TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/30 L527 2180213-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.08.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

30.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

L527 2180213-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Iran, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Georg BÜRSTMAYR, Hahngasse 25/5, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.11.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.06.2019 und 01.07.2019, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX , geb. XXXX , gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX , geb. XXXX , damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

II. Die Spruchpunkte II bis IV des angefochtenen Bescheids werden ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte ( XXXX ) verließen den Iran am XXXX .2015 legal mittels Flugzeug und reisten am selben Tag mit einem (von einem Schlepper organisierten) Visum C in Österreich ein. Nachdem sie einige Tage in Österreich bei einem Schlepper untergebracht war, stellte die Beschwerdeführerin am 10.01.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Diesen begründete die Beschwerdeführerin in der Erstbefragung damit, dass sie im Iran die häusliche Kirche besucht habe. Das sei bei der Polizei bekannt geworden. Eine Bekannte, die ebenfalls konvertiert sei, habe sie gewarnt. Deshalb habe die Beschwerdeführerin den Iran verlassen.

In ihrer Einvernahme am 30.10.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: [belangte] Behörde) bestätigte die Beschwerdeführerin die in der Erstbefragung gemachten Angaben und schilderte ihr Vorbringen detaillierter. Sie legte eine Taufurkunde der XXXX XXXX gemeinde vor; sie sei Christin, Protestantin.

Die belangte Behörde erachtete das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu ihren Fluchtgründen für nicht glaubhaft. Mit dem angefochtenen Bescheid wies sie den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status der Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I und II). Die belangte Behörde erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, sprach die Zulässigkeit der Abschiebung in den Iran aus (Spruchpunkt III) und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt IV).

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dieses beraumte für 26.06.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung an. Die Verhandlung fand zunächst am 26.06.2019 statt und wurde am 01.07.2019 fortgesetzt. In der Verhandlung vernahm das Bundesverwaltungsgericht - neben der Beschwerdeführerin - (als Zeugen) den Obmann der als Verein konstituierten XXXX XXXX gemeinde ein. Die belangte Behörde hatte schon im Vorfeld erklärt, auf die Durchführung einer und die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung zu verzichten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Beschwerdeführerin:

1.1.1. Die Beschwerdeführerin führt in Österreich den im Kopf der Entscheidung genannten Namen und wurde zum dort angegebenen Datum geboren. Ihre Identität steht fest. Sie ist iranische Staatsangehörige und seit ca. 29 Jahren mit XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörigkeit: Iran, XXXX , verheiratet. Gemeinsam mit ihrem Ehemann reiste die Beschwerdeführerin Ende Dezember 2015 aus dem Iran aus und in das Bundesgebiet ein. Sie stellte am 10.01.2016 in Österreich den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Strafregister der Republik Österreich scheint in Bezug auf die Beschwerdeführerin keine Verurteilung auf.

1.1.2. Die Beschwerdeführerin war ursprünglich muslimischen Glaubens. Sie kam bereits im Iran mit dem Christentum in Berührung und hat ein gewisses Interesse dafür entwickelt. Nach ihrer Einreise ins österreichische Bundesgebiet Ende Dezember 2015 fand sie im April 2016 Zugang zur XXXX XXXX gemeinde in XXXX. Es handelt sich dabei um eine als Verein konstituierte Gemeinde, die den Baptisten und den Protestanten nahesteht. Nachdem sie sich mit Unterlagen und in Gesprächen mit dem Vereinsobmann ("Pastor") vorbereitet hatte, wurde die Beschwerdeführerin am 04.06.2017 getauft.

Seit April 2016 nimmt die Beschwerdeführerin regelmäßig öffentlichkeitswirksam am Leben der Gemeinde teil und befasst sich weiter mit dem christlichen Glauben. Sie absolvierte einen dreizehnwöchigen Kurs zu den Grundlagen des Glaubens. Die Beschwerdeführerin besucht, von wenigen Ausnahmen (insbesondere im Krankheitsfall) abgesehen, wöchentlich den Gottesdienst am Sonntag und die Bibelrunde am Mittwoch. Sie engagiert sich in der Gemeinde, z. B. indem sie bei der Vorbereitung des Abendmahls hilft und putzt.

