TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/9 L524 2151284-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.09.2019
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Entscheidungsdatum

09.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L524 2151284-1/19E

schriftliche Ausfertigung des am 19.06.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses

Im namen der republik!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Irak, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.03.2017, ZI. 1076572803/150802126, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 06.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am 07.07.2015 erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er an, dass er syrischer Staatsangehöriger sei, XXXX heiße und am XXXX in Kamschli, Syrien geboren sei. Er sei Moslem, Kurde und habe in XXXX - Kamishli, Syrien, gelebt. Von XXXX aus sei er zu Fuß in die Türkei gegangen. Seine Eltern, zwei Brüder und zwei Schwestern würden noch in der Heimat leben. Hinsichtlich seines Fluchtgrundes brachte er vor, dass in Syrien Krieg herrsche und sein Leben dort nicht mehr sicher sei. Etwa 50 Kilometer von seinem Heimatdorf entfernt würden bereits IS-Kämpfer stehen. Aus Angst sei er dann geflohen.

2. Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 11.01.2017 gab der Beschwerdeführer an, dass seine in der Erstbefragung gemachten Angaben nicht richtig seien. Er habe Angst gehabt, zurückgeschickt zu werden, da er Iraker sei. Deshalb habe er sich als Syrer ausgegeben. Der Beschwerdeführer gab sodann im Wesentlichen an, dass er in XXXX , Irak, geboren und Kurde sowie sunnitischer Moslem sei. Er habe zwölf Jahre die Schule besucht und mit Matura abgeschlossen. Zuletzt habe er als Pizzabäcker gearbeitet. Er habe im Haus seiner Eltern in XXXX , in der Nähe von Mossul, gelebt. Seine Eltern, sein Bruder und seine drei Schwestern würden noch in XXXX leben und es gehe ihnen gut. Er habe für die Reise 12.000 US-Dollar bezahlt. Das Geld habe er gespart und seine Mutter habe ihr Gold verkauft.

Zu seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, dass er Probleme mit seinem Vater gehabt habe und dieser ihn immer wieder geschlagen habe. Er habe auch in einem Restaurant gearbeitet, in dessen Nähe der IS gewesen sei. Er habe sich nicht in Sicherheit gefühlt. Wegen seines Vaters sei er nach Europa gegangen. Persönliche Erlebnisse mit dem IS habe es nicht gegeben. Es habe keine Vorfälle seine Person betreffend gegeben. Das seien seine Probleme. Er habe nichts mehr zu sagen.

3. Mit Bescheid des BFA vom 09.03.2017, ZI. 1076572803/150802126, wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde ausgeführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers schon angesichts des Umstandes, dass er sich zunächst als syrischer Staatsangehöriger ausgegeben habe, nicht glaubhaft sei. Die Gefahr asylrelevanter Verfolgung habe er mit seinem Vorbringen nicht glaubhaft gemacht. Es sei auch davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohe. Eine Interessenabwägung ergebe, dass eine Rückkehrentscheidung zulässig sei.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde.

5. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde am 19.06.2019 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der nur eine Vertreterin der belangten Behörde teilnahm. Weder der Beschwerdeführer selbst noch sein Vertreter nahmen an der mündlichen Verhandlung teil. Nach Erörterung der wesentlichen Aktenteile wurde schließlich das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen verkündet.

6. Am 01.07.2019 beantragte der Beschwerdeführer die schriftliche Ausfertigung des am 19.06.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses.

II. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer reiste schlepperunterstützt nach Österreich, wo er am 06.07.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz unter Angabe einer falschen Identität stellte. Er gab sich als syrischer Staatsangehöriger aus, nannte einen falschen Namen und ein falsches Geburtsdatum. Er machte auch falsche Angaben zu seinen Familienangehörigen, zu seiner Schulbildung und zu seinem Fluchtgrund.

Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger, Kurde und sunnitischer Moslem. Der Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos. Er besuchte im Irak zwölf Jahre die Schule, die er mit Matura abschloss. Er war als Pizzabäcker berufstätig.

Der Beschwerdeführer wurde in XXXX , im Gouvernement Dohuk, geboren und lebte in XXXX , Dohuk, im Irak. Dort lebte er vor der Ausreise im Eigentumshaus seiner Eltern. Im Irak leben noch seine Eltern, ein Bruder und drei Schwestern.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer von seinem Vater wegen weltanschaulicher oder religiöser Differenzen geschlagen worden sei. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von seinem Vater vor ein Ultimatum gestellt worden sei, sich den Peschmerga anzuschließen oder verstoßen zu werden.

Der Beschwerdeführer ist gesund. Er ist in Österreich strafrechtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer ist nicht erwerbstätig und bezieht Leistungen der staatlichen Grundversorgung. Der Beschwerdeführer hat keine Verwandte in Österreich.

Der Beschwerdeführer hat Deutschkurs auf dem Niveau A1.1 besucht. Er begann auch einen Kurs auf dem Niveau A2.1, legte diesbezüglich aber nach Ende dieses Kurses keine Teilnahmebestätigung vor. Der Beschwerdeführer nahm von 09.11.2015 bis 09.01.2017 an einem Projekt "Nachbarschaftshilfe" der Caritas teil. Er nahm bis Anfang 2017 an einem gemeinnützigen Projekt in einer Gemeinde teil. Er legte auch zwei Unterstützungsschreiben von Privatpersonen vom Jänner 2017 vor. Alle diesbezüglich vorgelegten Bestätigungen und Schreiben lauten auf den Namen XXXX , StA Syrien. Dabei handelt es sich um jene Identität, unter der der Beschwerdeführer seinen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer Mitglied in einem Fußballverein ist.

Zur Lage im Irak werden folgende Feststellungen getroffen:

Im Juni 2014 startete der sog. Islamische Staat Irak (IS) oder Da'esh, einen erfolgreichen Angriff auf Mossul, die zweitgrößte Stadt des Irak. Der IS übernahm daraufhin die Kontrolle über andere Gebiete des Irak, einschließlich großer Teile der Provinzen Anbar, Salah al-Din, Diyala und Kirkuk. Im Dezember 2017 erklärte Premierminister Haider al-Abadi den endgültigen Sieg über den IS, nachdem die irakischen Streitkräfte die letzten Gebiete, die noch immer an der Grenze zu Syrien unter ihrer Kontrolle standen, zurückerobert hatten. Der IS führt weiterhin kleine Angriffe vorwiegend auf Regierungstruppen und Sicherheitspersonal an Straßenkontrollpunkten aus. Am 25. September 2017 hat die kurdische Regionalregierung (KRG) ein unverbindliches Referendum über die Unabhängigkeit der kurdischen Region im Irak sowie über umstrittene Gebiete, die unter Kontrolle der KRG stehen, abgehalten. Das Referendum wurde für verfassungswidrig erklärt. Bei den nationalen Wahlen im Mai 2018 gewann keine Partei die Mehrheit, obwohl die meisten Stimmen und Sitze an die Partei des schiitischen Klerikers Muqtada al-Sadr gingen, ein ehemaliger Anti-US-Milizenführer.

