TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/2 L525 2221867-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.08.2019
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Entscheidungsdatum

02.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5

Spruch

L525 2221867-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA: Georgien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, Diakonie und Volkshilfe, XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.6.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A1) Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis V. als unbegründet abgewiesen.

A2) Der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt VI. wird insofern stattgegeben, als dass das Einreiseverbot auf neun Jahre herabgesetzt wird.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein georgischer Staatsangehöriger, reiste zu einem nicht mehr genau feststallbaren Zeitpunkt Anfang September 2018 in das Bundesgebiet ein. Der Beschwerdeführer wurde am 16.9.2018 festgenommen und am 17.9.2018 in die JA Josefstadt eingeliefert. Am 19.9.2018 wurde der Beschwerdeführer in Untersuchungshaft genommen. Der Beschwerdeführer wurde am 16.1.2019 (rk am 15.5.2019) vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen §§ 15, 127, 129 Abs. 2 Z 1 (iVm Abs. 1 Z 1), 130 Abs. 3 (iVm Abs 1 erster Fall) StGB zu einer Freiheitsstrafe von 4 (vier) Jahren verurteilt. Begründend führte das Landesgericht im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei georgischer Staatsangehöriger, ledig und habe Sorgepflichten für eine minderjährige Tochter. Der Beschwerdeführer verfügte weder über Vermögen, noch über finanzielle Verpflichtungen. In Österreich sei der Beschwerdeführer gerichtlich unbescholten, jedoch sei der Beschwerdeführer in Georgien zwei Mal einschlägig vorbestraft. Der Beschwerdeführer sei - gemeinsam mit einem anderen, näher bezeichneten Täter - Anfang September 2018 in das Bundesgebiet eingereist. In der Nach vom 15.9.2018 auf den 16.9.2018 habe der Beschwerdeführer gemeinsam mit dem anderen Täter den achten Gemeindebezirk in Wien durchstreift um nach geeigneten Einbruchsobjekten Ausschau zu halten. Der Beschwerdeführer habe dabei einen eigens für die Tatbegehung vorgesehenen Rucksack mitgeführt mitsamt Einbruchswerkzeug, nämlich einem Rollgabelschlüssel, einem Messer und einem Schraubenzieher und Arbeitshandschuhe. Der Beschwerdeführer und der Mittäter hätten die Wohnhausanlage in der Laudongasse betreten und hätten versucht mit Hilfe des mitgeführten Messers versucht die Türkassetten der Doppelflügeltüren von zwei Wohnungen aufzuschneiden. Als die beiden Täter bemerkt hätten, dass in der Zwischenzeit jemand das Stiegenhaus betreten hätte und sie überdies Lärm aus den Wohnungen vernommen hätten, hätten sie die Tatbegehung abgebrochen, da sie die tatplanmäßige Tatausführung aufgrund des hohen Entdeckungsrisikos für nicht mehr möglich gehalten hätten. Anschließend seien die beiden Täter in ein anderes Wohnhaus und hätten auch dort wiederum versucht in eine Wohnung zu gelangen, wobei jedoch wiederum jemand das Stiegenhaus betreten habe und der Beschwerdeführer und sein Komplize die Tat abgebrochen hätten. Zuletzt hätten der Beschwerdeführer und sein Komplize dies auch noch in einem dritten Haus versucht, wobei es wieder aus dem oben angeführten Grund beim Versuch blieb. Erschwerend wertete das Landesgericht beim Beschwerdeführer die zwei einschlägigen Vorstrafen und das über die Gewerbsmäßigkeit hinausgehende Faktum, als mildernd das teilweise reumütige Geständnis sowie, dass es beim Versuch geblieben sei.

Bereits mit Schreiben vom 22.10.2018 übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme und die Möglichkeit binnen zehn Tagen auf näher angeführte Fragen über seinen aufenthaltsrechtlichen Status, seine Lebenssituation und eine mögliche Verfolgungsgefahr in seinem Heimatland Stellung zu nehmen. Das Schreiben wurde dem Beschwerdeführer am 25.10.2018 persönlich in der Haft übergeben.

Mit dem nunmehr gegenständlichen Bescheid des BFA vom 25.6.2019 erteilte das BFA keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt I.) und wurde gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) und wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Das BFA stellte zunächst fest, dass die Identität feststehe. Der Beschwerdeführer sei georgischer Staatsbürger. Er sei ledig und habe Sorgepflichten für eine Tochter. Er sei auch gesund. Er habe zuletzt ein Einkommen von ca. ? 150,- bezogen. Der Beschwerdeführer sei bislang in Österreich unbescholten, in Georgien weise er zwei einschlägige Vorstrafen auf. Der Beschwerdeführer verfüge über keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet und habe der Beschwerdeführer vor der Inhaftierung keine Unterkunft genommen. Der Beschwerdeführer befinde sich seit Anfang September 2018 in Österreich. Der Beschwerdeführer weise keine sozialen Kontakte auf und seien weder berufliche noch familiäre Bindungen zu Österreich hervorgekommen. Der Beschwerdeführer habe keine Stellungnahme zur Verständigung der Beweisaufnahme abgegeben. Zum verhängten Einreiseverbot führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei zu einer unbedingten vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Der Beschwerdeführer stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar. Der Beschwerdeführer weise zwei einschlägige Vorstrafen aus Georgien auf, wobei er innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes (2005 bis 2010) straffällig geworden sei. Der Beschwerdeführer sei ausschließlich zur Verübung von kriminellen Taten in das Bundesgebiet ein. Der Beschwerdeführer zeige ein wiederholtes Fehlverhalten und eine mangelnde Rechtstreue und Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Gütern. Eine positive Zukunftsprognose könne nicht festgestellt werden, zumal der Beschwerdeführer auch über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich verfüge und mittellos sei.

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 26.6.2019 persönlich zugestellt und von ihm übernommen.

Mit Schriftsatz vom 11.7.2019 erhob der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer am 26.3.2019 mittels Parteiengehör die Möglichkeit einer Stellungnahme zur beabsichtigten Rückkehrentscheidung gegeben. Der Beschwerdeführer habe deswegen keine Stellungnahme abgegeben, da die eingeräumte Frist zu kurz gewesen sei und er der deutschen Sprache nicht mächtig sei. Die belangte Behörde habe den Beschwerdeführer darüber hinaus auch nicht persönlich einvernommen, wobei die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks wesentlich gewesen sei. Insbesondere hätte der Beschwerdeführer dann vorbringen können, dass seine Frau und sein Kind in Italien aufhältig seien und dort über eine Aufenthaltsberechtigung verfügen. Zum Einreiseverbot hielt die Beschwerde fest, die belangte Behörde hätte nur Feststellungen aufgrund des Akteninhaltes getroffen bzw. aus dem Urteil des Landesgerichtes. Dies mache es nicht möglich die Entscheidung nachzuvollziehen. Aus der angefochtenen Entscheidung komme auch nicht hervor, welche Gründe zur Erlassung eines unbefristeten Einreiseverbotes geführt hätten.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde und die Akten des Verfahrens vor, und wurde die belangte Behörde mit Mail darüber informiert, dass die Akten am 31.7.2019 in Wien und am 1.8.2019 in der Außenstelle Linz eingelangt sind.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist ein georgischer Staatsbürger und trägt den im Erkenntniskopf angeführten Namen und wurde am dort angeführten Datum geboren. Seine Identität steht fest. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer verheiratet ist. Der Beschwerdeführer ist für eine minderjährige Tochter sorgepflichtig.

Der Beschwerdeführer reiste Anfang September 2018 in das Bundesgebiet ein und wurde am 16.9.2018 festgenommen. Am 19.9.2018 wurde über den Beschwerdeführer die Untersuchungshaft verhängt. Der Beschwerdeführer wurde am 16.1.2019 (rk am 15.5.2019) vom Landesgericht für Strafsachen Wien, GZ 54 Hv 138/18k wegen §§ 15, 127, 129 Abs. 2 Z 1 (iVm Abs. 1 Z 1), 130 Abs. 3 (iVm Abs 1 erster Fall) StGB zu einer Freiheitsstrafe von 4 (vier) Jahren verurteilt. Der Beschwerdeführer versuchte gemeinsam mit einem Komplizen in der Nacht vom 15.9.2018 auf den 16.9.2018 in mehreren Wohnungen in Wien Einbrüche zu begehen, wobei sie jedes Mal vor Tatvollendung gestört wurden. Der Beschwerdeführer verfügte dabei über professionelles Einbruchswerkzeug und wollten der Beschwerdeführer und sein Komplize sich durch die Einbrüche bereichern. Der Beschwerdeführer wollte sich durch die Einbrüche ein nicht bloß geringfügiges, nach einer jährlichen Durchschnittsbetrachtung monatlich den Betrag von ? 400,- übersteigendes, fortlaufendes Einkommen über mehrere Monate hinweg verschaffen. Der Beschwerdeführer wurde in Georgien zwei Mal wegen Diebstahl verurteilt, nämlich am 22.4.2005 zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und am 19.11.2010 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren. Der Beschwerdeführer befindet sich in Strafhaft. Der Beschwerdeführer verfügt im Bundesgebiet über keine familiären Anknüpfungspunkte. Der Beschwerdeführer verfügt über kein Vermögen und über ein regelmäßiges Einkommen und keine feste Unterkunft. Deutschkenntnisse konnten nicht festgestellt werden und wurden auch nicht behauptet. Der Beschwerdeführer ist gesund. Dem Beschwerdeführer wurde mit Schreiben der belangten Behörde vom 22.10.2018 die Möglichkeit eingeräumt binnen zehn Tagen zu seinem Privatleben Stellung zu beziehen.

1.2 Länderfeststellungen zu Georgien:

Die hier verwendeten Länderberichte wurden von der belangten Behörde übernommen und stammen aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Georgien, Stand 7.6.2018:

Bewegungsfreiheit

Es ist nach dem georgischen Recht illegal, Georgien von Russland über Südossetien oder Abchasien zu betreten, da es keine offizielle Grenzkontrolle gibt. Wer auf diese Weise einreist, kann zu einer Freiheitsstrafe von bis zu vier Jahren bestraft werden. Wenn der Reisepass Ein- und Ausreisestempel von den separatistischen Behörden hat, können die georgischen Behörden dies als illegale Einreise über einen nicht anerkannten Grenzübertritt betrachten (Gov.UK 8.3.2017).

Bei der Ausreise aus Georgien erfolgt dem Anschein nach eine strenge Pass- und Identitätskontrolle. Ziel ist es, aufenthaltsrechtliche Verstöße, insbesondere aber mit Haftbefehl gesuchte Straftäter zu identifizieren. Die wiederholten Festnahmen von Personen, die mit internationalem Haftbefehl gesucht werden, lassen eine gründliche Durchführung von Kontrollen erkennen (AA 11.12.2017).

Die De-facto-Behörden und die russischen Streitkräfte in den von Russland besetzten Gebieten schränken auch die Mobilität der lokalen Bevölkerung über die administrative Grenze ein, obwohl sie Flexibilität bei Reisen für medizinische Versorgung, Rentenleistungen, religiöse Dienste und Bildung zeigen. Dorfbewohner, die sich der Linie oder den Grenzübergängen nähern, riskieren die Inhaftierung durch den Grenzschutz der Russischen Föderation. Russische Grenzschutzbeamte entlang der de-facto Grenze mit Abchasien setzen die von den De-facto-Behörden auferlegten Grenzübertrittsregeln durch, indem sie Geldstrafen verhängen oder festgenommene Personen wieder freilassen. Entlang der De-facto-Grenze zu Südossetien haben russische Grenzschutzbeamte häufig Personen an die südossetischen Behörden überstellt. Der Staatssicherheitsdienst berichtet von Inhaftierungen durch die Behörden, die in der Regel zwei bis drei Tage dauern, bis der Häftling die festgesetzten "Bußgelder" bezahlt. Der EU-Beobachtermission (EUMM) waren 39 Personen bekannt, die entlang der administrativen Grenze mit Abchasien und 116 Personen, die entlang der Linie mit Südossetien inhaftiert waren (USDOS 20.4.2018).

Visa-Liberalisierung

Die Visa-Liberalisierung für georgische Staatsbürger trat am 28. März 2017 in Kraft. Seitdem können Georgier, die Inhaber biometrischer Pässe sind, ohne Visum in den Schengen-Raum einreisen (Kurzaufenthalte). Die nachhaltige Umsetzung der Benchmarks für die Visa-Liberalisierung bleibt eine Verpflichtung für Georgien, und in diesem Zusammenhang wurde ein umfassendes Überwachungssystem für Fluggäste, die in den Schengen-Raum reisen, eingerichtet und es wurden regelmäßig Informationskampagnen über die Regeln für visafreies Reisen durchgeführt. Am 9. Juni 2017 fand ein Treffen der Plattform für lokale Zusammenarbeit im Rahmen der Mobilitätspartnerschaft EU-Georgien statt. Die Schwerpunkte der Projekte der Partnerschaften sind: legale Migration und Mobilität, Bekämpfung irregulärer Migration sowie Wiedereingliederung und Asyl (EC 9.11.2017).

Mehrere EU-Länder sehen sich seit dem Wegfall der Visapflicht für Georgier mit einer drastisch gestiegenen Zahl unbegründeter Asylanträge von Georgiern konfrontiert. Die EU-Kommission ist sich nach eigenen Angaben des Problems bewusst, will aber vorerst weiter versuchen, den Missbrauch der Visafreiheit durch eine enge Zusammenarbeit mit der georgischen Regierung einzudämmen. Diese will mit einer öffentlichen Kampagne versuchen, ihren Staatsbürgern die Aussichtslosigkeit eines Asylantrags in EU-Staaten deutlich machen (DW 30.4.2018).