Die Beschwerdeführerin lebt und bezeugt ihren christlichen Glauben konsequent und ist praktizierende Christin.

Es ist davon auszugehen, dass sich die Beschwerdeführerin aus innerer Überzeugung zum Christentum bekennt und dementsprechend im Falle der Rückkehr in den Iran nicht zum Islam zurückkehren, sondern Christin bleiben und ihren Glauben aktiv leben würde.

Es kann vor dem Hintergrund der unten angeführten Länderfeststellungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle der Rückkehr in den Iran wegen des Glaubenswechsels mit asylrelevanten Verfolgungshandlungen seitens iranischer Behörden in Form von Schikanen, Verhaftungen und Strafverfolgung bis hin zur Todesstrafe zu rechnen hat.

1.2. Zur Konversion vom Islam zum Christentum und den Folgen im Iran bzw. für Iraner:

Die Konversion vom Islam zu einer anderen Religion wird im Iran als Abtrünnigkeit vom Islam gewertet (Apostasie), ist verboten und mit langen Haftstrafe und Todesstrafe bedroht. Dennoch nehmen die Konversionen zum sunnitischen Islam und zum Christentum zu. Zumeist werden Konvertierte allerdings nicht wegen Apostasie bestraft, sondern wegen anderer Delikte, z. B. "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), "mofsid-fil-arz/fisad-al-arz" ("Verdorbenheit auf Erden"), oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit".

Konkret werden christliche Konvertiten normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern Fälle von Konversion werden als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und diese werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen, keine geläufige Bestrafung. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass gegen christliche Konvertiten hohe Haftstrafen auch tatsächlich verhängt werden.

Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion aber andere Aktivitäten folgen (z. B. Missionierung oder Unterricht im Glauben), kann das zu einem Problem führen.

Ebenso wenig kann in jedem Fall ausgeschlossen werden, dass ein im Ausland Konvertierter im Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Einige Geistliche, die in der Vergangenheit im Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Welche Konsequenzen Iraner, die im Ausland zum Christentum konvertiert sind und in den Iran zurückkehren, erwarten, hängt vom konkreten Einzelfall ab (insbesondere von der religiösen und konservativen Einstellung des Umfelds). Die Rückkehr in den Iran ist kein Problem, wenn die betreffende Person den Behörden nicht bereits bekannt war. Außerdem werden konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, für die Behörden nicht von Interesse sein; bei Konvertiten, die bereits vor ihrer Ausreise den Behörden bekannt waren, ist das anders zu beurteilen. Im Übrigen hängt es auch vom Verhalten des konvertierten Rückkehrers ab, ob die Behörden auf ihn aufmerksam werden. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn die betreffende Person über ihre Konversion sehr freimütig in den sozialen Medien berichtet. Dann kann es bei der Rückkehr zu Verhaftungen und Befragungen kommen. Die weiteren Konsequenzen hängen wiederum vom Einzelfall ab, namentlich davon, was der Rückkehrer den Behörden erzählt. Harsche Strafen sind zumindest bei missionarischen Tätigkeiten oder anderen Aktivitäten, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, nicht ausgeschlossen. Ansonsten kann eine Veröffentlichung der Konversion in den sozialen Medien die Beobachtung durch die Behörden zur Konsequenz haben, zu einer Verfolgung führt sie jedoch nicht. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, wird sie nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um z. B. Nachteile des Islams mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das zu einem Problem werden.

Strenger als (bloße) Konversion werden missionarische Tätigkeiten unter Muslimen geahndet; oftmals erfolgt eine Anklage wegen "Gefährdung der nationalen Sicherheit", "Organisation von Hauskirchen" und "Beleidigung des Heiligen".