Genaue, aktuelle offizielle demographische Daten sind nicht verfügbar. Die letzte Volkszählung wurde 1987 durchgeführt. Das US-Außenministerium schätzt die Bevölkerung im Irak auf rund 39 Millionen. Araber (75 Prozent) und Kurden (15 Prozent) bilden die beiden wichtigsten ethnischen Gruppen. Andere Ethnien sind Turkmenen, Assyrer, Yazidis, Shabak, Beduinen, Roma und Palästinenser. 97 Prozent der Bevölkerung sind Muslime. Schiiten machen 55 bis 60 Prozent der Bevölkerung aus und umfassen Araber, Shabak und Faili-Kurden. Der Rest der Bevölkerung besteht hauptsächlich aus Sunniten, einschließlich der sunnitischen Araber, die schätzungsweise 24 Prozent der Gesamtbevölkerung des Irak ausmachen. Die meisten Kurden sind auch Sunniten und machen etwa 15 Prozent der nationalen Bevölkerung aus. Die schiitischen Gemeinden leben in den meisten Gebieten des Irak, konzentrieren sich jedoch im Süden und Osten. Die Mehrheit der Bevölkerung von Bagdad sind Schiiten, insbesondere Vororte wie Sadr City, Abu Dashir und Al Dora. Sunniten leben hauptsächlich im Westen, Norden und im Zentralirak. Die Anzahl der in Bagdad als gemischt betrachteten Gebiete nimmt ab. In einigen Bezirken Bagdads gibt es immer noch bedeutende sunnitische Gemeinden, darunter Abu Ghraib. Die Bezirke A'adamia, Rusafa, Za'farania, Dora und Rasheed haben kleinere Gebiete sunnitischer Gemeinschaften. Gemischte sunnitische-schiitische Gemeinden leben in den Bezirken Rusafa und Karada, kleinere gemischte Gemeinden auch in den Bezirken Dora, Rasheed, Karkh, Mansour und Kadhimiya.

Der Konflikt mit dem IS hat die Wirtschaft des Irak geschwächt. Die irakische Wirtschaft ist weiterhin stark vom Öl abhängig, und ihr wirtschaftliches Vermögen hängt eng mit den globalen Ölpreisen zusammen. Die Weltbank prognostiziert, dass sich die Wirtschaft durch den Wiederaufbau nach Konflikten und die Verbesserung der Sicherheitslage erholen wird.

Die Verfassung garantiert das Recht auf Gesundheitsversorgung, es gibt ein staatliches Gesundheitswesen und Behandlungsmöglichkeiten sind vom Staat bereitzustellen. Die medizinische Grundversorgung erfolgt sowohl in privaten als auch in öffentlichen Kliniken. Die Gesundheitsinfrastruktur hat unter jahrzehntelangen Konflikten gelitten. Das Gesundheitswesen ist begrenzt, insbesondere in von Konflikten betroffenen Gebieten und in Gegenden mit einer großen Anzahl von Binnenvertriebenen.

Die Verfassung sieht eine obligatorische Grundschulausbildung vor. Für Kinder in der Region Kurdistan besteht die Schulpflicht bis zum Alter von 15 Jahren. Der Irak war einst regional führend in der Bildung, aber jahrelange Konflikte haben zu sinkenden Bildungsergebnissen geführt. Gemeinschaften bauen Schulen wieder auf. Das US-Außenministerium berichtet, dass Tausende von Schulen in ehemals von IS betroffenen Gebieten wiedereröffnet wurden, aber Kindern von Binnenvertriebenen, insbesondere außerhalb von Lagern, weiterhin die Schulbildung verweigert wird. Wohlhabende Familien in Bagdad haben Zugang zu höherer Bildung von privaten und internationalen Schulen. Die privaten Schulgebühren in Bagdad betragen durchschnittlich rund 1.300 USD pro Monat.

Der öffentliche Sektor ist bei weitem der größte Arbeitgeber, und der private Sektor ist unterentwickelt. Während die Regierung den größten Teil ihrer Einnahmen aus Ölexporten erwirtschaftet, beschäftigt die Ölindustrie nur wenige Mitarbeiter. Die Regierung beschäftigt schätzungsweise 40 Prozent der irakischen Arbeitskräfte. Im UNDP-Bericht 2016 wurde eine Arbeitslosenquote von 16,9 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit auf 35,1 Prozent geschätzt.

Die irakische Verfassung garantiert grundlegende Menschenrechte einschließlich Rechtsstaatlichkeit, Gleichheit vor dem Gesetz, Chancengleichheit, Privatsphäre und Unabhängigkeit der Justiz. Die Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Zugehörigkeit, der Nationalität, der Herkunft, der Hautfarbe, der Religion, der Meinung, des wirtschaftlichen oder sozialen Status. Die Verfassung sieht eine Hohe Kommission für Menschenrechte vor.

Mehrere Faktoren beeinflussen die Sicherheitslage im Irak, einschließlich der Aktionen verbliebener IS-Kämpfer (oder anderer extremistischer Kämpfer, die seit der Niederlage von IS aufgetaucht sind), anderer bewaffneter Gruppen (einschließlich der staatlich sanktionierten Popular Mobilization Forces) und historische Spannungen innerhalb der Schiiten und innerhalb der Sunniten. In der Region Kurdistan wird die Sicherheitslage durch Spannungen zwischen der Bundesregierung und der KRG, Spannungen zwischen verschiedenen kurdischen politischen Blöcken und Maßnahmen der Türkei und des Irans beeinflusst.

Ethnische Minderheiten haben im Irak eine politische Vertretung und nehmen am öffentlichen Leben teil. Die Verfassung erkennt sowohl Arabisch als auch Kurdisch als Amtssprachen an und verankert das Recht des Einzelnen, seine Kinder in Minderheitensprachen wie turkmenisch, syrisch und armenisch zu erziehen. Personen sind aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit einem geringen Risiko einer offiziellen Diskriminierung ausgesetzt. Es besteht möglicherweise ein mäßiges Risiko gesellschaftlicher Diskriminierung ausgesetzt zu sein, wenn sie in einem Gebiet leben, in dem ihre ethnische Zugehörigkeit in der Minderheit ist.

