TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/21 L502 2163807-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.08.2019
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Entscheidungsdatum

21.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
AsylG 2005 §55 Abs1 Z2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9 Abs1
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

L502 2130112-1/10E

L502 2163807-1/25E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerden des XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch RAin Mag. LORENZ, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.06.2016, FZ. 1048830205-140308582, und vom 12.06.2017, FZ. 1048830205-170494272, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.03.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des Bescheides vom 08.06.2016 wird als unbegründet abgewiesen.

B)

1. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I, II und III, erster Satz, des Bescheides vom 12.06.2017 wird als unbegründet abgewiesen.

2. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt III, zweiter und dritter Satz, des Bescheides vom 12.06.2017 stattgegeben und festgestellt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen XXXX gemäß § 52 FPG iVm § 9 Abs. 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist.

3. Gemäß § 55 Abs. 1 Z. 2 AsylG wird XXXX eine "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt.

4. Spruchpunkt IV des Bescheides vom 12.06.2017 wird ersatzlos aufgehoben.

C)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 20.12.2014 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 21.12.2014 erfolgte seine Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

In der Folge wurde das Verfahren zugelassen und an der Regionaldirektion Salzburg des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) fortgeführt.

3. Am 11.06.2015 wurde der BF vor dem BFA zu seinem Antrag auf internationalen Schutz einvernommen.

Er legte dabei seinen Staatsbürgerschaftsnachweis als Beweismittel vor, der zum Akt genommen wurde.

4. Am 20.05.2016 wurde gegen ihn von der örtlich zuständigen Sicherheitsbehörde ein Betretungsverbot wegen XXXX erlassen und wurde er wegen des Verdachts der Begehung eines Deliktes nach § XXXX StGB polizeilich einvernommen und der Staatsanwaltschaft angezeigt.

5. Mit dem im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde vom 08.06.2016 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.). Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wurde ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 08.06.2017 erteilt (Spruchpunkt III.).

6. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 08.06.2016 wurde dem BF von Amts wegen gemäß § 52 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

7. Gegen den ihm am 10.06.2016 zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz seiner Rechtsberatung vom 19.07.2016 hinsichtlich Spruchpunkt I Beschwerde erhoben.

8. Mit 15.07.2016 langte die Beschwerdevorlage des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurde das Beschwerdeverfahren der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Gerichts zugewiesen.

9. Mit 01.12.2016 legte der BF dem BVwG eine Kopie seines Arbeitsvertrags vom 08.11.2016 vor.

10. Mit Aktenvermerk des BFA vom 25.04.2017 wurde gegen den BF ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten eingeleitet und ihm dazu schriftlich Parteigehör eingeräumt.

11. Im Hinblick auf eine rk. strafgerichtliche Verurteilung des BF vom 24.10.2016 wegen § 208 StGB ersuchte das BFA das zuständige Strafgericht um Übermittlung einer Urteilsausfertigung, die am 04.05.2017 dort einlangte.

12. Am 12.06.2017 erstellte das BFA aktuelle Datenbankauszüge der Sozialversicherung, des Strafregisters und des kriminalpolizeilichen Aktenindexes.

13. Mit Schriftsatz seiner Rechtsberatung an das BFA vom 08.05.2017 erstattete der BF eine schriftliche Stellungnahme zur beabsichtigten Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und legte verschiedene Beweismittel (Arbeitsvertrag, Gehaltszettel, KSV-Abfrage) vor.

14. Mit dem im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde vom 12.06.2017 wurde dem BF der mit Bescheid vom 08.06.206 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.). Sein Antrag vom 03.04.2017 auf Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wurde abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ihm eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.).

15. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 12.06.2017 wurde dem BF von Amts wegen gemäß § 52 BFA-VG ein Rechtsberater für dieses Beschwerdeverfahren beigegeben.

16. Gegen diesen ihm durch Hinterlegung beim Postamt mit 14.06.2017 zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz seiner zugleich bevollmächtigten anwaltlichen Vertreterin vom 23.06.2017 in vollem Umfang Beschwerde erhoben.

17. Mit 10.07.2017 langte diese Beschwerdevorlage des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurde dieses Beschwerdeverfahren der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Gerichts zugewiesen.