Hauskirchen sind im Iran zwar verboten und werden teils überwacht, ihre Anzahl steigt aber. Erlangen Behörden Kenntnis von einer Hauskirche (z. B. durch Nachbarn), wird eine Überwachung veranlasst. Eine dauerhafte flächendeckende Überwachung ist nicht möglich, die Behörden haben jedoch eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen. Ein sofortiges Eingreifen ist unwahrscheinlich, weil die Behörden (zunächst) nähere Informationen gewinnen wollen (über die Mitglieder und deren Aktivitäten). Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Im Fokus der Behörden stehen vor allem die Organisatoren von Hauskirchen; ihnen droht, wegen "Verbrechen gegen Gott" angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Sie werden mit dem Ziel festgenommen, die Gemeinschaft zu schwächen. Aber auch einfache Mitglieder von Hauskirchen werden bisweilen verfolgt. Dabei spielt eine Rolle, welchen Aktivitäten das Mitglied nachgeht und ob es im Ausland bekannt ist. Üblicherweise werden Mitglieder bei ihrer ersten Festnahme nach ca. 24 Stunden wieder freigelassen, mitunter unter der Bedingung, sich vom Missionieren fernzuhalten. Leisten sie der Bedingung Folge, hören die Behörden meist auf, Informationen über die betreffenden Personen zu sammeln. Ansonsten riskieren die Mitglieder von Hauskirchen, von den Behörden zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden. Das Ziel ist, die Personen zu schikanieren und einzuschüchtern. In den letzten Jahren gab es jedenfalls mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet.

Die dargestellte Lage betrifft ausnahmslos den gesamten Iran. Regionale oder lokale Ausnahmen, z. B. dergestalt, dass in bestimmten Gebieten des Irans die Konversion vom Islam zum Christentum erlaubt wäre, sind nicht feststellbar.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Rechtliche Grundlagen für die Feststellung des Sachverhalts und die Beweiswürdigung:

2.1.1. Zur Begründung von Anträgen auf internationalen Schutz braucht die behauptete Verfolgung nicht bewiesen, sondern gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 lediglich glaubhaft gemacht zu werden.

Dies bedeutet zum einen eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Antragstellers bzw. Beschwerdeführers. Dieser hat nämlich initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der betreffenden Fakten spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für deren Vorliegen liefern; vgl. z. B. VwGH 15.09.2004, 2002/04/0201.

Zum anderen wird, wenn eine Tatsache (lediglich) glaubhaft gemacht werden muss, das Beweismaß herabgesetzt; vgl. Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 1 (Stand 1.8.2017, rdb.at); zur Relevanz dieser Bestimmung im Verwaltungsverfahren: Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 (2018) Rz 206. Für die Glaubhaftmachung (im Unterschied zum vollen Beweis) genügt es, dass die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer bestimmten Tatsache überzeugt ist. Die Glaubhaftmachung hat also das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt; VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252. Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel an dem Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen. Ob die Glaubhaftmachung behaupteter Tatsachen gelungen ist oder nicht, ist das Ergebnis richterlicher Beweiswürdigung und keine Frage der rechtlichen Beurteilung; so mwN Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 5 (Stand 1.8.2017, rdb.at).

2.1.2. Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist; zuletzt VwGH 26.03.2019, Ra 2018/19/0530. Eine Zeugeneinvernahme ist allerdings, wie der Verwaltungsgerichtshof mehrmals ausgesprochen hat, keineswegs in allen Fällen geboten; vgl. z. B. VwGH 25.02.2019, Ra 2019/19/0017, VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0453, und VwGH 21.06.2018, Ra 2017/01/0381.

2.1.3. Von Bedeutung ist weiters, dass sich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs alleine mit der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens zum Ausreisegrund nicht schlüssig begründen lässt, dass alle im Zusammenhang mit dem neu erworbenen Glauben stehenden weiteren Aktivitäten eines Asylwerbers nur zum Schein mit dem (ausschließlichen) Ziel der Asylerlangung entfaltet worden seien; vgl. VwGH, 02.09.2015, Ra 2015/19/0091.

