahren auch im Winter gegeneinander kämpften (AJ 12.4.2019). Die Frühjahrsoffensive des Jahres 2019 trägt den Namen al-Fath (UNGASC 14.6.2019; vgl. AJ 12.4.2019; NYT 12.4.2019) und wurde von den Taliban trotz der Friedensgespräche angekündigt (AJ 12.4.2019; vgl. NYT 12.4.2019). Landesweit am meisten von diesem aktiven Konflikt betroffen, waren die Provinzen Helmand, Farah und Ghazni (UNGASC 14.6.2019). Offensiven der afghanischen Spezialeinheiten der Sicherheitskräfte gegen die Taliban wurden seit Dezember 2018 verstärkt - dies hatte zum Ziel die Bewegungsfreiheit der Taliban zu stören, Schlüsselgebiete zu verteidigen und damit eine produktive Teilnahme der Taliban an den Friedensgesprächen zu erzwingen (SIGAR 30.7.2019). Seit Juli 2018 liefen auf hochrangiger politischer Ebene Bestrebungen, den Konflikt zwischen der afghanischen Regierungen und den Taliban politisch zu lösen (TS 22.1.2019). Berichten zufolge standen die Verhandlungen mit den Taliban kurz vor dem Abschluss. Als Anfang September der US-amerikanische Präsident ein geplantes Treffen mit den Islamisten - als Reaktion auf einen Anschlag - absagte (DZ 8.9.2019). Während sich die derzeitige militärische Situation in Afghanistan nach wie vor in einer Sackgasse befindet, stabilisierte die Einführung zusätzlicher Berater und Wegbereiter im Jahr 2018 die Situation und verlangsamte die Dynamik des Vormarsches der Taliban (USDOD 12.2018).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, die wichtigsten Bevölkerungszentren und Transitrouten sowie Provinzhauptstädte und die meisten Distriktzentren (USDOD 6.2019). Die afghanischen Kräfte sichern die Städte und andere Stützpunkte der Regierung; die Taliban verstärken groß angelegte Angriffe, wodurch eine Vielzahl afghanischer Kräfte in Verteidigungsmissionen eingebunden ist, Engpässe entstehen und dadurch manchmal auch Kräfte fehlen können, um Territorium zu halten (SIGAR 30.4.2019; vgl. NYT 19.7.2019). Kämpfe waren auch weiterhin auf konstant hohem Niveau. Die Ausnahme waren islamische Festtage, an denen, wie bereits in der Vergangenheit auch schon, das Kampfniveau deutlich zurückging, als sowohl regierungsfreundliche Kräfte, aber auch regierungsfeindliche Elemente ihre offensiven Operationen reduzierten. Im Gegensatz dazu hielt das Kampftempo während des gesamten Fastenmonats Ramadan an, da regierungsfeindliche Elemente mehrere Selbstmordattentate ausführten und sowohl regierungsfreundliche Truppen, als auch regierungsfeindliche Elemente, bekundeten, ihre operative Dynamik aufrechtzuerhalten (UNGASC 3.9.2019). Die Taliban verlautbarten, eine asymmetrische Strategie zu verfolgen: die Aufständischen führen weiterhin Überfälle auf Kontrollpunkte und Distriktzentren aus und bedrohen Bevölkerungszentren (UNGASC 7.12.2018). Angriffe haben sich zwischen November 2018 und Jänner 2019 um 19% im Vergleich zum Vorberichtszeitraum (16.8. - 31.10.2018) verstärkt. Insbesondere in den Wintermonaten wurde in Afghanistan eine erhöhte Unsicherheit wahrgenommen. (SIGAR 30.4.2019). Seit dem Jahr 2002 ist die Wintersaison besonders stark umkämpft. Trotzdem bemühten sich die ANDSF und Koalitionskräfte die Anzahl ziviler Opfer zu reduzieren und konzentrierten sich auf Verteidigungsoperationen gegen die Taliban und den ISKP. Diese Operationen verursachten bei den Aufständischen schwere Verluste und hinderten sie daran ihr Ziel zu erreichen (USDOD 6.2019). Der ISKP ist auch weiterhin widerstandsfähig: Afghanische und internationale Streitkräfte führten mit einem hohen Tempo Operationen gegen die Hochburgen des ISKP in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch, was zu einer gewissen Verschlechterung der Führungsstrukturen der ISKP führt. Dennoch konkurriert die Gruppierung auch weiterhin mit den Taliban in der östlichen Region und hat eine operative Kapazität in der Stadt Kabul behalten (UNGASC 3.9.2019).