18. Mit 17.07.2017 ersuchte das BVwG das zuständige Strafgericht um Übermittlung des Strafaktes des BF.

19. Mit 18.07.2017 wurde die Vertreterin des BF vom BVwG zur Vorlage näher genannter Beweismittel aufgefordert.

Am 27.07.2017 langte beim BVwG eine Beweismittelvorlage der Vertreterin ein.

20. Das BVwG führte am 27.03.2019 eine mündliche Verhandlung in der Sache des BF in dessen Anwesenheit, der seiner Vertreterin sowie eines Vertreters der belangten Behörde durch.

21. Am 24.04.2019 langte beim BVwG eine schriftliche Stellungnahme der Vertreterin zu ihr in der Verhandlung ausgefolgte länderkundliche Informationen zum Herkunftsstaat des BF samt weiterer Beweismittel ein.

22. Am 31.07.2019 veranlasste das BVwG die amtswegige Übersetzung von arabisch-sprachigen Beweismittel des BF.

Zugleich wurde ihm nochmals Parteigehör zu allfälligen Sachverhaltsänderungen seit April 2019 gewährt.

23. Am 13.08.2019 langte beim BVwG eine weitere schriftliche Stellungnahme der Vertreterin samt weiterer Beweismittel ein.

24. Am 19.08.2019 langte beim BVwG die Übersetzung der vorgelegten Beweismittel in die deutsche Sprache ein.

25. Das BVwG erstellte abschließend Auszüge aus den Datenbanken der Grundversorgungsinformation, des Zentralen Melde- sowie des Strafregisters.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer, dessen Identität feststeht, ist irakischer Staatsangehöriger, Angehöriger der arabischen Volksgruppe, Moslem der sunnitischen Glaubensgemeinschaft und verheiratet.

Er stammt aus der Stadt XXXX in der irakischen Provinz XXXX , wo er bei seiner Herkunftsfamilie aufwuchs und für sechs Jahre die Grundschule und für weitere sechs Jahre die Haupt- bzw. Mittelschule besuchte. Er begann in XXXX ein Studium der Rechtswissenschaft und war dort bis Mai 2014 als Textilhändler selbständig erwerbstätig.

Er schloss im Jahr 2009 die Ehe mit einer irakischen Staatsangehörigen, der ein im Jahr 2011 geborener gemeinsamer Sohn entstammt. Mit dem Sohn, der bei seiner Großmutter, der Mutter des BF, lebt, hat er bis dato unregelmäßigen Kontakt.

Er verließ seine Heimatstadt XXXX am 15.06.2014 nach XXXX und reiste von dort im August 2014 auf legale Weise auf dem Luftweg aus dem Irak in die Türkei aus, von wo er schlepperunterstützt weiterreiste und schließlich auf illegale Weise in das österr. Bundesgebiet gelangte, wo er am 20.12.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte und sich seither aufhält.

Einen Tag nach der Abreise des BF aus XXXX nach XXXX verließen auch drei Brüder und zwei Schwestern des BF XXXX und reisten in die Türkei. Die Mutter und eine Schwester verblieben vorerst in XXXX und bewohnten dort nach der Zerstörung des Wohnsitzes der Familie ein Zelt unweit des Wohnsitzes von Verwandten. Die Mutter, der Sohn und eine Schwester des BF leben aktuell legal in der nordirakischen Stadt XXXX , wohin sie nach der Vertreibung des IS aus XXXX gezogen waren, besuchen aber gelegentlich XXXX und die dort lebende Gattin des BF. Ein Bruder des BF lebt aktuell in Deutschland, einer in Finnland und einer in der Türkei.

Der Vater und ein Bruder des BF verstarben im Juni 2013 in XXXX an den bei einem Sprengstoffanschlag erlittenen Verletzungen. Eine weitere Schwester und ein Sohn derselben verstarben im Dezember 2015 unter nicht genau feststellbaren Umständen ebenfalls in XXXX an Schussverletzungen am Kopf.

1.2. Der BF bezog seit der Einreise im Dezember 2014 bis November 2016 Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber.

