TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/8 L516 2141624-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.08.2019
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Entscheidungsdatum

08.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53
FPG §55 Abs1a

Spruch

L516 2141624-5/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA Pakistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH - ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.07.2019, Zahl 1107630705-190199356 EAST Ost, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkte I und II gemäß § 68 Abs 1 AVG als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkte III bis VIII gemäß § 57, § 10 Abs 1 Z 3, § 15b Abs 1 bis Abs 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs 2 Z 2 und Abs 9 sowie § 46, 55 Abs 1a und 53 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

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Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger und stellte am 26.02.2019 den gegenständlich dritten Antrag auf internationalen Schutz.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 05.07.2019 gemäß § 68 Abs 1 AVG (I.) hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten und (II.) hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurück. Das BFA erteilte unter einem (III.) keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ (IV.) gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG, stellte (V.) gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei, erließ (VI.) gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot, sprach (VII.) aus, dass gemäß § 55 Abs 1a keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe und trug (VIII.) gemäß § 15b Abs 1 AsylG dem Beschwerdeführer auf, von 26.02.2019 bis 16.04.2019 in einem näher bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen habe.

Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde zur Gänze angefochten.

Vorverfahren und bisheriger Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer stellte am 06.03.2016 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher vom BFA mit Bescheid vom 10.11.2016 zur Gänze abgewiesen wurde; gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan zulässig sei. Die gegen jenen Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht als verspätet zurückgewiesen. Zur Vorgeschichte in diesem Zusammenhang wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die in dieser Angelegenheit bereits ergangenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.05.2018, Zahl L516 2141624-2/13E und vom 23.01.2017, Zahl L516 2141624-1/6E, verwiesen.

Am 24.06.2017 stellte der Beschwerdeführer einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, welcher im Instanzenzug vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 06.06.2018, L512 2141624-4/7E, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde; gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan zulässig sei und ausgesprochen, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe. Jene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes erwuchs mit Zustellung am 17.05.2018 in Rechtskraft.

Am 26.02.2019 stellte der Beschwerdeführer den dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden dritten Antrag auf internationalen Schutz, nachdem er zuvor von Deutschland rücküberstellt worden war. Die Erstbefragung nach dem AsylG dazu fand am selben Tag statt, die Einvernahme durch das BFA am 14.03.2019.

Das Verfahren des Beschwerdeführers zu diesem Antrag wurde nicht zugelassen.

Der gegenständlich angefochtene Bescheid vom 05.07.2019 wurde dem Beschwerdeführer am 09.07.2019 zugestellt. Gleichzeitig stellte das BFA dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren eine juristische Person als Rechtsberater zur Seite (§ 52 Abs 1 BFA-VG).

Am 16.07.2019 erhob der Beschwerdeführer gegen den diesen Bescheid des BFA Beschwerde.

Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakten des BFA langte am 23.07.2019 beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz, ein.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhaltsfeststellungen

1.1. Der Beschwerdeführer führt in Österreich die im Spruch angeführten Namen sowie die ebenso dort angeführten Geburtsdaten. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Pakistan, gehört der Volksgruppe der Punjabi sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft an. Seine Identität steht nicht fest. Er besuchte sechs Jahre lang die Schule in Pakistan und arbeitete danach mit seinem Vater gemeinsam als Viehändler bzw als Bauarbeiter (BVwG 06.06.2018, L512 2141624-4/7E; Verwaltungsverfahrensakt des BFA zum ersten Antrag (VA1), Aktseite (AS) 1, 119).

1.2. Der Beschwerdeführer reiste 2015 aus Pakistan aus und im März 2016 in Österreich ein. Er verblieb bis August 2018 in Österreich, hielt sich dann von August 2018 bis Februar 2019 in Deutschland auf und wurde anschließen von Deutschland nach Österreich rücküberstellt. Seither hält er sich in Österreich ununterbrochen auf (Verwaltungsverfahrensakt des BFA zum zweiten Antrag (VA2) AS 7ff, 201; ). (Verwaltungsverfahrensakt des BFA zum gegenständlich dritten Antrag (VA3), AS 1ff).

1.3. Der Beschwerdeführer lebt in Österreich in keiner Lebensgemeinschaft und hat auch keine Verwandten in Österreich, es besteht kein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis zu einer Person in Österreich. Der Beschwerdeführer verfügt über schlechte Deutschkenntnisse (VA3 AS 1), Der Beschwerdeführer hat einen österreichischen Führerschein der Kategorie AM (AS 27ff), er ist nicht erwerbstätig und bezieht gegenwärtig Leistungen aus der Grundversorgung für hilfsbedürftige Fremde. Er ist nicht in ärztlicher Behandlung und nimmt keine Medikamente (VA3, AS 70). Er ist strafrechtlich unbescholten.

1.4. Der Beschwerdeführer stellte am 06.03.2016 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher vom BFA mit Bescheid vom 10.11.2016 zur Gänze abgewiesen wurde; gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan zulässig sei. Jene Entscheidung erwuchs mangels rechtzeitiger Erhebung einer Beschwerde mit Ablauf des 14.12.2016 in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer begründete seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz damit, dass ihn seine Ehefrau 2013 verlassen habe und mit dem gemeinsamen Sohn zu ihren Eltern zurückgekehrt sei. Die Frau habe die Scheidung verlangt, die Mutter des Beschwerdeführers habe dem aber nicht zugestimmt. In weiterer Folge würden die Brüder der Ehefrau den Beschwerdeführer mehrfach verprügelt haben und mit Säure an Hand und Oberschenkel verletzt haben. Insgesamt habe es drei Übergriffe auf den Beschwerdeführer gegeben, an denen auch "Schlägertypen" involviert gewesen seien. Da auch ein Umzug kein Ende der Bedrohungen ergeben habe, habe der Vater des Beschwerdeführers ihm zur Ausreise geraten (VA 1 AS 123ff).

Das BFA erachtete im ersten Verfahren das Vorbringen des Beschwerdeführers zu dessen Ausreisegründen mit näherer Begründung für nicht glaubhaft und führte aus, dass auch kein Sachverhalt im Sinne der Art 2 und 3 EMRK vorliege und eine Rückkehrentscheidung im Falle des Beschwerdeführers keine Verletzung des Art 8 EMRK darstelle (Bescheid BFA 10.11.2016, S 48ff).

1.5. Der Beschwerdeführer stellte am 24.06.2017 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz und das BFA wies diesen mit Bescheid vom 04.03.2018 gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zur Gänze zurück und erließ eine Rückkehrentscheidung. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 06.06.2018, L512 2141624-4/7E, vollinhaltlich abgewiesen. Jene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes erwuchs mit Zustellung am 17.05.2018 in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer begründete seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz damit, dass Verwandte seiner Frau zu den Taliban gehören würden, er sich aus diesem Grund mit seiner Frau gestritten habe und sie sich getrennt hätten. Seine Frau lebe mit dem Sohn bei ihren Eltern und gegen ihn sei von jenen Leuten eine Anzeige erstattet worden. Sogar ein Haftbefehl sei gegen ihn erlassen worden. Er sei da bereits in Österreich gewesen. Dies habe er nach seinem ersten Asylbescheid erfahren.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangte im Rechtsmittelverfahren zu jenem zweiten Antrag zu dem Ergebnis, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft sei, keinen glaubhaften Kern aufweise und entschiedene Sache vorliege. (BVwG 06.06.2018, L512 2141624-4/7E).

1.6. Am 26.02.2019 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz, zu dem er bei der Erstbefragung am 26.02.2019 ausführte, dass er seine alten Fluchtgründe aufrechterhalte. Er wolle jedoch hinzufügen, dass seine Familie 1971 von Bangladesch nach Pakistan migriert sei und seither diskriminiert werde, keine pakistanischen Identitätsdokumente erhalte und wie Nomaden in Pakistan lebe. Bei einer Rückkehr nach Pakistan habe er Angst, von den Brüdern seiner Ex-Frau umgebracht zu werden (AS 1ff).

Bei der Einvernahme durch das BFA am 14.03.2019 brachte er vor, dass seine Angaben in der Erstbefragung nicht stimmen würden, er habe diese Angaben nur aus Angst abgegeben. Er sei von Deutschland nach Österreich abgeschoben worden und habe deshalb falsche Angaben gemacht. Er habe in Deutschland im August 2018 einen Asylantrag gestellt und dabei die Wahrheit gesagt. Bei der Erstbefragung in Österreich am 27.02.2019 habe er das erste Mal gelogen und behauptet, dass seine Familie von Bangladesch nach Pakistan gezogen sei. Er habe Angst vor einer Abschiebung gehabt. Sein Leben sei in Pakistan in Gefahr, da seine Familie seit März 2007 mit den Nachbarn zerstritten sei. Auf den Onkel und die Cousins des Beschwerdeführers sei schon oft geschossen worden (VA3, AS 71f).

1.7. Das BFA stellte zur Begründung des angefochtenen Bescheides fest, dass das gegenwärtige Vorbringen des Beschwerdeführers keinen glaubhaften Kern beinhalte und weiterhin der Umstand der entschiedenen Sache vorliege. Er habe in seinem Heimatland familiäre Anknüpfungspunkte und habe keine konkrete gegen seine Person gerichtete Verfolgung behauptet bzw glaubhaft gemacht (Bescheid 05.07.2019, S 28). Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das BFA zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer bereits zweimal den gleichen Fluchtgrund vorgebracht habe und beide Male das Vorbringen des Beschwerdeführers als nicht asylrelevant erkannt worden sei. Trotz der vorangegangenen Entscheidungen habe der Beschwerdeführer diese Gründe im gegenständlichen Verfahren [erneut] aufrechterhalten. Danach habe er ein völlig neues Vorbringen vorgebracht [Migration der Familie des Beschwerdeführers 1971], was er selbst jedoch nach seinen eigenen späteren Angaben frei erfunden habe. Er habe letztlich ein Vorbringen angegeben, welches seit 2007 bestanden habe. Hinsichtlich der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sei im gegenständlichen Verfahren kein Hinweis auf einen seit Rechtskraft des Erstverfahrens entscheidungsrelevant geänderten Sachverhalt hervorgekommen (Bescheid 05.07.2019, S 68-70).

1.8. In der Beschwerde wird zusammengefasst vorgebracht, dass sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit Rechtskraft des ersten Asylverfahrens, anders als vom BFA ausgeführt, maßgeblich geändert habe. Das BFA habe auch nicht dargelegt, inwiefern es sich im Vergleich zu den im Vorbescheid getroffenen Länderfeststellungen, auch im Hinblick auf eine Zuerkennung eines Status eines subsidiär Schutzberechtigten, nicht um eine geänderte Sach- bzw Rechtslage handle. Der Sachverhalt sei vom BFA mangelhaft ermittelt worden und die Beweiswürdigung sei unschlüssig, weshalb die Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener Sache nicht richtig gewesen sei (VA3, AS 207ff).

2. Beweiswürdigung

2.1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus den vom BFA vorgelegten und unverdächtigen Verwaltungsverfahrensakten zu den Anträgen des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz. Die Feststellungen zu den Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren sowie zu den Ausführungen des BFA im angefochtenen Bescheid und der Beschwerde ergeben sich konkret aus den im Akt einliegenden Niederschriften, dem angefochtenen Bescheid und der Beschwerde, wobei zu den jeweiligen Feststellungen die entsprechenden Fundquellen bzw Aktenseiten (AS) angeführt sind.

2.2. Die Feststellungen zur strafrechtlichen Unbescholtenheit ergeben sich aus dem Strafregister der Republik Österreich, der festgestellte Bezug der Leistungen aus der Grundversorgung ergibt sich dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich (GVS).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Spruchpunkt I

Zur Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides)

3.1. Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs 2 bis 4 AVG findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

3.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht die Rechtskraft einer Entscheidung einem neuerlichen Antrag entgegen, wenn keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vorliegt und in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt keine Änderung eingetreten ist (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122). Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", also durch die Identität der Verwaltungssache, über die bereits mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten bestimmt (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Identität der Sache als eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 68 Abs 1 AVG ist dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Vorbescheid zugrunde lag, nicht geändert hat. Im Übrigen ist bei der Überprüfung, ob sich der Sachverhalt maßgeblich verändert hat, vom rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne dass dabei dessen sachliche Richtigkeit nochmals zu ergründen wäre, weil die Rechtskraftwirkung ja gerade darin besteht, dass die von der Behörde entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Eine andere fachliche Beurteilung unverändert gebliebener Tatsachen berührt die Identität der Sache nicht. In Bezug auf die Rechtslage kann nur eine Änderung der maßgeblichen Rechtsvorschriften selbst bei der Frage, ob Identität der Sache gegeben ist, von Bedeutung sein, nicht aber eine bloße Änderung in der interpretativen Beurteilung eines Rechtsbegriffs oder einer Rechtsvorschrift bei unverändertem Normenbestand (VwGH 24.06.2014, Ro 2014/05/0050). Erst nach Erlassung des Bescheides hervorgekommene Umstände, die eine Unrichtigkeit des Bescheides dartun, stellen keine Änderung des Sachverhaltes dar, sondern bilden lediglich unter den Voraussetzungen des § 69 AVG einen Wiederaufnahmegrund (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Im Folgeantragsverfahren können - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben (VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089). In Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (VwGH 09.03.2015, Ra 2015/19/0048). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122).

3.3. Das Bundesverwaltungsgericht hat fallbezogen unter Beachtung der zuvor zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zum Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist (vgl VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).

3.4. Maßstab der Rechtskraftwirkung bildet die Entscheidung, mit der zuletzt in der Sache entschieden wurde (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783). Als Vergleichsbescheid ist im Falle mehrfacher Asylfolgeanträge derjenige Bescheid heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden - und nicht etwa nur ein Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen - wurde (vgl. in diesem Sinn VwGH 26.06.2005, 2005/20/0226, mwN).

Im vorliegenden Fall ist somit der Bescheid des BFA vom 10.11.2016, der dem Beschwerdeführer am 16.11.2016 zugestellt wurde und der mangels rechtzeitiger Erhebung eines Rechtsmittels mit Ablauf des 14.12.2016 in Rechtskraft erwachsen ist, als Vergleichsentscheidung heranzuziehen.

3.5. Soweit fallbezogen der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz - erstmals - in der Einvernahme vom 14.03.2019 damit begründete, dass es seit dem Jahr 2007 einen Streit zwischen seiner Familie und den Nachbarn gebe und schon oft auf den Onkel und die Cousins des Beschwerdeführers geschossen worden sei (VA3, AS 71f), ist festzuhalten, dass es sich demnach dabei um Geschehnisse handelt, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen (ersten) Asylverfahrens bestanden haben und schon deshalb nicht zu einer neuen Sachentscheidung führen können (VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089).

3.6. Soweit der Beschwerdeführer in der Erstbefragung vom 26.02.2019 zunächst damit begründete, dass seine Familie 1971 von Bangladesch nach Pakistan migriert sei und seither diskriminiert werde (VA3, AS 4), so ist dazu festzuhalten, dass er selbst bereits in der nachfolgenden Einvernahme am 14.03.2019 eingestand, dass er diesbezüglich gelogen habe (VA3, AS 71). Davon abgesehen hätte es sich dabei ebenso jedenfalls um Tatsachen gehandelt, die bereits zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung über seinen ersten Asylantrag vorlagen.

3.7. Die Beschwerde trat der Beweiswürdigung des BFA mit keinem Wort substantiiert entgegen, da dort lediglich ausgeführt wird, dass sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit Rechtskraft des ersten Asylverfahrens maßgeblich geändert haben würde. Es wurde nicht dargetan, worin die maßgebliche Änderung bestehen würde bzw dass eine maßgebliche Änderung nach Rechtskraft des ersten Asylverfahrens entstanden wäre.

3.8. Soweit in der Beschwerde dem BFA vorgeworfen wird, einen Verfahrensfehler begangen zu haben, da es sich mit der allgemeinen Situation in Pakistan nicht auseinandergesetzt habe, ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es nicht ausreicht, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne in konkreter Weise die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen (VwGH 23.02.2016, Ra 2016/01/0012). Das wurde in der Beschwerde unterlassen. Tatsächlich sind zudem im Bescheid des BFA auf den Seiten 29 bis 66 Länderfeststellungen enthalten und die Beschwerde lässt auch nicht erkennen, welche allfälligen zusätzlichen Aspekte der allgemeinen Situation in Pakistan das BFA nicht beachtet hätte, zumal in der Beschwerde nicht die Gelegenheit wahrgenommen wurde, die vom BFA herangezogenen Länderberichte zu vervollständigen bzw zu entkräften (vgl VwGH 07.11.2017 Ra 2017/18/0210).

3.9. Mit dem gegenständlich dritten Antrag auf internationalen Schutz wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache ohne nachträgliche Änderungen der Sachlage und Rechtslage bezweckt, was durch § 68 Abs 1 AVG verhindert werden soll (vgl VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029).

3.10. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

Zur Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides)

3.11. Durch die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten durch das BFA im Erstverfahren wurde rechtskräftig darüber abgesprochen, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Pakistan kein reales Risiko einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht bzw relevante exzeptionelle Umstände nicht vorliegen. Die Rechtskraft dieser Entscheidung wäre daher nur durchbrochen, wenn der Beschwerdeführer im Folgeverfahren den Beweis des realen Risikos einer derartigen Behandlung bzw des Vorliegens außergewöhnlicher Umstände erbracht hätte.

3.11.1. Die Beschwerde bringt vor, dass das BFA keinerlei Ausführungen gemacht habe, inwiefern sich die Lage in Pakistan seit dem ersten Asylverfahren nicht geändert habe.

Dazu ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es nach der ständigen Judikatur des EGMR - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 MRK darstellen würde - grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 MRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134). Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art 3 MRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 MRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art 3 MRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).

Derartige Nachweise hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht erbracht. Das Vorbringen einer (nach Abschluss des Vorverfahrens bestehenden) allgemeinen prekären Sicherheits- bzw Versorgungslage in Pakistan reicht nicht; die behauptete Lageänderung war für sich daher von vornherein nicht geeignet, eine maßgebliche Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts zu bewirken. Besondere, in der Person des Beschwerdeführers (neu) begründete Umstände, die dazu führten, dass gerade bei ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung Pakistans im Allgemeinen - höheres Risiko bestünde, einer dem Art 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen, wurden nicht glaubhaft vorgebracht und sind nicht ersichtlich.

3.12. Es war daher auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

Spruchpunkt II

Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem § 57 AsylG

3.13. Gemäß § 57 Abs 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen 1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen [...] 2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen [...] oder 3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl Nr 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

3.13.1. Fallbezogen liegen nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels nicht vor.

3.14. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkte IV bis V des angefochtenen Bescheides)

3.15. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

3.16. Gemäß § 52 Abs 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

3.17. Gemäß § 55 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. (Abs 1) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. (Abs 1a) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. (Abs 2) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt. (Abs 3) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde. (Abs 4)

3.18. Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG idgF die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

3.19. Gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen: 1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war; 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens; 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens; 4. der Grad der Integration; 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden; 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit; 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts; 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren; 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

3.20. Gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

3.21. Zur Beurteilung im gegenständlichen Verfahren

3.21.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass eine Entscheidung nach § 68 AVG als eine solche zu betrachten ist, die (auch) in Anwendung der §§ 3 und 8 AsylG 2005 ergangen ist, und mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden ist (VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082).

3.21.2. Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung dieser Maßnahme gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG 2014 (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG 2014 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0041).

3.21.3. Folgende Umstände - zumeist in Verbindung mit anderen Aspekten - stellen Anhaltspunkte dafür dar, dass der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in gewissem Ausmaß genützt hat, um sich zu integrieren: Erwerbstätigkeit des Fremden (vgl. E 26. Februar 2015, Ra 2014/22/0025; E 18. Oktober 2012, 2010/22/0136; E 20. Jänner 2011, 2010/22/0158), das Vorhandensein einer Beschäftigungsbewilligung (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), eine Einstellungszusage (vgl. E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), das Vorhandensein ausreichender Deutschkenntnisse (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 14. April 2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032), familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden, aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl. E 23. Mai 2012, 2010/22/0128; (betreffend nicht zur Kernfamilie zählende Angehörige) E 9. September 2014, 2013/22/0247), ein Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich bzw. die Vorlage von Empfehlungsschreiben (vgl. E 18. März 2014, 2013/22/0129; E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365), eine aktive Teilnahme an einem Vereinsleben (vgl. E 10. Dezember 2013, 2012/22/0151), freiwillige Hilfstätigkeiten (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), ein Schulabschluss (vgl. E 16. Oktober 2012, 2012/18/0062) bzw. eine gute schulische Integration in Österreich (vgl. E, 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082) oder der Erwerb des Führerscheins (vgl. E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365) (VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005).

3.21.4. Für den Beschwerdeführer spricht seine strafrechtliche Unbescholtenheit. Demgegenüber stehen die öffentlichen Interessen des Schutzes der öffentlichen Ordnung, insbesondere in Form der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes gegenüber, wobei im konkreten Fall Folgendes miteinzubeziehen ist: Der Beschwerdeführer hat sich nach unrechtmäßig erfolgter Einreise im März 2016 bis August 2018 und wieder ab Februar 2019 in Österreich aufgehalten und verfügt über keinen aufrechten Aufenthaltstitel für Österreich; sein bisheriger Aufenthalt stützte sich ausschließlich auf das Asylrecht. Der Beschwerdeführer hält sich somit zum Entscheidungszeitpunkt insgesamt etwa drei Jahre im österreichischen Bundesgebiet auf. Der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 06.03.2016 wurde bereits am 10.11.2016 und sohin nach einer Verfahrensdauer von nur wenigen Monaten vom BFA zur Gänze rechtskräftig negativ abgewiesen. Der Beschwerdeführer leistete der gleichzeitig mit jenem Bescheid des BFA verfügten Rückkehrentscheidung nicht Folge, sondern stellte am 24.06.2017 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, welcher im Instanzenzug vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 06.06.2018, L512 2141624-4/7E, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Zwar reiste der Beschwerdeführer danach aus Österreich aus, reiste jedoch im Februar 2019 wieder in Österreich ein und stellte den verfahrensgegenständlichen bereits dritten Antrag auf internationalen Schutz. Eine (besondere) Beziehung zu bzw in Österreich bzw ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zu in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigten Personen brachte der Beschwerdeführer nicht vor. In Pakistan leben nach wie vor die Eltern des Beschwerdeführers sowie weitere Verwandte. Es deutet somit nichts darauf hin, dass es dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren. Im Falle des Beschwerdeführers hat das bisherige Verfahren auch sonst keine Anhaltspunkte für die Annahme besonderer sozialer oder wirtschaftlicher Beziehungen des Beschwerdeführers in Österreich ergeben. Der Beschwerdeführer hat den überwiegenden Teil seines Lebens in Pakistan verbracht und wurde dort auch sozialisiert. Im Rahmen einer Abwägung dieser Fakten iSd Art 8 Abs 2 EMRK und unter Berücksichtigung der Judikatur des EGMR erweisen sich die individuellen Interessen des Beschwerdeführers iSd Art 8 Abs 1 EMRK nicht als so ausgeprägt, dass sie insbesondere das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung nach Abschluss des gegenständlichen Verfahrens und der Einhaltung der österreichischen aufenthalts- und fremdenrechtlichen Bestimmungen überwiegen. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG kann dem BFA nicht entgegengetreten werden, wenn es davon ausgegangen ist, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet dessen persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt.

3.21.5. Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs 9 iVm § 50 FPG getroffenen Feststellungen und Ausführungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass eine Abschiebung nach Pakistan unzulässig wäre. Derartiges wurde in der gegenständlichen Beschwerde zwar moniert, jedoch nicht (schlüssig) dargelegt.

3.22. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung der Rückkehrentscheidung vorliegen, war die Beschwerde gegen Spruchpunkte IV bis V des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheides (Einreiseverbot)

3.23. Gemäß § 53 Abs 1 FPG 2005 kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Abs 2 und Abs 3 leg cit enthalten beispielhaft aufgezählte Umstände, die beschreiben, wann der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Gemäß Art 11 lit b der Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008) gehen Rückkehrentscheidungen mit einem Einreiseverbot einher, falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. In anderen Fällen kann eine Rückkehrentscheidung einhergehen.

3.24. Das BFA begründete die Erlassung des zweijährigen Einreiseverbotes einerseits damit, dass der Beschwerdeführer den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermochte und andererseits auf das Wesentliche zusammengefasst damit, dass der Beschwerdeführer bereits zwei Mal einer aufrechten Rückkehrentscheidung nicht Folge geleistet habe, illegal nach Deutschland weitergereist sei um einer Abschiebung zu entgehen und er den gegenständlichen Antrag wissentlich auf unwahren Angaben basierend gestellt habe. Da nicht anzunehmen sei, dass der Beschwerdeführer in Zukunft den österreichischen Rechtsnormen und behördlichen Entscheidungen Folge leisten werde, sei das Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer zum Zwecke des Schutzes der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erlassen worden. Auch unter Berücksichtigung der familiären und privaten Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Österreich sei das erlassene Einreiseverbot gerechtfertigt und notwendig (Bescheid, S 84ff).

3.24.1. In der Beschwerde wird ausgeführt, das erlassene Einreiseverbot werde vorrangig auf die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers gestützt, was jedoch unrechtmäßig sei, da die Grundbedürfnisse des Beschwerdeführers durch die Grundversorgung abgedeckt seien und so der Nachweis über die notwendigen Existenzmittel erbracht sei. Diese Argumentation steht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der Umstand, dass einem Fremden Grundversorgung gewehrt wird, geradezu die Beurteilung bestätigt, dass der auf die Mittellosigkeit abstellende Tatbestand erfüllt sei (VwGH 25.10.2018, Ra 2018/20/0318). Insofern die Beschwerde vorbringt, das BFA habe es unterlassen, eine individuelle Gefährlichkeitsprognose durchzuführen, so entspricht dies nicht dem Inhalt des Bescheides, da das BFA auf Seite 84 des Bescheides ausführt, dass der Beschwerdeführer bereits zwei Mal einer aufrechten Rückkehrentscheidung nicht Folge geleistet habe, illegal nach Deutschland weitergereist sei und er den gegenständlichen Antrag wissentlich auf unwahren Angaben basierend gestellt habe. Das BFA hat sich somit mit dem individuellen Verhalten des Beschwerdeführers auseinandergesetzt. Insoweit in der Beschwerde zur Untermauerung der Argumente auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes verweist, so wird festgehalten, dass diese mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.09.2018, Ra 2018/20/0349, aufgehoben wurde.

3.24.2. Soweit die Bemessung des erlassenen Einreiseverbotes (zwei Jahre) in ausschließlichem Hinblick auf die Mittellosigkeit in der Beschwerde als unverhältnismäßig lang kritisiert wird, so ist darauf hinzuweisen, dass das BFA das gesamte bisherige Verhalten des Beschwerdeführers und nicht nur den Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung bei der Begründung der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes berücksichtigt hat und daher der ausgesprochenen Dauer des Einreiseverbotes daher fallbezogen nicht entgegenzutreten war.

3.25. Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheides war daher zu bestätigen.

Zu Spruchpunkt VII des angefochtenen Bescheides (Ausreisefrist)

3.26. Spruchpunkt VII des bekämpften Bescheides stützte sich rechtskonform auf die Bestimmung des § 55 Abs 1a FPG in Verfahren, in denen ein Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde, und war daher zu bestätigen.

Zu Spruchpunkt VIII des angefochtenen Bescheides (Anordnung zur Unterkunftnahme)

3.27. Gemäß § 15b Abs 1 AsylG kann einem Asylwerber mittels Verfahrensanordnung des Bundesamtes aus Gründen des öffentlichen Interesses, der öffentlichen Ordnung oder aus Gründen der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz aufgetragen werden, in einem von der für die Grundversorgung zuständigen Gebietskörperschaft zur Verfügung gestellten Quartier durchgängig Unterkunft zu nehmen. Über die Verfahrensanordnung ist im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. Gemäß Abs 2 leg cit ist bei der Beurteilung, ob Gründe des öffentlichen Interesses oder der öffentlichen Ordnung vorliegen, insbesondere zu berücksichtigen, ob 1. Voraussetzungen zum Verlust des Aufenthaltsrechts gemäß § 13 Abs 2 oder für eine Entscheidung gemäß § 2 Abs 4 GVG-B 2005 vorliegen, 2. der Antrag auf internationalen Schutz sich auf einen Staat gemäß § 19 BFA-VG bezieht oder 3. vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine Rückkehrentscheidung gegen den Drittstaatsangehörigen rechtskräftig erlassen wurde.

3.27.1. Fallbezogen wurde (zuletzt) mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.06.2018, L512 2141624-4/7E, gegenüber dem Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig ausgesprochen. Der Beschwerdeführer reiste zwar zunächst im August 2018 nach Deutschland aus, im Februar 2019 jedoch wieder nach Österreich ein, obwohl die Rückkehrentscheidung nach wie vor Aufrecht war (§ 12a Abs 6 AsylG).

3.28. Der vom BFA verfügten Anordnung war daher nicht entgegenzutreten und es war spruchgemäß zu entscheiden, zumal auch in der Beschwerde diese Anordnung nicht bekämpft wurde.

Entfall der mündlichen Verhandlung

3.29. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG unterbleiben, da die das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitenden Anträge der Parteien zurückzuweisen sind. Bei der Frage, ob das Prozesshindernis der entschiedenen Sache vorlag, handelt es sich bloß um eine nicht übermäßig komplexe Rechtsfrage (VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0056).

Zu B)

Revision

3.30. Da die Rechtslage durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist, ist die ordentliche Revision nicht zulässig.

3.31. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Einreiseverbot entschiedene Sache Folgeantrag Identität der Sache Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen Prozesshindernis der entschiedenen Sache res iudicata Resozialisierung Rückkehrentscheidung Unterkunft Vergleichsbescheid

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L516.2141624.5.00

Im RIS seit

10.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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