TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/14 W176 2189043-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.05.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

14.05.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W176 2189053-1/20E

W176 2189040-1/20E

W176 2189051-1/18E

W176 2189043-1/19E

W176 2189054-1/19E

W176 2189049-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von (1.) XXXX , geboren am XXXX , (2.) XXXX , geboren am XXXX , (3.) XXXX , geboren am XXXX , (4.) XXXX , geboren am XXXX XXXX (5.) XXXX , geboren am XXXX sowie (6.) XXXX , geboren am XXXX alle StA. Iran, alle vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 12.02.2018, Zlen. (1.) 1093389508-151678202, (2.) 1093392405-151678091, (3.) 1093393108-151678199, (4.) 1093394508-151678185, (5.) 1093395200-151678164 bzw. (6.) 1093396709-151678156, nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005), und XXXX gemäß § 3 Abs. 4 AsylG 2005 der Status von Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführer (ein Ehepaar und dessen damals zur Gänze minderjährigen Kinder) stellten am XXXX.11.2015 Anträge auf internationalen Schutz.

2. Dazu gab der Erstbeschwerdeführer im verwaltungsbehördlichen Verfahren im Wesentlichen Folgendes an:

Sie seien iranische Staatsangehörige schiitisch-muslimischen Glaubens und stammten aus Mashad. Die iranischen Behörden hätten mit der Begründung, dass der Vater des Erstbeschwerdeführers Afghane und nicht Iraner gewesen sei, die Dokumente der Familie eingezogen. Deshalb sei das Leben für die Beschwerdeführer sehr schwer gewesen; so hätten die Kinder nicht in die Schule gehen können. Die Beschwerdeführer hätten sich einige Male an die Behörden gewandt, um wieder Dokumente zu bekommen. Dabei sei dem Erstbeschwerdeführer der Vorschlag gemacht worden, er solle für zwei Monate in den Krieg nach Syrien ziehen. Die Zweitbeschwerdeführerin sei dagegen gewesen. Letztlich habe der Erstbeschwerdeführer zugesagt, nach Syrien zu gehen, habe dann aber mit seiner Familie den Iran verlassen und sei nach Europa gereist.

3. Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Iran gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab, erteilte ihnen gemäß § 57 AsylG 2005 keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), gegen die Beschwerdeführer (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass deren Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde ausgesprochen, dass die Frist für ihre freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, die Beschwerdeführer hätten keine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus asylrelevanten Gründen glaubhaft machen können.

4. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht vollumfänglich Beschwerde, wobei sie - zusammengefasst - Folgendes vorbrachten:

Zum einen müssten sie im Iran aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur (den afghanischen Hazara nahestehenden) Volksgruppe der Khawari Verfolgung befürchten, zum anderen deshalb, weil sie zum Christentum (freikirchlicher Prägung) konvertiert seien.

5. In der Folge legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Bezug habenden Verfahrensunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

6. Am XXXX .11.2019 fand am Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerdeverhandlung statt; in dieser wurde ua. der Erstbeschwerdeführer abermals insbesondere zu seinen Fluchtgründen befragt und XXXX , Pastorin der XXXX -Gemeinde in Wien, als Zeugin einvernommen. Am Ende der Verhandlung wurde den Beschwerdeführern aufgetragen, innerhalb einer Frist von sechs Monaten eine Stellungnahme der XXXX -Gemeinde zur Entwicklung ihrer Glaubensüberzeugung vorzulegen.

7. Mit einem von XXXX unterfertigen Schreiben vom XXXX .04.2019 teilte die XXXX -Gemeinde dem Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen Folgendes mit: Es sei zu beobachten gewesen, dass es ein spirituelles und auch gemeinschaftliches Wachstum der Familie der Beschwerdeführer gegeben habe. Bis auf den Drittbeschwerdeführer hätten sie durchgehend samstags die Gottesdienste und mittwochs den Bibelkurs besucht. Sie hätten ein besonderes Interesse an der Bibel entwickelt, viele Fragen gestellt und den Austausch mit Pastorin XXXX und den Leiter/innen der Gemeinde gesucht. In den Bibelkursen arbeiteten sie besonders mit und meldeten sich immer wieder zu Wort, wenn sie Fragen zu den Texten hätten oder auch ihr Verständnis der gelesenen Texte wiedergeben wollten. Besonders beim Erstbeschwerdeführer merke man, dass er die Bibel zuhause auch selbstständig lese und sich über das gelesene Wort Gedanken mache. Die Gebete der Beschwerdeführer seien nun spiritueller, leidenschaftlicher sowie mit mehr Hingabe und basierten auch mehr auf biblischen Terminologien und Inhalten. Während des Lobpreises singe der Erstbeschwerdeführer mit voller Energie und Enthusiasmus. Außerdem habe er immer freiwillig bei der Reinigung der Räumlichkeiten der Gemeinde nach den Gottesdiensten mitgeholfen. Auch nähmen die Beschwerdeführer während der jetzigen (Covid-19-)Pandemie an den Online-Gottesdiensten der Gemeinde teil. Eine Festigung des Glaubens der Beschwerdeführer sei nicht nur für die Leitung der Gemeinde, sondern auch für alle ihre Mitglieder sichtbar.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Beschwerdeführern:

1.1.1. Der Erstbeschwerdeführer ist iranischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Khawari an und wurde als (schiitischer) Moslem geboren.

Er wurde am XXXX2017 in der XXXX -Gemeinde in XXXX Wien, die Mitglied des Bundes der Baptistengemeinden in Österreich ist, getauft und besucht regelmäßig deren samstags stattfindenden Gottesdienste und mittwochs abgehaltenen Bibelrunden.

Er hat sich ernsthaft dem Christentum zugewandt und den inneren Entschluss gefasst, nach dem christlichen Glauben zu leben.

Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.1.2. Zu den übrigen Beschwerdeführern:

Die Zweitbeschwerdeführerin ist die Ehefrau des Erstbeschwerdeführerin (wobei ihre Ehe bereits im Iran geschlossen wurde), die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer sind ihre gemeinsamen (zum Zeitpunkt der Asylantragstellung jeweils minderjährigen) Kinder.

Sie sind ebenfalls iranische Staatsangehörige und in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zur hier maßgeblichen Situation im Iran:

Zur Religionsfreiheit:

In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha'i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA Analyse 23.5.2018). Der Islam schiitischer Prägung ist in Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Auch unterliegen Vertreter religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 12.1.2019, vgl. ÖB Teheran 12.2018).

Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, (v.a. armenische und assyrische) Christen - werden diskriminiert. Nicht anerkannte religiöse Gruppen - Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten - werden in unterschiedlichem Ausmaß verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert. Vertreter von anerkannten religiösen Minderheiten betonen immer wieder, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Sie sind in ihrer Religionsausübung - im Vergleich mit anderen Ländern der Region - nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten). Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa - unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke - eigene Vertreter im Parlament sowie das Recht auf Alkoholkonsum bei religiösen Riten und im Privatbereich, wenn keine Muslime anwesend sind (ÖB Teheran 12.2018). Fünf von 290 Plätzen im iranischen Parlament sind Vertretern von religiösen Minderheiten vorbehalten (BFA Analyse 23.5.2018, vgl. FH 4.2.2019). Zwei dieser fünf Sitze sind für armenische Christen reserviert, einer für chaldäische und assyrische Christen und jeweils ein Sitz für Juden und Zoroastrier. Nichtmuslimische Abgeordnete dürfen jedoch nicht in Vertretungsorgane, oder in leitende Positionen in der Regierung, beim Geheimdienst oder beim Militär gewählt werden (BFA Analyse 23.5.2018).

Auch in einzelnen Aspekten im Straf-, Familien- und Erbrecht kommen Minderheiten nicht dieselben Rechte zu wie Muslimen. Es gibt Berichte von Diskriminierung von Nichtschiiten aufgrund ihrer Religion, welche von der Gesellschaft/Familien ausgeht und eine bedrohliche Atmosphäre kreiert. Diskriminierung geht jedoch hauptsächlich auf staatliche Akteure zurück (ÖB Teheran 12.2018).

Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwingen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründet. Muslime, die keine Schiiten sind, dürfen weder für das Amt des Präsidenten kandidieren noch andere hochrangige politische Ämter bekleiden. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übertreten, können hohe Gefängnisstrafen erhalten, die in einigen Fällen von zehn bis 15 Jahren reichen. Es gibt weiterhin Razzien in Hauskirchen (AI 22.2.2018).

Anerkannten ethnisch christlichen Gemeinden ist es untersagt, konvertierte Christen zu unterstützen. Gottesdienste in der Landessprache sind in Iran verboten, ebenso die Verbreitung christlicher Schriften. Teilweise werden einzelne Gemeindemitglieder vorgeladen und befragt. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden (AA 12.1.2019).

Schiitische Religionsführer, die die Politik der Regierung oder des Obersten Führers Khamenei nicht unterstützen, können sich auch Einschüchterungen und Repressionen bis hin zu Haftstrafen gegenübersehen (US DOS 29.5.2018).

