TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/29 L516 2101545-2

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Veröffentlicht am 29.07.2019
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Entscheidungsdatum

29.07.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L516 2101545-2/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA Iran, vertreten durch MigrantInnenverein St Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 30.03.2017, XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.07.2019 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin ist iranische Staatsangehöriger und reiste zusammen mit ihrem Ehemann und den beiden gemeinsamen minderjährigen Kindern im September 2013 in Österreich ein. Am 29.09.2013 stellten alle Familienangehörigen jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Erstbefragung nach dem Asylgesetz (AsylG) fand dazu am 01.10.2013 statt, eine erste Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 25.02.2017.

Das BFA wies mit ersten Bescheiden vom 26.01.2015 diese Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten und hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran ab. Das BFA erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung in den Iran zulässig sei und sprach aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Das Bundesverwaltungsgericht gab den dagegen erhobenen Beschwerden mit Beschluss vom 09.12.2015 statt und verwies die Angelegenheit zur Erlassung neuer Bescheide an das BFA zurück.

Das BFA richtete am 20.05.2016 eine Anfrage an die Staatendokumentation, deren Beantwortung am 04.07.2016 beim BFA einlangte.

Am 04.10.2016 wurden die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann vor dem BFA erneut niederschriftlich einvernommen.

Das BFA übermittelte der Beschwerdeführerin und ihren Familienangehörigen mit Schriftsätzen vom 28.12.2016 und 31.01.2017 weitere Beantwortungen der Staatendokumentation und diese gaben dazu mit Schriftsätzen vom 09.01.2017 und 13.02.2017 Stellungnahmen ab.

Das BFA wies mit gegenständlich angefochtenem Bescheid den Antrag der Beschwerdeführerin (I.) gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten und (II.) gemäß § 8 Abs 1 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten ab. Das BFA erteilte unter einem (III.) keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG, stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei und sprach (IV.) aus, dass gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Gleichzeitig wurde vom BFA mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren amtswegig eine juristische Person als Rechtsberater zur Seite gestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 14.04.2017.

Die Beschwerdeführerin und ihre Familienangehörigen legten mit Schriftsätzen vom 19.11.2018 und 28.03.2019 Dokumente zur Bescheinigung der zwischenzeitlich erfolgten Integrationsschritte vor.

Das Bundesverwaltungsgericht führte in der Sache der Beschwerdeführerin am 23.07.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher die Beschwerdeführerin, ihr Ehemann sowie die beiden gemeinsamen Kinder teilnahmen; die belangte Behörde erschien nicht.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhaltsfeststellungen:

1.1 Die Beschwerdeführerin führt in Österreich den im Spruch angeführten Namen und sowie das ebenso dort angeführte Geburtsdatum. Sie ist Staatsangehörige des Iran. Ihre Identität steht fest. Die Beschwerdeführerin lebt in Österreich im aufrechten Familienverband mit ihrem Ehemann XXXX , sowie den beiden gemeinsamen minderjährigen Kindern XXXX , und XXXX (hg GZ L516 2101538-2, 2101544-2 und 2153556-1).

1.2 Dem Ehemann der Beschwerdeführerin und ihren Kindern wurde mit Erkenntnis vom heutigen Tag gemäß § 3 AsylG der Status von Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 festgestellt, dass ihnen damit kraft Gesetztes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

1.3. Die Beschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten.

2. Die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen:

2.1 Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführerin, ihrer Staatsangehörigkeit und Herkunft (oben 1.1) sowie zur Zugehörigkeit zur Kernfamilie ihres Ehemannes und ihrer Kinder ergeben sich aus ihren Angaben im Verfahren, welche insofern stringent waren und an denen auf Grund der Sprachkenntnisse auch nicht zu zweifeln war. Die Familiennamen der Beschwerdeführerin wurde im Laufe des Verfahren vor dem BFA unterschiedlich geführt (vgl AS 1; 449, 433), wobei dies auf die verschiedenen Transkriptionsmöglichkeiten aus dem Persischen in die lateinische Schrift und in die deutsche bzw (internationalere) englische Sprache und die im Iran unterschiedlich mögliche Namenführung zurückgeführt werden kann. Bereits das BFA erachtete die Identität der Beschwerdeführerin und ihrer Familienangehörigen aufgrund der vorgelegten Identitätsdokumente (Geburtsurkunde) als erwiesen.

2.2. Die Feststellung zur Zuerkennung des Status von Asylberechtigten im Falle des Ehemannes und der Kinder (oben 1.2) ergibt sich aus deren Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes).

2.3 Die strafrechtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus dem aktuellen Strafregister der Republik Österreich.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Spruchpunkt I

Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG 2005

3.1 Gemäß § 34 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 gilt der Antrag auf internationalen Schutz eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Gemäß § 2 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat;

3.2 Gemäß § 34 Abs 2 hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist (Z 1) und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7) (Z 3).

3.3 Gemäß § 34 Abs 4 hat die Behörde Asylanträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen und es erhalten unter den Voraussetzungen der Abs 2 und 3 alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

3.4 Gemäß § 34 Abs 5 gelten die Bestimmungen der Abs 1 bis 4 sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht. Gemäß § 34 Abs 6 sind die Bestimmungen dieses Abschnittes nicht auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind (Z 1), auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind (Z 2) und im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG) anzuwenden.

3.5 Zum gegenständlichen Verfahren

3.5.1 Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerden des Ehemannes und der Kinder stattgegeben, ihnen gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 den Status von Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 festgestellt, dass ihnen damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Die Beschwerdeführerin ist Familienangehörige gem § 34 Abs 2 und § 2 Z 22 AsylG.

3.6 Bereits aufgrund des Bestehens dieser Tatsachen war im Falle der Beschwerdeführerin die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten und der Flüchtlingseigenschaft geboten.

3.7 Da der verfahrensgegenständliche Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15.11.2015 gestellt wurde, kommt der Beschwerdeführerin das dauernde Einreise- und Aufenthaltsrecht gemäß § 2 Abs 1 Z 15 AsylG 2005 idF vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr 24/2016 zu (§ 75 Abs 24 AsylG 2005).

Zu B)

Revision

3.8 Da die für den vorliegenden Fall relevante Rechtslage klar bzw durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist, ist die Revision nicht zulässig.

3.9 Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen Familienverfahren Flüchtlingseigenschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L516.2101545.2.00

Im RIS seit

10.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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