Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AufG 1992 §3 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des A Z in Wien, geboren 1966, vertreten durch Dr. Günther Romauch und Dr. Thomas Romauch, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Oktober 1995, Zl. 303.617/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer verfügte nach der diesbezüglich unbedenklichen Aktenlage über Wiedereinreisesichtvermerke für den Zeitraum vom 9. Jänner 1990 bis 23. Mai 1990, vom 30. Juli 1990 bis 10. Dezember 1990, vom 3. Jänner 1991 bis 28. Februar 1991, vom 16. April 1991 bis 10. Dezember 1991, vom 19. November 1991 bis 31. Juli 1992, vom 1. Juli 1992 bis 22. Dezember 1992 und vom 15. Dezember 1992 bis 23. November 1993.
Er stellte am 13. März 1995 (Einlangen bei der erstinstanzlichen Behörde) einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz durch Ankreuzen der Fallvariante "Erstantrag", wobei als Aufenthaltszweck die Ausübung einer unselbständigen Tätigkeit und Familienzusammenführung angegeben wurde.
Mit Bescheid vom 2. August 1995 wies der Landeshauptmann von Wien diesen Antrag gemäß § 5 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes mit der wesentlichen Begründung ab, das zuständige Arbeitsmarktservice Landesgeschäftsstelle Wien habe auf Anfrage festgestellt, daß die Unbedenklichkeit für die vom Beschwerdeführer angestrebte Tätigkeit nicht bestätigt werde.
Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Oktober 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den vorgenannten Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 5 Abs. 2 AufG dürfe eine Bewilligung zum Zweck der Aufnahme einer Beschäftigung gemäß § 2 Abs. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nur erteilt werden, wenn die nach dem beabsichtigten Aufenthalt zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice auf Anfrage durch die gemäß § 6 AufG zuständige Behörde mitgeteilt habe, daß im Hinblick auf die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes keine Bedenken gegen die Aufnahme der vom Beschwerdeführer angestrebten Beschäftigung bestünden. Im vorliegenden Fall habe die zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice die Unbedenklichkeit nicht bestätigt, woraus sich für die Behörde "der Umstand" ergeben habe, "aus diesem Grunde" den Antrag des Beschwerdeführers abzulehnen. Dies deshalb, weil der vom Beschwerdeführer gemäß § 6 Abs. 1 AufG iVm § 1 Abs. 1 Z. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 359/1995 gestellte Antrag auf den Zweck "unselbständige Erwerbtätigkeit" gelautet habe und der Beschwerdeführer gemäß § 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) einer Berechtigung nach diesem Bundesgesetz zur Ausübung einer solchen Tätigkeit bedürfe. Da der Beschwerdeführer weder über eine gültige Sicherungsbescheinigung, Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis oder über einen Befreiungsschein verfüge, noch eine Mitteilung des Arbeitsmarktservice im Sinne des § 5 Abs. 4 AufG vorliege, sei der vom Beschwerdeführer beabsichtigte Aufenthaltszweck aufgrund der tatsächlichen Arbeitsmarktsituation verfehlt. Somit stehe fest, daß der Beschwerdeführer nicht berechtigt sei, sich zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufzuhalten.
Die Beurteilung der Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes sei von der Landesgeschäftstelle des Arbeitmarktservice "mit ausreichender Determination und Nachvollziehbarkeit" vorgenommen worden; dabei sei ein ordnungsgemäßes Verfahren, welches das AuslBG dafür vorsehe, durchgeführt worden, "sodaß kein Zweifel an der Tatsache, daß der Arbeitsmarkt für den angestrebten Beruf nicht aufnahmefähig" sei, bestehe.
Da der Beschwerdeführer nicht zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sei, sei der Schluß, daß er über keine ausreichenden Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verfüge, nicht unzulässig. Es sei daher den öffentlichen Interessen, dabei insbesondere dem wirtschaftlichen Wohl des Staates Österreich, gegenüber den privaten Interessen des Beschwerdeführers der Vorzug einzuräumen gewesen, zumal das Gesamtkonzept des Aufenthaltsgesetzes dem Schutz eines geordneten Arbeitsmarktes, wie aus § 2 AufG ersichtlich, diene.
Weiters sei hinzuzufügen, daß die in der Berufung erwähnte Familienzusammenführung für großjährige Kinder nur dann stattfinden könne, wenn ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund vorliege. Als besonders berücksichtigungswürdige Fälle im Sinne des § 3 Abs. 4 AufG gelten körperliche oder geistige Gebrechen, was im Fall des Beschwerdeführers jedoch nicht gegeben sei. Im übrigen stelle die Berufungsbehörde ausdrücklich fest, daß gemäß § 3 AufG keine Familienzusammenführung mit den Brüdern sowie der Schwester möglich sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die nach ihrer Ablehnung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
Der hier zu behandelnde Fall gleicht in den entscheidungswesentlichen Punkten (Anfrage an die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservie und deren formularmäßige Antwort, daß die Unbedenklichkeit für die gewählte Berufsgruppe nicht bestätigt werde; allein darauf verweisende Begründung des Bescheides der belangten Behörde) demjenigen, den der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/2159, zu beurteilen hatte. Aus den dort näher dargelegten Gründen war daher auch der belangten Behörde insoweit, als sie ihren Bescheid auf § 5 Abs. 2 AufG stützte, ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 iVm § 67 AVG zur Last zu legen.
Soweit sich die belangte Behörde aber auf den Mangel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG bezieht, erstreckt sich der hinsichtlich der Begründung nach § 5 Abs. 2 AufG gegebene Verstoß gegen die Begründungspflicht notwendigerweise auch auf diesen Versagungsgrund. Bei einer allenfalls anderslautenden Entscheidung hinsichtlich der vom Beschwerdeführer beabsichtigten Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit könnte nämlich nicht ohne weiteres davon gesprochen werden, daß er nicht über die zur Deckung seines Lebensunterhaltes notwendigen Mittel im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG verfüge.
Der Beschwerdeführer hat sich auf Familienzusammenführung mit seinen Eltern, aber erkennbar auch mit seinen Geschwistern berufen.
Der belangten Behörde ist beizupflichten, daß Geschwister nicht zu den in § 3 Abs. 1 AufG genannten Personen zählen, der Beschwerdeführer demnach keinen Rechtsanspruch auf Familiennachzug zu seinen Geschwistern hat. Ein Rechtsanspruch auf Familiennachzug steht - von § 3 Abs. 4 AufG abgesehen - nur mj. Kindern zu. Dessen ungeachtet wäre es der belangten Behörde - selbst bei Nichtvorliegen "besonders berücksichtigungswürdiger Gründe" im Sinne des § 3 Abs. 4 AufG - nicht verwehrt, im Wege einer Ermessensentscheidung gemäß § 4 Abs. 1 AufG dem Beschwerdeführer aus den geltend gemachten privaten und familiären Gründen eine Bewilligung zu erteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1997, Zl. 96/19/2101).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Neben dem pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes kann ein Ersatz weiterer Kosten unter dem Titel Umsatzsteuer nicht zugesprochen werden. Im Falle der Abtretung einer Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG gebührt dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegenden Beschwerdeführer kein Ersatz der Stempelgebühren, die er im vorangegangenen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof entrichten mußte. Es steht ihm daher nur der Ersatz der Stempelmarken für die Beschwerdeergänzung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu (vgl. den hg. Beschluß vom 17. März 1986, Zl. 86/08/0002).
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996191351.X00Im RIS seit
02.05.2001