Seit November 2016 ist er im Hotel XXXX als Comis de Rang bzw. seit 01.09.2018 als Demi Chef de Rang erwerbstätig und erwirtschaftet aus dieser Tätigkeit ein regelmäßiges Einkommen in Höhe von ca. 1.800 Euro (ohne Sonderzahlungen) netto.

Er bewohnt seit Dezember 2017 eine eigene Mietwohnung in XXXX .

Er pflegt eine aufrechte Beziehung zu einer deutschen Staatsangehörigen, die ebenso wie er im Hotel XXXX beschäftigt ist und über eine Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger verfügt. Diese nahm beim BF mit 31.07.2019 auch ihren Wohnsitz.

Er leidet an keinen gravierenden oder gar lebensbedrohlichen Erkrankungen und ist voll erwerbsfähig.

Er spricht Arabisch auf muttersprachlichem Niveau und verfügt über gute Kenntnisse der deutschen und der englischen Sprache für den Alltagsgebrauch. Er hat hierorts einen Sprachkurs sowie einen Werte- und Orientierungskurs absolviert und die Sprachprüfung auf dem Niveau B1 abgelegt.

Er wurde mit rk. Urteil des XXXX vom XXXX wegen § XXXX StGB zu einer unbedingten und bereits vollzogenen XXXX verurteilt.

Von einer Anklage wegen § XXXX StGB wurde er mit rk. Urteil des XXXX vom XXXX freigesprochen.

1.3. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr in den Irak einer individuellen Verfolgung durch Angehörige der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) ausgesetzt ist.

1.4. Es konnte nicht festgestellt werden, dass er bei einer Rückkehr in den Irak aus sonstigen individuellen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort einer maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt ist oder dort keine hinreichende Existenzgrundlage vorfindet.

1.5. Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, den sogen. Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften, auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite um die Kontrolle der - im Zentrum des seit Sommer 2014 bestehenden Machtbereichs des IS gelegenen - Hauptstadt XXXX der Provinz XXXX gekennzeichnet. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen Anbar, Diyala und Salah al-Din im Zentral- und Südirak voraus. Die kriegerischen Ereignisse im Irak seit 2014 brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Ägide des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren, mit Schwerpunkten in den drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, in sowie um Bagdad sowie im Umkreis von Kirkuk, im Hinblick auf ihre elementaren Lebensbedürfnisse sowie deren Dokumentation und Relokation, ein geringer Anteil der Vertriebenen sorgt für sich selbst in gemieteten Unterkünften und bei Verwandten und Bekannten. Vor dem Hintergrund einer langfristigen Tendenz unter den Binnenvertriebenen zur Rückkehr in ihre Herkunftsgebiete waren mit Juli 2019 noch ca. 1,6 Mio. (seit 2014) Binnenvertriebene innerhalb des Iraks registriert, diesen standen wiederum ca. 4,3 Mio. Zurückgekehrte gegenüber. (IOM Iraq, DTM - Displacement Tracking Matrix, Round 110, July 2019)

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogen. Popular Mobilisation Forces (PMF), sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an Bagdad anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt Mosul , Provinz Ninava, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von Mosul. Ab November 2016 wurden sukzessive die Umgebung von Mosul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mosul eingekesselt. Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mosul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mosul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt Tel Afar durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave um Hawija südwestlich von Kirkuk. Mit Beginn des Dezember 2017 mußte der IS seine letzten territorialen Ansprüche innerhalb des Iraks aufgeben, am 01.12.2017 erklärte Premier Abadi den gesamtem Irak für vom IS befreit. In der Region von Hawija und in Gebirgsgegenden der Provinzen Diyala, Salah al-Din und Kirkuk sollen sich aktuell noch vereinzelt Kämpfergruppen des IS versteckt halten.