Das Problem wird noch komplizierter, denn unter den Asylbewerbern gibt es Georgier mit Strafregistern, Vergehen, die in den Schengen-Mitgliedsländern begangen werden und mit der Mafia verbunden sind. Trotz der Tatsache, dass Georgien 2003 erfolgreich gegen die Mafia und die organisierte Kriminalität vorgegangen ist, ist diese Gruppe nun weitgehend im Exil tätig. Das visafreie Regime hat es für sie noch einfacher gemacht, Menschen aus ihrem Heimatland zu rekrutieren. Die georgische Regierung kämpft ständig darum, die Zahl der Menschen, die aus dem Land fliehen, zu senken. In letzter Zeit hat sie Verordnungen ausgearbeitet, um die illegale Migration einzudämmen. Die Änderung des Nachnamens ist in Georgien zu einem weit verbreiteten Problem geworden, da Menschen, die nach Verbrechen in Europa nach Hause zurückgeschickt wurden, dieses Recht nutzen, um neue Identitäten anzunehmen und die Länder der Europäischen Union wieder zu erreichen. Das von der Regierung am 6.3.2018 verabschiedete Änderungsgesetz beschränkt das Recht, den Nachnamen zu ändern, mit Ausnahme der Fälle, in denen man seinen Nachnamen aufgrund von Heirat, Scheidung, Kinderadoption oder Vaterschaftsbestimmung ändert (SVI 9.3.2018).

IDPs und Flüchtlinge

Nach Angaben des Ministeriums für Binnenflüchtlinge gab es mit Stand August 2017 278.155 Binnenflüchtlinge. UNHCR schätzte, dass 167.861 Personen sich in einer volatilen Sicherheitslage, die der von Binnenflüchtlingen ähnelte, befanden und somit Schutz und humanitäre Hilfe brauchten. Hierzu zählen auch Personen, die nach Abchasien und Südossetien entlang der Verwaltungsgrenze zurückgekehrt waren. Das für die Binnenflüchtlinge zuständige Ministerium gewährt monatliche Beihilfen für anerkannte Binnenflüchtlinge und fördert deren sozioökonomische Integration (USDOS 20.4.2018).

Etwa 54% der Binnenvertriebenen in dem von der Regierung verwalteten Gebiet hat keine Unterkünfte, die als bewohnbar angesehen werden können, und viele leben in baufälligen Gemeindeeinrichtungen, denen es an grundlegenden Dienstleistungen wie Trinkwasser, angemessenen sanitären Einrichtungen und Abwassersystemen mangelt. Etliche Binnenvertriebene leben weiterhin unter prekären Bedingungen mit unzureichendem Zugang zu Versorgungsleistungen und wirtschaftlichen Perspektiven (UDOS 20.4.2018, vgl. PD 5.12.2017).

Die Ergebnisse des Monitorings durch die Ombudsmannstelle zeigen, dass Binnenvertriebene zu wenig am Entscheidungsprozess bei der Zuteilung von Wohnraum beteiligt sind. Es gibt immer noch ein Problem mit den so genannten semi-eigenen Unterkünften, die trotz mehrfacher amtlicher Prüfungen noch nicht vollständig privatisiert, d.h. den Binnenflüchtlingen als Eigentum übergeben wurden. Laut Ombudsperson ist es unerlässlich, die staatlichen Unterkünfte, die sich bereits im rechtmäßigen Besitz von Binnenvertriebenen befinden, in ihren Privatbesitz zu überführen (PD 5.12.2017).

Zwischen 45.000 und 60.000 Personen sind nach Abchasien, in die Bezirke Gali, Tkvartscheli und Otschamtschire zurückgekehrt. Allerdings verwehren die abchasischen Defacto-Behörden eine Rückkehr der georgischen Binnenflüchtlinge in andere Gebiete Abchasiens. Personen [ethnische Georgier], die ihr im Zuge der Kriegshandlungen in den Jahren 1992-93 verlassenes Eigentum in Abchasien zurückforderten, wurden 2008 per Gesetz enteignet. Rückkehrer können ihr Eigentum in Abchasien nur verkaufen, aber keines erwerben. Im Dezember 2016 wurde das "Gesetz über den rechtlichen Status von Ausländern" in Abchasien geändert, das die Einführung einer "Aufenthaltserlaubnis für Ausländer" vorsieht, die den weiteren Aufenthalt von georgischen Binnenflüchtlingen in den drei Bezirken Ostabchasiens regeln soll. Am 30.3.2017 wurde ein Dekret verabschiedet, das die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis für Ausländer regelt. Während das Dokument einige Rechte bietet, muss der Inhaber den Status eines Ausländers (d.h. eines Georgiers, der als Ausländer in Abchasien lebt) akzeptieren und eine Reihe von Einschränkungen akzeptieren. Die Bewilligung sieht keine politischen Rechte oder Wohn- oder Eigentumsrechte vor (USDOS 20.4.2018).

Grundversorgung

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Die Qualität der einheimischen Produkte ist zufriedenstellend. Die staatliche soziale Unterstützung (Einzelpersonen: 60 GEL (ca. 24 EUR monatlich; Vier-Personen-Haushalt: 200 GEL (ca. 80 EUR) bleibt weit unter dem festgestellten durchschnittlichen Lebensminimum (160 GEL für einen Erwachsenen). Die soziale Absicherung erfolgt in aller Regel durch den Familienverband. Eine große Rolle spielen die Geldtransfers der georgischen Diaspora im Ausland (2014: 1,4 Mrd. USD, insbesondere aus Russland, Griechenland, Türkei, Italien) - die im Zuge der wirtschaftlichen Krisen in den Hauptursprungsländern Russland und Griechenland seit Mitte 2014 deutlich zurückgegangen sind (AA 11.12.2017).

Trotz der beachtlichen wirtschaftlichen Entwicklung seit 2003 sind große Teile der georgischen Bevölkerung unterbeschäftigt oder arbeitslos und verarmt. 10% der GeorgierInnen leben in Armut. Vor allem die BewohnerInnen der ländlichen Gebiete in den Bergregionen sind betroffen, aber auch städtische Arbeitslose sowie zumeist in Isolation lebende intern Vertriebene und Alleinerzieherinnen. Ländliche Armut führt meist zu Landflucht oder Emigration. Die Rücküberweisungen von saisonalen und permanenten AuslandsmigrantInnen machen mit ca. 24% einen nennenswerten Anteil des Volkseinkommens aus (ADA 9.2017).

Laut der Daten des nationalen Statistikamtes von 2015 sind 67,5% der erwerbsfähigen Bevölkerung in Arbeit (in Städten 59,9% und in ländlichen Gegenden 75,2%). Die hohe Zahl Erwerbstätiger in ländlichen Gegenden ist mit den geringvergüteten Jobs im Agrarsektor zu erklären. Viele Menschen (ca. 44,4 %) sind noch lange im Ruhestand erwerbstätig, da die Pension alleine zum Überleben nicht ausreicht. Dagegen ist die Arbeitslosigkeit unter 15-25 Jährigen recht hoch. Die meisten Erwerbstätigen befinden sich im Alter von 40 bis 60 Jahren. Die meisten Arbeitsplätze gibt es im Groß- und Einzelhandel sowie in Autowerkstätten und im Kleinwarengeschäft, in der Industrie und im Bauwesen (IOM 2017).

Die Arbeitslosenquote betrug 2017 13,9%. Das Durchschnittseinkommen lag 2016 bei 940 Lari - 1117 Lari bei den Männern und 731 Lari bei den Frauen (GeoStat 2018).