2.2. Zu den Feststellungen zur Beschwerdeführerin:

2.2.1. Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführerin ergeben sich aus deren Angaben im Verfahren vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht. Bereits die belangte Behörde kam zu dem Ergebnis, dass die Identität der Beschwerdeführerin feststehe (AS 138). Die Beschwerdeführerin legte in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht einen iranischen Personalausweis vor; es handelt sich um ein Originaldokument (OZ 15), was die Auffassung der Behörde bestätigt; vgl. außerdem OZ 14, S 4. Angesichts ihrer gleichbleibenden und nachvollziehbaren Angaben im gesamten Verfahren (AS 5, 9; 107; OZ 10, S 11 f) sowie ihrer Antworten auf Fragen zur Beziehung zu ihrem Ehemann in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 10, S 11 f) war die Feststellung zum Familienstand zu treffen; vgl. außerdem OZ 14, S 4.

Dass im Strafregister der Republik Österreich keine Verurteilung der Beschwerdeführerin aufscheint, ergibt sich aus dem entsprechenden aktuellen Auszug aus diesem Register (OZ 8, 16).

Wann die Beschwerdeführerin den Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist in einer unbedenklichen Urkunde dokumentiert (AS 5 ff) und wurde nicht in Zweifel gezogen. Das Datum der Ausreise aus dem Iran und der Einreise in das Bundesgebiet hat die Beschwerdeführerin stets gleichbleibend benannt (AS 9, 109; OZ 10, S 16). Angesichts des ihr von der österreichischen Botschaft in Teheran erteilten Visums ist es plausibel (OZ 8).

2.2.2. Mit Blick auf die unter 2.1.2. dargestellte Judikatur ist eine eingehende Auseinandersetzung mit dem von der Beschwerdeführerin vorgebrachten "Fluchtgrund" (AS 13, 109) nicht erforderlich. Dennoch ist festzuhalten: Was die konkreten fluchtauslösenden Umstände anbelangt, erstattete die Beschwerdeführerin im Zuge des gesamten Verfahrens im Wesentlichen übereinstimmende Angaben. Bereits in der Erstbefragung, die sich gemäß § 19 Abs 1 AsylG 2005 nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat, gab die Beschwerdeführerin an, dass sie im Iran die häusliche Kirche besucht habe. Das sei bei der Polizei bekannt geworden. Eine Bekannte, die ebenfalls konvertiert sei, habe sie gewarnt. Deshalb habe die Beschwerdeführerin den Iran verlassen. Diese Angaben bestätigte die Beschwerdeführerin bei ihrer Einvernahme am 30.10.2017 (AS 103 ff) und in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 10, S 18 ff) und konkretisierte sie plausibel sowohl in freier Erzählung als auch auf Nachfrage. So waren bereits in der freien Erzählung im Zuge der behördlichen Einvernahme am 30.10.2017 (AS 109) verschiedene Details, unter anderem Namen und Zeitangaben, enthalten. Auch wie sie das erste Mal mit einer Bekannten im Iran über das Christentum zu sprechen gekommen sei, vermochte die Beschwerdeführerin im verwaltungsbehördlichen und verwaltungsgerichtlichen Verfahren zumindest in den wesentlichen Punkten stringent zu schildern (AS 109 f; OZ 10, S 18, 21 f). Ob das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Einzelnen glaubhaft ist, kann, wie bereits festgehalten, dahingestellt bleiben. In der Tat scheinen etwa Zweifel angebracht, ob die Beschwerdeführerin vor ihrer Ausreise tatsächlich unmittelbar einer persönlichen und konkreten Bedrohung ausgesetzt gewesen ist (AS 193). Das Bundesverwaltungsgericht hält es nach den bisherigen Ausführungen aber jedenfalls für glaubhaft, dass die Beschwerdeführerin bereits im Iran über die Mutter einer Freundin einer ihrer Töchter mit dem Christentum in Berührung kam und ein gewisses Interesse dafür entwickelte. Die Auffassung der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin sei als Person völlig unglaubwürdig (AS 193), kann das Bundesverwaltungsgericht unter Bedachtnahme auf das behördliche Verfahren und den Eindruck, den sie in der mündlichen Verhandlung vermittelte, nicht teilen.