Im gesamten Irak erreichte, nach einer Statistik der UN-Mission für den Irak (UNAMI) vom Jänner 2019, die Zahl der Todesopfer und Verletzten im Zusammenhang mit Terroraktivitäten und sonstigen gewaltsamen Konflikten im Dezember 2018 den niedrigsten Stand seit 2015 (vgl. Juli 2015: 844 Todesopfer; Dezember 2018: 32 Tote). Im 3. Quartal 2018 wurden für den Raum Bagdad insgesamt 56 gewaltsame Konfliktvorfälle mit insgesamt 33 Todesopfern, für die Provinz Wassit lediglich 6 Vorfälle mit 1 Todesopfer registriert (ACCORD, 12.11.2018, ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in die Verfahrensakten des BFA unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF, der bekämpften Bescheide und der Beschwerdeschriftsätze sowie der vom BF vorgelegten Beweismittel, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Einsichtnahme in vom BVwG beigeschaffte länderkundliche Informationen sowie die Einholung von Auskünften des Zentralen Melderegisters, des Strafregisters und des Grundversorgungsdatensystems den BF betreffend.

2.2. Identität und Staatsangehörigkeit, ethnische und religiöse Zugehörigkeit des BF waren anhand seiner persönlichen Angaben in Verbindung mit den von ihm vorgelegten Identitätsnachweisen feststellbar.

Die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen des BF, zu seinen früheren Lebensumständen in der Heimat, zum Reiseverlauf zwischen dem Irak und Österreich, zu seinen aktuellen Lebensumständen sowie denen seiner Gattin, seines Sohnes und seiner Verwandten, zu seinem Gesundheitszustand und seinen strafgerichtlichen Verfahren in Österreich ergaben sich in schlüssiger Weise aus einer Zusammenschau seiner persönlichen Angaben vor dem BFA und dem BVwG, den relevanten Aktenteilen sowie den vom BVwG eingeholten Informationen der genannten Datenbanken.

Der jeweils gewaltsame Tod der og. Verwandten des BF in seiner früheren Heimatstadt zu den dort genannten Zeitpunkten war anhand der zuletzt noch - als Kopien - vorgelegten Sterbeurkunden bzw. deren Übersetzung in die deutsche Sprache in der Zusammenschau mit den Aussagen des BF in der Beschwerdeverhandlung festzustellen. Dass Vater und Bruder an im Zusammenhang mit einem Sprengstoffanschlag erlittenen Verletzungen verstarben, war ebenso deren Sterbeurkunden zu entnehmen wie der gewaltsame Tod einer Schwester und eines Sohnes derselben durch Schussverletzungen. Zu den im Hinblick auf die jeweiligen Hintergründe dieser Todesfälle angestellten Überlegungen des BVwG ist auf die nachfolgende Beweiswürdigung zu verweisen.

2.3. Zur Feststellung fehlender individueller Verfolgung des BF im Herkunftsstaat pro futuro gelangte das erkennende Gericht aufgrund folgender Erwägungen:

2.3.1. In seiner Erstbefragung gab er zu seinen Ausreisegründen befragt an, er sei aus dem Irak geflüchtet, weil er von einer Terrorgruppe verfolgt und mit dem Tod bedroht worden sei, die schon seinen Vater und einen Bruder ermordet habe.

In seiner Einvernahme führte er dies insoweit näher aus, als die Terrororganisation "Daesh" (gemeint: Islamischer Staat) seinen Vater und seinen Bruder getötet habe und auch ihn töten wollte, weil drei Brüder von ihm Militär- bzw. Polizeioffiziere gewesen seien, wobei zwar der getötete Bruder von Beruf Bäcker gewesen sei, die Berufsoffiziere aber für die Täter "nicht erreichbar" gewesen seien. Diese Brüder hätten XXXX im Juni 2014 verlassen, als der IS "einmarschierte". Im Übrigen habe einer dieser Brüder bei dem Anschlag auf seine Angehörigen ein Auge verloren. Auch sei das familiäre Liegenschaftsvermögen vom IS konfisziert worden. Er selbst sei nie persönlich angegriffen worden, habe aber schon seit 2006 in Angst vor Al Kaida und später vor "Daesh" und schiitischen Milizen gelebt. In XXXX habe er ebenso Angst vor Schiiten gehabt, weil er Sunnit sei.

Die belangte Behörde billigte der vom BF behaupteten Bedrohung durch den IS allerdings keine Glaubhaftigkeit zu, habe sich doch seinem Vortrag zum einen keine konkret gegen ihn gerichtete Verfolgung vor der Ausreise entnehmen lassen und sei zum anderen auch von keiner "sippenhaftungsähnlichen" Bedrohung auszugehen, zumal weiterhin Angehörige von ihm in XXXX leben würden.

2.3.2. In der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG wurde dieser Sachverhalt, vor dem Hintergrund der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des BF, nochmals mit diesem erörtert.

Ausgehend vom Vortrag des BF vor dem BFA und dem BVwG war angesichts übereinstimmender Aussagen, die zudem durch von ihm beigebrachte Beweismittel gestützt wurden, feststellbar, dass es im Juni 2013 in seiner Heimatstadt zu einem Sprengstoffanschlag gekommen ist, dem neben anderen Zivilpersonen u.a. auch der Vater und einer der Brüder des BF ums Leben gekommen waren, während ein anderer Bruder schwer verletzt wurde. Dieser Anschlag hat einem öffentlichen Lokal gegolten, weshalb es auch zu zahlreichen zivilen Opfern gekommen war. Auch wenn der BF auf Nachfrage vermeinte, eigentliches Ziel des Anschlags seien seine dort verkehrenden Angehörigen gewesen, so stellte sich diese These bloß als unbelegte Behauptung auf der Grundlage angeblicher Aussagen Dritter ihm gegenüber dar. Demgegenüber war jedoch in Betracht zu ziehen, dass es nicht erhellte, weshalb es nicht zur gezielten individuellen Verfolgung von Familienangehörigen auf andere Weise gekommen war, wenn diese tatsächlich das Ziel Dritter für eine solches Verfolgungsinteresse gewesen wären, waren diese doch ohnehin ständig in XXXX aufhältig und damit greifbar. Schon dies sprach für das Gericht maßgeblich gegen eine gezielte individuelle Verfolgung der Familie des BF durch den ins Treffen geführten Anschlag. Darüber hinaus war der belangten Behörde insofern beizupflichten, als sowohl der BF selbst als auch die übrigen Angehörigen im Gefolge des Vorfalls vom Juni 2013 bis Mitte 2014 in XXXX wohnhaft waren, ohne dass es zu deren gezielter Verfolgung gekommen wäre. Erst das unmittelbare Heranrücken der Milizen des IS auf XXXX im Juni 2014 veranlasste Brüder und Schwestern des BF zur Flucht aus der Stadt, wie er in der mündlichen Verhandlung darlegte, während die Mutter, eine Schwester und der Sohn des BF die Stadt gar nicht verließen, sondern noch bis 2017 ebendort verblieben. Gerade was den minderjährigen Sohn angeht, wäre es nicht nachvollziehbar gewesen, wenn dieser vom BF im Wirkungsbereich des IS zurückgelassen worden wäre, wenn die Familie des BF tatsächlich einer gezielten Verfolgung durch den IS unterlegen wäre.

Dass er darüber hinaus erstmals in der Verhandlung vom 27.03.2019 behauptete, dass "zwei Jahre nach der Ermordung seines Vaters", sohin im Jahr 2015, eine Schwester von ihm mit ihrem Sohn von Angehörigen des IS getötet worden sei, nachdem diese das Haus der Familie auf der Suche nach ihm aufgesucht hätten, vermochte diese Eischätzung des BVwG ebenso nicht zu erschüttern. Zwar untermauerte er diese Behauptung eines gewaltsamen Todes der beiden Genannten zuletzt durch die Vorlage von Kopien ihrer Sterbeurkunden, aus diesen waren jedoch keine Rückschlüsse auf die genaueren Hintergründe bzw. auf die Verursacher ihres Todes zu ziehen. So blieb auch hier die Behauptung, dass sie von Angehörigen des IS getötet worden seien, unbelegt stehen. Zieht man demgegenüber in Betracht, dass er dieses Geschehen erst vier Jahre danach, ohne dies in seinen Schriftsätzen bis dahin überhaupt zu erwähnen, ins Treffen führte, so sprach auch dieser Aspekt gegen die Annahme, dass die Behauptung des BF, Angehörige des IS hätten gezielt nach ihm gesucht und angesichts seiner Abwesenheit seine Schwester und deren Sohn ermordet, zutrifft. In einer Gesamtbetrachtung stellte sich diese Behauptung vielmehr als untauglicher Versuch dar, die von ihm behauptete persönliche Bedrohung durch den IS als glaubhaft darzustellen.