Tadschiken

Die Volksgruppe der Tadschiken ist die zweitgrößte Volksgruppe in Afghanistan (MRG o.D.b; vgl. RFERL 9.8.2019) und hat einen deutlichen politischen Einfluss im Land (MRG o.D.b). Sie machen etwa 27 bis 30% der afghanischen Bevölkerung aus (GIZ 4.2019; vgl. CIA 2012). Außerhalb der tadschikischen Kerngebiete in Nordafghanistan (Provinzen Badakhshan, Takhar, Baghlan, Parwan, Kapisa und Kabul) bilden Tadschiken in weiten Teilen des Landes ethnische Inseln, namentlich in den größeren Städten. In der Hauptstadt Kabul sind sie knapp in der Mehrheit (GIZ 4.2019).

Als rein sesshaftes Volk kennen die Tadschiken im Gegensatz zu den Paschtunen keine Stammesorganisation (GIZ 4.2019; vgl. MRG o.D.b). Aus historischer Perspektive identifizierten sich dari-persisch sprechende Personen in Afghanistan nach sehr unterschiedlichen Kriterien, etwa durch das Siedlungsgebiet oder der Herkunftsregion. Dementsprechend nannten sie sich zum Beispiel kaboli (aus Kabul), herati (aus Herat), mazari (aus Mazar-e Scharif), panjsheri (aus Panjsher) oder badakhshi (aus Badakhshan). Sie konnten auch nach ihrer Lebensweise benannt werden. Der Name tajik (Tadschike) bezeichnete ursprünglich traditionell sesshafte persischsprachige Bauern oder Stadtbewohner sunnitischer Konfession (BFA 7.2016; vgl. GIZ 4.2019, MRG o.D.b). Heute werden unter dem Terminus tajik "Tadschike" fast alle dari/persisch sprechenden Personen Afghanistans, mit Ausnahme der Hazara, zusammengefasst (BFA 7.2016).

Tadschiken dominierten die "Nordallianz", eine politisch-militärische Koalition, welche die Taliban bekämpfte und nach dem Fall der Taliban die international anerkannte Regierung Afghanistans bildete. Tadschiken sind in zahlreichen politischen Organisationen und Parteien, die dominierendste davon ist die Jamiat-e Islami, vertreten (MRG o.D.b). Die Tadschiken sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 25% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert (BI 29.9.2017).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben im Verfahren, die auch vom Bundesamt nicht in Zweifel gezogen worden sind. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zur Volksgruppen- und Glaubenszugehörigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben.

Gleiches gilt bezüglich der Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Geburtsort, seinem schulischen und beruflichen Werdegang, seinem Familienstand sowie seinen Lebensumständen in Afghanistan. Die - jedenfalls für afghanische Verhältnisse - überdurchschnittliche Bildung ergibt sich aus der mit Matura abgeschlossenen Schullaufbahn. Da der Beschwerdeführer problemlos 40.000 Dollar für die Schleppung (auch seiner Frau und seines Sohnes) bis nach Österreich aus eigenen Mitteln aufbringen konnte steht auch seine überdurchschnittliche wirtschaftliche Absicherung fest.

Hinsichtlich der Schreibweise des Namens des Beschwerdeführers wird dieser unverändert aus dem angefochtenen Bescheid und der Beschwerde übernommen. In der Beschwerde finden sich keine Ausführungen hinsichtlich einer gewünschten einheitlichen Schreibweise des Familiennamens oder allfälliger anderer Anpassungen.

2.2. Der Beschwerdeführer hat nie behauptet, dass er als Tadschike, Sunnit oder aus politischen Gründen Verfolgungshandlungen in Afghanistan ausgesetzt sein könnte. Eine staatliche Verfolgung wurde stets verneint.

Die Feststellungen zum Aussageverhalten des Beschwerdeführers ergeben sich den hinsichtlich ihrer Richtigkeit und Vollständigkeit unstrittigen Protokollen der Erstbefragung und der Einvernahme (vom 10.02.2020). Das Bundesamt hat dem Beschwerdeführer nach seinem freiwilligen Verzicht auf das Vorbringen individueller Verfolgungsgründe zudem mit einer letztlich ergebnisoffenen Frage ("Haben sie sämtliche Gründe, die sie veranlasst haben, ihr Heimatland zu verlassen, vollständig geschildert?") auch nochmals die Möglichkeit eingeräumt, diese Entscheidung faktisch zurückzunehmen.

2.3. Dass der Beschwerdeführer diesen Verzicht auf das Vorbringen individueller Fluchtgründe nach Rückübersetzung schriftlich bestätigt hat, ergibt sich aus der Unterschrift auf dem Einvernahmeprotokoll. Angesichts der Tatsache, dass der Beschwerdeführer ein bis zur Ausreise aktiver und erfolgreicher Geschäftsmann mit Maturabschluss war und sich seine gesundheitlichen Probleme im Wesentlichen auf Herz und Prostata beziehen, kann es keine Zweifel daran geben, dass er sich der Tragweite seines Handelns bewusst war. Dies umso mehr, als er mit seiner Frau und der erwachsenen Tochter gleich mit zwei Personen in einem gemeinsamen Haushalt lebt, die diese Einvernahme zum relevanten Zeitpunkt bereits absolviert hatten. Dass er - wie in der Beschwerde behauptet - diesen Verzicht auf ein individualvorbringen "nicht bewusst abgegeben hat" ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar.

