Entscheidungsdatum
02.06.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W147 2129040-3/16E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. KANHÄUSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28. September 2018, Zl. 1032423410-180596048, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2019 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017 iVm § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51 in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. bis VII. wird Folge gegeben und die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Erstes Verfahren (in Rechtskraft erwachsen):
I.1.1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation, stellte am 4. Oktober 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
I.1.2. Die Beschwerdeführerin wurde am 5. Oktober 2014 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt.
I.1.3. Am 21. Jänner 2016 fand eine erste Einvernahme der Beschwerdeführerin durch die belangte Behörde statt.
I.1.4. Nach Einholung einer Anfragebeantwortung fand am 22. März 2016 eine weitere Einvernahme durch die belangte Behörde mit Vorhalt der Anfragebeantwortung statt.
I.1.5. Am 10. Juni 2016 wurde die Beschwerdeführerin erneut durch die belangte Behörde einvernommen.
I.1.6. Mit Bescheid vom 10. Oktober 2016, wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG, bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 FPG erlassen und es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt III.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 4 und 6 die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).
I.1.7. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde.
I.1.8. Mit Beschluss vom 4. Juli 2016 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
I.1.9. Am 27. Juli 2016 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die russische Sprache und in Anwesenheit der Beschwerdeführerin und ihrer Rechtsberatung eine mündliche Verhandlung durch, in der die Beschwerdeführerin im Detail nach ihren Fluchtgründen, zu ihrem Leben in Dagestan und in Österreich befragt wurde.
I.1.10. Mit Beschluss vom 24. August 2016 wurde die Erstellung eines medizinischen Gutachtens beauftragt.
I.1.11. Am 19. Oktober 2016 langte das Gutachten des XXXX , Facharzt für Unfallchirurgie u. Sporttraumatologie, gerichtlich beeideter und zertifizierter Sachverständiger für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie ein. Zusammengefasst führte der Sachverständige zur Misshandlung der Beschwerdeführerin am 9. Juli 2013 aus, dass, folge man den Angaben der Verletzten, sie am 9. Juli 2013 von mehreren Männern im Zuge einer Amtshandlung misshandelt worden sei. Sie stelle den Misshandlungsverlauf aus ihrer Sicht dar. Die von ihr dargestellte Vorgangsweise bei der Einrichtung der von ihr behaupteten Schulterverrenkung entspräche der auch in Österreich geübten. Was die durch die angeblich an ihrem Hals ausgedämpften Zigaretten entstandenen Hautveränderungen anlangt, könne eine solche Entstehung nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Auch könne die vernarbte Wunde an der Unterlippe durch einen Schlag entstanden sein. Es finde sich an der Innenseite der rechten Brustdrüse an der Brustwand eine Narbe, die ursprünglich durch eine Tumoroperation in der Jugend entstanden sein soll, und die durch eine Narbenkorrekturoperation behandelt worden sein soll. Diese Korrekturoperation sei durch Unterlagen belegt. Ob in diesem Bereich in der Zwischenzeit Schädigungen des Hautweichteilmantels, hervorgerufen durch Schläge, bestanden haben, sei nicht mehr feststellbar.
Das Gutachten wurde der Beschwerdeführerin zur Stellungnahme zugeschickt. Eine solche Stellungnahme langte innerhalb der erteilten Frist nicht ein.
I.1.12. Mit Erkenntnis vom 21. November 2016 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab.
I.1.13. Gegen dieses Erkenntnis wurde außerordentliche Revision erhoben, die mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Mai 2017, zurückgewiesen wurde.
I.1.14. Des weiteren wurde eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Mit Erkenntnis vom 22. September 2017, Zl. E 3289/2016-20, hob der Verfassungsgerichtshof das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. November 2016 auf.
I.1.15. Am 18. Dezember 2017 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die russische Sprache und in Anwesenheit der Beschwerdeführerin und ihrer Vertretung eine weitere mündliche Verhandlung durch.
I.1.16. Am 16. Jänner 2017 langten eine schriftliche Stellungnahme und ärztliche Unterlagen ein.
I.1.17. Mit Urteil des XXXX vom XXXX wurde die Beschwerdeführerin von der wider sie erhobenen Anklage, sie habe am 21. Jänner 2016 in XXXX vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine falsche oder verfälschte Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebracht, und zwar durch Vorlage von jeweils total gefälschten Kopien der eigenen Geburtsurkunde ( XXXX , geboren am XXXX , Nummer XXXX ) samt Ausstellungsbestätigung (Nummer XXXX vom XXXX ) sowie Vorlage eine total gefälschten Originals der Geburtsurkunde ihres Sohnes ( XXXX , geboren am XXXX , Nummer XXXX ) zum Nachweis der jeweiligen Identitäten und sie habe hiedurch die Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB begangen, freigesprochen. Der Grund des Freispruches war kein Schuldbeweis.
I.1.18. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14. Februar 2018, Zl. W211 2129040 -1/59E wurde die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und § 9 BFA.VG sowie § 52 Abs. 9 FPG als unbegründet abgewiesen.
In diesem wurden folgende Feststellungen getroffen:
"1.1. Zur beschwerdeführenden Partei:
1.1.1. Die beschwerdeführende Partei ist eine weibliche Staatsangehörige der Russischen Föderation, die am 04.10.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellte.
1.1.2. Die beschwerdeführende Partei stammt aus XXXX in Dagestan, besuchte die Grundschule und arbeitete dort in einem Kosmetiksalon, wo sie die Maniküre machte. Sie verdiente sich damit ihren Lebensunterhalt.
1.1.3. Die beschwerdeführende Partei hat einen erwachsenen Sohn, der von Mai 2012 bis zumindest zur Ausreise der beschwerdeführenden Partei in Moskau als Fitnesstrainer gearbeitet hat. Ansonsten verfügt die beschwerdeführende Partei über keine Verwandten mehr in Dagestan bzw. in der Russischen Föderation. Zu ihrem Sohn hatte sie zuletzt im September 2015 Kontakt.
1.1.4. Die beschwerdeführende Partei ist strafgerichtlich unbescholten (Auszug aus dem Strafregister vom 15.12.2017).
1.1.5.
a) Die beschwerdeführende Partei leidet an einer rezidivierend depressiven Störung und zur Zeit an einer schwer ausgeprägten depressiven Episode (siehe PSY Stellungnahme XXXX vom 27.12.2017, Befund eines FA für Psychiatrie und Neurologie vom 14.08.2017 und Kurzarztbrief XXXX vom 10.01.2018). Sie war im XXXX vom 20.12.2017 bis 10.01.2018 stationär aufgenommen; dabei wurde an Maßnahmen durchgeführt: 1x Gruppe Trainingstherapie, 1x ET Kleingruppe und ein MRT. Als empfohlene Medikation wurde angeführt: Mirtabene Ftbl 30mg 1,5 1xtägl; Sertralin Rtp Ftbl 100mg 1xtägl; Oleovit D3 Tr 1x wöchentlich jeden Freitag 30ggt; Esomeprazol San Msr Tbl 20mg 1xtägl. Empfohlen wurden weiter regelmäßige fachärztliche Kontrollen bei Dr. D (Kurzarztbrief XXXX vom 10.01.2018).
Der FA Befund vom 14.08.2017 führt außerdem aus, dass die beschwerdeführende Partei seit einigen Wochen Halcion nehme und die Dosis verdoppelt habe. Zur Vermeidung der Entwicklung einer Abhängigkeit werde stattdessen Mirtazapin verschrieben.
b) Es folgen Feststellungen zum Gesundheitszustand, wie sie sich bereits früher im Verfahren ergeben haben. In der Verhandlung am 18.12.2017 ergaben sich dazu keine neuen Entwicklungen:
Die beschwerdeführende Partei leidet an eine Streckfehlhaltung der Halswirbelsäule, einer Osteochondorose C5/C6, einer flachen rechtskonvexen Skoliose der Brustwirbelsäule infolge Mammahypertrophie und Asymmetrie und einer Brustdeformation bei hypertropher Narbe nach einer Tumorektomie rechts. Wegen Sklerosierungen der Rotatorenmanschette der rechten Schulter erfolgten wiederholt Infiltrationstherapien. Bezüglich der Narbe nach der Mammareduktionsplastik ist eine Lokaltherapie zur Prophylaxe eines Narbenkeloids erforderlich (Arztbrief der Allgemeinmedizinerin XXXX vom 20.06.2016 (AS 587), siehe auch Befund eines Radiologen vom 11.11.2014 und vom 07.12.2015 (AS 597, 601).
Ein Karteikartenausdruck der Allgemeinärztin ohne Datum, eingebracht am 01.08.2016, fasst die Befunde zusammen.
Aus einem entsprechenden Arztbrief des XXXX vom 23.06.2016 geht hervor, dass die beschwerdeführende Partei wegen beidseitiger Mammahypertrophie stationär aufgenommen wurde, da sie über Verspannung im Rücken/Nackenbereich und Einschneiden der BH-Träger klagte. Zudem lag eine narbige Deformierung nach Tumorektomie vor. Diesbezüglich wird ausgeführt, dass es eine breite Narbenbildung rechts medial bei Zustand nach PE wegen eines gutartigen Tumors vor vielen Jahren gibt. Bei beidseitig voluminösen Verhältnissen gibt es keinen auffälligen Tastbefund. Die Mammogramme zeigen symmetrisch angelegte Mammaparenchym geringer Dichte (ACR 2), kein suspekter Mammographiebefund. Am 03.10.2016 soll ein Kontrolltermin auf der Plastischen Chirurgie in XXXX stattfinden.
Vom 19.05. bis 24.05.2016 war die beschwerdeführende Partei stationär in einem Krankenhaus aufgenommen: dabei wurde eine beidseitige Mammareduktionsplastik und eine Narbenkorrektur operativ vorgenommen (Arztbrief vom 23.05.2016, AS 589).
Die beschwerdeführende Partei stürzte beim Spazierengehen und verletzte sich im Bereich des rechten Kniegelenks. Im Krankenhaus wurde eine Bursektomie bei Lokalanästhesie vorgenommen (Arztbrief vom 31.08.2015, AS 593f).
Bei der beschwerdeführenden Partei wurde am 04.08.2015 eine Septumplastik, eine Muschellateralisation und eine Conchokasutik beidseitig bei Allgemeinnarkose komplikationslos durchgeführt (Korrektur der Nasenscheidewand, Arztbrief vom 06.08.2015, AS 255).
Ein Befund eines Nasennebenhöhlen-CTs vom 15.07.2016 wegen posttraumatischer behinderter Nasenatmung benennt eine aplastische linke Stirnhöhle. Im Seitenvergleich ist die osetomeatale Einheit links durch hypertrophen Processus uncinatus stenosiert, soweit jedoch durchgängig. Die linke untere Nasenmuschel ist polypoid verschwollen, deutliche Schleimhautveränderungen auch am Septum, das leicht S-förmig deviiert (Arztbrief, XXXX , 15.07.2016).
1.1.6. Die beschwerdeführende Partei spricht bereits gut Deutsch und bestand auch schon die A2 Prüfung (ÖIF Test Prüfungszeugnis vom 31.03.2017). Sie ist außerdem für den B1 Kurs angemeldet gewesen, den sie auch besucht (Verhandlungsprotokoll 18.12.2017).
Die beschwerdeführende Partei hat Freundinnen in Österreich und beteiligte sich an der Arbeit in einem Projekt für behinderte Kinder. Dafür buk sie gerne Kuchen. Sie unterstützte eine Familie in der Umgebung und ging mit deren Hund spazieren, wenn jemand krank war. Sie lernt Deutsch und würde gerne wieder mit Maniküre arbeiten. Die beschwerdeführende Partei ist zur Zeit wegen ihrer Depression in ihrem sozialen Leben beeinträchtigt.
Aus einer Unterstützungserklärung der katholischen Frauenbewegung vom 03.10.2017, die acht Frauen unterschrieben haben, geht hervor, dass die beschwerdeführende Partei regelmäßig ins Begegnungscafé kommt, freundlich, angenehm und kreativ ist. Sie bringt sich gerne ein und nimmt am Gemeinschaftsleben teil. Sie ist ein gerngesehener Gast in der Pfarrbibliothek. Die unterzeichnenden Frauen würden es begrüßen, wenn die beschwerdeführende Partei weiterhin der Pfarrgemeinde angehören würde.
Die beschwerdeführende Partei bezieht Leistungen aus der Grundversorgung (Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem vom 15.12.2017).
1.2.
1.2.1. Das folgende Vorbringen der beschwerdeführenden Partei wird festgestellt:
Die beschwerdeführende Partei war die Lebensgefährtin von XXXX , einem ausgebildeten Kardiologen und Journalisten, der am XXXX erschossen wurde. XXXX arbeitete XXXX Jahre lang als XXXX für "XXXX" und bearbeitete dort hauptsächlich Reportagen zu Menschenrechtsverletzungen, insbesondere betreffend Foltervorwürfe durch die Polizei. Außerdem schrieb er über die lokale Politik in Dagestan. XXXX praktizierte in seinem Dorf XXXX , bevor er nach Dagestan ging (AS 85).
Die beschwerdeführende Partei unterstützte XXXX , wenn er Hilfe brauchte, und war für ihn ab 2009 oder ab 2013 gelegentlich als Kurier tätig bzw. brachte sie gelegentlich Dokumente zum Pressehaus (AS 691, Verhandlungsprotokoll 18.12.2017). Sie hob auch Dokumente für ihren Lebensgeführten auf (AS 689). Insbesondere wurden ihr eine Woche vor der Ermordung des XXXX noch Dokumente zur Aufbewahrung gegeben, die jener bei ihr zwei Tage vor seiner Ermordung wieder abgeholt hat (Verhandlungsprotokoll 18.12.2017).
Am Tag der Ermordung von XXXX kamen ungefähr sechs maskierte Männer in die Wohnung der beschwerdeführenden Partei; sie vermutet, dass es Sicherheitsbehörden waren. Diese Männer wollten die Unterlagen haben, die zuletzt an die beschwerdeführende Partei zur Aufbewahrung gegeben wurden, diese Unterlagen waren aber nicht mehr in Wohnung. Die Männer durchsuchten die Wohnung, schlugen und misshandelten die beschwerdeführende Partei (Ausrenken der Arme, Brandwunden von ausgedämpften Zigaretten), ihre eigenen Dokumente wurden auch weggenommen und es wurde ihr gesagt, dass man in einer Woche wiederkommen würde. In der Verhandlung vom 18.12.2017 ergänzte die beschwerdeführende Partei, dass gesagt wurde, die Männer würden in einer Woche wiederkommen und die Unterlagen holen, sonst würden sie die beschwerdeführende Partei umbringen (Verhandlungsprotokoll 18.12.2017).
Die beschwerdeführende Partei ging daraufhin zum Gerichtsmediziner, der auch eine Bestätigung ihrer Verletzungen dokumentierte. Am nächsten Tag suchte sie eine Polizeistation auf; die Polizei meinte jedoch, nichts von dem Vorfall wissen zu wollen. Die beschwerdeführende Partei meinte weiters, von der Polizei bedroht worden zu sein; diese meinte, Juden sollten von dort verschwinden.
Die beschwerdeführende Partei blieb dann einige Tage wegen der blauen Flecken zu Hause, dann arbeitete sie noch bis Ende des Monats (Juli 2013) bei ihrer Arbeitsstelle als Manikürin, bevor sie gekündigt wurde (AS 694). Danach zog sie ins Sommerhaus ihrer Nachbarin und Freundin ca. 25 km außerhalb der Stadt (entweder bereits im August 2013 oder im September 2013 - AS 692, 694), wo sie ca. ein Jahr lebte, bis ihr Sohn kam (Verhandlungsprotokoll 18.12.2017).
In dieser Zeit beantragte die beschwerdeführende Partei einen Reisepass. Außerdem beantragte sie Dokumente aus dem Archiv der Behörde zu ihrer Eigentumswohnung. Der Sohn der beschwerdeführenden Partei informierte die beschwerdeführende Partei schließlich, dass er Leute gefunden hätte, die die beschwerdeführende Partei wegbringen könnten. Sie reiste dann Ende August/Anfang September 2014 schlepperunterstützt aus der Russischen Föderation aus. Davor zog sie Ende August 2014 zu einer Freundin in die Wohnung (Verhandlungsprotokoll 18.12.2017).
1.2.2. Es wird nicht festgestellt, dass die beschwerdeführende Partei im Falle einer Rückkehr nach Dagestan einer Gefährdung durch dortige Sicherheitsbehörden oder Regierungskräfte wegen ihrer Assoziation zu XXXX unterliegen würde.
1.2.3. Sollte sie eine solche dennoch befürchten, kann sich die beschwerdeführende Partei jedenfalls auch in einem anderen Landesteil der Russischen Föderation (außerhalb des Nordkaukasus) niederlassen.
1.2.4. Feststellungen zu einer möglichen Gefährdung der beschwerdeführenden Partei als Jüdin in Dagestan oder in der Russischen Föderation können nicht getroffen werden.
1.3. Nicht festgestellt werden kann, dass die beschwerdeführende Partei im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde und ihr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.
1.4. Festgestellt wird, dass die beschwerdeführende Partei über private Interessen in Österreich verfügt. Nicht festgestellt wird jedoch, dass eine maßgeblich ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche private und familiäre Integration der beschwerdeführenden Partei in Österreich vorliegt."
I.2. Zweites Verfahren (in Rechtskraft erwachsen):
I.2.1. Am 9. Juli 2018 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Wiederaufnahme des Erstverfahrens gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG beim Bundesverwaltungsgericht.
I.2.2. Mit Schreiben vom 10. Juli 2018 langte eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin ein, in welcher die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ausführte, dass aufgrund der Nachricht von " XXXX " über die Ermordung ihres Sohnes und die damit einhergehende Gefahr für sie selbst bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat Neuerungen aufgekommen seien, über welche im Vorverfahren noch nicht abgesprochen worden sei und sich der wesentliche Sachverhalt geändert habe. Aus diesem Grunde könne nicht von einer entschiedenen Sache die Rede sein.
I.2.3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23. Juli 2018, Zl. W211 2129040-2/4E wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiederaufnahme des Verfahrens als unbegründet abgewiesen.
Im Wesentlichen wurde die Entscheidung damit begründet, dass die Beschwerdeführerin bereits seit 2014 die Kontaktdaten jenes " XXXX " hatte und sie daran, dass sie Informationen von " XXXX " über den Verbleib ihres Sohnes bzw. das Vorbringen des Todes ihres Sohnes im Jahr 2015 nicht bereits ins Beschwerdeverfahren über ihren Antrag auf internationalen Schutz eingebracht hat, ein Verschulden trifft, was die Wiederaufnahme des Verfahrens aufgrund des nunmehrigen Hervorkommens dieser "Tatsache" ausschließt.
I.3. Verfahrensgegenständlicher Folgeantrag:
I.3.1. Am 26. Juni 2018 stellte die Beschwerdeführerin einen Folgeantrag auf internationalen Schutz und gab bei der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Wesentlichen an, dass sie Österreich verlassen habe wollen und bereits bei der Rückkehrberatung gewesen sei, dann aber eine SMS erhalten habe, dass ihr Sohn XXXX , der in "Russland" gelebt habe, ermordet worden sei. Die gleichen Männer, die ihren Mann ermordet haben sollen, sollen auch ihren Sohn ermordet haben. Sie stehe ebenfalls auf dieser Liste und befürchte im Falle ihrer Rückkehr den Tod.
I.3.2. Am 4. Juli 2018 fand eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt, in welcher die Beschwerdeführerin ausführte, ihr Sohn sei in Moskau ermordet worden. Die Beschwerdeführerin habe von ihrem Sohn 2014 einen Brief bekommen, in dem seine Geburtsurkunde und eine Telefonnummer gewesen sei, bei der sie sich melden solle, wenn etwas nicht stimme. Ihr Sohn habe in Moskau studiert. Von dieser Nummer habe ein " XXXX " ihr eine SMS geschrieben, ihr Sohn sei 2015 ermordet worden und sie solle keinesfalls nach "Russland" zurückkehren, da es für sie nicht sicher sei. Weiters gab die Beschwerdeführerin an, sie leide an einer schweren Depression, werde auch psychologisch betreut und nehme starke Medikamente.
I.3.3. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX wurde die Unterbringung der Beschwerdeführerin vorläufig für zulässig erklärt und eine Sachverständige zur Erstellung eines Gutachtens zu den Voraussetzungen des § 3 UbG beauftragt.
I.3.4. Am 3. August 2018 langte eine Aufenthaltsbestätigung vom XXXX vom 26. Juli 2018 bei der belangten Behörde ein, aus welcher hervorging, dass die Beschwerdeführerin sich seit 16. Juli 2018 in laufender stationärer Behandlung in der Abteilung für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin befinde.
I.3.5. Am 6. August 2018 langte ein Schreiben des XXXX vom 26. Juli 2018 bei der belangten Behörde ein, in welchen sich die Klinik für eine erneute Übersiedlung in die vorherige Unterkunft der Beschwerdeführerin aufgrund der Verschlechterung ihres psychischen Zustands und der mit der Übersiedlung in eine neue Unterkunft einhergehende Herausreißung aus dem gewohnten Umfeld, aussprach.
I.3.6. Mit Schreiben der ARGE Rechtsberatung vom 6. August 2018 wurden der belangten Behörden Unterlagen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin übermittelt.
I.3.7. Am 9. August 2018 langte bei der belangten Behörde ein Arztbrief des XXXX ein.
I.3.8. Mit Vorlage einer ärztlichen Bestätigung vom 3. September 2018 entschuldigte die Beschwerdeführerin ihre Abwesenheit von der Einvernahme am 6. September 2018 aufgrund einer chronischen Erkrankung.
I.3.9. Mit Schreiben vom 5. September 2018 forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin zu einer schriftlichen Stellungnahme zu der am 4. Juli 2018 ausgefolgten Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 Z 6 AsylG 2005 binnen einer Woche auf.
I.3.10. Mit Schreiben vom 14. September 2018 gab die Beschwerdeführerin eine schriftliche Stellungnahme ab.
I.3.11. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 8. September 2018, Zl. 1032423410-180596048 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 26. Juni 2018 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen sie eine Rückkehrentschiedung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Absatz 9 PFG wurde festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Absatz 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF wurde gegen die Beschwerdeführerin ein auf die Dauer von 1 Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen.
Im Wesentlichen begründete die belangte Behörde ihre Entscheidung damit, dass es sich beim Vorbringen der Beschwerdeführerin um ein gesteigertes Vorbringen handle und verwies auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes zum Antrag der Wiederaufnahme des Verfahrens. Einen neuen, entscheidungsrelevanten Sachverhalt habe die belangte Behörde nicht feststellen können.
Zur Begründung der Erlassung eines Einreiseverbotes in der Dauer von 1 Jahr führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin bereits ihrer Ausreise- bzw. Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen sei und daher nicht mehr von einer "nur geringfügigen Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung gesprochen werden könne.
I.3.12. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG vom 28. September 2018 wurde der Beschwerdeführerin für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die "ARGE-Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien" als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.
I.3.13. Mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2018 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht verfahrensgegenständliche Beschwerde gegen den genannten Bescheid, und ficht diesen in vollem Umfang an.
I.3.14. Am 14. Oktober 2019 fand zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die russische Sprache eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, in welcher die Beschwerdeführerin im Beisein ihres Rechtsvertreters zu ihrem Gesundheitszustand, ihrem Fluchtgrund, ihrem Leben im Heimatland sowie ihrem Familienleben in Österreich und Alltag befragt wurde.
Das Bundesverwaltungsgericht hat zur vorliegenden Beschwerde wie folgt erwogen:
1. Feststellungen:
Die strafrechtlich unbescholtene Beschwerdeführerin, ist eine weibliche Staatsangehörige der Russischen Föderation. Außer ihrem Sohn, der von Mai 2012 bis zumindest zur Ausreise der Beschwerdeführerin in Moskau lebte, und dessen nunmehriger Verbleib nicht festgestellt werden kann, verfügt die Beschwerdeführerin über keine Verwandten in Dagestan bzw. in der Russischen Föderation. Zu ihrem Sohn hatte sie zuletzt im September 2014 Kontakt.
Die Beschwerdeführerin stammt aus XXXX in Dagestan (Teilrepublik der Russischen Föderation), besuchte die Grundschule und arbeitete dort in einem Kosmetiksalon.
Am 5. Oktober 2014 stellte die Beschwerdeführerin den ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellte.
Über diesen Antrag wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. November 2016 negativ entschieden. Dabei wurde gleichzeitig eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung getroffen und die Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Russische Föderation festgestellt.
In der Folge brachte die Beschwerdeführerin außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ein. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Mai 2017 wurde diese zurückgewiesen.
Nach Einbringung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof hob dieser das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. November 2016 mit Erkenntnis vom 22. September 2017 auf.
Nach fortgesetztem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde die Beschwerde der Beschwerdeführerin gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 9 FPG mit Erkenntnis vom 14. Februar 2018, Zl. W211 2129040-1/59E als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis erwuchs in zweiter Instanz am 21. Februar 2018 in Rechtskraft.
Die Beschwerdeführerin stellte am 26. Juni 2018 gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz.
Im gegenständlichen Fall ergab sich keine maßgebliche Änderung in Bezug auf die die Beschwerdeführerin betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat.
In Bezug auf sonstige in der Person der Beschwerdeführerin gelegenen Umstände ist ein geänderter, entscheidungsrelevanter Sachverhalt nicht auszuschließen. Hiezu bedarf es weiterer Ermittlungen.
2. Rechtliche Beurteilung samt Beweiswürdigung:
2.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.
Anzuwendendes Verfahrensrecht:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. 51/1991 (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
Gemäß §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A)
2.2. Spruchpunkt I. Abweisung der Beschwerde:
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183; 30.5.1995, 93/08/0207; 9.9.1999, 97/21/0913; 7.6.2000, 99/01/0321).
"Entschiedene Sache" iSd. § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235; 17.9.2008, 2008/23/0684; 11.11.2008, 2008/23/1251; 19.2.2009, 2008/01/0344; 6.11.2009, 2008/19/0783). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266).
Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht Anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl zB VwGH 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2007, 2004/20/0100; 17.9.2008, 2008/23/0684; 19.2.2009, 2008/01/0344; 6.11.2009, 2008/19/0783).
Wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, ist eine neue Sachentscheidung auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266; 15.10.1999, 96/21/0097; 25.04.2007, 2004/20/0100; 17.9.2008, 2008/23/0684).
Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 26.07.2005, 2005/20/0343, mwN). Nimmt man daher eine positive Entscheidungsprognose an, dh könnten die behaupteten neuen Tatsachen - gemessen an der dem Bescheid der Erstinstanz im Erstverfahren zu Grunde liegenden Rechtsanschauung - zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, so bedürfte es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse (gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Urkunden) einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubwürdigkeit (vgl VwGH 19.7.2001, 99/20/0418; 16.02.2006, 2006/19/0380; 29. 11.2005, 2005/20/0365; 22.11.2005, 2005/01/0626). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers oder mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen sein ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; 24.2.2000, 99/20/0173; 19.7.2001, 99/20/0418; 21.11.2002, 2002/20/0315; vgl auch VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 4.5.2000, 98/20/0578; 4.5.2000, 99/20/0193; 7.6.2000, 99/01/0321; 21.9.2000, 98/20/0564; 20.3.2003, 99/20/0480; 4.11.2004, 2002/20/0391; vgl. auch 19.10.2004, 2001/03/0329; 31.3.2005, 2003/20/0468; 30.6.2005, 2005/18/0197; 26.7.2005, 2005/20/0226; 29.9.2005, 2005/20/0365; 25.4.2007, 2004/20/0100; 17.9.2008, 2008/23/0684; 19.2.2009, 2008/01/0344).
Bei der Prüfung der "Identität der Sache" ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen. Identität der Sache liegt auch dann vor, wenn sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid bereits abgewiesenen nur dadurch unterscheidet, dass eine bisher von der Partei nicht ins Treffen geführte Rechtsfrage aufgegriffen wird oder die Behörde in dem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren die Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hat (VwGH 2.7.1992, 91/06/0207 mwN). Die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (VwGH 15.10.1999, 96/21/0097; 25.04.2002, 2000/07/0235). Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl VwGH 09.09.1999, 97/21/0913).
"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.10.1991, 91/09/0069; 30.05.1995, 93/08/0207).
Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind. In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (VwGH 04.04.2001, 98/09/0041; 25.04.2002, 2000/07/0235). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, welche in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen hat das Bundesasylamt jedoch als Spezialbehörde von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl VwGH 7.6.2000, 99/01/0321; 29.6.2000, 99/01/0400; 15.9.2010, 2008/23/0334 mwN; 15.12.2010, 2007/19/0265).
"Sache" des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist ausschließlich die Frage, ob das BFA zu Recht den Folgeantrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.
Im Rahmen des letzten inhaltlichen Rechtsganges wurde das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu ihren (behaupteten) Fluchtgründen einer umfassenden Beurteilung unterzogen. Dabei wurde verneint, dass die Beschwerdeführerin für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat einer Verfolgung im asylrelevanten Ausmaß ausgesetzt wäre, dies aufgrund der festgestellten Unglaubwürdigkeit der Angaben und insbesondere des Vorliegens einer innerstaatlichen Fluchtalternative. Auf die im Verfahrensgang wiedergebende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes wird verwiesen, in der ausführlich dargelegt wurde, warum der Beschwerdeführerin keine Verfolgung iSd. Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Im nunmehrigen Antrag hat sich die Beschwerdeführerin auf dasselbe Vorbringen wie im ersten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren bezogen. Nun habe sie von einem " XXXX " die Information erhalten habe, ihr in Moskau befindlicher Sohn sei 2015 ermordet worden und vermeine sie, auch auf der Liste dieser Mörder zu stehen. Dies sei als Folge des bereits dargelegten Naheverhältnisses zu XXXX geschehen.
Die belangte Behörde hat demnach im angefochtenen Bescheid zunächst zu Recht ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin sich in Hinblick auf die Erlangung des Status der Asylberechtigten auf dieselben Gründe bezieht, die bereits vor Rechtskraft des letzten Verfahrens bestanden haben, weshalb dieses Vorbringen nicht geeignet ist, einen neuen Antrag zu begründen, sondern vielmehr die Rechtskraft der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes einer neuerlichen Sachentscheidung entgegensteht.
Die Beschwerdeführerin legte ihrem Vorbringen keinen neuen Sachverhalt zu Grunde, welcher nach Rechtskraft des inhaltlichen Vorverfahrens entstanden ist, sondern wirke der ursprüngliche vorgebrachte Sachverhalt weiter fort.
Der erkennende Richter sieht dem zu Folge keinerlei Grund, von der Einschätzung im rechtskräftigen, inhaltlichen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14. Februar 2018 abzuweichen, dass nämlich die Beschwerdeführerin ihren Herkunftsstaat nicht aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung verlassen hat und ihr dort im Falle einer Rückkehr auch keine solche droht.
Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
2.2.Spruchpunkt II. Stattgebung:
Weiters ist auszuführen, dass sich ein Antrag auf internationalen Schutz auch auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten richtet und daher auch Sachverhaltsänderungen die ausschließlich subsidiäre Schutzgründe betreffen, von den Asylbehörden im Rahmen von Folgeanträgen einer Prüfung zu unterziehen sind (vgl. VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344).
Hier ist die Rechtsfrage zu klären, ob der Folgeantrag der Beschwerdeführerin auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 AVG zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu wiederholten Anträgen auf internationalen Schutz verpflichtet und berechtigt eine behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukommt; eine andere rechtliche Beurteilung des Folgeantrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen (vgl. VwGH 25.02.2016, Ra 2015/19/0267, mit Hinweis auf in VwGH vom 09.02.2009, 2008/01/0344).
Mit Blick darauf, dass § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten insbesondere dann vorsieht, wenn die Abschiebung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK mit sich bringen würde, ist zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht davon ausgehen durfte, dass die Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten an die Beschwerdeführerin von vornherein als ausgeschlossen erschien.
Die Beschwerdeführerin machte als Neuerung unter anderem das Versterben ihres Sohnes, der sich zuletzt in Moskau aufgehalten haben soll, geltend. Weiters brachte sie vor, ihr Gesundheitszustand habe sich hinsichtlich ihrer psychischen Verfassung seit der Nachricht durch " XXXX " über den Tod ihres Sohnes, massiv verschlechtert. Sie habe bis auf ihren Sohn keine familiäre Anknüpfungspunkte in der Russischen Föderation. Sie habe weder Tanten, Onkel oder andere Verwandte; sie sei Einzelkind gewesen und ihre Eltern bereits verstorben. Zuletzt habe sie ungefähr im Jahr 2017 mit einer Freundin im Herkunftsstaat Kontakt gehabt. Sie habe Angst, dass jemand erfahre, wo sie sich aufhält. Diese Freundin habe ihr berichtet, dass ihre Wohnung in XXXX geräumt wurde, da sie kommunalen Abgaben jahrelang nicht bezahlt habe.
Im gegenständlichen Fall ergeben sich einige neuen Anhaltspunkte, die unter Umständen die Gewährung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten nicht von Vornherein unmöglich erscheinen lassen und daher einer näheren Prüfung durch die belangte Behörde zu unterziehen sind. Im angefochtenen Bescheid wurde in diesem Zusammenhang auch nicht eigens auf die Gründe für eine Gewährung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten eingegangen.
Die Beschwerdeführerin leidet an einer rezidivierend depressiven Störung, was bereits im Vorverfahren berücksichtigt wurde. Die Nachricht über den vermeintlichen Tod ihres Sohnes habe bei der Beschwerdeführerin behauptetermaßen eine massive Verschlechterung ihres psychischen Zustandes zur Folge gehabt. Sie habe sich mehrere Wochen stationär behandeln lassen müssen und durchlaufe ein sehr großes Tief. Auch im Zuge der Beschwerdeverhandlung gab die Beschwerdeführerin an "Ich bitte jede Nacht Gott, bevor ich einschlafe, dass ich am nächsten Tag nicht aufwache."
Aus der psychotherapeutischen Stellungnahme der Volkshilfe vom 10. Juli 2019 geht hervor, dass die Beschwerdeführerin mehrere starke und ausgeprägte suizidale Krisen gehabt habe und zwei Mal stationär in der Psychiatrie über Wochen behandelt wurde. Sie leide unter großen Ängsten, Unsicherheit, Schreckhaftigkeit, Rückzugstendenzen und Alpträumen. Außerdem schränke sie Kopfschmerzen und körperliche Phänomene wie Schlafstörungen, Körperschmerzen, Konzentrationsstörungen und leichte Erschöpfbarkeit bei ihrer Alltagsgestaltung stark ein. Sie durchlebe eine intensive Trauerphase um den verlorenen Mann und Sohn, die sich bei ihr zu einer schweren Depression entwickelt habe. Sie befinde sich in regelmäßiger engmaschiger psychiatrischer Kontrolle und nehme Psychopharmaka, zum einen um den Schlaf zu gewährleisten und zum anderen die Stimmung zu heben und der Depression entgegenzuwirken.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder suizidgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland (einer Abschiebung oder Überstellung) nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind (VwGH 21.2.2017, Ra 2017/18/0008-0009 mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 189 ff; siehe auch VwGH 21.05.2019, Ro 2019/19/0006-3).
Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (VwGH 21.2.2017, Ra 2017/18/0008-0009 mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 189 ff; siehe auch VwGH 21.05.2019, Ro 2019/19/0006-3).
Für die Beurteilung ob der Folgeantrag zu Recht wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist, ist demnach zu berücksichtigen, dass das seit der letzten inhaltlichen Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten neu hinzugekommene Vorbringen der Beschwerdeführerin, ihr Sohn sei in Moskau verstorben, ihr psychischer Zustand habe sich seitdem massiv verschlechtert und sie habe keinerlei familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte mehr im Herkunftsstaat, unter Umständen in Gesamtschau eine derart qualifizierte Existenz bedrohende Notlage darstellen könnte, dass eine Abschiebung eine Verletzung von Art. 3 EMRK beuteten könnte.
Ferner ist dabei zu berücksichtigen, dass sich der Gesundheitszustand durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat massiv verschlechtern könnte und eventuell die Lebenserwartung durch die Verschlechterung ihres Zustandes zu einer deutlichen Verkürzung führen könnte, sollte sie keinen Zugang zu dauerhafter, adäquater medizinischer Behandlung finden und in eine derart qualifizierte Existenz bedrohende Notlage geraten.
Bisher offen blieb, ob und wie der Sohn der Beschwerdeführerin verstorben ist. Hierzu stellte die belangte Behörde keinerlei Ermittlungsschritte an. Diese vielfältigen Aspekte müssen berücksichtigt und inhaltlich eingeschätzt werden, um beurteilen zu können, ob der Folgeantrag der Beschwerdeführerin auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten von vornherein aussichtslos und daher zurückzuweisen ist.
Aufgrund dieser Überlegungen gelangt das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass in Gesamtschau des Vorbringens der Beschwerdeführerin eine abweichende Beurteilung der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten zumindest nicht "von vornherein ausgeschlossen" erscheint und daher hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten keine entschiedene Sache vorliegt. Dementsprechend hätte die belangte Behörde in diesem Punkt den Antrag der Beschwerdeführerin nach Durchführung der notwendigen Ermittlungen in der Sache zu erledigen gehabt und nicht wegen entschiedener Sache zurückweisen dürfen. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war daher Folge zu geben.
Wegen der Begrenzung der Sache des Beschwerdeverfahrens auf die Überprüfung der Zulässigkeit der Zurückweisung des Folgeantrags (hier für den Staus der subsidiär Schutzberechtigten) ist es dem Bundesverwaltungsgericht in dieser Konstellation verwehrt, die Zurückweisung des Bundesamts durch eine Sachentscheidung zu ersetzen. Daher hatte das Bundesverwaltungsgericht nur durch Aufhebung der Zurückweisung vorzugehen und durfte hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten nicht in der Sache absprechen.
Da die weiteren Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides im Wesentlichen auf dessen Spruchpunkte I. und II. aufbauen und der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. stattzugeben war, war der Beschwerde auch insoweit Folge zu geben und die Spruchpunkte III. bis VII. aufzuheben.
3.3. Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2017, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich stets auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und der europäischen Höchstgerichte stützen; diesbezügliche Zitate finden sich in der rechtlichen Beurteilung. Sofern die oben angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu (zum Teil) alten Rechtslagen erging, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf inhaltlich gleichlautende Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage übertragbar.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung entschiedene Sache Folgeantrag Identität der Sache Prozesshindernis der entschiedenen Sache Voraussetzungen Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W147.2129040.3.00Im RIS seit
11.09.2020Zuletzt aktualisiert am
11.09.2020