2.2.3. Im Unterschied zur belangten Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht in der Folge nicht damit begnügt, die aktuelle Glaubensüberzeugung der Beschwerdeführerin allein anhand ihrer Aussagen und der von ihr vorgelegten Unterlagen zu beurteilen, sondern das Bundesverwaltungsgericht hat darüber hinaus - wie im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur im gegenständlichen Fall geboten - den Obmann der als Verein konstituierten XXXX gemeinde einvernommen. Ferner hat sich das Bundesverwaltungsgericht mit den nach der Judikatur (vgl. etwa VwGH 14.03.2019, Ra 2018/18/0455) für die Beurteilung eines Glaubenswechsels relevanten Aspekten wesentlich eingehender befasst als die belangte Behörde (AS 109 ff vs. OZ 10, S 18 ff). Damit kann das Bundesverwaltungsgericht seine Feststellungen aufgrund umfassenderer Ermittlungen und Informationen treffen; das Bundesverwaltungsgericht hat sich von der aktuellen Glaubensüberzeugung ein breiteres Bild verschafft als die belangte Behörde und konnte dementsprechend auch zu einem anderen Ergebnis kommen. Schließlich ist in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass zwischen der behördlichen Einvernahme und der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht mehr als eineinhalb Jahre liegen. Dass sich die religiöse Überzeugung innerhalb dieses Zeitraums verändert oder sich aus Interesse für das Christentum eine Identifikation mit demselben entwickelt, erscheint keineswegs ausgeschlossen.

Schon die Behörde musste einräumen, dass die Beschwerdeführerin getauft sei (AS 195; Taufschein AS 75). Dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt ihrer Einvernahme vor der belangten Behörde bereits profundes Wissen über das Christentum hatte, kann nicht erkannt werden (AS 111 ff). Auch in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konnte sie manche der gestellten Wissensfragen nicht bzw. nicht fundiert beantworten (z. B. OZ 10, S 26 ff). Zu bedenken ist aber, dass zumindest die Antworten in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht den Schluss zulassen, die Beschwerdeführerin habe sich mit dem christlichen Glauben und dem Protestantismus (zwischenzeitlich) näher befasst (z. B. OZ 10, S 27; vgl. auch OZ 10, Beilage Z, S 3). Nicht außer Acht zu lassen ist ferner, dass an das Wissen eines (angeblichen) Konvertiten über dessen (angeblichen) neuen Glauben keine überzogene Erwartungshaltung zu stellen ist (vgl. VwGH 14.03.2019, Ra 2018/18/0455). Zu bedenken ist allerdings, dass der Richter in der Verhandlung ohnedies keine sonderlich anspruchsvollen Wissensfragen stellte und dass die Fragen auf die von der Beschwerdeführerin ausgewählte Glaubensrichtung (AS 105) abgestimmt waren. Der in der Verhandlung anwesende Rechtvertreter verkannte dies in seiner Äußerung (OZ 10, S 26). Dass die Beschwerdeführerin seit April 2016 wöchentlich den Gottesdienst am Sonntag und die Bibelrunde am Mittwoch besucht, dass sie einen dreizehnwöchigen Kurs zu den Grundlagen des Glaubens absolviert hat und sich in der Gemeinde engagiert, erscheint unstrittig und ergibt sich aus ihren eigenen glaubhaften Aussagen (AS 112, OZ 10, S 27), schriftlichen Bestätigungen der Gemeinde bzw. des Obmanns (AS 81; OZ 2, 4, 10) und der glaubhaften Aussage des Zeugen in der mündlichen Verhandlung am 26.06.2019 (OZ 10, Beilage Z, S 3). Auch die belangte Behörde befand es für glaubhaft, dass die Beschwerdeführerin Gottesdienste besuche und in der Gemeinde aktiv sei (AS 195). Diese äußeren Umstände müssen freilich nicht zwingend bedeuten, dass sich die Beschwerdeführerin tatsächlich aus innerer Überzeugung dem Christentum angeschlossen hat und sich zu diesem bekennt. Im Zusammenhang mit folgenden Tatsachen und Erwägungen ergibt sich jedoch die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer echten Konversion der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin ließ in ihren Ausführungen mehrfach erkennen, dass Religion in ihrem Leben einen gewissen Stellenwert hat und sie auf der Suche nach einer Möglichkeit war, ihr individuelles Bedürfnis nach Religiosität zu befriedigen (OZ 10, S 18, 21 ff). Dass sie die Erfüllung insofern nicht im Islam finden konnte, leuchtet - im konkreten Fall - ein. Die Beschwerdeführerin wurde zwar als Moslemin geboren, im Laufe der Zeit konnte sie sich jedoch immer weniger mit dem islamischen Glauben identifizieren. Dies ist - im Lichte der von Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung am 26.06.2019 näher geschilderten Geschehnisse und ihres familiären Hintergrunds - im Einzelfall nachvollziehbar (OZ 10, S 21; vgl. auch schon AS 106 f). Welche politischen oder kirchlichen Funktionen die Geschwister der Beschwerdeführerin innehaben (vgl. das Vorbringen z. B. in OZ 10, S 15), ist im Falle einer echten inneren Konversion angesichts der Feststellungen unter 1.2. nicht von entscheidender Bedeutung, weshalb diese Frage nicht näher zu ergründen war. In der Erscheinungsform, in der die Beschwerdeführerin den christlichen Glauben kennenlernte und ihn insbesondere in der XXXX XXXX gemeinde erlebt und praktiziert (z. B. OZ 10, S 22, 27 f, Beilage Z, S 3 ff), unterscheidet er sich erheblich von den Erfahrungen, die die Beschwerdeführerin selbst mit dem Islam machte. Ob diese Eindrücke und Erfahrungen für die eine und/oder die andere Religion repräsentativ sind, ist an dieser Stelle nicht zu thematisieren. Es ist in Anbetracht der Lebensgeschichte der Beschwerdeführerin und ihrer individuellen Erfahrungen aber im konkreten Einzelfall begreiflich, dass das Christentum ihr Interesse weckte und sie sich mittlerweile mit dem christlichen Glauben identifiziert. Die Beschwerdeführer konnte somit ihre Motive für den Glaubenswechsel schlüssig darlegen.