In einer Gesamtsicht dieser Erwägungen war sohin zum Schluss zu gelangen, dass, unabhängig von der Frage, unter welchen genauen Umständen seine Verwandten ums Leben gekommen waren, die Herkunftsfamilie des BF eben keiner gezielten Verfolgung durch den IS ausgesetzt waren, was jedenfalls gegen das von ihm behauptete, gegen ihn persönlich gerichtete Bedrohungsszenario sowohl vor seiner Ausreise als insbesondere auch pro futuro sprach.

Zuletzt war dem BF vorzuhalten, dass der IS notorischer Weise seinen Machtbereich in XXXX und Umgebung mit seiner Niederlage gegen staatliche Sicherheitskräfte spätestens Ende 2017 verloren hat. Weshalb gerade der BF vor diesem Hintergrund gegenwärtig ein Ziel für vereinzelt im Zentralirak noch operierende Milizangehöriger des IS werden sollte, erschloss sich dem BVwG nicht. Der Einwand in der Beschwerdeverhandlung, er sei "nicht besonders religiös", er habe einstmals mit Damenkleidung gehandelt und er konsumiere Alkohol, weshalb er auch aktuell noch ein Verfolgungsziel für den IS sein würde, überzeugte jedenfalls nicht als Gegenargument, zumal er sich mit diesen Charakteristika schon nicht aus der Bevölkerung von XXXX herausheben würde, was gleicher Maßen auf die von ihm nachgeschobene, wenn auch ebenso unsubstantiiert ins Treffen geführte Furcht vor schiitischen Milizen zutraf. Auch sind keine länderkundlichen Informationen bekannt, denen zufolge es aktuell zu gehäuften Anschlägen auf die Zivilbevölkerung von XXXX durch Angehörige des IS käme.

Dass in jüngerer Vergangenheit auch Mutter und Sohn des BF zwischen ihrem aktuellen Wohnort in XXXX und XXXX hin und her pendeln um die Gattin des BF und Mutter des gemeinsamen Sohnes dort zu besuchen, rundet dieses Gesamtbild ab.

Daraus war im Übrigen nicht nur abzuleiten, dass eine begründete Furcht vor Verfolgung für XXXX offenkundig nicht zu konstatieren ist, sondern dass es in XXXX auch eine Aufenthaltsalternative zur durch Kampfhandlungen in den Jahren 2016 und 2017 erheblich in Mitleidenschaft gezogenen Stadt XXXX gibt. Dass die Angehörigen des BF dort legal aufhältig sind und mit Unterstützung von Verwandten sowie staatliche Pensionszahlungen an die Mutter ihren Lebensunterhalt bestreiten, hat der BF in der Beschwerdeverhandlung nachvollziehbar dargelegt.

Im Lichte dieser Erwägungen gelangte das erkennende Gericht zum Ergebnis, dass sich das vom BF behauptete Bedrohungsszenario als nicht den Tatsachen entsprechend, sondern als bloßes gedankliches Konstrukt darstellte und sohin nicht glaubhaft war.

2.3.3. Im Lichte dessen gelangte das BVwG folgerichtig auch zur Feststellung oben unter 1.3. zur fehlenden Verfolgungsgefahr im Falle einer Rückkehr aus den von ihm behaupteten Gründen.

2.4. Die Annahme, dass der BF bei einer Rückkehr auch insoweit keiner maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt wäre, als er etwa in wirtschaftlicher Hinsicht in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde, stützt sich darauf, dass es sich bei ihm um einen weiterhin arbeitsfähigen Mann handelt. Dass sich in seiner Heimat bei einer Rückkehr für ihn auch neuerlich eine Unterkunftsmöglichkeit findet, war im Lichte dessen sowie des Umstands, dass sich zahlreiche Angehörige und entferntere Verwandte von ihm bis dato dort aufhalten und seiner Schilderung nach unter keinen prekären Lebensbedingungen leiden, ebenso als maßgeblich wahrscheinlich anzusehen. Die Möglichkeit verwandtschaftlicher Unterstützung zumindest in grundsätzlicher Weise stünde ihm angesichts entsprechender, oben festgestellter Anknüpfungspunkte daher ebenfalls zur Verfügung.