Laut der in den USA ansässigen NGO "United for Iran" waren 2017 mindestens 102 Mitglieder von religiösen Minderheiten aufgrund ihrer religiösen Aktivitäten inhaftiert, 174 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 23 wegen "Beleidigung des Islam" und 21 wegen "Korruption auf Erden" (US DOS 15.8.2017).

Personen, die sich zum Atheismus bekennen, können willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt werden. Sie laufen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (AI 22.2.2018).

Zur Lage der Christen:

Glaubwürdige Schätzungen sprechen von 100.000 bis 300.000 Christen in Iran, von denen der Großteil den armenischen Christen angehört. Diese leben hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Die armenischen Christen gehören zu den anerkannten religiösen Minderheiten, die in der Verfassung genannt werden. Ihnen stehen zwei der 290 Sitze im iranischen Parlament zu. Laut den konsultierten Quellen können armenische Christen - solange sie sich an die Gesetze der Islamischen Republik Iran halten - ihren Glauben relativ frei ausüben. Es gibt Kirchen, die auch von außen als solche erkennbar sind. Sie haben das Recht, religiöse Riten und Zeremonien abzuhalten, Ehen nach den eigenen religiösen Gesetzen zu schließen und auch Privatschulen zu betreiben. Persönliche Angelegenheiten und religiöse Erziehung können dem eigenen religiösen Kanon nach geregelt werden. Es gibt aber auch Einschränkungen, mit denen auch anerkannte religiöse Minderheiten zu leben haben, beispielsweise Nachteile bei der Arbeitssuche, islamische Bekleidungsvorschriften und Benachteiligungen insbesondere im Familien- und Erbrecht. Eine wichtige Einschränkung ist das Proselytismusverbot, das für alle religiösen Minderheiten gilt. Missionierung kann im Extremfall mit dem Tod bestraft werden (BFA Analyse 23.5.2018). Nicht einmal Zeugen Jehovas missionieren in Iran (DIS/DRC 23.2.2018).

Das Christentum ist in der iranischen Verfassung als Religion anerkannt. Den historisch ansässigen Kirchen, die vorwiegend ethnische Gruppierungen abbilden (die armenische, assyrische und chaldäische Kirche) wird eine besondere Stellung anerkannt. Religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste auf Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten (ÖB Teheran 2018), ebenso die Verbreitung christlicher Schriften (AA 12.1.2019). Sonstige zahlenmäßig bedeutende Gruppen stellen Katholiken und Protestanten, die ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes haben. Die Mitglieder sind meist Konvertiten aus dem Islam. Grundrechtlich besteht "Kultusfreiheit" innerhalb der Mauern der Gemeindezentren und der Kirchen. Jedoch haben Nichtmuslime keine Religionsfreiheit in der Öffentlichkeit, weder Freiheit der Meinungsäußerung noch Versammlungsfreiheit (Proselytismusverbot). Jegliche missionarische Tätigkeit inklusive des öffentlichen Verkaufs von werbenden Publikationen und der Anwerbung Andersgläubiger ist verboten und wird streng bestraft. Das Strafgesetz sieht für Proselytismus die Todesstrafe vor. Infolge des Proselytismusverbots wird gegen evangelikale Gruppen ("Hauskirchen") oft hart vorgegangen (Verhaftungen, Beschlagnahmungen, vor ein paar Jahren auch angeblich vollstreckte Todesurteile). Autochthone Kirchen halten sich meist penibel an das Verbot (ÖB Teheran 12.2018).

Da Konversion vom Islam zu einer anderen Religion verboten ist, erkennt die Regierung nur armenische oder assyrische Christen an [abgesehen von Juden und Zoroastriern], da diese Gruppen schon vor dem Islam im Land waren, bzw. es sich um Staatsbürger handelt, die beweisen können, dass ihre Familien schon vor 1979 [Islamische Revolution] Christen waren. Sabäer-Mandäer werden auch als Christen geführt, obwohl sie sich selbst nicht als Christen bezeichnen. Staatsbürger, die nicht den anerkannten Religionsgemeinschaften angehören, oder die nicht beweisen können, dass ihre Familien schon vor der Islamischen Revolution Christen waren, werden als Muslime angesehen. Mitglieder der anerkannten Minderheiten müssen sich registrieren lassen (US DOS 29.5.2018).

Im Weltverfolgungsindex 2019 von Christen von Open Doors befindet sich Iran auf dem neunten Platz. Im Beobachtungszeitraum wurden 67 Christen verhaftet (Open Doors 2019).