Die fehlende Glaubhaftigkeit des von der Ehefrau erstatteten - und ihn mitumfassenden - Individualvorbringens ergibt sich aus der Entscheidung in deren Beschwerdeverfahren.

In der Beschwerde wird überdies der Verzicht des Bundesamtes auf eine Befragung des Beschwerdeführers zu den Fluchtgründen (nach dessen Erklärung, keine Fluchtgründe zu haben) zwar als Mangel des angefochtenen Bescheides behauptet, aber nicht dargelegt, welche Informationen er dem Bundesamt in diesem Zusammenhang vorenthalten haben könnte.

2.4. Die Feststellungen zur (im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen) Situation im Herkunftsstaat sind dem angefochtenen Bescheid entnommen und hinreichend aktuell. Dem Beschwerdeführer wurde einerseits im erstinstanzlichen Verfahren Gelegenheit gegeben, zu diesen Länderberichten Stellung zu nehmen. Von dieser Möglichkeit machte der Beschwerdeführer jedoch keinen Gebrauch. Andererseits wurden sie auch in der gegenständlichen Beschwerde weder als unvollständig noch als veraltet gerügt. Vielmehr wird stellenweise sogar zur Begründung der Beschwerde ausdrücklich auf sie verwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

3.1. Zur Frage der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. etwa VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN).

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 24.02.2015, Ra 2014/18/0063); auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/18/0112 mwN). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Gefahr der Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (vgl. VwGH vom 10. 12.2014, Ra 2014/18/0078, mwN).

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat eine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 45, Rz 3, mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrunde liegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein, diese muss im Entscheidungszeitpunkt vorliegen. Auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.2. Eine (drohende) Verfolgung aus generellen Motiven oder eine staatliche Verfolgung wurden von der Beschwerdeführerin gegenüber dem Bundesamt im erstinstanzlichen Verfahren nicht behauptet.

3.3. Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

Familienangehöriger gemäß § 1 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

Wie in der diesbezüglichen Entscheidung vom heutigen Tag, W137 2229811-1/4E dargelegt, fehlt es den von der Ehefrau des Beschwerdeführers angegebenen Gründen hinsichtlich einer Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat an der Glaubhaftigkeit und es hat sich im Verfahren seiner Ehefrau auch nicht ergeben, dass diese im Herkunftsstaat aus anderen Gründen im Zusammenhang mit den in der GFK genannten Motiven einer Verfolgung ausgesetzt sein würde.

Nur der Vollständigkeit halber sei angeführt, dass selbst bei hypothetischer Zugrundelegung des Vorbringens, die behauptete Verfolgung auf einer kriminellen Motivation beruhen und keinen Zusammenhang mit den Verfolgungsgründen der Flüchtlingskonvention aufweisen würde. Von der in der Beschwerde behaupteten "Blutfehde" (nach dem Paschtunwali) kann nicht einmal ansatzweise gesprochen werden, weil der potenziell auslösende Sachverhalt - eine (nachweislich) staatlich durchgeführte Scheidung - darin keine Deckung findet.

3.4. Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne der GFK dar. Diese haben im Übrigen bereits zur Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten geführt.

Aus diesen Gründen ist die gegenständliche Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

4. Da überdies auch dem minderjährigen Sohn der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt worden ist, war für den Beschwerdeführer auch im Rahmen des Familienverfahrens bezogen auf diesen nichts zu gewinnen.

5. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, sind im gegenständlichen Fall erfüllt, zumal in den entscheidungswesentlichen Punkten die Beschwerde dem angefochtenen Bescheid nicht ausreichend substantiiert entgegen trat (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0149; 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018).

Der Beschwerdeführer hat gegenüber dem Bundesamt seinen Verzicht auf die Erstattung eines Individualvorbringens nachweislich erklärt. Dieser entscheidungsrelevante Sachverhalt wird in der Beschwerde auch nicht bestritten. Zudem findet sich in der Beschwerde auch keine nachvollziehbare Argumentation, dass der Beschwerdeführer diese Erklärung unbewusst oder aufgrund intellektueller Überforderung irrtümlich abgegeben hat. Ein Motivirrtum oder ein strategischer Fehler wären in diesem Zusammenhang hingegen nicht relevant.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Familienverfahren Glaubhaftmachung mangelnde Asylrelevanz private Verfolgung soziale Gruppe Verfolgungsgefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W137.2229810.1.00

Im RIS seit

11.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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