2.5. Die länderkundlichen Feststellungen des Gerichts stützen sich auf seine Kenntnis von der notorischen allgemeinen Lage im Irak sowie den Inhalt der zuletzt von ihm eingesehenen und oben genannten aktuellen länderkundlichen Informationen.

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war im Lichte dessen nicht dergestalt einzuschätzen, dass schon mit der bloßen Anwesenheit für jeden Zurückkehrenden das reale Risiko verbunden wäre, Opfer eines Terroranschlags oder sonstiger gewaltsamer Auseinandersetzungen zu werden.

Diese Einschätzung wurde auch nicht von den länderkundlichen Hinweisen der Vertreterin des BF in ihrer abschließenden Stellungnahme vom 20.04.2019 erschüttert, wo von vereinzelten sicherheitsrelevanten Vorfällen in manchen Landesteilen des Iraks die Rede war.

Als notorisch war anzusehen, dass im Irak aktuell kein landesweiter bewaffneter Konflikt ausgetragen wird, der eine gravierende Gefährdung indizieren würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, 1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Mit Datum 1.1.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018.

Mit dem BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) als Rechtsnachfolger des vormaligen Bundesasylamtes eingerichtet. Gemäß § 3 Abs. 1 BFA-VG obliegt dem BFA u.a. die Vollziehung des BFA-VG und des AsylG 2005 idgF.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheides des Bundesamtes.

Zu A)

1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht. Darüber hinaus darf keiner der in § 6 Abs. 1 AsylG genannten Ausschlussgründe vorliegen, andernfalls der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden kann.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Im Hinblick auf die Neufassung des § 3 AsylG 2005 im Vergleich zu § 7 AsylG 1997 wird festgehalten, dass die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien für die Asylgewährung in Anbetracht der identen Festlegung, dass als Maßstab die Feststellung einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK gilt, nunmehr grundsätzlich auch auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 anzuwenden ist.

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.04.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

1.2. Die vom BF behauptete Rückkehrgefährdung im Irak war nicht als glaubhaft anzusehen.

Die belangte Behörde kam daher zu Recht zum Ergebnis, dass dieser nicht in der Lage war mit seinem Vorbringen glaubhaft darzulegen, dass er der Gefahr einer individuellen Verfolgung im Herkunftsstaat für den Fall der Rückkehr ausgesetzt wäre.

1.3. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides vom 08.06.2016 war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B)

2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 9 Abs. 1 Z. 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen.

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2.2. Die belangte Behörde hat dem BF mit Bescheid vom 08.06.2016 den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, wenn sie auch die Gründe dafür dort nicht näher dargelegt hat, zumal sich in den relevanten Textpassagen keine Ausführungen dazu fanden (vgl. S. 13 und 61 des Bescheides).

In ihrem Bescheid vom 12.06.2017 kam die Behörde demgegenüber zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen für subsidiären Schutz zugunsten des BF nicht mehr vorliegen (vgl. S. 5 des Bescheides vom 12.06.2017). im Einzelnen stützte sie sich dabei auf ihre Ausführungen zur allgemeinen Lage in seinem Herkunftsstaat zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung (vgl. S. 39 bis 45 des Bescheides).

2.3. Zu den Kriterien für die allfällige Zuerkennung von subsidiärem Schutz hat sich der Verwaltungsgerichtshof zuletzt in seinem Erkenntnis vom 26.06.2019, Ra 2019/20/0050 bis 0053-10, unter Bezugnahme auf seine vorgehende Judikatur in grundsätzlicher Weise geäußert.

Hatte er zuvor in seinem Erkenntnis vom 6. November 2018, Ra 2018/01/0106, näher dargelegt, dass der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (im Weiteren kurz: StatusRL) betreffend den Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinn der Auslegung der Bestimmung des Art. 15 lit. b iVm Art. 3 StatusRL entgegen der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) und somit fehlerhaft umgesetzt hat (siehe Rn. 45 der Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses), und in diesem Erkenntnis auch darauf verwiesen, dass zur Erfüllung dieser Verpflichtung es der Grundsatz der unionskonformen Auslegung von den mit der Auslegung des nationalen Rechts betrauten nationalen Gerichten verlangt, unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles zu tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem vom Unionsrecht verfolgten Ziel im Einklang steht, so stellte er dem gegenüber, dass die Verpflichtung des nationalen Richters, bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts den Inhalt des Unionsrechts heranzuziehen, ihre Schranken in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen findet und nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen darf (Rn. 47 ff. der Entscheidungsgründe).