Ferner ist zu berücksichtigten, dass die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in unterschiedlichen Zusammenhängen einen persönlichen Zugang zum Christentum und insbesondere eine individuelle Bedeutung des christlichen Glaubens und der Art und Weise, wie er in der XXXX XXXX gemeinde praktiziert wird, glaubhaft machen konnte. Antworten auf vom Richter gestellte Fragen ließen nachvollziehbar erkennen, dass und weshalb es für die Beschwerdeführerin von persönlicher Bedeutung ist, den christlichen Glauben zu praktizieren, sowie dass sie eine affektive Bindung zum Christentum hat (OZ 10, S 27 f).

Zu bedenken ist weiters, dass die Beschwerdeführerin im April 2016 Zugang zur XXXX gemeinde fand. Getauft wurde die Beschwerdeführerin am 04.07.2017, also ca. 13 Monate später. Mitglied der Gemeinde ist die Beschwerdeführerin erst seit ca. 10 Monaten; allein durch die Taufe wird man nicht Mitglied (OZ 10, Beilage Z, S 5). Dass sich die Beschwerdeführerin bereits im Iran während des Gesprächs mit der Bekannten über das Christentum als Christin gefühlt haben will (OZ 10, S 23), weckt selbst unter Bedachtnahme auf die Lebensgeschichte der Beschwerdeführerin und ihre Suche nach religiöser Erfüllung Zweifel. Bis die Beschwerdeführerin getauft und schließlich in die christliche Gemeinde offiziell als Mitglied aufgenommen wurde, verging jedoch ein längerer Zeitraum, innerhalb dessen sich die Beschwerdeführerin ernsthaft und näher mit dem christlichen Glauben beschäftigte. Wäre es das alleinige Interesse der Beschwerdeführerin gewesen, nach ihrer Einreise in das Bundesgebiet eine christliche Kirche zu finden, um den christlichen Glauben zum Schein, zur Erlangung von Asyl, (öffentlichkeitswirksam) zu praktizieren, hätte sie gewiss einen "einfacheren Weg" gehen können.