Sozialbeihilfen

Das Sozialsystem in Georgien umfasst die folgenden finanziellen Zuschüsse:

* Existenzhilfe

* Reintegrationshilfe

* Pflegehilfe

* Familienhilfe

* Soziale Sachleistungen

* Sozialpakete

Menschen unterhalb der Armutsgrenze können zum Beispiel mit einer Unterstützung von 10-60 GEL pro Familienmitglied rechnen. Eine Arbeitslosenunterstützung gibt es nicht. Der Sozialdienst ist für Personen unterhalb der Armutsgrenze verantwortlich. Der staatliche Fond zum Schutz und Unterstützung für Opfer von Menschenhandel hilft Schutzbedürftigen Personen, wie z.B. Opfern häuslicher Gewalt, Personen mit Einschränkungen, Alten und Waisen. Dabei bietet es: Kinderheime, Pflegeheime für Personen mit Einschränkungen, Unterkünfte für Opfer des Menschenhandels, Krisenzentren, Unterkünfte für Opfer häuslicher Gewalt (IOM 2017).

Familien, die unter der Armutsgrenze leben, können um Sozialhilfe ansuchen. Dafür muss der Vertreter der Familie zunächst ein Ansuchen für sich und alle übrigen Familienmitglieder stellen, um in das staatliche Register für besonders schutzbedürftige Familien aufgenommen zu werden. Danach besucht ein Vertreter des Sozialamtes die Familie Vorort, wobei in der "Familiendeklaration" der sozio-ökonomische Stand der Familie festgestellt wird. Mittels eines Punktevergabesystems wird die Bedürftigkeit festgestellt. Bis zu einem Wert von 57.000 Punkten besteht der Anspruch auf finanzielle Unterstützung wie folgt: 60 GEL für Alleinstehende; ab zwei Personen erhält das älteste Familienmitglied 60 GEL und alle anderen 48 GEL pro Monat. Ausschlussgründe sind insbesondere die Arbeitsaufnahme eines Familienmitgliedes, Gefängnishaft, Militärdienst oder ein Auslandsaufenthalt von mehr als drei Monaten. Die Sozialhilfe kann nicht gleichzeitig mit der staatlichen "Haushaltsunterstützung" oder der monatlichen Zahlung an Flüchtlinge bezogen werden (SSA o.D.a.).

Pensionssystem:

Es gibt nur ein staatliches Pensionssystem. Voraussetzungen (nicht alle müssen erfüllt sein):

* Rentenalter: männlich 65 Jahre; weiblich 60 Jahre;

* Behindertenstatus;

* Tod des Hauptverdieners

Registrierung: Antrag bei einem dem Wohnsitz am nächsten Sozialamt (Social Service Centre) stellen, die Entscheidung fällt innerhalb von zehn Tagen. Personen, die bereits aus dem Ausland eine Pension beziehen, sind vom Georgischen Rentensystem ausgeschlossen (IOM 2017).

Die staatliche Alterspension (universal) beträgt 180 Lari pro Monat. Die Leistungen werden ad hoc angepasst. Staatliche Ausgleichszahlungen werden als Pauschalbetrag von bis zu 1.000 Lari zu gleichen Teilen unter den Familienmitgliedern aufgeteilt. Die Invaliditätsleistung als Sozialhilfe beträgt 180 Lari pro Monat für eine Gruppeninvalidität erster Stufe und 100 Lari für eine zweiter Stufe. Die Leistungen werden ad hoc angepasst (US-SSA 2016).

Das Recht auf Karenz- und Pflegeurlaub gewährt 730 Tage, von denen 183 Tage bezahlt sind. Bei Geburtskomplikationen oder der Geburt von Zwillingen werden 200 Tage bezahlt. Das Mutterschaftsgeld, auch im Falle einer Adoption, beträgt maximal 1.000 GEL (SSA o.D.b.).

Medizinische Versorgung

Die Medizinische Versorgung ist für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung (Universal Health Care) kostenlos gewährleistet. Anhand privater Krankenversicherungen kann die Leistungsübernahme medizinischer Behandlungen beitragsabhängig erweitert werden. Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt Tiflis und weiteren städtischen Zentren (Kutaissi, Batumi) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an; staatliche Einrichtungen, wie sie primär in den ländlichen Regionen anzutreffen sind, haben deutlichen Rückstand an technischer und personeller Ausstattung. Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei und Russland, aber auch aus Deutschland (AA 11.12.2017).

Das staatliche Gesundheitssystem umfasst ambulante und stationäre Behandlung für Begünstigte verschiedener Alters- und Sozialgruppen. Universal Health Care:

* Offen für alle Staatsbürger, sowie Asylsuchende (während des Verfahrens) und Personen mit Flüchtlingsstatus

* Stationäre und ambulante Behandlung sind vollständig gedeckt

* Behandlung von HIV und TB ist kostenfrei, sowie Insulin für Diabetespatienten

* Dialyse ist ebenfalls gewährleistet

* Kosten für die Behandlung von Kindern bis zu 5 Jahren ist teilweise gedeckt, abhängig von der Krankheit

* Kontakt beim Ministerium für Gesundheit (Ministry of Health) und Einschreiben bei der nächstliegenden Klinik

Zugang, besonders für Rückkehrer:

Auswahl und Voraussetzungen: Georgische Staatsbürger sind automatisch versichert, hierfür muss lediglich die nächstgelegene Klinik aufgesucht werden. Registrierung: für georgische Staatsbürger genügt es im Krankheitsfall eine Klinik aufzusuchen, alle medizinischen Einrichtungen sind an der staatlichen Krankenversicherung beteiligt. Die Versicherung übernimmt 70-80% der Kosten, der Rest muss von dem Patienten beigesteuert werden. Benötigte Dokumente: nur gültiger Ausweis

Unterstützung:

Übernahme der Kosten bei Behandlungen nicht-stationärer Patienten (100%), Behandlungen spezialisierter Ärzte nach Überweisung durch den Hausarzt (70-100%), einige Notfallbehandlungen (100%), notwendige Operationen (70%), Chemotherapie (80% bis zu Gesamtkosten von 12.000 GEL), Geburten (bis zu 500 GEL), Kaiserschnitte (bis zu 800 GEL)

Kosten: Bei Kostenübernahmen von weniger als 100% kommt der Patient für den Rest auf. Für Rentner zahlt der Staat zusätzlich monatlich 100 GEL pro drei Monate (ausgegeben von Bürgerämtern)

Verfügbarkeit und Kosten von Medikamenten:

Alle Kliniken in Georgien sind privatisiert. Obwohl die Universal Health Care nicht alle Bereiche abdeckt, können georgische Staatsbürger zu jeder Zeit jede Klinik aufsuchen, jedoch müssen die Leistungen dann bezahlt werden. Vorzugsweise sollten Termine vereinbart werden. Bei Notfällen ist eine Behandlung ohne Termin mit Warteschlangen möglich. Patienten können einen Termin vereinbaren, für die Staatliche Versicherung muss der Hausarzt kontaktiert werden, welcher eine Überweisung zu spezialisierten Ärzten verfassen kann. Große Apotheken stellen eine Vielzahl von Medikamenten. Die Verfügbarkeit gewisser Medikamente kann anhand ihrer Handelsbezeichnung online oder telefonisch überprüft werden: Medical Information Service http://www.mis.ge/ka/FindDrug.jsp?Clear=True TEL: +995 032 2 252233. Die meisten Medikamente werden nicht vom staatlichen Programm erfasst. Daher müssen die Patienten die Kosten für diese selbst tragen. Für einige Medikamente ist eine Verschreibung nötig. In diesem Fall, sollte zunächst ein zuständiger Arzt aufgesucht werden, um von diesem die Verschreibung zu erhalten (IOM 2017).