Im zitierten Erkenntnis Ra 2018/01/0106 hat der VwGH sodann die Frage, ob § 8 Abs. 1 AsylG 2005 einer dem Unionsrecht (im Sinn der zu Art. 15 StatusRL ergangenen Rechtsprechung des EuGH) Genüge tuenden Auslegung zugänglich ist, ausdrücklich dahingestellt gelassen (Rn. 60 der Entscheidungsgründe). Auch im Beschluss vom 21. November 2018, Ra 2018/01/0461, wurde lediglich darauf hingewiesen, dass es der StatusRL widerspreche, einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuzuerkennen.

Den genannten Entscheidungen war somit - ungeachtet des jeweils vorhandenen Hinweises auf die Unionsrechtswidrigkeit des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 - nicht zu entnehmen, dass der Verwaltungsgerichtshof damit seine bisherige zum Umfang des Anwendungsbereiches des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ergangene Rechtsprechung als nicht mehr beachtlich angesehen hätte.

Zwischenzeitig hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage, ob in Bezug auf den Status des subsidiären Schutzes eine unionsrechtskonforme Lösung gefunden werden kann (und allenfalls das Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung in Erwägung zu ziehen sein wird), in seinem Erkenntnis vom 21. Mai 2019, Ro 2019/19/0006, beschäftigt. Er ist dort zum Ergebnis gelangt, dass eine Interpretation, mit der die Voraussetzungen der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit dem in der Judikatur des EuGH dargelegten Verständnis des subsidiären Schutzes nach der StatusRL in Übereinstimmung gebracht würde, die Grenzen der Auslegung nach den innerstaatlichen Auslegungsregeln überschreiten und zu einer - unionsrechtlich nicht geforderten - Auslegung contra legem führen würde. Damit würde der StatusRL zu Unrecht eine ihr im gegebenen Zusammenhang nicht zukommende unmittelbare Wirkung zugeschrieben.

Infolge dessen ist an der bisherigen Rechtsprechung, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat - auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht wird - die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 begründen kann, festzuhalten.

2.4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung einer möglichen Verletzung des Art. 3 EMRK eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen.

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass, wenn im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage herrscht, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vorliegen, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen.

Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können oder um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen (vgl. zum Ganzen VwGH 27.5.2019, Ra 2019/14/0153, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Weiters hat nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. VwGH 23.3.2017, Ra 2017/20/0038 bis 0040; 6.11.2018, Ra 2018/01/0106, jeweils mwN).

2.5. Aus dem oben festgestellten Sachverhalt ergab sich nicht, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an den BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 vorliegen:

Stichhaltige Hinweise darauf, dass der BF im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, kamen im Rahmen des behördlichen Ermittlungsverfahrens nicht hervor.

Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung bereits dargelegt wurde, liegt im gg. Fall auch eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), nicht vor. Es kamen auch keine gravierenden Erkrankungen des BF hervor.

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der BF somit nicht in seinen Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden.

Auch konkrete Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.

2.6. Vor diesem Hintergrund erwies sich letztlich die Annahme des Bundesamtes, es lägen im gg. Fall keine stichhaltigen Gründe mehr für die Annahme des realen Risikos einer Gefährdung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG vor, als mit dem Gesetz in Einklang stehend.

Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Anwendung des § 9 Abs. 1 Z. 1 AsylG erfolgte daher zu Recht.

2.7. Insoweit war auch die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I und II des angefochtenen Bescheides vom 12.06.2017 als unbegründet abzuweisen.

3.1. § 10 AsylG lautet:

(1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

§ 57 AsylG 2005 lautet:

(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.

§ 58 AsylG 2005 lautet:

(1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. § 73 AVG gilt.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Ant

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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