Die Verfassung macht den Islam zur offiziellen Religion des Staates. Sie garantiert die Glaubens- und Religionsfreiheit für alle Personen, einschließlich Christen, Yazidis und Sabean-Mandäer. Auf der Scharia beruhende Regelungen verbieten zwar eine Konversion vom islamischen Glauben, doch ist keine Strafverfolgung hierfür bekannt. Nach irakischem Recht wird ein Kind unter 18 Jahren automatisch zum Islam konvertiert, wenn auch einer seiner nicht-muslimischen Eltern konvertiert ist.

Nach der Absetzung von Saddam Hussein und der (von Sunniten dominierten) Ba'ath-Partei aus der Regierung fühlten sich viele Sunniten ausgegrenzt. Das US-Außenministerium und internationale Menschenrechtsgruppen berichten von regierungsnahen Streitkräften, die sunnitische Männer anzugreifen versuchen, die von IS-kontrollierten Gebieten fliehen und verhindern, dass Sunniten die von der Regierung kontrollierten Gebiete verlassen. Außerhalb der vom IS kontrollierten Gebiete wurden Sunniten in der Form belästigt und diskriminiert, dass sie bei Kontrollpunkten in aufdringlicher Weise kontrolliert wurden und Dienste minderer Qualität in sunnitischen Gebieten bereitgestellt werden. Sunniten sind außerhalb von Gebieten, die kürzlich vom IS kontrolliert wurden, aufgrund ihrer Religion einem geringen Risiko gesellschaftlicher Gewalt ausgesetzt. In Gebieten, in denen sie eine Minderheit sind, sind Sunniten einem moderaten Risiko von Diskriminierung durch die Behörden und der Gesellschaft ausgesetzt sind. Das Risiko der Diskriminierung variiert je nach lokalem Einfluss und Verbindungen.

Bei der Einreise in den Irak über die internationalen Flughäfen, einschließlich der Region Kurdistan, werden Personen, die illegal ausgereist sind, nicht festgenommen. Es werden jene Iraker bei der Rückkehr festgenommen, die eine Straftat begangen haben und gegen die ein Haftbefehl erlassen worden war. Um den Irak zu verlassen, sind gültige Dokumente (in der Regel ein Pass) und eine entsprechende Genehmigung (z. B. ein Visum) für die Einreise in das vorgesehene Ziel erforderlich. Eine illegale Ausreise aus dem Irak ist rechtswidrig, jedoch sind keine Strafverfahren gegen Einzelpersonen wegen illegaler Ausreise bekannt. Iraker, die einen irakischen Pass verloren haben oder nicht haben, können mit einem laissez-passer-Dokument in den Irak einreisen. Die Einreise mit einem laissez-passer-Dokument ist üblich und Personen, die damit einreisen werden weder gefragt, wie sie den Irak verlassen haben, noch werden sie gefragt, warum sie keine anderen Dokumente haben. Dem britischen Innenministerium zufolge können Grenzbeamte am Flughafen Bagdad ein Schreiben ausstellen, um die Verbringung an den Herkunftsort oder die Umsiedlung einer Person im Irak zu erleichtern.

Die KRG ist eine autonome Regionalregierung mit Sitz in Erbil, die von der irakischen Verfassung anerkannt ist. Die KRG ist für die Verwaltung der Provinzen Erbil, Sulaymaniyah und Dohuk zuständig. Die kurdische Regionalversammlung hat 111 Sitze, von denen fünf für Christen und fünf für Turkmenen reserviert sind. Mindestens dreißig Prozent der Sitze müssen von Frauen besetzt werden.

Der Verfassungsentwurf der Region Kurdistan verbietet Diskriminierung aufgrund von Sprache, Alter, Behinderung und Geschlecht. Die Region Kurdistan hat eine eigene Unabhängige Menschenrechtskommission, die zumindest teilweise mit der föderalen Hochkommission für Menschenrechte zusammenarbeitet.

Die Region Kurdistan ist stabiler als andere Gebiete des Irak. Das liegt an der größeren Kapazität der kurdischen Sicherheitskräfte und der geringeren ethnischen und religiösen Vielfalt in der Region.

Rückkehrer die ursprünglich aus der KRG stammen oder die kurdischer Abstammung sind, können grundsätzlich mit geringem administrativem Aufwand in die KRG zurückkehren. In der KRG geborene Personen sowie Personen mit familiären Bindungen in der KRG erhalten problemlos kurdische Identitätspapiere mit Wohnsitzvermerk. (Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade, Country Information Report Iraq, 09.10.2018)

Im März 2019 erlebte der Irak die wenigsten Angriffe seit 2003. Im März wurden insgesamt 63 Vorfälle verzeichnet. Zwei Vorfälle fanden zwischen der PKK und der Türkei im nördlichen Kurdistan statt und bei zwei Vorfällen handelte es sich um den Fund von Massengräbern, womit 59 Vorfälle verbleiben. In Diyala gab es 17 Vorfälle, in Kirkuk 15 und in Ninewa elf. Dies war die niedrigste monatliche Gesamtsumme, die jemals verzeichnet wurde und die niedrigste seit der Invasion von 2003. Im Jänner 2018 gab es im Irak insgesamt 224 sicherheitsrelevante Vorfälle. Abgesehen von einem Anstieg im März 2018 sank diese Zahl seither kontinuierlich und liegt im März 2019 bei 59 Vorfällen. (Joel Wing, Musings on Iraq, 03.04.2019)

Nach einer Zusammenstellung von ACCORD auf Basis von ACLED (Armed Conflict Location & Event Data Project) gehen im Berichtszeitraum September 2016 bis September 2018 die Konfliktvorfälle mit Todesopfern kontinuierlich zurück. In diesem Zeitraum ereigneten sich die meisten Vorfälle mit Todesopfern in Salah ad-Din, gefolgt von Diyala, At-Tamim (Kirkuk) und Al-Anbar. Die meisten Todesopfer gab es in Salah ad-Din und Al-Anbar, gefolgt von At-Tamim (Kirkuk) und Diyala. In Al-Anbar wurden 80 Vorfälle mit 308 Toten erfasst, in Al-Basrah 84 Vorfälle mit 42 Toten. In At-Ta'mim (Kirkuk) gab es 115 Vorfälle mit 251 Toten, in Baghdad wurden 58 Vorfälle mit 38 Toten erfasst. In Diyala wurden 136 Vorfälle mit 220 Toten, in Ninawa 65 Vorfälle mit 184 Toten und in Salah ad-Din 114 Vorfälle mit 308 Toten verzeichnet. In Dohuk gab es 26 Vorfälle mit 58 Toten. (ACCORD Irak, 3. Quartal 2018: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), aktualisierte 2. Version vom 20.12. 2018)

Die Sicherheitslage in Bagdad hat sich deutlich verbessert. Die Zeiten, in denen die Hauptstadt Bagdad regelmäßig von Terroranschlägen erschüttert wurde, sind vorbei. Im Dezember 2018 ordnete der neue Ministerpräsident Adil Abd al-Mahdi an, die mit Betonmauern geschützte Hochsicherheitszone im Zentrum der Stadt für einige Stunden am Tag zu öffnen. Seit 2003 war das Gebiet, in dem Ministerien und die US-Botschaft liegen, für normale Iraker praktisch unzugänglich. Die Mauern, die dort über viele Jahre hochgezogen wurden, werden langsam abgebaut. Deutschland hatte den Kampf gegen den IS im Irak vor allem mit der Ausbildung kurdischer Peschmerga-Kämpfer und Waffenlieferungen unterstützt. Im Camp Tadschi nahe Bagdad bildet die deutsche Bundeswehr irakische Soldaten aus. Die deutsche Bundesregierung setzt jetzt verstärkt auf zivile Hilfe.

Deutschland ist nach den USA das Land, das den Irak in den vergangenen vier Jahren am stärksten mit Hilfsgeldern für Entwicklung, Stabilisierung und Wiederaufbau unterstützt hat. Mehr als 1,5 Milliarden Euro wurden dafür bereitgestellt. Die Bundesregierung hofft darauf, dass ein stabiler Irak die Nahost-Region insgesamt beruhigen kann. (Irak ruft Flüchtlinge zur Rückkehr aus Deutschland auf, welt.de 17.12.2018)

Die Zahl der Binnenvertriebenen (IDP's) wird seit April 2014 aufgezeichnet, jene der Rückkehrer seit April 2015. Seit Juni 2017 sinkt die Zahl der IDPs kontinuierlich. Zum 30.04.2019 wurden 1,67 Millionen IDPs (277.518 Familien), verteilt auf 18 Gouvernements und 106 Distrikte identifiziert. Die Zahl der Rückkehrer steigt seit April 2015 kontinuierlich an. Die Zahl der Rückkehrer betrug zum 30.04.2019 4,27 Millionen (711.147 Familien) in 8 Gouvernements und 38 Distrikten. Im Zeitraum März und April 2019 gab es 54.900 Rückkehrer. Die meisten kehrten nach Ninewa (19.110 Personen), Salah al-Din (18.750) und Anbar (9.264) zurück. Die Zahl der IDPs geht langsam zurück. Im März und April wurde ein Rückgang von 79.872 IDPs verzeichnet, davon die meisten in Ninewa (-45.360, -8%), Salah al-Din (-11.238, -9%) und Bagdad (-5.418, -8%).

Nahezu alle Familien (95%, 4.048.206 Personen) kehrten an ihren vor der Vertreibung gewöhnlichen Wohnsitz zurück, der sich in einem guten Zustand befand. Zwei Prozent (74.124) leben in anderen privaten Einrichtungen (gemietete Häuser, Hotels, Gastfamilien). Drei Prozent der Rückkehrer (144.552) leben in kritischen Unterkünften (informelle Siedlungen, religiöse Gebäude, Schulen, unfertige, aufgegebene oder zerstörte Gebäude). Die drei Distrikte mit den meisten in kritischen Unterkünften lebenden Familien sind Mossul (29.982), Tikrit (12.714) und Khanaqin (11.016). Die Gründe für die konstanten Rückkehrraten sind die verbesserte Sicherheitslage, die Bereitstellung von Dienstleistungen sowie der Wiederaufbau der Häuser in den Herkunftsorten. (Displacement Tracking Matrix, Round 109, April 2019)

III. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Antragstellung auf internationalen Schutz unter Angabe einer falschen Identität und der damit zusammenhängenden weiteren falschen Angaben stützen sich auf die Ausführungen des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor dem BFA, wo er erklärte, er habe sich deshalb als syrischer Staatsangehöriger ausgegeben, um eine Abschiebung zu verhindern, da er Iraker sei.

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Herkunft, zu seiner Volksgruppenzugehörigkeit, zu seiner illegalen Einreise sowie zu seiner Antragstellung zur Erlangung internationalen Schutzes ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers vor dem BFA und den Verwaltungsakten. Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer in XXXX , Dohuk, geboren wurde und in XXXX , Dohuk, lebte, ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers, dem vorgelegten Personalausweis, dem Staatsbürgerschaftsnachweis und dem Führerschein.

Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer gesund ist und nicht erwerbstätig ist, stützen sich darauf, dass keine Dokumente vorgelegt wurden, die Gegenteiliges bescheinigen.

Die Feststellungen zur strafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers und zum Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung ergeben sich aus einem Strafregisterauszug und einem GVS-Auszug.

Die Feststellungen zu den besuchten Deutschkursen, zur Teilnahme an Projekten und zu den beiden Unterstützungsschreiben ergeben sich aus ebendiesen. Ebenso der Umstand, dass diese Dokumente auf den Namen XXXX , StA Syrien, ausgestellt sind. Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer Mitglied in einem Fußballverein ist, zumal der Beschwerdeführer keine diesbezügliche Bestätigung vorlegte. Sofern in der Beschwerde die fehlende Feststellung im angefochtenen Bescheid hinsichtlich einer Mitgliedschaft des Beschwerdeführers in einem Fußballverein moniert wird, ist dazu festzuhalten, dass die bloße Behauptung einer Mitgliedschaft in der Einvernahme vor dem BFA ohne Vorlage einer entsprechenden Bestätigung nicht für eine Feststellung ausreicht. Im Übrigen wird nicht einmal mit der Beschwerde eine solche Bestätigung vorgelegt. Sämtliche vorgelegten Bestätigungen stammen aus den Jahren 2016 und 2017. Dokumente betreffend die Integration des Beschwerdeführers in den nachfolgenden Jahren legte der Beschwerdeführer nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass Fragen der Identität für die Gewährung von Asyl insoweit eine Rolle spielen, als Zweifel an den diesbezüglichen Angaben des Fremden - im Besonderen daran, dass er derjenige ist, für den er sich ausgibt - zu dem Ergebnis führen, seine behauptete Bedrohung als nicht glaubhaft zu qualifizieren (vgl. VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0417).

Dass die Identität des Asylwerbers für die Gewährung von Asyl eine Rolle spielt, wird schon daran deutlich, dass das AsylG 2005 darauf abstellt, ob glaubhaft ist, dass einem Fremden im Herkunftsstaat Verfolgung droht. Der Herkunftsstaat des Fremden ist danach wesentlicher Teil seiner Identität, welche maßgebend für die Frage der Asylgewährung ist.

Aber auch sonst ist die Identität des Fremden für die Frage der Asylgewährung maßgeblich, weil die diesbezüglichen Angaben des Fremden - im Besonderen, dass er derjenige ist, für den er sich ausgibt - maßgeblich und unverzichtbar für die Beurteilung des sonstigen Vorbringens und die darauf beruhende Asylgewährung sind (vgl. VwGH 26.9.2007, 2007/19/0086, mwN).

Stellt ein Fremder einen Antrag auf internationalen Schutz bei einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, so haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemäß § 42 Abs. 1 BFA-VG eine erste Befragung (gemäß § 19 Abs. 1 AsylG 2005) durchzuführen und den Fremden erkennungsdienstlich zu behandeln.

Die in § 19 Abs. 1 AsylG geregelte Erstbefragung dient (nach dem Gesetzeswortlaut) insbesondere der Ermittlung der Identität und der Reiseroute des Fremden und hat sich nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen. Die Feststellung der Identität des Asylwerbers bereits zu Beginn des Asylverfahrens ist wesentlicher Teil dieses Verfahrens.

Der Beschwerdeführer stellte seinen Antrag auf internationalen Schutz unter Angabe einer falschen Identität. Er gab an, syrischer Staatsangehöriger zu sein, nannte einen falschen Namen und ein falsches Geburtsdatum, machte falsche Angaben zu seinen Familienangehörigen und seiner Schulbildung sowie zu seinem Fluchtgrund. Er behauptete, dass in Syrien Krieg herrsche und sein Leben dort nicht mehr sicher sei. Etwa 50 Kilometer von seinem Heimatdorf würden sich bereits IS-Kämpfer befinden. Aus Angst sei er daher geflüchtet.

Diese Vorgangsweise des Beschwerdeführers macht deutlich, dass der Beschwerdeführer nicht ernsthaft davon ausging, es lägen bei ihm Gründe für eine Asylgewährung vor, denn andernfalls hätte er es nicht nötig gehabt, sich die Bürgerkriegslage in Syrien im Jahr 2015 zunutze zu machen, um darauf aufbauend eine Fluchtgeschichte zu erfinden. Bei objektiver Betrachtungsweise liegt damit eine missbräuchliche Antragstellung vor.

Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Beschwerdeführer auch sein Umfeld, in dem er in Österreich lebt, von seiner Identität und Herkunft täuschte und auf Basis dieser erfundenen Geschichte zumindest eine Person veranlasste, ein Unterstützungsschreiben (AS 87 und 89) zu verfassen, welches er in der Einvernahme vor dem BFA am 11.01.2017 vorlegte. Wie sich aus dem Inhalt dieses Schreibens ergibt, ersuchte der Beschwerdeführer um die Verfassung dieses Schreibens. Weiters erzählte er dem Verfasser des Schreibens von seinem angeblichen Leben in Syrien, seiner Familie und seiner "Flucht" nach Österreich sowie über die Kultur und die politische Krise in "seinem Land" Syrien. Der Einfallsreichtum des Beschwerdeführers muss offenbar sehr groß sein, da der Verfasser des Unterstützungsschreibens sich veranlasst sah, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass er sich freue, den Beschwerdeführer "wieder glücklich zu sehen", da dieser ein Mensch sei, "der so viel Schlimmes erlebt und durchgemacht hat" (AS 87 und 89).

Der Beschwerdeführer erhielt in der Erstbefragung nicht nur ein Merkblatt über die Rechte und Pflichten von Asylwerbern, es wurde ihm sogar vorgelesen (Seite 2 des Protokolls der Erstbefragung), da er - tatsachenwidrig - behauptete, Analphabet zu sein. Der Beschwerdeführer hielt sein Konstrukt hinsichtlich einer Herkunft und Verfolgung in Syrien bis zur Einvernahme vor dem BFA aufrecht. Erst dort gab er seine wahre, irakische Identität preis. Wäre der Beschwerdeführer tatsächlich in seinem Herkunftsstaat Irak einer Verfolgung ausgesetzt, hätte er es nicht nötig gehabt, seinen Antrag auf internationalen Schutz unter Angabe einer syrischen Identität zu stellen. Es ist daher schon aus diesem Grund nicht glaubhaft, dass die sodann in der Einvernahme vor dem BFA präsentierte Fluchtgeschichte den Tatsachen entspricht.

Sofern in der Beschwerde ausgeführt wird, der Beschwerdeführer habe sich der falschen Identität bedient, weil er in einer "fluchtbedingten psychischen und physischen Ausnahmesituation, in der er unter großem Druck" gestanden sei, sich vor einer Abschiebung gefürchtet habe und leicht beeinflussbar gewesen sei, kann dem vor dem Hintergrund des soeben ausgeführten, insbesondere der Aufklärung über die Rechte und Pflichten eines Asylwerbers, der Aufforderung in der Erstbefragung, wahre und vollständige Angaben zu machen und dass diese eine wesentliche Grundlage für die Entscheidung des BFA sind (Seite 2 des Protokolls der Erstbefragung) und der Täuschung seines unmittelbaren Umfelds (Unterstützungsschreiben, AS 87 und 89), nicht gefolgt werden.

Darüber hinaus zeigt das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe sich deshalb einer falschen syrischen Identität bedient, weil er befürchtet habe, ansonsten als Iraker zurückgeschickt zu werden (Seite 2 des Protokolls der Einvernahme vor dem BFA), deutlich, dass dem Beschwerdeführer bewusst war, keine Gründe für eine Asylgewährung zu haben.

In der Einvernahme vor dem BFA nannte der Beschwerdeführer als Fluchtgrund, dass er Probleme mit seinem Vater gehabt habe, der ihn immer wieder geschlagen habe. Er habe auch in einem Restaurant gearbeitet, von dem der IS nicht weit entfernt gewesen sei. Deshalb habe er sich nicht in Sicherheit gefühlt. Konkrete Vorfälle mit dem IS verneinte der Beschwerdeführer (Seiten 5f des Protokolls der Einvernahme vor dem BFA). Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, das BFA hätte zu diesem Vorbringen ermitteln und nachforschen müssen, geht sie offenbar davon aus, dass sich XXXX in unmittelbarer Nähe von Mossul befinde, da von "nur einige[n]" Kilometern Entfernung die Rede ist (AS 255). Der Beschwerdeführer gab vor dem BFA an, dass XXXX ca. 50 Kilometer von Mossul entfernt sei. Dazu ist nun festzuhalten, dass XXXX im Gouvernement Dohuk liegt und der IS in dieser Gegend nie aktiv war. Mossul liegt hingegen im Gouvernement Ninewa. Dass die Behörde keine weiteren Ermittlungen zu diesem Vorbringen angestellt hat, ist angesichts des Umstands, dass XXXX im Gouvernement Dohuk liegt und der Beschwerdeführer persönliche Vorfälle mit dem IS ausschloss, nicht zu beanstanden. Es ist daher nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer eine Verfolgung seitens des IS zu befürchten hat. Darüber hinaus ist eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung aus dem bloßen Umstand der örtlichen Nähe zu Mossul nicht gegeben.

Vor dem BFA sprach der Beschwerdeführer auch davon, dass er von seinem Vater immer wieder geschlagen worden sei (Seite 5 des Protokolls der Einvernahme vor dem BFA). In der Beschwerde bringt der Beschwerdeführer dazu vor, dass die Misshandlungen in religiösen Auseinandersetzungen begründet gewesen seien, da sich der Beschwerdeführer geweigert habe, die Religion des Vaters auszuüben und seinem Willen gemäß zu beten. Deshalb sei er geschlagen und beschimpft worden und vor die Wahl gestellt worden, sich den Peschmerga-Kämpfern anzuschließen oder vom Vater verstoßen zu werden (AS 255). Dieses Vorbringen der Beschwerde ist schon deshalb nicht glaubhaft, weil der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor dem BFA dies mit keinem Wort erwähnte. Er hätte mehrere Gelegenheiten in der Einvernahme dazu gehabt, diese aber nicht wahrgenommen. Anlässlich der freien Schilderung seines Fluchtvorbringens wurde er aufgefordert, Zeiten und Orte der von ihm genannten Vorfälle zu nennen, doch hat der Beschwerdeführer dies nicht getan (Seite 5 des Protokolls der Einvernahme). Das Vorbringen des Beschwerdeführers war daher vage und unkonkret. Seine Schilderungen waren nicht dergestalt, dass angenommen werden könnte, der Beschwerdeführer berichte von persönlich Erlebtem. Er wurde auch gefragt, ob er ausreichend Zeit gehabt hätte, seine Probleme vollständig und so ausführlich zu schildern, wie er es gewollt habe. Diese Frage bejahte der Beschwerdeführer und erwähnte hier nicht, dass er die Probleme mit dem Vater wegen der Religion gehabt hätte (Seite 6 des Protokolls der Einvernahme). Der Beschwerdeführer wurde auch ausdrücklich gefragt, ob er jemals persönliche Probleme wegen seiner Religion gehabt hätte, was er verneinte (Seite 5 des Protokolls der Einvernahme). Wären die Probleme mit seinem Vater auf die Religion zurückzuführen, hätte er diese Frage aber bejahen müssen. Es ist daher auch aus diesem Grund nicht glaubhaft, dass er mit dem Vater Probleme wegen der Religion gehabt hätte. Der Beschwerdeführer wurde auch ausdrücklich auf das Neuerungsverbot hingewiesen und gefragt, ob er noch etwas angeben wolle, was ihm wichtig erscheine, er jedoch nicht gefragt worden sei. Auf diese Frage antwortete der Beschwerdeführer: "Das sind meine Probleme. Ich habe nicht mehr zu sagen." (Seite 6 des Protokolls der Einvernahme). Weil der Beschwerdeführer auf diese Frage nicht einmal ansatzweise einen Zusammenhang zwischen den Problemen mit dem Vater und der Religion herstellte, ist das diesbezüglich in der Beschwerde erstattete Vorbringen nicht glaubhaft. Schließlich wurde der Beschwerdeführer am Ende der Einvernahme gefragt, ob er abschließend noch etwas anführen wolle, doch schilderte er keine religiösen Auseinandersetzungen mit dem Vater. Nach Rückübersetzung des Einvernahmeprotokolls wurde der Beschwerdeführer noch einmal gefragt, ob er etwas berichtigen oder ergänzen wolle, worauf er antwortete, "Nein. Es hat alles gepasst." (Seite 8 des Protokolls der Einvernahme). Der Beschwerdeführer hatte somit zahlreiche Möglichkeiten, etwaige Probleme mit dem Vater wegen der Religion und der damit zusammenhängenden Aufforderung, sich den Peschmerga anzuschließen, vorzubringen, hat dies aber nicht getan. Wenn dann erstmals in der Beschwerde ein solches Vorbringen erstattet wird, ist dies nicht glaubhaft. Es wird damit offenbar bloß versucht, ein Fluchtgeschehen zu konstruieren.

Die Beschwerde versucht offenbar anhand von Länderberichten zur Situation im Irak ein Verfolgungsszenario aufzubauen, das nicht den Tatsachen entspricht. Dies zeigt sich deutlich im Vorbringen in der Beschwerde, die Behörde hätte ihre Ermittlungspflicht verletzt, weil Feststellungen dazu fehlen würden, "inwiefern der Beschwerdeführer als Vertriebener sunnitischer Araber aus einem vom IS kontrollierten Gebiet Diskriminierungen und Verfolgungen zu befürchten hat" (AS 273). Der Beschwerdeführer ist weder Araber noch stammt er aus einem vom IS kontrollierten Gebiet und er ist auch kein Vertriebener. Diese Ausführungen in der Beschwerde entbehren daher jeder Tatsachengrundlage. Der Beschwerdeführer verneinte zudem in der Einvernahme vor dem BFA Probleme wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit (Seite 5 des Protokolls der Einvernahme).

Zudem ist die Beschwerde auch in sich widersprüchlich, wenn einerseits behauptet wird, der Beschwerdeführer hätte sich den kurdischen Peschmerga-Kämpfern anschließen sollen und an anderer Stelle vom Beschwerdeführer als vertriebenem Araber die Rede ist. Die Ausführungen in der Beschwerde legen daher den Schluss nahe, dass der Vertreter des Beschwerdeführers, der die Beschwerde verfasste, mit den tatsächlichen Gegebenheiten im Irak nicht vertraut ist und ein Fluchtvorbringen bloß konstruiert.

Auch der in der Beschwerde angeführte Umstand, dass ihm wegen seines Aufenthalts in einem westlichen Staat, seiner westlichen Erscheinung und Gesinnung asylrelevante Verfolgung drohe, lässt sich nicht mit den herangezogenen Länderberichten betreffend die Behandlung von Rückkehrern im Irak in Einklang bringen und ist vor diesem Hintergrund nicht glaubhaft. Es gibt keine Berichte, dass der bloße Aufenthalt im "Westen" oder eine westliche Erscheinung und Gesinnung zu einer Verfolgung führen würden. Im Übrigen legte der Beschwerdeführer auch in der Beschwerde keine solchen Berichte vor, die diese Behauptung stützen würden. Zudem brachte der Beschwerdeführer ein solches Szeanrio in der Einvernahme vor dem BFA nicht einmal ansatzweise vor.

Zusammengefasst wird daher festgehalten, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, sein Fluchtvorbringen glaubhaft zu machen.

Die getroffenen Feststellungen zum Irak beruhen auf folgenden Berichten:

* UK Home Office, Iraq: Internal relocation, civil documentation and returns, Oktober 2018

* DTM Round 109, April 2019

* ACCORD: Irak, 3. Quartal 2018, Kurzübersicht ACLED; 20.12.2018

* Australian Government, DFAT Country Information Report Iraq, 9.10.2018

* Der Standard: Abtanzen in Bagdad: Irak zwischen Aufbruch und Angst, 12.11.2018

* Musings on Iraq, 15.01.2019

* Musings on Iraq, 03.04.2019

* UN Casualty Figures for Irak for the Month of December 2018, 03.01.2019

* Irak ruft Flüchtlinge zur Rückkehr aus Deutschland auf, 17.12.2018

Es handelt sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation im Irak ergeben. Angesichts der Seriosität der darin angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Dem Beschwerdeführer wurden diese Berichte mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelt. Er gab hierzu keine Stellungnahme ab. Auf die in der Beschwerde auszugsweise zitierten Berichte war mangels Aktualität nicht näher einzugehen.

IV. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

1. Unentschuldigtes Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung:

Nach dem gemäß § 17 VwGVG im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren anzuwendenden § 19 Abs. 3 AVG hat, wer nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten, und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Das Vorliegen eines der in § 19 Abs. 3 AVG genannten Gründe rechtfertigt das Nichterscheinen das Geladenen. Liegt ein solcher Rechtfertigungsgrund vor, kann nicht von einer "ordnungsgemäßen Ladung", die zur Durchführung der Verhandlung auch in Abwesenheit der Partei berechtigt, gesprochen werden (vgl. VwGH 18.06.2015, Ra 2015/20/0110 unter Hinweis auf VwGH vom 14.02.2013, 2012/08/0254, mwN).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat eine Partei im Falle einer ordnungsgemäßen Ladung zwingende Gründe für das Nichterscheinen darzutun. Das bedeutet, dass nicht allein die Tatsache des Vorliegens einer Erkrankung behauptet und dargetan werden muss, sondern auch die Hinderung aus diesem Grunde, bei der Verhandlung zu erscheinen. Die Triftigkeit des Nichterscheinens zu einer Verhandlung muss überprüfbar sein (vgl. VwGH 18.06.2015, Ra 2015/20/0110 unter Hinweis auf VwGH 26.02.2014, 2012/02/0079).

Am Tag vor der mündlichen Verhandlung, wurde vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eine e-mail an das Bundesverwaltungsgericht gesendet, die am Tag der Verhandlung in der Außenstelle Linz einlangte. In dieser wurde mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer in einer sehr schlechten psychischen Verfassung sei und daher den Verhandlungstermin nicht wahrnehmen könne. Der e-mail war eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 17.06.2019 beigefügt. Bei einer e-mail handelt es sich um eine unbeachtliche Eingabe, weshalb schon aus diesem Grund die mündliche Verhandlung zu Recht in Abwesenheit des Beschwerdeführers stattfinden konnte.

Darüber hinaus obliegt es nicht dem Beschwerdeführer oder seinem Rechtsvertreter, einen Verhandlungstermin beim Bundesverwaltungsgericht abzusagen, wie dies mit der e-mail wörtlich erfolgte ("leider muss ich den Termin für Interview für o.g. Klienten absagen", OZ 12), sondern alleine der Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts. Eine mündliche Verhandlung ist zudem kein "Interview", das nach Belieben des Beschwerdeführers oder seines Vertreters stattfinden kann.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die vorgelegte "Arbeitsunfähigkeitsmeldung" keinerlei Aufschluss über die Art der Verhinderung des Beschwerdeführers gibt. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass es dem Geladenen obliegt, das Hindernis der Teilnahme an der Verhandlung konkret darzulegen (VwGH 25.04.2008, 2007/02/0356). Aus der Arbeitsunfähigkeitsmeldung vom 17.06.2019 geht lediglich "Krankheit" als Grund der Arbeitsunfähigkeit hervor. Es mag zwar sein, dass der Beschwerdeführer "arbeitsunfähig" gewesen sei, doch ist dem Bundesverwaltungsgericht einerseits eine Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers nicht bekannt und andererseits kann aus einer Arbeitsunfähigkeit keine Reise- und Verhandlungsunfähigkeit abgeleitet werden. Außerdem wurde eine Bettruhe nicht angeordnet. Als Ausgehzeiten wurden 8 bis 12 Uhr und 12 bis 20 Uhr, also ein durchgehender Zeitraum von 12 Stunden, festgelegt, was nicht darauf schließen lässt, dass ein zwingender Grund für das Nichterscheinen vorliegt. Die bloße Behauptung einer Erkrankung reicht nicht. Der Beschwerdeführer hat nicht dargetan, dass er aus diesem Grund auch gehindert war, bei der Verhandlung zu erscheinen (vgl. VwGH 17.02.2016, Ra 2015/08/0006, mwN).

Die Verhandlung konnte daher in Abwesenheit des Beschwerdeführers stattfinden.

2. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht, oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, "aus Gründen" (Englisch: "for reasons of"; Französisch: "du fait de") der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0047 unter Hinweis auf VwGH 28.05.2009, 2008/19/1031).

Die Gefahr der Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG iVm Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention kann nicht nur ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (vgl. VwGH 23.02.2017, Ra 2016/20/0089 unter Hinweis auf VwGH 29.04.2015, Ra 2014/20/0151, mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden Verfolgung nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der Flüchtlingskonvention genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er aufgrund staatlicher Verfolgung mit der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ihm dieser Nachteil aufgrund einer von dritten Personen ausgehenden, vom Staat nicht ausreichend verhinderbaren Verfolgung mit derselben Wahrscheinlichkeit droht. In beiden Fällen ist es ihm nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohl begründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 24.03.2011, 2008/23/1101 unter Hinweis auf VwGH 22.03.2000, 99/01/0256; mwN).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0119 unter Hinweis auf VwGH 28.10.2009, 2006/01/0793, mwN).

Da der Beschwerdeführer die behaupteten Fluchtgründe, der Beschwerdeführer von seinem Vater wegen weltanschaulicher oder religiöser Differenzen geschlagen worden sei und dass er von seinem Vater vor ein Ultimatum gestellt worden sei, sich den Peschmerga anzuschließen oder verstoßen zu werden, nicht hat glaubhaft machen können, liegt die Voraussetzung für die Gewährung von Asyl nicht vor, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe.

Hinsichtlich der behaupteten Probleme mit dem Vater handelt es sich überdies um eine befürchtete Verfolgung durch Privatpersonen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233 unter Hinweis auf VwGH 28.01.2015, Ra 2014/18/0112, mwN). Es kommt in einem solchen Fall nicht allein darauf an, ob der Staat Schutz gewähren kann. Entscheidungswesentlich ist vielmehr, auf welche Ursachen allenfalls fehlender staatlicher Schutz zurückzuführen ist. Nur wenn der Heimatstaat des Beschwerdeführers aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren, käme einer Verfolgung nämlich asylrelevanter Charakter zu. Dass die irakischen Behörden aus asylrelevanten Gründen nicht gewillt wären, dem Beschwerdeführer Schutz zu gewähren, brachte der Beschwerdeführer nicht vor und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Zum Vorbringen hinsichtlich einer Verfolgungsgefahr durch den IS ist darauf zu verweisen, dass das Vorbringen des Asylwerbers, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen muss. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, wird grundsätzlich zur Dartuung von selbst Erlebtem nicht genügen (vgl. VwGH 15.03.2016, Ra 2015/01/0069). Schon aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass dem Vorbringen des Asylwerbers zentrale Bedeutung zukommt. Das geht auch aus § 18 Abs. 1 AsylG deutlich hervor, wonach das BFA und das Bundesverwaltungsgericht in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken haben, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Diese Pflicht bedeutet aber nicht, ohne entsprechendes Vorbringen des Asylwerbers oder ohne sich aus den Angaben konkret ergebende Anhaltspunkte jegliche nur denkbaren Lebenssachverhalte ergründen zu müssen (vgl. dazu, dass die Beurteilung eines gar nicht erstatteten Vorbringens mitunter sogar auch zu einer vom VwGH wahrzunehmenden Rechtsverletzung führen kann, VwGH 09.09.2010, 2007/20/0558 bis 0560). Der Beschwerdeführer gab an, dass es mit dem IS nie zu persönlichen Erlebnissen gekommen sei. Das Vorbringen, dass der Beschwerdeführer 50 Kilometer von Mossul entfernt lebte, genügt nicht, um eine maßgeblich wahrscheinliche Verfolgung des Beschwerdeführers annehmen zu können.

Sofern in der Beschwerde ausgeführt wird, auf Grund der Rückkehr aus einem westlichen Land und wegen der westlichen Erscheinung und Gesinnung des Beschwerdeführers hätte dieser eine asylrelevante Verfolgung zu befürchten, lässt sich den Länderfeststellungen eine Verfolgungsgefahr wegen der Rückkehr aus einem westlichen Land und einer westlichen Erscheinung und Gesinnung nicht entnehmen. Der Beschwerdeführer legte selbst auch keine Berichte vor, die diese von ihm aufgestellte Behauptung stützen würden.

Es gibt bei Zugrundelegung des Gesamtvorbringens des Beschwerdeführers keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Irak maßgeblich wahrscheinlich Gefahr laufen würde, einer asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt zu sein. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedenfalls nicht, um den Status des Asylberechtigten zu erhalten (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100).

Daher ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1) oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

Die Zuerkennung von subsidiärem Schutz setzt somit voraus, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in seine Heimat entweder eine reale Gefahr einer Verletzung insbesondere von Art. 2 oder 3 EMRK bedeuten würde oder für ihn eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes im Irak mit sich bringen würde.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 2 oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. etwa VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095, mit weiteren Nachweisen). Zu berücksichtigen ist auch, ob solche exzeptionellen Umstände vorliegen, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet (VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0236 mwN).

Um von der realen Gefahr ("real risk") einer drohenden Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, reicht es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf vielmehr einer darüber hinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (vgl. etwa VwGH 13.12.2017, Ra 2017/01/0187, mwN).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass ein "real risk" (reales Risiko) vorliegt, wenn stichhaltige Gründe ("substantial grounds") dafür sprechen, dass die betroffene Person im Falle der Rückkehr in die Heimat das reale Risiko (insbesondere) einer Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte zu gewärtigen hätte. Dafür spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob dieses reale Risiko in der allgemeinen Sicherheitslage im Herkunftsstaat, in individuellen Risikofaktoren des Einzelnen oder in der Kombination beider Umstände begründet ist. Allerdings betont der EGMR in seiner Rechtsprechung auch, dass nicht jede prekäre allgemeine Sicherheitslage ein reales Risiko iSd Art. 3 EMRK hervorruft. Im Gegenteil lässt sich seiner Judikatur entnehmen, dass eine Situation genereller Gewalt nur in sehr extremen Fällen ("in the most extreme cases") diese Voraussetzung erfüllt (vgl. etwa EGMR vom 28. November 2011, Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und Elmi gg. Vereinigtes Königreich, RNr. 218 mit Hinweis auf EGMR vom 17. Juli 2008, Nr. 25904/07, NA gg. Vereinigtes Königreich). In den übrigen Fällen bedarf es des Nachweises von besonderen Unterscheidungsmerkmalen ("special distinguishing features"), aufgrund derer sich die Situation des Betroffenen kritischer darstellt als für die Bevölkerung im Herkunftsstaat im Allgemeinen (vgl. etwa EGMR Sufi und Elmi, RNr. 217).

Der Tatbestand einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in § 8 Abs. 1 Z 2 Asyl 2005 orientiert sich an Art. 15 lit. c der Statusrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU) und umfasst - wie der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) erkannt hat - eine Schadensgefahr allgemeiner Art, die sich als "willkürlich" erweist, also sich auf Personen ungeachtet ihrer persönlichen Situation erstrecken kann. Entscheidend für die Annahme einer solchen Gefährdung ist nach den Ausführungen des EuGH, dass der den bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson liefe bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr, einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ausgesetzt zu sein. Dabei ist zu beachten, dass der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, damit der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz hat, umso geringer sein wird, je mehr er möglicherweise zu belegen vermag, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH vom 17. Februar 2009, C- 465/07, Elgafaji, und vom 30. Jänner 2014, C-285/12, Diakite).

Nach der dargestellten Rechtsprechung sowohl des EGMR als auch des EuGH ist von einem realen Risiko einer Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte einerseits oder von einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts andererseits auszugehen, wenn stichhaltige Gründe für eine derartige Gefährdung sprechen.

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können aber besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaates im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen. In diesem Fall kann das reale Risiko der Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internation

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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