Apostasie, Konversion zum Christentum, Proselytismus, Hauskirchen

Apostasie (d.h. Religionswechsel weg vom Islam) ist im Iran zwar nicht im Strafgesetzbuch aber aufgrund der verfassungsrechtlich verankerten islamischen Jurisprudenz verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht (ÖB Teheran 12.2018). Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "mohareb" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), "mofsid-fil-arz/fisad-al-arz" ("Verdorbenheit auf Erden"), oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie selten, bei keiner der Hinrichtungen in den letzten zehn Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie ein bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen gab es mehrere Exekutionen wegen "mohareb" (ÖB Teheran 12.2018, vgl. DIS/DRC 23.2.2018). Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen keine geläufige Bestrafung. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt (DIS/DRC 23.2.2018). Schon seit vielen Jahren wurde kein Christ mehr vom Regime getötet, wahrscheinlich aus Angst vor den daraus resultierenden internationalen Folgen (Open Doors 2019). Anklagen lauten meist auf "Organisation von Hauskirchen" und "Beleidigung des Heiligen", wohl um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden (AA 12.1.2019). Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Fälle von Konversion gelten daher als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit und werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Nach anderen Quellen wurden im Jahr 2017 gegen mehrere christliche Konvertiten hohe Haftstrafen (10 und mehr Jahre) verhängt [Anmerkung der Staatendokumentation: Verurteilungsgrund unklar] (AA 12.1.2019, vgl. AI 22.2.2018). Laut Weltverfolgungsindex 2019 wurden im Berichtszeitraum viele Christen, besonders solche mit muslimischem Hintergrund, vor Gericht gestellt und zu langen Gefängnisstrafen verurteilt bzw. warten noch auf ihren Prozess. Ihre Familien sind während dieser Zeit öffentlichen Demütigungen ausgesetzt (Open Doors 2019).

Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Muslime dürfen daher nicht an Gottesdiensten anderer Religionen teilnehmen. Trotz des Verbots nimmt die Konversion weiter zu. Unter den Christen in Iran stellen Konvertiten aus dem Islam mit schätzungsweise mehreren Hunderttausend inzwischen die größte Gruppe dar, noch vor den Angehörigen traditioneller Kirchen (AA 12.1.2019). Laut der iranischen NGO Article 18 wurden von Jänner bis September 2018 37 Konvertiten zu Haftstrafen wegen "Missionsarbeit" verurteilt (HRW 17.1.2019). Im Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind (ÖB Teheran 12.2018).

Einige Geistliche, die in der Vergangenheit im Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben) (ÖB Teheran 12.2018).

Es liegen keine Daten bzw. Details zu Rechtsprechung und Behördenpraxis im Zusammenhang mit "Konversion" vom Schiitentum zum Sunnitentum vor. Diese "Konversion" ist auch nicht als Apostasie zu werten; bislang wurde noch kein solcher Fall als Apostasie angesehen. Aufgrund von Diskriminierung von Sunniten im Iran könnten öffentlich "konvertierte" Sunniten jedoch Nachteile in Beruf und Privatleben erfahren. Außerdem werden Personen, die vom schiitischen zum sunnitischen Glauben übertreten und dies öffentlich kundtun, zunehmend verfolgt. Im derzeitigen Parlament sind Sunniten (vorwiegend aus Sistan-Belutschistan) vertreten. Gewisse hohe politische Ämter sind jedoch de facto Schiiten vorbehalten. Keine besonderen Bestimmungen gibt es zur Konversion von einer nicht-islamischen zu einer anderen nicht-islamischen Religion, da diese nicht als Apostasie gilt (ÖB Teheran 12.2018).

Die Schließungen der "Assembly of God"-Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Dieser Anstieg bei den Hauskirchen zeigt, dass sie - obwohl sie verboten sind - trotzdem die Möglichkeit haben, zu agieren. Obwohl die Behörden die Ausbreitung der Hauskirchen fürchten, ist es schwierig, diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Nichtsdestotrotz werden sie teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren, deshalb organisieren sich die Hauskirchen in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Behörden sofort reagieren, da man zuerst Informationen über die Mitglieder sammeln und wissen will, wer in der Gemeinschaft welche Aufgaben hat. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weit verbreitet. Es kann jedoch nicht klargestellt werden, wie hoch die Kapazitäten zur Überwachung sind. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018).

In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet (FH 4.2.2019). Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken und dies den Behörden melden. Ansonsten haben die Behörden eigentlich keine Möglichkeit eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind (DIS/DRC 23.2.2018).

Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen "Verbrechen gegen Gott" angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. In Bezug auf die Strafverfolgung von Mitgliedern von Hauskirchen besagt eine Quelle, dass eher nur die Anführer von Hauskirchen gerichtlich verfolgt würden, während eine andere Quelle meint, dass auch "low-profile" Mitglieder davon betroffen sein können. Manchmal werden inhaftierte Anführer von Hauskirchen oder Mitglieder auf Kaution entlassen, und wenn es ein prominenter Fall ist, werden diese Personen von den Behörden gedrängt, das Land zu verlassen. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen, mit der Bedingung, dass sie sich vom Missionieren fernhalten. Eine Vorgehensweise gegen Hauskirchen wäre, dass die Anführer verhaftet und dann wieder freigelassen werden, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Wenn sie das Missionieren stoppen, werden die Behörden i.d.R. aufhören, Informationen über sie zu sammeln. Es soll auch die Möglichkeit geben, sich den Weg aus der Haft zu erkaufen (DIS/DRC 23.2.2018).

Bei Razzien in Hauskirchen werden meist die religiösen Führer zur Verantwortung gezogen, vor allem aus politischen Gründen. Aufgrund der häufigen Unterstützung ausländischer Kirchen für Kirchen in Iran und der Rückkehr von Christen aus dem Ausland lautet das Urteil oft Verdacht auf Spionage und Verbindung zu ausländischen Staaten und Feinden des Islam (z.B. Zionisten), oder Bedrohung für die nationale Sicherheit. Diese Urteile sind absichtlich vage formuliert, um ein größtmögliches Tätigkeitsspektrum abdecken zu können. Darüber hinaus beinhalten die Urteile auch den Konsum von Alkohol während der Messe (obwohl der Alkoholkonsum im Rahmen der religiösen Riten einer registrierten Gemeinschaft erlaubt ist), illegale Versammlung, Respektlosigkeit vor dem Regime und Beleidigung des islamischen Glaubens. Den verhafteten Christen werden teilweise nicht die vollen Prozessrechte gewährt - oft werden sie ohne Anwaltsberatung oder ohne formelle Verurteilung festgehalten bzw. ihre Haft über das Strafmaß hinaus verlängert. Berichten zufolge sollen auch Kautionszahlungen absichtlich sehr hoch angesetzt werden, um den Familien von Konvertiten wirtschaftlich zu schaden. Im Anschluss an die Freilassung wird Konvertiten das Leben erschwert, indem sie oft ihren Job verlieren bzw. es ihnen verwehrt wird, ein Bankkonto zu eröffnen oder ein Haus zu kaufen (ÖB Teheran 12.2018). Die Regierung nutzt Kautionszahlungen, um verurteilte Christen vorsätzlich verarmen zu lassen, und drängt sie dazu, das Land zu verlassen (Open doors 2019).

Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten, und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Normale Mitglieder von Hauskirchen riskieren, zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden, da die Behörden diese Personen schikanieren und einschüchtern wollen. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion aber andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder andere Personen im Glauben zu unterrichten, dann kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen (DIS/DRC 23.2.2018).

Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, werden für die Behörden nicht von Interesse sein. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, dann wäre eine Rückkehr nach Iran kein Problem. Konvertiten, die ihre Konversion aber öffentlich machen, können sich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang würde davon abhängen, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein "high-profile"-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, wird der Konvertit wohl keine harsche Strafe bekommen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein, würde nicht zu einer Verfolgung führen, aber es kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, würde er/sie nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das zu einem Problem werden (DIS/DRC 23.2.2018).

Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Während Amnesty International und eine anonyme Quelle vor Ort aussagen, dass eine Taufe keine Bedeutung habe, ist sich ein Ausländer mit Kontakt zu Christen in Iran darüber unsicher; Middle East Concern, eine Organisation, die sich um die Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten und Nordafrika kümmert, ist der Meinung, dass eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein könnte (DIS/DRC 23.2.2018).

Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein, und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Auch Publikationen, die sich mit dem Christentum beschäftigen und schon auf dem Markt waren, wurden konfisziert, obwohl es von der Regierung genehmigte Übersetzungen der Bibel gibt. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken (US DOS 29.5.2018).

Zur Situation der Khawari (auch Barbari):

Nach Angaben verschiedener Quellen bezeichnen die Begriffe Khawari und Barbari die Nachkommen der Hazara-Flüchtlinge aus Afghanistan, welche sich in Iran im späten 19. Jahrhunderts niederließen. Die erste dokumentierte Migrationsbewegung afghanischer Hazara nach Iran fand bereits 1850 statt, als eine Gruppe von 5000 Familien sich in den Ortschaften Jam und Barkhaz niederließ. Viele Hazara flohen im späten 19. Jahrhundert vor der gewaltsamen Unterwerfung ihrer Herkunftsregion durch den afghanischen Emir Abdur Rahman. Diese Gruppe migrierte hauptsächlich in die Region des iranischen Khorasan. Laut einem Bericht der Afghanistan Research and Evaluation Unit aus dem Jahr 2009 leben Angehörige der Gruppe der Khawari in Iran mehrheitlich in der Umgebung der Stadt Mashad. Aktuell gebe es nach Angaben einer Kontaktperson in Iran insgesamt rund 2.5 Millionen Personen, welche als Angehörige der Khawari betrachtet werden. Die Hazaras des iranischen Khorasan wurden zunächst bekannt als Barbari. Dies bedeute "Barbaren" in Farsi, ein Begriff, welcher für ausländische und unzivilisierte Gruppen verwendet wurde. Im Jahr 1937 deklarierte Reza Schah, dass für die Hazaras der weniger abwertende Begriff "Khawari" zu verwenden sei. "Khawari" bedeutet wörtlich "Leute aus dem Osten". Viele der Hazara sprachen Farsi und praktizierten Schia-Islam, was die Integration in den Iran stark vereinfacht haben soll. Nach Angaben von Doktor Alessandro Monsutti, Assistenzprofessor für Ethnologie und Entwicklungssoziologie am Graduate Institute in Genf, seien einige Hazara weiter nach Irak und Syrien migriert, nachdem sie sich im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert in Iran niedergelassen hätten. Viele der Khawari, welche nun in Mashad leben würden, seien in den 1970er Jahren aus Irak ausgewiesen worden. Nach Angaben einer Kontaktperson hätten viele der aus Irak ausgewiesenen Khawari nicht versucht, bei der Rückkehr in Iran Identitätskarten zu erhalten, da sie fürchteten, Opfer von religiöser, ethnischer oder politischer Verfolgung zu werden.

Nach Angaben einer Kontaktperson würden Angehörige der Khawari oft gewisse eindeutige physiologische Merkmale aufweisen, welche auf ihre afghanischen Hazara-Wurzeln hindeuten würden. Aufgrund dieser Merkmale würden sie oft Opfer rassistisch motivierter Diskriminierung. Nach Angaben einer Kontaktperson werden Khawari in Iran in ähnlicher Weise wie Personen aus Afghanistan diskriminiert. Dies sei unabhängig davon, ob sie die iranische Staatsbürgerschaft besitzen oder sich illegal in Iran aufhalten. Laut eines Artikels der der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) vom 1. Februar 2014 berichten Hazara-Frauen, die aufgrund ihrer Gesichtszüge gut erkennbar sind, von Belästigungen auf der Straße. Männliche Afghanen werden gerne für die Zunahme der Kriminalität und die Verbreitung von Drogen verantwortlich gemacht. "Afghani" werde in Iran als Schimpfwort für etwas Wildes und Primitives eingesetzt. Doktor Alessandro Monsutti berichtet, dass er vor einigen Jahren in Mashad verschiedene Quartiere mit Khawari-Familien besuchte. Neuankömmlinge aus Afghanistan würden oft in denselben Quartieren wie Khawari leben, aber die Khawari würden in Distanz bleiben, da sie Angst hätten, von der iranischen Bevölkerung als Afghanen wahrgenommen zu werden. Ein Bericht der Afghanistan Research and Evaluation Unit aus dem Jahr 2009 erwähnt ebenfalls, dass Khawari oft mit grossem Einsatz zu erreichen versuchen, als Iraner wahrgenommen werden.

Zwar habe es in den letzten Jahrzehnten durchaus einige wenige Khawari gegeben, die hohe Positionen innerhalb der iranischen Behörden innegehabt hätten. Nach Angaben eines kontaktierten Wissenschaftlers mit Forschungsfokus auf Iran erleben aber sogar Khawari mit iranischer Staatsbürgerschaft eine gewisse Diskriminierung, wenngleich diese nicht systematisch sei. Obwohl ihnen gesetzlich die gleichen Rechte wie anderen iranischen Staatsbürgern zustehen, würden sie dennoch teilweise als "Staatsbürgerinnen und -bürger zweiter Klasse" behandelt und würden sich sowohl gesellschaftlich als auch ökonomisch benachteiligt und mit Vorurteilen konfrontiert sehen. Für Khawari, welche keinen legalen Aufenthaltsstatus in Iran haben, ist die Situation deutlich schwieriger. Wie oben erwähnt, können Khawari, die ihre Herkunft nicht beweisen können, von Behörden als afghanische Hazara und illegale Migranten eingeschätzt werden. Nach Angaben einer Kontaktperson sind viele Khawari in Iran faktisch staatenlos.

