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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch die Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz betreffend einen Staatsangehörigen des Irans; mangelhafte Begründung der – von der inneren Überzeugung nicht getragenen – Konvertierung vom Islam zum ChristentumRechtssatz
Maßgeblich für die Gewährung von Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention sind - wie auch in §3 Abs2 AsylG 2005 zum Ausdruck kommt - nicht nur jene Gründe, die den Antragsteller zum Verlassen des Herkunftsstaates bewogen haben, sondern auch jene, die zum Entscheidungszeitpunkt eine asylrelevante Verfolgung begründen können. Nach Ansicht des VfGH erfordert die Beachtung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Glaubens- und Gewissensfreiheit im Asylverfahren im konkreten Fall die Widerlegung, dass ein Religionswechsel aus innerer Überzeugung erfolgt ist. Sobald auf Grund äußerer Tatsachen ein Wechsel der Religion aus innerer Überzeugung nicht unwahrscheinlich ist, muss sich auf Grund der Persönlichkeit, aller Umstände der persönlichen Glaubwürdigkeit sowie darauf aufbauend einer ins Einzelne gehenden Beweiswürdigung und allenfalls der Einvernahme von Personen, die Auskunft über den Glaubenswechsel und die diesem zugrunde liegenden Überzeugungen geben können, ein detaillierter Eindruck darüber verschafft werden, inwieweit der Religionswechsel auf einer persönlichen Glaubensentscheidung beruht.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hat zwar eine mündliche Verhandlung durchgeführt, aus der Niederschrift der Verhandlung ergibt sich jedoch, dass dem Beschwerdeführer - abgesehen von der Aufforderung, drei für den Beschwerdeführer bedeutende Bibelstellen kurz vorzustellen, woraufhin der Beschwerdeführer die Geschichten "Wer ohne Sünde [sei], werfe den ersten Stein" und "Der verlorene Sohn" erzählte - keine Wissensfragen betreffend das Christentum gestellt wurden. Das BVwG stützt sich diesbezüglich im Rahmen der Beweiswürdigung nur auf die niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Dabei gibt das BVwG nur jene Fragen wieder, die der Beschwerdeführer nicht beantworten konnte, während darauf, dass Fragen auch richtig beantwortet wurden, nicht eingegangen wird.
Darüber hinaus führt das BVwG aus, dass der Beschwerdeführer "nirgendwo [angegeben habe], zum Beispiel in der Türkei Kontakt mit christlichen Gemeinschaften gesucht zu haben". Dies steht im Widerspruch zu der in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung protokollierten Aussage des Beschwerdeführers auf die Frage, wie es dazu gekommen sei, dass er in der Türkei getauft worden sei: "Jesus Christus hat mich gerufen. Erst habe ich nicht selber glauben wollen, aber mit der Zeit habe ich es erkannt, dass ich jemanden neben mir habe, der mich schütz[t]. Ich habe mich sodann mit Christen in Verbindung gesetzt und habe ihnen viele Fragen gestellt. Nachdem diese mein Interesse am Christentum realisiert haben, haben sie für mich eine der schönsten Überraschungen vorbereitet und mich in einer schönen Gruppe getauft. Das war eine neue Geburt für mich und wir haben getanzt und getrunken."
Zudem hat der Beschwerdeführer weder vor dem BFA noch in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG vorgebracht, dass er in Österreich, im Speziellen in der Cyrus-Kirche, erneut getauft worden sei. Vielmehr brachte er in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA vor: "[I]ch hatte schon eine Taufe, aber sie haben sie nochmals beglaubigt, dass ich an Jesus glaube. Ich sollte nochmal nur schwören." Vor dem BVwG antwortete er auf die Frage, warum er sich noch einmal taufen ließ: "Ich bin zum zweiten Mal nicht getauft worden. Ich habe lediglich eine Konversion vorgenommen. [...]". Sofern das BVwG auf Grund des weiteren Inhaltes des "Taufscheines" davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer erneut getauft worden sei und nicht, wie vom Beschwerdeführer vorgebracht, seinen Glauben zum Erhalt einer schriftlichen Bestätigung seines christlichen Glaubens lediglich nochmals bestätigt habe, so ist der Entscheidung eine nachvollziehbare Begründung für die Annahme des BVwG nicht zu entnehmen. Auch ist der Beweiswürdigung eine Auseinandersetzung mit den zitierten Aussagen des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht, Entscheidungsbegründung, ReligionsfreiheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:E3068.2019Zuletzt aktualisiert am
11.09.2020