TE Vwgh Beschluss 2020/8/12 Ra 2019/05/0099

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Veröffentlicht am 12.08.2020
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Index

L44004 Feuerwehr Oberösterreich
L44104 Feuerpolizei Kehrordnung Oberösterreich
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPolG OÖ 1994 §22 Abs1 Z3 lite
FPolG OÖ 1994 §3 Abs1
VStG §5 Abs1
VStG §9 Abs2
VStG §9 Abs4
VwGG §28 Abs1 Z4

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision des Dr. H B in A, vertreten durch die Dr. Heinz Häupl Rechtsanwalts GmbH in 4865 Nußdorf, Stockwinkl 18, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 4. Dezember 2018, LVwG-100073/22/RK/JW/FE, betreffend eine Übertretung des Oö. Feuer- und Gefahrenpolizeigesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 4. Dezember 2018 wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis vom 19. Oktober 2017 - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet ab, verpflichtete den Revisionswerber einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 100,-- zu leisten und sprach aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Mit dem genannten Straferkenntnis war der Revisionswerber als Vertreter des Nachlasses von E B wegen Nichterfüllung des diesem mit Bescheid vom 20. Juni 2012 rechtskräftig erteilten Auftrages zur Mängelbehebung hinsichtlich des Objektes W im Zeitraum von 20. Juni 2012 bis zumindest 22. Juli 2017 der Übertretung des § 3 Abs. 1 iVm § 22 Abs. 1 Z 3 lit. e Oö. Feuer- und Gefahrenpolizeigesetz (Oö. FGPG) iVm dem Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde A. vom 20. Juni 2012 für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von € 500,-- (für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden) verhängt worden. Weiters war der Revisionswerber verpflichtet worden, € 50,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

2        Das Verwaltungsgericht ging im Wesentlichen davon aus, dass der Revisionswerber die ihm mit Bescheid vom 20. Juni 2012 vorgeschriebenen Auflagen nicht binnen der hierfür eingeräumten Fristen erfüllt habe. Der Revisionswerber habe sich mit Schreiben vom 12. Juni 2017 an die mit ihm im Beauftragungsverhältnis stehende S GmbH mit dem Ersuchen gewandt, sich der Dinge betreffend Brandschutzplan, Brandschutzordnung und Brandalarmplan ehebaldigst anzunehmen und die weiteren Schritte zu setzen.

3        Hinsichtlich des Vorbringens zur E-Mail vom 22. Mai 2017 hielt das Verwaltungsgericht fest, dass eine E-Mail von T S von der S GmbH mit dem Betreff „Brandschutzplan EG“ gesendet worden sei. Dies lasse allerdings noch nicht zwingend den rechtlichen Schluss zu, dass diese tatsächlich bei der Behörde eingelangt sei. Es gebe im gegenständlichen Fall keinen faktischen Anhaltspunkt dafür, dass es zu einem behördeninternen Verlust der E-Mail gekommen sei. Es seien von der Behörde entsprechende Nachforschungen angestellt worden. Außerdem könne aufgrund des Betreffs der E-Mail („Brandschutzplan EG“) und deren Inhaltes weder auf die Übermittlung eines vollständigen, akkordierten und aktualisierten Brandschutzplanes noch auf eine Mitübermittlung der Brandschutzordnung sowie des geforderten Brandalarmplanes geschlossen werden. Auch nach der erneuten Übermittlung sei ein aktueller Brandschutzplan eingefordert worden, woraus sich die nicht zeitgerechte und nachweisliche Vorlage geeigneter Unterlagen eindeutig ergebe. Die geschuldete nachweisliche Übermittlung von Unterlagen werde vom Revisionswerber gar nicht behauptet.

4        Außerdem führte das Verwaltungsgericht aus, dem Revisionswerber sei in Hinblick auf das Absenden der Unterlagen fahrlässiges Verhalten anzulasten, da der Absender sich den Empfang der E-Mail auf einem sicheren Kommunikationsweg hätte bestätigen lassen müssen. Durch die Bezeichnung „Beilage Brandschutzplan EG“ sei außerdem textlich das Geschuldete gar nicht angesprochen oder gar nachweislich übermittelt worden.

5        Rechtlich schlussfolgerte das Verwaltungsgericht sodann, es sei kein Beweis angetreten worden, dass überhaupt sämtliche Unterlagen übermittelt worden seien. Schon das Vorbringen des Revisionswerbers lasse bestenfalls auf eine teilweise Übermittlung schließen. Außerdem sei es tatsächlich nicht zu einer zeitgerechten Übermittlung an die Gemeinde gekommen. Das Verhalten des vom Revisionswerber beauftragten Unternehmens sei fahrlässig gewesen, weil keinerlei Nachfragen getätigt worden seien bzw. sich eine Rückversicherung bezüglich der Erfüllung des Geschuldeten nicht aus dem Akt ergebe. Es sei am Revisionswerber gelegen, geeignete Beauftragte zur Erfüllung der potentiell verwaltungsstrafrechtlich relevanten Verpflichtung heranzuziehen und zu verlangen, auf eine Bestätigung der Erfüllung hinzuwirken. Der verbleibende - geringe - Zweifel im Zusammenhang mit einer E-Mail-Übermittlung und ein stärkerer Zweifel, was die „Qualität“ der allenfalls übermittelten Unterlagen betreffe, schlage zum Nachteil des Revisionswerbers aus, da ihn die Verpflichtung treffe, sich von der für ihn schuldbefreienden Auftragserfüllung durch den Beauftragten zu vergewissern.

6        Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 12. März 2019, E 361/2019-5, die Behandlung der dagegen vom Revisionswerber erhobenen Beschwerde ab und trat diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Der Revisionswerber erachtet sich in seinen Rechten „auf ein faires Verfahren nach Artikel 6 EMRK“, „auf Gleichheit vor dem Gesetz nach Art. 2 StGG“ und auf „Eigentum gemäß § 5 StGG“ verletzt. Außerdem werde er durch die Entscheidung in seinem „Recht, nicht schuldlos bestraft zu werden“ verletzt, da das Erkenntnis unter Verstoß insbesondere gegen das Recht auf ein faires Verfahren, das Recht auf Gleichheit und das Recht auf Eigentum erlassen worden sei.

11       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes legt der Revisionspunkt den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens fest und steckt den Rahmen ab, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Ist der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich. Die Überprüfung des angefochtenen Erkenntnisses, aber auch der Zulässigkeit einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof hat daher im Rahmen des Revisionspunktes zu erfolgen und sich auf das dort geltend gemachte Recht zu beschränken (vgl. VwGH 15.5.2020, Ra 2019/05/0316 bis 0322, mwN).

12       Die vom Revisionswerber im Revisionspunkt angeführten Rechte auf „ein faires Verfahren iSd Art. 6 EMRK“, auf „Gleichheit vor dem Gesetz“ und auf „Eigentum“ bezeichnen keine subjektiven Rechte im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG. Zur Prüfung einer behaupteten Verletzung dieser Rechte ist der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 5 B-VG nicht berufen, weil es sich um verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte handelt. Insoweit mangelt es dem Revisionswerber diesbezüglich an der Berechtigung zur Erhebung der Revision (vgl. VwGH 29.1.2020, Ro 2020/07/0001; 29.1.2020, Ra 2019/05/0331; 18.10.2017, Ra 2017/02/0203 und 0204; 19.2.2014, Ro 2014/10/0023).

13       Somit verbleibt als tauglicher Revisionspunkt das „Recht, nicht schuldlos bestraft zu werden“ und die Revisionszulassungsbegründung ist nur insoweit zu prüfen (vgl. erneut VwGH 15.5.2020, Ra 2019/05/0316 bis 0322). Mit dem die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes betreffenden Zulässigkeitsvorbringen wird daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt.

14       Zu seinem fehlenden Verschulden bringt der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung der Revision zunächst vor, er habe ein Kontrollsystem - insbesondere durch Beauftragung eines qualifizierten Dritten und den ständigen Kontakt mit der Behörde - eingerichtet, sei aber dennoch bestraft worden. Mit E-Mail vom 22. Mai 2017 sei innerhalb der gesetzten Frist nach vorheriger telefonischer Vereinbarung zwischen dem Mitarbeiter der beauftragten S GmbH und dem zuständigen Sachbearbeiter der Gemeinde A. die Absendung vorgenommen worden. Für ein technisches Gebrechen treffe weder den Revisionswerber noch die beauftragte S GmbH das Verschulden. Mehr als die S GmbH mit der Erledigung der Vorlage der geforderten Unterlagen zu beauftragen, könne vom Revisionswerber zumutbar nicht gefordert werden. Es seien alle zumutbaren Maßnahmen gesetzt worden, um die - vermeintliche - Verpflichtung zur Vorlage der geforderten Unterlagen erfüllen zu können.

15       Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

16       Im Falle eines Ungehorsamsdeliktes gemäß § 5 Abs. 1 VStG - wie im vorliegenden Fall - ist Fahrlässigkeit anzunehmen, es sei denn, der Beschuldigte macht glaubhaft, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Derjenige, der sich bei der Erfüllung einer ihm obliegenden gesetzlichen Verpflichtung der Hilfe eines Dritten bedient, bleibt verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich, soweit ihn ein Verschulden iSd § 5 VStG trifft (vgl. VwGH 20.3.2018, Ra 2017/03/0092).

17       Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass sich der Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren nicht von der ihn treffenden Verantwortung durch den Nachweis allein entlasten kann, dass die den Beschuldigten treffende Verantwortung auf eine andere, wenn auch hiezu taugliche Person (die kein verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs. 2 und 4 VStG ist) übergegangen ist. Es bedarf einer weiteren Glaubhaftmachung, dass auch für eine geeignete Kontrolle der beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (vgl. VwGH 20.3.2018, Ra 2017/10/0142). Mit dem Vorbringen, es könne vom Revisionswerber zumutbar nicht mehr gefordert werden, als eine GmbH mit der Erledigung der Vorlage der geforderten Unterlagen zu beauftragen, wird eine geeignete Kontrolle des Beauftragten gerade nicht behauptet. Der Revisionswerber behauptet nämlich nicht, er habe die erfolgreiche Übermittlung überprüft bzw. einen Nachweis dafür verlangt, sondern lediglich, es sei davon auszugehen gewesen, dass alle zumutbaren Maßnahmen gesetzt worden seien, um die Verpflichtung zu erfüllen.

18       Schon aufgrund des Umstandes, dass der Revisionswerber verpflichtet war, die geforderten Dokumente nachweislich an die Behörde zu übergeben, macht er auch mit dem Hinweis, allenfalls vorgelegene technische Gebrechen, die den Empfang der abgeschickten E-Mail verhindert hätten, seien nicht als Verschulden seinerseits zu werten, nicht glaubhaft, dass ihn kein Verschulden an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift trifft, weil eine Sendebestätigung für eine E-Mail zwar den Schluss zulässt, dass diese versendet wurde, nicht jedoch den zwingenden Schluss, dass diese tatsächlich bei der Behörde eingelangt ist (VwGH 19.3.2013, 2011/02/0333). Das Absenden einer E-Mail allein stellt daher noch keinen Nachweis der Übergabe der vorzulegenden Unterlagen dar.

19       Es ist daher anhand des Zulassungsvorbringens nicht erkennbar, inwiefern das Verwaltungsgericht von der hier wiedergegebenen Judikatur zum Verschulden bei Ungehorsamsdelikten abgewichen wäre.

20       In der Revision werden keine daher Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 12. August 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019050099.L00

Im RIS seit

23.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.09.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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