Hinzu kommt, dass der Obmann der als Verein konstituierten XXXX XXXX gemeinde nicht nur schriftlich zu den Glaubensaktivitäten und zur Glaubensüberzeugung der Beschwerdeführerin Stellung genommen hat (AS 81, OZ 4). Vielmehr hat er sich in diesem Sinne - unter Wahrheitspflicht - auch bei seiner Einvernahme als Zeuge vor dem Bundesverwaltungsgericht am 26.06.2019 geäußert (OZ 10, Beilage Z, S 5 f). Unbeschadet der Wahrheitspflicht konnte es auch sonst nicht im Interesse des Zeugen liegen, entgegen seiner Wahrnehmung auszusagen, die Beschwerdeführerin habe sich dazu bekannt, dass Jesus Christus Gott sei. (OZ 10, Beilage Z, S 5). Schließlich könnte ein derartiges Zeugnis dem Ruf der Glaubensgemeinschaft schaden. Freilich übersieht das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass die Aussagen des Zeugen teils eher allgemein gehalten waren und naturgemäß nur den persönlichen Eindruck, den der Zeuge von der Beschwerdeführerin hat, wiedergeben konnten. Auch obliegt es (im Beschwerdeverfahren) grundsätzlich allein dem Bundesverwaltungsgericht, zu beurteilen, ob eine echte, innere Konversion oder eine Scheinkonversion vorliegt. Die Aussage des Zeugen über die Beteiligung der Beschwerdeführerin in den Bibelrunden fügt sich aber in das Bild, das die Beschwerdeführerin in ihren Aussagen und mit ihrem Aussageverhalten selbst vermittelte, nämlich dass sie ein wahrhaftiges Interesse am christlichen Glauben hat und dementsprechend bemüht ist, ihre Kenntnisse zu erweitern. Dies wiederum spricht aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts im gegebenen Gesamtkontext (!) dafür, dass sich die Beschwerdeführerin dem christlichen Glauben aus innerer Überzeugung angeschlossen hat. Es legt nahe, dass die Beschwerdeführerin die Bibelrunden nicht deswegen regelmäßig besucht, um außenwirksam ein (angebliches) Interesse am christlichen Glauben zu dokumentieren.

2.2.4. Im Ergebnis konnte die Beschwerdeführerin also im Beschwerdeverfahren eine ernsthafte Konversion zum Christentum glaubhaft machen. Dass in einzelnen Details nach wie vor gewisse Zweifel am Vorbringen der Beschwerdeführerin bestehen mögen, steht dieser Schlussfolgerung nicht entgegen. Die Beschwerdeführerin erweckte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht durchaus den Eindruck, sich dem christlichen Glauben aus innerer Überzeugung angeschlossen zu haben. Bei dieser Beurteilung ist insbesondere ihr Aussageverhalten bei der Beantwortung der einzelnen Fragen berücksichtigt.

2.3. Zu den Feststellungen zur Konversion vom Islam zum Christentum und den Folgen im Iran bzw. für Iraner:

Diese Feststellungen waren auf der Grundlage der Ausführungen zu "Apostasie, Konversion zum Christentum, Proselytismus, Hauskirchen" im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Iran, Gesamtaktualisierung am 03.07.2018, zu treffen. Die Feststellungen geben freilich die Informationen aus dem Länderinformationsblatt nur insoweit wieder, als sie im konkreten Fall entscheidungsrelevant sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Länderinformationsblatt der Beschwerdeführerin mit der Ladung zur Verhandlung zur Kenntnis gebracht. Der in der mündlichen Verhandlung anwesende Rechtsvertreter erklärte, sich den Berichten anzuschließen und keine Einwendungen zu haben. Die belangte Behörde, die derartige Länderinformationen ihren Bescheiden selbst zugrunde legt, äußerte sich nicht dazu. Den angefochtenen Bescheid hatte die Behörde auf eine ältere Version des Länderinformationsblatts zum Iran gestützt. Die vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationen erscheinen durchwegs schlüssig, vollständig und richtig, sie sind auch hinreichend aktuell. Die Feststellungen konnten daher darauf gestützt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgabe der Beschwerde:

3.1. Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz iSd § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

Nach Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Gemäß § 3 Abs 3 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative iSd § 11 AsylG 2005 offen steht oder der Fremde einen Asylausschlussgrund iSd § 6 AsylG 2005 gesetzt hat.

Mit der Frage der asylrechtlichen Relevanz einer Konversion zum Christentum in Bezug auf den Iran hat sich der Verwaltungsgerichtshof wiederholt befasst. Entscheidend ist demnach, ob der Fremde bei weiterer Ausführung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden. Ob die Konversion bereits - durch die Taufe - erfolgte oder bloß beabsichtigt ist, ist nicht entscheidend; vgl. VwGH 23.06.2015, Ra 2014/01/0210; diese Judikatur scheint mit der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im Einklang zu stehen; siehe EuGH 04.10.2018, C-56/17.

3.2. Nach dem im Iran vorherrschenden islamischem Verständnis bedeutet der Abfall vom Islam einen hochverratsähnlichen Angriff auf das Staats- und Gesellschaftssystem. Wie das Bundesverwaltungsgericht festgestellt hat, hat sich die Beschwerdeführerin (zwischenzeitlich) aus innerer Überzeugung zum christlichen Glauben hingewandt und würde ihn auch im Falle ihrer Rückkehr in den Iran weiterhin leben. Aus den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Konversion vom Islam zum Christentum und den Folgen im Iran bzw. für Iraner wiederum folgt, dass die Beschwerdeführerin - unter den konkreten, individuell ihre Person betreffenden Umständen - bei einer Rückkehr in den Iran tatsächlich dort Verfolgungshandlungen bis hin zur Todesstrafe ausgesetzt wäre.

Daher ist für die Beschwerdeführerin von Verfolgung in asylrelevanter Intensität im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, und zwar aus religiösen und politischen Gründen, auszugehen.

Es ist daher objektiv nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin aus Furcht vor ungerechtfertigten Eingriffen von erheblicher Intensität aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes ihres Herkunftsstaats zu bedienen.

Im Verfahren haben sich keine Hinweise auf das Vorliegen der in Artikel 1 Abschnitt C und F GFK genannten Endigungs- und Ausschlussgründe und der Ausschlussgründe nach § 6 AsylG 2005 ergeben.

Da der Beschwerdeführerin die genannten Verfolgungshandlungen im gesamten Iran drohen würden, kann eine innerstaatliche Fluchtalternative iSd § 11 AsylG 2005 nicht erkannt werden.

3.3. Im vorliegenden Fall sind somit unter Berücksichtigung der zuvor zitierten Judikatur die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten gegeben. Vor diesem Hintergrund erübrigt sich - wie bereits ausgeführt - eine (noch) nähere Auseinandersetzung mit den ursprünglichen Ausreisegründen und das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin war damit nicht mehr zu beurteilen.

Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass der Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Da mit der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten die rechtliche Voraussetzung für die Erlassung der Spruchpunkte II bis IV des angefochtenen Bescheids wegfällt, sind diese Spruchpunkte ersatzlos zu beheben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.4. Da der verfahrensgegenständliche Antrag auf internationalen Schutz nach dem 15.11.2015 gestellt wurde, kommt der Beschwerdeführerin gemäß § 3 Abs 4 AsylG damit eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigte zu (§ 75 Abs 24 AsylG 2005).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die vorliegende Entscheidung hing in erster Linie davon ab, ob das konkrete Vorbringen der Beschwerdeführerin als glaubhaft zu qualifizieren war. Hierbei handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage, sondern eine Frage der Beweiswürdigung im Einzelfall. Die für die Entscheidung relevanten Rechtsfragen sind entweder durch Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs geklärt oder von Vornherein klar. Vgl. die zitierten Entscheidungen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Apostasie asylrechtlich relevante Verfolgung Christentum Flüchtlingseigenschaft Konversion religiöse Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L527.2180213.1.00

Im RIS seit

10.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten