TE Vwgh Beschluss 1997/12/11 95/20/0438

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Veröffentlicht am 11.12.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
25/02 Strafvollzug;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
StVG §122;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde des R in Graz, vertreten durch Dr. Martin Lichtenegger, Rechtsanwalt in Graz, Andreas-Hofer-Platz 9/II, gegen die Erledigung des Bundesministers für Justiz vom 19. Dezember 1994, Zl. JMZ 413.062/8-V.6/1994, betreffend Strafvollzug, bzw. gegen den Bundesminister für Justiz wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit des Strafvollzugs, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Erledigung der belangten Behörde vom 19. Dezember 1994 lautet wie folgt:

"Herrn

Leiter der Justizanstalt Graz-Karlau

Herrgottwiesgasse 50

8020 Graz

Betrifft: a.G.

zur GefVNr. 3659/81-56 vom 9.11.1994

Die Beschwerde des Strafgefangenen R vom 3.10.1994 bietet zu aufsichtsbehördlichen Verfügungen durch das Bundesministerium für Justiz nicht Anlaß.

Es wird ersucht, den Strafgefangenen von diesem Erlaß in Kenntnis zu setzen und ihn im Sinne des Berichtes vom 9.11.1994 zu belehren."

Die Beschwerde vom 3. Oktober 1994, auf die sich diese Erledigung bezieht, hatte folgenden Wortlaut:

"Sehr geehrter Herr Michalek

Darf ich ein wenig von Ihrer kostbaren Zeit in Anspruch nehmen, verbindlichsten Dank

In festem Glauben an Ihre politische Entscheidungskraft und Tätigkeit als Justizminister der Republik Österreich will ich bitte von Ihnen persönlich hören, wie glaubwürdig der Parlamentsbeschluß zur Strafvollzugsnovellierung 1993 wirklich ist.

Denn als betroffener, ich wurde 1980 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, stehe ich in der Strafvollzugsanstalt Graz Karlau, einer gegenwärtigen brutalen Realität, einem Strafvollzug, und einer Anstaltsleitung gegenüber, die Entscheidungen trifft, die meiner Meinung nach nicht mehr den Grundsätzen eines Strafvollzuges entsprechen.

Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, daß ich seit 1981 in der Anstalt Karlau meine Strafe verbüße, das erste Mal in Haft bin. Bis 1988 den Vollzug in der Unterstufe verbrachte. Trotzdem hatte ich nie einen Grund eine Beschwerde führen zu müssen.

Seit 1990 merke ich zunehmend, daß sich in der Vollzugsanstalt Graz eine negative Wende breit macht, sich die Entscheidungen seitens der Anstaltsleitung

a)

gegen eine Resozialisierung

b)

gegen eine Wiedereingliederung

c)

gegen die Menschlichkeit

d)

gegen bestehende Gesetze richten.

Und die Ereignisse im Fall H, eines Herrn F. in Dornbirn, beide kamen aus der Karlau, geben mir die Kraft, mich persönlich an Sie zu wenden um Anhand meiner Person Mißstände aufzuzeigen, die es in einer demokratischen Republik Österreich nicht geben müßte.

Aufgrund meines Vorlebens, meiner Führung in der Anstalt wurde mir im Nov. 1993 mitgeteilt, schriftlich und von mir unterschrieben, daß ich mit 30. Dez. 1993 in den Entlassungsvollzug zu überstellen sei, da einer bedingten Entlassung nichts im Wege steht.

Ich war ca. 8 Jahre in Betreuung 1 bis 2 x pro Woche bei Frau Dr. N. im Auftrag des Anstaltsleiters. Es wurde gemacht eine Transaktionsanalyse.

Von 1989 bis 1992 durfte ich sogar in einer Privatfirma der hiesigen Anstalt arbeiten, auch ohne Bewachung.

Den größten Teil dieser 15 Jahre verbrachte ich in Einzelhaft, da ich in meiner Freizeit ein Bibelstudium ablegte Graz und BRD Astrologie BRD California Ozeanside.

Nicht zum Spaß, sondern um mich so weit geistig zu festigen, daß ich den Unwert einer Gewalt einsehe, einsehe daß sich damit kein Problem lösen läßt.

Herr Michalek, nun im Juli 1994 wurde mir ein Eingabebogen vorgelegt für die erstmögliche bed. Entlassung. Mit der Auflage um Besorgung einer Wohnungs- und Arbeitsbestätigung.

Obwohl ich noch Eltern, Angehörige, Freundin, habe, die zu mir halten, bin ich der Meinung, daß es sinnvoll ist ein Entlassungsprojekt die Emmaus-Gemeinschaft in St. Pölten in Anspruch zu nehmen.

a)

Wohnen u. Arbeit

b)

Betreuung bez. langer Haftzeit u. etwaiger psychischer Schäden

              c)              Wiedereingliederung

Herr Michalek, ich bin nach wie vor im normalen Strafvollzug obwohl ich auf Papier im Entlassungsvollzug geführt werde.

Gesetzliche Lockerungen die hierfür vorgesehen sind werden von der Anstaltsleitung abgelehnt. Eine Überstellung in den Erstvollzug wird abgelehnt, obwohl ich der Meinung bin, hierfür die Voraussetzungen zu erfüllen.

Es wird abgelehnt daß ich nach Paragraph 147 für 3 Tage in die Emmaus nach St. Pölten zu einem Vorstellungsgespräch überstellt werde. Paragraph 99a abgelehnt. Selbst als ich den Vorschlag machte im Sinne einer Vorbereitung und Familienkontakt, mit Begleitperson.

Ein ständiges Nein zu einem Entlassungsvollzug mit Lockerungen. Ein ständiges Nein zu einer Vorbereitung.

Statt dessen fühle ich vermehrt daß psychischer Druck auf mich ausgeübt wird in Form

a)

Isolierung in der Einzelhaft

b)

Vergessen bei Sport und Religionsstunde und noch einige andere Sachen.

Herr Michalek, ich stehe mitten in einer Lehre als Schuhmacher. 2 Kl. habe ich mit Vorzug absolviert, ebensolang wird mir jetzt mit Menschenrechtsverletzungen zugesetzt.

Darum bitte ich Sie um Überstellung in eine Vollzugsanstalt wo auch ich einen Entlassungsvollzug und eine Vorbereitung auf eine mögliche bedingte Entlassung bekomme.

Denn so wie ein Anstaltsleiter in der Karlau nach 15 Jahren noch einen Rachevollzug anwendet, so wird er es auch mit 18 und 20 Jahren tun.

Herr Michalek, ich mache Ihnen sogar den Vorschlag, kommen Sie in die Karlau und ich zeige Ihnen die Realität dieses Rachevollzuges der hier angewandt wird.

Ich zeige Ihnen die lebenden Bomben, die von einem Anstaltsleiter mit seinen Mißständen geschaffen wurden, und die wiederum zu unserem Nachteil in verschiedenen Zeitabständen entlassen werden müssen.

Ich für meine Person bin fest entschlossen keine Gefahr für die Gesellschaft darzustellen. Doch ebenso fest entschlossen mich nicht zu einer Gefahr machen zu lassen.

Ich will diesen Brief für Sie als positive Anregung abschicken, denn ich bin Ihnen sehr dankbar, daß Sie für uns ein eigenes Radio, TV ermöglicht haben, gesetzliche Grundlagen für einen modernen Strafvollzug geschaffen haben."

In der vorliegenden Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erklärt der Beschwerdeführer zunächst, "angefochten" werde "der Bescheid (Erlaß) des Bundesministers für Justiz vom 19.12.1994". Die behauptete Rechtswidrigkeit der angefochtenen Erledigung und seinen Beschwerdeantrag begründet der Beschwerdeführer - nach einer Darstellung des Sachverhaltes - wie folgt:

"Der Herr Bundesminister ist somit mit einer Reaktion auf die Beschwerde des Beschwerdeführers säumig geblieben und entspricht der Bescheid (Erlaß) des Herrn Bundesministers für Justiz vom 19.12.1994, wonach die Beschwerde des Beschwerdeführers zu aufsichtsbehördlichen Verfügungen durch das Bundesministerium für Justiz keinen Anlaß gebe, nicht der Gesetzeslage.

Unter Bedachtnahme auf obige Ausführungen wird durch den Beschwerdeführer nunmehr gestellt nachstehender

B E S C H W E R D E A N T R A G :

Der Verwaltungsgerichtshof in Wien wolle dieser Beschwerde Folge geben und dafür Sorge tragen, daß der Beschwerdeführer tatsächlich in den Entlassungsvollzug überstellt wird."

Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Zurückweisung der Beschwerde beantragt.

Die Beschwerde ist unzulässig, weil es sich bei der Eingabe des Beschwerdeführers vom 3. Oktober 1994 um eine Inanspruchnahme des Aufsichtsrechtes der belangten Behörde im Sinne des § 122 StVG handelte. Hierauf braucht nach dem zweiten Satz der zitierten Bestimmung kein Bescheid erteilt zu werden. Die angefochtene Erledigung ist somit angesichts ihres oben wiedergegebenen Inhaltes und der objektiven Rechtslage auch nicht als Bescheid zu deuten. Es fehlt daher an einem tauglichen Objekt für eine Bescheidbeschwerde im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG. Insoweit die Beschwerde - worauf die abschließenden Ausführungen und der Beschwerdeantrag, im Gegensatz zu den einleitenden Formulierungen in der Beschwerde, hindeuten - als Säumnisbeschwerde gemeint sein sollte, fehlt es aus dem schon dargestellten Grund an der geltend gemachten Entscheidungspflicht und somit an der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, im besonderen auf § 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen Mitteilungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995200438.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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