2. Beweiswürdigung:

2.1.1. Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer - einschließlich jenen zur Ehe des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin - basieren auf ihren diesbezüglichen, glaubwürdigen Angaben sowie den von ihnen vorgelegten Dokumenten. Dass die Beschwerdeführer iranische Staatsangehörige sind, ergibt sich aus dem glaubwürdigen Vorbringen des Erstbeschwerdeführers, dass bereits sein Vater die iranische Staatsbürgerschaft besessen habe und die existenten iranischen Identitätsnachweise der Beschwerdeführer von den iranischen Behörden eingezogen worden seien.

2.1.2. Die Feststellungen zur Taufe des Erstbeschwerdeführers stützen sich auf dessen glaubwürdige Angaben, die mit jenen der Zeugin übereinstimmen, sowie das vorgelegte Taufzeugnis, jene zu seinen Aktivitäten in XXXX -Gemeinde auf das unter Punkt I.7. dargestellte Schreiben dieser Gemeinde bzw. der Zeugin.

2.1.3. Die Feststellung zur inneren Konversion des Erstbeschwerdeführers basiert zum einen auf der Einschätzung der Zeugin im zuvor genannten Schreiben. Diese Beurteilung ist für das Gericht insbesondere deshalb von Gewicht, da die Zeugin in der Beschwerdeverhandlung noch zum Ausdruck gebracht hatte, dass es noch weiterer Schritte bedarf, bevor man annehmen könne, dass der Erstbeschwerdeführer tatsächlich innerlich konvertiert ist (vgl. Verhandlungsschrift S 18, wo sie angab, dass man [erg.: erst] im Fall, dass es so weitergehe, wirklich sagen könne, dass er wirklich Christ geworden ist). Dies zeigt, dass die Zeugin eine solche Beurteilung keineswegs leichtfertig abgibt.

Wie sich der hier entscheidende Richter in der Beschwerdeverhandlung überzeugen konnte, verfügt der Erstbeschwerdeführer zum anderen (insbesondere gemessen an dessen Bildungsstand) über durchaus valide Kenntnisse vom Inhalt seines neuen Glaubens. Dass er diese nicht nur theoretisch wiedergeben kann, sondern auch verinnerlicht hat, zeigt etwa seine (auf dem Boden von Luthers Rechtfertigungslehre stehende) Antwort auf die Frage nach seiner Glaubensüberzeugung bezüglich der Bedeutung von guten Taten für das Leben nach dem Tod (vgl. Verhandlungsschrift S 10). Auch ist die Motivation des einer im Iran (trotz ihres schiitisch-moslemischen Glaubens) diskriminierten ethnischen Minderheit angehörenden Erstbeschwerdeführers, vom schiitischen Islam zum Christentum zu konvertieren, durchaus nachvollziehbar.

Dass das Christentum freikirchlicher Prägung zu einem wesentlichen Bestandteil der Identität des Erstbeschwerdeführers geworden ist, kommt schließlich in seiner regelmäßigen Teilnahme an den Aktivitäten der XXXX -Gemeinde zum Ausdruck.

2.1.4. Die Feststellung, dass die Beschwerdeführer in Österreich strafgerichtlich unbescholten sind, ist den vom Gericht eingeholten aktuellen Strafregisterauskünften zu entnehmen.

2.2. Die Feststellungen zur Lage im Iran gründen sich im Wesentlichen auf das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Iran vom 14.06.2019 (LIB). Da diese Herkunftsländerinformation auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche bietet, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln.

Die Feststellung zu Situation der Khawaris im Iran basiert auf dem Papier der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 11.02.2015 "Iran: Khawari/Barbari".

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. 51/1991 (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Heimatstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist der Antrag abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht oder ein Asylauschlussgrund gesetzt wurde.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 11 und 12 leg. cit. ist Verfolgung jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 Statusrichtlinie, Verfolgungsgrund ein in Art 10 Statusrichtlinie genannter Grund.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Nach Art. 9 Statusrichtlinie (RL 2011/95/EU) muss eine Verfolgungshandlung iSd GFK aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt oder in einer Kulminierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist.

Unter anderem können als Verfolgung folgende Handlungen gelten:

Anwendung physischer oder psychischer, einschließlich sexueller Gewalt, gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder diskriminierend angewandt werden, unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich des Art. 12 Abs. 2 Statusrichtlinie fallen und Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

Der Begriff der Religion umfasst nach Art. 10 Statusrichtlinie insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob der Antragsteller tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, der sich mehrfach mit drohender Verfolgung von zum christlichen Glauben konvertierten Muslimen im Iran befasst hat (vgl. E 19.12.2001, 2000/20/0369; Ra 2014/01/0117; 24.10.2001, 99/20/0550; 17.09.2008, 2008/23/0675, je mwN) kommt es darauf an, ob der Asylwerber bei weiterer Ausführung des inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden. Feststellungen zu behaupteten aktuell bestehenden Glaubensüberzeugung sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von - allfälligen - Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln (VwGH 23.06.2015, Ra 2014/01/0117 mwN).

3.2.1.2. Wie festgestellt, ist davon auszugehen, dass sich der Erstbeschwerdeführer ernsthaft und aufrichtig dem christlichen Glauben zugewandt hat und somit "innerlich" konvertiert ist. Es muss daher angenommen werden, dass er den inneren Entschluss gefasst hat, nach dem christlichen Glauben zu leben.

Vor dem Hintergrund der zuvor getroffenen Feststellungen zu den Konsequenzen einer Konversion im Iran muss der Erstbeschwerdeführer bei weiterer Ausführung dieses inneren Entschlusses auch nach einer Rückkehr in den Iran mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen, dass er aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt würde. Denn bei Glaubensbetätigung in der Öffentlichkeit, wie etwa der Teilnahme an öffentlichen Gottesdiensten oder Gebeten in Gemeinschaft, würde den Erstbeschwerdeführer als nicht geborenen Christen einer beachtlichen Gefahr staatlicher Repressionsmaßnahmen aussetzen. Er liefe daher bei Rückkehr in ihren Herkunftsstaat Gefahr, aus Gründen seiner Religion in asylrelevanter Weise verfolgt zu werden.

Eine innerstaatliche Fluchtalternative kommt aufgrund des Umstands, dass die Verfolgungssituation von nicht geborenen Christen im gesamten Staatsgebiet des Irans besteht, nicht in Betracht.

Da der Erstbeschwerdeführer somit den Flüchtlingsbegriff des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK erfüllt und kein Ausschlussgrund gemäß § 6 AsylG 2005 hervorgekommen ist, war ihm der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen und gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 festzustellen, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

3.2.2.1. § 34 AsylG 2005 lautet:

"(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. (2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn 1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn 1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden: 1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."

Gemäß § 22 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

3.2.2.2. Die Zweitbeschwerdeführerin hat bereits im Iran und somit vor ihrer Einreise nach Österreich mit dem Erstbeschwerdeführer die Ehe geschlossen und ist daher dessen Familienangehörige iSd § 22 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005. Gleiches gilt für die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer als zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährige Kinder des Erstbeschwerdeführers. Davon geht im Übrigen auch die belangte Behörde aus.

Daher war den Zweit- bis Sechstbeschwerdeführern - bei Fehlen von Hinweisen auf Endigungs- oder Ausschlussgründe sowie vor dem Hintergrund der Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit - gemäß § 34 AsylG 2005 ebenfalls der Status von Asylberechtigten zuzuerkennen; ebenso war gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festzustellen, dass ihnen damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass das Gesetz nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418) beim Status des Asylberechtigten nicht differenziert. Weder kennt das Gesetz einen ?originären' Status des Asylberechtigten, noch spricht das Gesetz in § 34 Abs. 4 AsylG davon, dass im Familienverfahren ein anderer, nur ?abgeleiteter' Status zuzuerkennen ist. Im Gegenteil spricht der zweite Satz des § 34 Abs. 4 AsylG 2005 ausdrücklich davon, dass ?der' Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist, was nur bedeuten kann, dass der Status des Asylberechtigten an sich (ohne weitere Differenzierung) zuzuerkennen ist. Im Übrigen lässt sich auch der Status-Richtlinie 2011/95/EU eine solche Differenzierung bei der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht entnehmen (vgl. insbesondere deren Art. 13). Daher kann auf die Prüfung der eigenen Fluchtgründe einer Person verzichtet werden, wenn dieser Asyl im Familienverfahren zuerkannt werden kann (VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418).

3.2.2.3. Sollten die Beschwerdeführer entgegen der getroffenen Feststellungen nicht iranische Staatsbürger, sondern staatenlos sein, würde dies am Ergebnis insofern nichts ändern, als diesfalls anzunehmen wäre, dass der Iran der Staat ist, in dem sie zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sodass der Iran auch in einem solchen Fall der zu prüfende Herkunftsstaat wäre.

3.2.2.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchpunkt B):

3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Eine Revision gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung (vgl. die oben unter Punkt 3.2. angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes); schließlich ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

3.3.2. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W176.2189043.1.00

Im RIS seit

11.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten