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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art137 / sonstige zulässige KlagenLeitsatz
Abweisung einer auf die Rückerstattung der Prozeßkosten eingeschränkten Klage gegen die Gemeinde Wien nach Aufhebung eines Bescheides durch den Verfassungsgerichtshof; kein Verzug der beklagten Partei infolge Rückzahlung des zu Unrecht eingehobenen Betrages samt Zinsen unmittelbar nach Erlassung des ErsatzbescheidesSpruch
Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei die Prozeßkosten binnen 14 Tagen zu bezahlen, wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 4. Juli 1995, Z MA 65-12/169/95, wurden dem Beschwerdeführer für die gemäß §89 a Abs7 und 7 a StVO 1960 am 30. Jänner 1995 vorgenommene Entfernung und nachfolgende Aufbewahrung des in Wien 6, Amerlingstraße 19, verkehrsbeeinträchtigend abgestellten PKW Kosten von insgesamt S 1.260,- vorgeschrieben.
Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. September 1995, B2200/95, aufgehoben.
2. Der Kläger begehrt mit der am 8. November 1995 beim Verfassungsgerichtshof eingelangten Klage die Rückzahlung des von ihm entrichteten Betrages von S 1.260,- samt 4 % Zinsen sowie den Ersatz der Prozeßkosten, da die beklagte Partei bereits mit Schreiben vom 16. Oktober 1995 zur Rückzahlung des genannten Betrages aufgefordert worden sei. Mit Schreiben vom 27. Oktober 1995 sei von der beklagten Partei neuerlich die Rückzahlung des zu Unrecht eingehobenen Betrages von S 1.260,- bis 3. November 1995 gefordert worden. Da die Leistungsfrist daher abgelaufen sei, sei die beklagte Partei schuldig, "der klagenden Partei den Betrag von ÖS 1.260,- samt 4 % Zinsen seit 04.11.1995 sowie die Kosten dieses Rechtsstreits binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu bezahlen".
Mit Eingabe vom 23. November 1995 schränkte der Kläger das Klagebegehren auf 4 % Zinsen aus S 1.260,- vom 4. November 1995 bis 23. November 1995 sowie den Prozeßkostenersatz ein, da die beklagte Partei "am 21.11.1995 (den Klagsbetrag), per Valuta 23.11.1995, an den Kläger gezahlt" hätte.
Nachdem mit Valuta 1. Dezember 1995 von der beklagten Partei auch kapitalisierte Zinsen von S 2,80,- an den Kläger angewiesen wurden, schränkte der Kläger sein Klagebegehren mit Schriftsatz vom 23. Jänner 1996 neuerlich und zwar auf Bezahlung der Prozeßkosten ein.
3. In ihrer Gegenschrift wird von der beklagten Partei das Vorbringen des Klägers im wesentlichen außer Streit gestellt, jedoch eingewendet, daß durch das aufhebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes das Verfahren in die Lage zurückgetreten sei, in der es sich vor der Erlassung des aufgehobenen Berufungsbescheides befunden habe. Es sei somit neuerlich über die Berufung des Klägers gegen den gemäß §89 a Abs7 und 7 a StVO 1960 in erster Instanz erlassenen Kostenbescheid zu entscheiden gewesen.
Das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes sei am 11. Oktober 1995 beim Magistrat der Stadt Wien eingelangt. In der nächstfolgenden Sitzung des Berufungssenates der Stadt Wien, am 7. November 1995, sei in Verfolgung der vom Verfassungsgerichtshof vertretenen Rechtsanschauung ein neuer Berufungsbescheid beschlossen worden, mit welchem der Berufung des Klägers Folge gegeben und der angefochtene erstbehördliche Bescheid behoben wurde. Der Ersatzbescheid sei dem Kläger am 14. November 1995 zugestellt worden. Gleichzeitig sei unverzüglich die Rücküberweisung des Kostenbetrages von S 1.260,-
an den Kläger veranlaßt worden, sodaß keine Säumigkeit der beklagten Partei vorliege. Vor Erlassung des Ersatzbescheides hätte jedoch für eine Rückzahlung des vom Kläger erlegten Kostenbetrages keine Rechtsgrundlage bestanden.
Da - nach Auffassung der beklagten Partei - die Rückzahlung erst mit Wegfallen des erstbehördlichen Kostenbescheides durch Erlassen des Ersatzbescheides fällig geworden sei und andererseits die beklagte Partei mit der Veranlassung der Rückzahlung nicht säumig sei, stellt die beklagte Partei den Antrag, die Klage als unbegründet abzuweisen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof ua. über vermögensrechtliche Ansprüche an die Gemeinden, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind. Der vorliegende Anspruch ist ein vermögensrechtlicher Rückforderungsanspruch wegen Wegfallens des seinerzeit bestandenen Rechtsgrundes der Zahlung. Wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist - sofern nichts anderes angeordnet ist - die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für Rückforderungsansprüche nicht gegeben, wenn der Vermögenszuwachs auf einem öffentlich-rechtlichen Titel beruht (vgl. VfSlg. 8065/1977, 9498/1982, 12026/1989, 12298/1990).
Er ist auch nicht durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen. Eine Kompetenz zur bescheidmäßigen Absprache über den geltend gemachten Rückerstattungsanspruch ist dem Gesetz für Fälle der vorliegenden Art nicht zu entnehmen.
Die Klage ist daher zulässig.
2. Wie in dem vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 8542/1979 entschiedenen Verfahren, ergab sich auch im vorliegenden Fall aus der Aufhebung des Bescheides durch den Verfassungsgerichtshof lediglich die Pflicht der Behörde, über die Zahlungspflicht des Klägers für die Kosten der Abschleppung seines PKWs neuerlich (in einem Ersatzbescheid) abzusprechen.
Wie sich aus der Gegenschrift der beklagten Partei sowie der Aktenlage ergibt, ist der Ersatzbescheid, mit welchem der erstinstanzliche Bescheid ersatzlos behoben wurde, mit 7. November 1995 datiert. Maßgeblich für den Wegfall der Zahlungspflicht des Klägers war erst die Tatsache, daß - nach neuerlicher Überprüfung der Sach- und Rechtslage vor Erlassung des Ersatzbescheides - das Abstellen des Fahrzeuges nicht als verkehrsbeeinträchtigend qualifiziert werden konnte, da insbesondere auch keine Zufahrt behindert wurde. Die Rückzahlung ist unmittelbar nach Erlassung des Ersatzbescheides am 21. November 1995 erfolgt.
3. Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung zwar davon aus, daß bei Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisses der säumige Schuldner Verzugszinsen im Sinne der §§1333, 1334 ABGB zu zahlen hat (vgl. VfSlg. 5079/1965, 9498/1982, 11039/1986).
Da jedoch Verzugszinsen gemäß §1334 ABGB nur im Verzugsfalle zustehen, Verzug jedoch erst eingetreten wäre, wenn die beklagte Partei trotz Wegfall der Zahlungspflicht als Folge des zugunsten des Klägers erlassenen Ersatzbescheides einer Mahnung nicht entsprochen hätte, stand der klagenden Partei ein Anspruch auf Verzugszinsen nicht zu.
4. Demgemäß steht dem Kläger auch kein Anspruch gegenüber der beklagten Partei auf Kostenersatz zu.
Das auf Leistung der Prozeßkosten eingeschränkte Klagebegehren war daher abzuweisen.
5. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden.
Schlagworte
VfGH / Klagen, VfGH / Kosten, Ersatzbescheid, AbschleppungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:A18.1995Dokumentnummer
JFT_10039773_95A00018_00