Anfallende Behandlungskosten, die von Patienten selber getragen werden müssen, können gemäß dem staatlichen Programm zur Abdeckung von Dienstleistungen bei der zuständigen Kommission des Ministeriums, JPÖR, mittels entsprechenden Antrags eingebracht werden und um Kostenersatz ersucht werden. Dazu muss das erforderliche Formular ausgefüllt werden. Als Beilagen müssen neben den gesicherten Personalien des Antragstellers (Kopie des Reisepasses oder Personalausweises) auch die im laufenden Jahr angefallenen Rechnungen und vorhandenen Kalkulationen, bzw. im Falle der Beantragung von Kostenersatz für Medikamente die Originalrechnung, vorgelegt werden. Zusätzlich ist noch der soziale Status des Antragstellers (Pensionisten, sozial bedürftige Personen, Binnenvertriebene, Personen mit eingeschränktem Status) und die entsprechenden Zeugnisse vorzulegen. Die Kommission entscheidet dann (mindestens zweimal im Monat) über eine allfällige Finanzierung der vorgelegten Kosten, wobei hier keine generelle Festlegung über die Höhe der Rückerstattung besteht und diese Entscheidungen individuell, von Fall zu Fall, getroffen werden (VB 31.5.2018).

Einwohner der separatistischen Gebiete Abchasien und Südossetien werden in den georgischen Krankenhäusern auf Basis eines von der Regierung finanzierten Programms kostenlos versorgt. Diese wird wegen des vergleichsweise hohen medizinischen Standards auch in Anspruch genommen. Während Einwohner Südossetiens über den Umweg aus Russland nach Georgien einreisen, erlauben die abchasischen Behörden den direkten Übertritt nach Georgien. Während unter der Regierung von Expräsident Saakashvili die Betroffenen zuerst die georgische Staatsbürgerschaft erlangen mussten, war es unter der Nachfolgeregierung des "Georgischen Traums" nur mehr notwendig, einen Wohnsitz in Abchasien oder Südossetien nachzuweisen (JF 9.3.2015).

Hepatitis C

Stationäre wie ambulante Behandlungen und Therapien im Falle einer Hepatitis C-Erkrankung sowie einer Zirrhose durch einen Gastroenterologen und Internisten sind verfügbar. Überdies bestehen Möglichkeiten zur Blutuntersuchung, zur Untersuchung der Leberfunktion sowie des Vorliegens einer Hepatitis C Erkrankung (MedCOI 29.4.2018, vgl. MedCOI 19.8.2016).

Tausende von Georgiern sind von Hepatitis C als Ergebnis eines umfassenden Experiments geheilt worden, bei dem Wirksamkeit einer aggressiven Public-Health-Strategie getestet wird. Im Zuge des Projekts werden alle Georgier, die an Hepatitis C leiden - schätzungsweise 130.000 Menschen - kostenlos mit teuren amerikanischen Medikamenten behandelt. Bis 2020 will Georgien das erste Land der Welt sein, das praktisch frei von der infektiösen Lebererkrankung ist. Das Projekt wird von den US Centers for Disease Controls, dem georgischen Gesundheitsministerium und dem amerikanischen Pharmariesen Gilead Sciences Inc. durchgeführt, der die Medikamente entwickelt hat. Ab 2015 wurde Gileads Medikament, Sovaldi genannt, 5.800 georgischen Hepatitis-Patienten mit schweren Komplikationen wie fortgeschrittener Leberfibrose und Zirrhose verabreicht. Im folgenden Jahr wurde ein neueres, von Gilead entwickeltes Medikament namens Havroni an jeden mit einer aktiven Infektion verabreicht. Georgische Beamte und Epidemiologen berichteten von einer vollständigen Genesungsrate von über 90% bei insgesamt 30.000 Bürgern, die in den ersten beiden Jahren des Programms behandelt wurden (Eurasianet.org 8.5.2017).

Ungefähr 45.000 Leute haben mit Ende 2017 medizinische Behandlung für Hepatitis C in Georgien durchlaufen, von denen 98% laut dem Leiter des georgischen Zentrums für Seuchenkontrolle und öffentliches Gesundheitswesen (NCDC), Amiran Gamkrelidze. 1,8 Mill. Personen werden in den folgenden drei Jahren untersucht, um Hepatitis C zu kurieren, da der Test und die Behandlung kostenlos sind (Agenda.ge 31.1.2018).

Behandlungsmöglichkeiten: Hepatitis B

Hepatitis B ist in Georgien behandelbar, und die notwendigen Medikamente sind vorhanden. Die Kostendeckung bei den Medikamenten beträgt zumindest 80%, kann aber je nach sozialer Bedürftigkeit bis auf 100% steigen. Dies gilt auch für Vertriebene im Zuge der kriegerischen Auseinandersetzung im Jahr 2008 und für Veteranen. Bei Pensionisten werden 90% der Behandlungskosten übernommen. Ansonsten ist bei einem Teil der Behandlungen ein Selbstbehalt veranschlagt. Der Ersatz jener Dienstleistungskosten, die durch das staatliche Programm nicht gedeckt werden, wird von der zuständigen Kommission individuell erörtert (VB 9.5.2017).

Behandlungsmöglichkeiten: HIV/AIDS

Bis zum 7.3.2018 wurden insgesamt 6.885 HIV/AIDS-Fälle im Forschungszentrum für Infektionskrankheiten, AIDS und klinische Immunologie registriert. Die Mehrheit der Patienten ist in der Altersgruppe von 29-40 Jahren. 3.761 Patienten entwickelten AIDS. 1.424 Patienten sind gestorben. Allerdings spiegeln die Zahlen nicht die tatsächliche Verbreitungsrate wider. Rund 42% der Übertragung erfolgte durch die Injektion von Drogen, 45% durch heterosexuelle und 10,5% durch homosexuelle Kontakte (IDACIRC o.D.).

Das georgische "AIDS and Clinical Immunology Research Center" ist eine der wichtigsten Institutionen, die für die Entwicklung, Umsetzung und Koordination aller Aktivitäten gegen die Ausbreitung der HIV/AIDS-Epidemie in Georgien verantwortlich ist. Das Zentrum und seine Niederlassungen in den verschiedenen Bezirken und in den Regionen des Landes dienen der Bevölkerung zur Beratung, Prüfung, Überwachung und Behandlung von HIV/AIDS, von Hepatitis B und C und von anderen viralen Infektionskrankheiten. Darüber hinaus führt das Zentrum als Forschungseinrichtung verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen in den Bereichen HIV/AIDS und virale Hepatitis durch. Das Zentrum koordiniert alle Aktivitäten zur HIV/AIDS-Prävention im Land (IDACIRC o.D.).

Es existiert ein staatliches Programm zur Prävention und Behandlung von AIDS/HIV [http://www.georgia-ccm.ge/wp-content/uploads/HIV-NSP-2016-20181.pdf]. Die Begünstigten des Programms sind Bürger Georgiens und Personen in Haftanstalten, ungeachtet des Besitzes eines amtlichen Identitätsausweises. Folgende Leistungen werden im Rahmen des Programms abgedeckt:

I. Freiwillige Beratung und Testung der Personen der Hochrisikogruppe zu HIV-Infektion/AIDS, bezogen auf: freiwillige Konsultation der Personen der Hochrisikogruppe von HIV-Infektionen bzw. AIDS; Untersuchung verdächtiger Vorkommnisse bei HIV-Infektionen bzw. AIDS mittels Überprüfungsmethoden

II. Die Bereitstellung von ambulanten Dienstleistungen: erster und wiederholte Besuche; Behandlung von Gelegenheitsinfektionen, Versorgung mit geeigneten Medikamenten; instrumentelle Diagnostik; Besuch eines Arztes bei einem Patienten

III. Bereitstellung einer stationären Behandlung, die folgendes beinhaltet: laboratorisch-instrumentelle Diagnostik und Behandlung von AIDS-indikativen Erkrankungen; laboratorisch-instrumentelle Diagnostik und Behandlung von HIV-Infektionen/AIDS-Begleitkrankheiten (SSA o.D.c)

Um am HIV-Infektions-/AIDS-Statusprogramm teilnehmen zu können, muss man sich bei der Institution bewerben, die das oben genannte Programm durchführt. Die ambulante und stationäre Versorgung erfolgt über einen elektronischen Krankenschein. Die Leistung des Programms wird vollständig finanziert und bedarf keiner Zuzahlung seitens der Patienten (SSA o.D.c).

Behandlungsmöglichkeiten: Tuberkulose

Es existiert ein staatliches Programm zur Prävention und Behandlung von Tuberkulose. Die Begünstigten des Programms sind Bürger Georgiens, auch Häftlinge ohne Personaldokumente. Folgende Leistungen werden im Rahmen des Programms abgedeckt:

Ambulanter Dienst:

Konsultation eines Arztes; klinische und diagnostische Untersuchungen (bakteriologische Untersuchung des Schleims, 3-fache Bakterioskopie, Kulturen-Untersuchung, Definition der Resistenz gegen Medikamente je nach Indikation); Röntgenuntersuchung (allgemeine Blutuntersuchung); Behandlung unter direkter Überwachung im Krankenhaus (DOT) und Versorgung mit speziellen Anti-Tuberkulose-Medikamenten. Referenzkontrolle, insbesondere die Bereitstellung von Laborverwaltung, sowohl im zivilen Bereich als auch in den Strafvollzugsanstalten.

Stationärer Dienst, einschließlich der Behandlung von Resistenzformen:

Diagnostische Dienstleistungen (zusätzliche instrumentelle und labortechnische Untersuchungen); Spezifischer therapeutischer stationärer Dienst für Tuberkulosekranke (einschließlich der Versorgung mit spezifischen Anti-Tuberkulose-Medikamenten, sowohl im zivilen Bereich als auch in Strafvollzugs- und Strafvollzugsanstalten); spezifische chirurgische stationäre Versorgung der Tuberkulosekranken. Die vom Programm vorgesehene ambulante Leistung wird vollständig vom Staat finanziert (das Programm sieht keine Zuzahlung seitens des Begünstigten vor) (SSA o.D.d)

4.5. Behandlungsmöglichkeiten: psychische Krankheiten

Das staatliche Programm - Psychische Gesundheit - bezieht sich auf die Erhöhung der geografischen und finanziellen Verfügbarkeit psychiatrischer Dienste für die georgische Bevölkerung:

Ambulanter Dienst, der Folgendes beinhaltet u.a.:

* Versorgung der Patienten, die an den Hausarzt/Distriktarzt weitergeleitet werden, primärer Besuch in der psychiatrischen Apotheke, und wenn der Patient nicht in die psychiatrische Einrichtung kommen kann, Hausbesuch eines Psychiaters oder eines anderen Spezialisten auf dem Gebiet der Psychiatrie beim Patienten, Erfüllung der ambulanten Überwachung des Patienten

* Versorgung der registrierten Patienten, die an die psychiatrische stationäre Einrichtung weitergeleitet werden, unter Berücksichtigung der vom Programm vorgesehenen Nosologien [Krankheitsbilder], Besuche bei einem Psychiater oder bei Bedarf bei anderen Spezialisten auf dem Gebiet der Psychiatrie; nach Überweisung die Versorgung mit Medikamenten; bei Bedarf Besuche der Fachärzte für Psychiatrie zu Hause und Konsultationen mit anderen Fachärzten (Therapeuten und Neurologen)

* Psychosoziale Rehabilitation

* Die Versorgung von minderjähriger Patienten (unter 18), welche unter Veränderungen des psychischen Zustandes und Verhaltens, Verschlechterung der sozialen Funktionsfähigkeit und Disadaptation leiden

* Kurzfristiger stationärer Dienst, insbesondere für Patienten ab 15 Jahren zur Eindämmung stationärer akuter psychotischer Symptome

* Langfristiger stationärer Dienst, falls erforderlich, oder Behandlung derjenigen Patienten, denen bei schwerwiegenden Störungen des psychosozialen Verhaltens keine Hilfe aus der stationären Abteilung zur Verfügung steht

* Behandlung derjenigen Patienten, auf die sich der Gerichtsbeschluss über die Unterbringung einer Person in einer stationären Abteilung für unfreiwillige psychiatrische Hilfe, der durch den Artikel 191. des Strafgesetzbuches von Georgien festgelegt ist, bezieht

* Zusätzliche Hilfe: Gewährleistung des Schutzes und der Sicherheit der Patienten, auf die sich der Gerichtsbeschluss über die Unterbringung einer Person in der stationären Abteilung für unfreiwillige psychiatrische Hilfe laut Artikel 191 des StGB bezieht

* Versorgung der Patienten mit Lebensmitteln und persönlichen Hygieneartikeln, die den stationären Dienst in Anspruch nehmen

* Rehabilitationsdienst während der stationären Langzeitbehandlung nach den Standards der psychosozialen Rehabilitation

* Psychiatrischer stationärer Dienst für Kinder, einschließlich jener unter 15 Jahren mit psychotischen Registerstörungen

* Dringende medizinische Versorgung für Patienten, einschließlich Notarztdienst für jene, die sich in der psychiatrischen stationären Abteilung befinden

* Stationäre Behandlung von psychischen Störungen und Verhaltensstörungen, die durch psychoaktive Substanzen verursacht werden

* Die psychiatrische Krisenintervention bei Erwachsenen (ab 18 Jahren) berücksichtigt den Dienst für Menschen mit psychischen Störungen und Verhaltensstörungen im administrativ-territorialen Bereich von Tiflis

* Psychiatrische Krisenintervention in Form von Krisentagesbetten als ambulante Betreuung

* Erfüllung der Krisenintervention durch die mobile Gruppe für häusliche Pflege am Wohnort des Patienten und, falls erforderlich, dessen Überweisung ins Krisenzentrum oder eine andere psychosoziale/psychiatrische Einrichtung

Die Begünstigten des staatlichen Programms - Psychische Gesundheit - sind: Bürger Georgiens, die den ambulanten und stationären Teil des Programms nutzen; sowohl Bürger Georgiens als auch andere Personen bei denen es zu einem Zwangsaufenthalt kommt, sowie Häftlinge in den Strafvollzugsanstalten ungeachtet des Besitzes eines amtlichen Identitätsdokumentes. Die Leistungen des Programms werden vollständig vom Staat finanziert, mit Ausnahme der stationären Betreuung von psychischen Störungen und Verhaltensstörungen, die durch psychoaktive Substanzen verursacht werden. Die Leistungen im letzteren Fall werden vom Staat zu 70% der tatsächlichen Kosten im Rahmen der im Programm genannten Fälle erstattet (SSA o.D.e).

Behandlungsmöglichkeiten: Nierentransplantation und Dialyse

Patienten müssen einen Antrag bei der Social Service Agency einbringen, um auf die Warteliste für die Dialyse gesetzt zu werden. Bei einer anstehenden Nierentransplantation muss zuerst im Krankenhaus, welches sich am staatlichen Programm beteiligt, angesucht werden, bevor die nötigen Personaldokumente der Social Service Agency unterbreitet werden. Sollten die nötigen Identitätsdokumente, die u.a. die georgische Staatsbürgerschaft nachweisen, nicht vorgelegt werden können, so gibt es für bestimmte Personengruppen eine Ausnahmeregelung. Dies sind: Kinder ohne Betreuung, Insassen von Haftanstalten und Einwohner der besetzten Gebiete [Abchasien, Südossetien].

Das Programm umfasst u.a.:

a) Die Durchführung von Blutdialysen

b) Die Durchführung von Bauchfelldialysen

c) Die Bereitstellung und Verteilung von Materialien und Medikamenten, um eine Blutdialyse und Bauchfelldialyse durchführen zu können

d) Die Durchführung von Nierentransplantationen

e) Die Bereitstellung von Immunsuppressivmedikamenten für TransplantatempfängerInnen

Die Leistungen, die von diesem Programm angeboten werden, sind vollständig abgedeckt und benötigen keine Zuzahlung durch den Patienten (SSA o.D.f).

Laut gesetzlicher Regelung kommt für jeden georgischen Staatsbürger, beliebigen Alters, der an einer terminalen Niereninsuffizienz erkrankt ist, das staatliche Programm zur "Dialyse und Nierentransplantation" zur Anwendung. Wenn erforderlich werden eben im Rahmen dieses Programms auch Nierentransplantationen durchgeführt und die anschließend notwendigen medizinischen Versorgungen (Immunsuppressiva) der Patienten gewährleistet. Die Kosten einer Nierentransplantation werden dabei nach den tatsächlich entstandenen Kosten, bis zu einer Höhe von maximal GEL 20.000 (dzt. ca. ? 6.500) ersetzt. Die erforderlichen Medikamente werden für die betroffenen Patienten zur Gänze vom staatlichen Programm abgedeckt und eine Zuzahlung durch den Patienten ist nicht erforderlich. Ob sich eine Person als Spender eignet, egal ob Verwandte oder Freunde, wird durch eine entsprechende Untersuchung, die verpflichtend durchzuführen ist, festgestellt. Die dafür entstehenden Kosten in der Höhe von ca. GEL 3.000 (dzt. ca. ? 970) müssen vom Patienten erlegt werden. Es besteht die Möglichkeit bei der zuständigen Gemeinde, bzw. beim Gesundheitsministerium einen Antrag um finanzielle Unterstützung bzw. Refundierung dieser Kosten zu stellen. Als Zeitrahmen für die gesamten Untersuchungen und bis zur Vorlage der Bewilligung (sofern die Dokumentation vorhanden ist) wurden ca. 3-4 Wochen angegeben. Nach geltender Rechtslage und Rechtsprechung gibt es in Georgien keine Organdatenbank. Die gesetzliche Regelung in Georgien sieht nicht vor, dass der Staat bzw. das Gesundheitsministerium, für das Besorgen eines Transplantats verantwortlich zeichnet (VB 23.1.2018).

Die für die Dialyse-Behandlungen in Georgien verwendete Spezialausrüstung und Geräte wie zum Beispiel Filter sind von guter Qualität und von den Zentren in der Regel in westeuropäischen Ländern oder den USA gekauft. Es gibt in Bezug auf die Qualität der Dialyse-Behandlungen aber Unterschiede in den verschiedenen Zentren des Landes. Die Hygiene ist in der Regel aber ungenügend und das Risiko, sich mit Hepatitis zu infizieren, sehr hoch (SFH 25.2.2016).

Es besteht eine Kontrollstelle, die sowohl registrierungs- und ausstattungstechnische Kontrollen als auch die Hygienekontrollen in den Spitälern und Polykliniken durchführt. Dabei handelt es sich um eine staatliche Regulierungsagentur (JPÖR), an die auch Beschwerden und/oder festgestellte Missstände sowohl individuell als auch von befugten juristischen Personen gerichtet werden können. Laut Auskunft des zuständigen Ministeriums vom 31.12.2017 gab es bei insgesamt fünf überprüften stationären Anstalten für Dialyse Mängelfeststellungen betreffend der Hygiene. Diese Anstalten wurden mit entsprechenden Auflagen und Verpflichtungen zur Behebung der Mängel beauftragt (VB 21.12.2017).

Lebertransplantation

Lebertransplantationen werden in zwei Kliniken in Georgien durchgeführt: AVERSI Clinic Tiflis (27b, Vazha-Pshavela Ave) und in Batumi in der Referral Clinic (125 Bagrationi Straße). Die Kosten für eine Lebertransplantation sind in Georgien außergewöhnlich hoch: 140.000 GEL einschließlich präoperativer Tests für den Patienten und den Spender. Für Lebertransplantationen steuert die staatliche Versicherung einen gewissen Beitrag bei. In Tiflis deckt die staatliche Versicherung 20.000 GEL, in Batumi deckt das Gesundheitsministerium von Adscharien 50.000 GEL. Der Rest muss von den Patienten getragen werden (IOM 18.7.2017).

Behandlungsmöglichkeiten: Drogensucht

Das staatliche Programm - Drogensucht - beinhaltet:

* stationären Entgiftung und Primärrehabilitation

* Verabreichung von Substitutionsmedikamenten und die medizinische Überwachung (die Beschaffung von Substitutionsmedikamenten für die Programmempfänger erfolgt im Rahmen des Programms - "Versorgung der Bevölkerung mit spezifischen Medikamenten") in Tiflis und den Regionen (Kakheti, Imereti, Guria, Samegrelo-Zemo Svaneti)

* Das Programm ist für die Bürger Georgiens mit Drogenabhängigkeit bestimmt

Der für stationären Entgiftung und der primären Rehabilitation angegebene Leistungserbringer sorgt für die Festlegung der Leistungsempfänger, wobei jenen, die die folgenden Kriterien erfüllen, Vorrang einzuräumen ist:

* Patienten, die die Komponente "stationäre Entgiftung und primäre Rehabilitation" des "staatlichen Programms - Drogenabhängigkeit" noch nicht genutzt haben

* Die mit HIV-Infektion/AIDS infizierten Patienten, um die Übertragung von HIV-Infektion/AIDS zu reduzieren

* Mitglieder der Familien, die in der "Einheitlichen Datenbank der sozial schwachen Familien" registriert sind, deren Bewertung 70.000 Einheiten nicht überschreitet

* Patienten zwischen 18-25 Jahren

* Veteranen der militärischen Aktivitäten für die territoriale Integrität, Freiheit und Unabhängigkeit Georgiens und die mit ihnen gleichgestellten Personen

Die Zuzahlung erfolgt durch den Patienten bei Durchführung der Substitutionsbehandlung, die sich auf 150 GEL pro Patient während eines Monats beläuft. Die Zuzahlung gilt nicht für Patienten mit HIV-Infektion. Die stationäre Entgiftung der Drogenabhängigen und die primäre Rehabilitation berücksichtigen keine Selbstbeteiligung des Patienten (SSA o.D.g).

Behandlungsmöglichkeiten: Chemotherapie

Chemotherapien sowie die notwendigen Medikamente sind verfügbar. Die Kosten einer Chemotherapie hängen von der Art der Behandlung ab. Dies kann sich auf zwischen USD 200 und USD 100.000 je nach Krebsart, Tumor, Verschreibung, Verfügbarkeit von Medikamenten und finanzielle Ressourcen des Patienten belaufen. Die neueren und in der Regel wirksameren Medikamente sind in Georgien wegen ihrer hohen Preise nicht erhältlich. In Georgien gibt es keine wirkliche Nachbehandlung für die Chemotherapie. Menschen werden normalerweise nach Hause geschickt, es sei denn, die Situation ist für den Patienten/die Patientin lebensbedrohlich. Die Krebsbehandlung in Georgien ist von geringer Qualität und Personen, die es sich leisten können, lassen sich in der Türkei behandeln.

Chemotherapie und Bestrahlung sind zu 80% bis zu einer Summe von 12.000 GEL [4.160 ?] pro Jahr abgedeckt. Die restlichen 20% müssen vom Patienten getragen werden, der auch alle Kosten für Behandlungen über GEL 12.000 zu tragen hat. Obwohl verfügbar bestehen Zweifel an der Qualität von Medikamenten und Behandlungen in der Onkologie, insbesondere wenn sie vom Staat bereitgestellt werden. Wenn der Patient nicht in der Lage ist, die Kosten zu decken, wird ihm die Behandlung verweigert. Zwar gibt es etliche NGOs und Wohlfahrtsorganisationen, doch sind diese auf Kinder und Behinderte ausgerichtet (MedCOI)

Rückkehr

RückkehrerInnen, die Unterstützung benötigen, sind bislang vor allem auf Familie und Freunde angewiesen. Internationale Organisationen - wie IOM, ICMPD -bieten ebenfalls Unterstützung an. Ein Mobilitätszentrum, eingerichtet beim Ministerium für Flüchtlinge, wurde vom Projekt "Targeted Initiative Georgia" (finanziert aus einem Konsortium von EU- Mitgliedstaaten u.a. GER) gegründet und seit 2014 von der IOM (finanziert aus EU-Mitteln) fortgeführt. Hier wird Beratung und auch finanzielle Hilfe zur Reintegration in den Arbeitsmarkt (auch Hilfe zur Selbständigkeit) zur Verfügung gestellt, bei Bedarf auch Erst- bzw. Zwischenunterkunft. 2014 hat das Flüchtlingsministerium erstmals eigene Mittel zur Betreuung und Reintegration von Rückkehrern (durch sieben zivilgesellschaftliche Organisationen) zur Verfügung gestellt (s.o.). Staatliche Repressalien von Rückkehrern sind nicht bekannt. Auch die Tatsache einer Asylantragstellung im Ausland ist nach Rückkehr nach Georgien unerheblich. Georgien hat Rückübernahme-Abkommen mit der EU und weiteren europäischen Ländern (z.B. Ukraine, Schweiz, Norwegen) geschlossen (AA 11.12.2017).

Um die Reintegration der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, wurden 650.000 Lari (ca. 216.460 Euro) aus dem Staatshaushalt 2018 bereitgestellt, die an förderungswürdige NGOs verteilt werden:

* Öffentliche Fürsprache" - Tiflis, Kvemo Kartli, Mtskheta-Mtianeti

* Samtskhe-Javakheti Regionalverband "Toleranti" - Samtskhe-Javakheti, Shida Kartli

* Stiftung "AbkhazInterncont"(AIC) - Samegrelo-Zemo Svaneti

* Vereinigung junger Wissenschaftler "Intellekt" - Adjara, Guria

* Fonds "AbkhazInterncont"(AIC) - Racha-Lechkhumi, Kvemo Svaneti

* Kakheti Regional Development Foundation (KRDF) - Kakheti

Um den Wiedereingliederungsprozess der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, werden die NGOs die folgenden Dienstleistungen für die Begünstigten erbringen - gültig für das gesamte Staatsgebiet:

* Bereitstellung von medizinischer Behandlung und Medikamenten

* Finanzierung einkommensschaffender Projekte

* Unterstützung der beruflichen Weiterbildung/Umschulung und Qualifizierung der Begünstigten

* Bereitstellung von temporären Unterkünften (SCMI 9.3.2018).

Am staatlichen Programm sind jene teilnahmeberechtigt, die georgische Bürger oder staatenlos sind und über eine Aufenthaltsbewilligung verfügen; sich mehr als ein Jahr illegal im Ausland aufgehalten haben oder im Ausland um Asyl angesucht haben, und seit weniger als einem Jahr in Georgien sind (MRA o.D.).

2. Beweiswürdigung:

2.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus den unstrittigen Feststellungen der belangten Behörde. Dass die Identität feststeht, stellte bereits die belangte Behörde fest. Die Feststellungen zur strafrechtlichen Delinquenz ergeben sich aus dem eingeholten Strafregisterauszug und dem im Verwaltungsakt aufliegenden Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16.1.2019. Dass der Beschwerdeführer über eine Tochter verfügt und für diese sorgepflichtig ist, brachte der Beschwerdeführer während des Verfahrens gleichlautend vor. Dass nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer verheiratet ist, ergibt sich zunächst daraus, dass der Beschwerdeführer vor dem Landesgericht für Strafsachen noch ausführte, er sei ledig und das Landesgericht dies auch so feststellte. Daran ändert auch die vorgelegte mit der Beschwerde vorgelegte italienischen Aufenthaltskarte einer Frau nichts, zumal damit eben nicht substantiiert dargelegt wird, dass dies die Lebensgefährtin (oder Frau) des Beschwerdeführers ist, zumal weder eine Heiratsurkunde oder eine Geburtsurkunde des Kindes vorgelegt wurde. Die Feststellungen zur Verurteilung bzw. dem vom Beschwerdeführer verwirklichten Tatbestand ergeben sich wiederum aus dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien. Dass der Beschwerdeführer über eine Tochter verfügt, für die er auch sorgepflichtig ist, ergibt sich aus den gleichbleibenden Angaben vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien und der Beschwerde.

2.2 Zu den verwendeten Länderfeststellungen:

Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges- handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu.

Die bP trat auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen und wird darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich die Republik Georgien als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet und daher von der normativen Vergewisserung der Sicherheit Georgiens auszugehen ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1 Nichterteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt A):

Das Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet auszugsweise:

"Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

...

Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

...

Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfa

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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