Entscheidungsdatum
15.04.2020Norm
AVG §68 Abs1Spruch
W203 2201391-2/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER als Einzelrichter über das als "Säumnisbeschwerde" bezeichnete Anbringen von XXXX , XXXX , in einer Angelegenheit betreffend die Berufsreifeprüfung:
A)
Das Anbringen wird wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Einschreiter trat am 08.05.2018 im Rahmen der Berufsreifeprüfung zur schriftlichen Klausur der Teilprüfung "Lebende Fremdsprache Englisch" an. Die Prüfung wurde mit "Nicht genügend" beurteilt.
2. Gegen die Entscheidung der Berufsreifeprüfungskommission vom 22.05.2018, dass die Teilprüfung aus "Lebende Fremdsprache Englisch (schriftlich)" nicht bestanden wurde, erhob der Einschreiter fristgerecht Widerspruch.
3. Mit Bescheid des zuständigen Landesschulrates (nunmehr: Bildungsdirektion) vom 04.07.2018, Zl. 76.109/0001-allg/2018 wurde dem Widerspruch keine Folge gegeben und die Entscheidung der Berufsreifeprüfungskommission bestätigt.
4. Am 16.07.2018 erhob der Einschreiter Beschwerde gegen den Bescheid vom 04.07.2018.
5. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.09.2018, Zl. W203 2201391-1/2E wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Revision gegen dieses Erkenntnis für nicht zulässig erklärt.
6. Mit Schreiben vom 18.09.2018 erhob der Einschreiter außerordentliche Revision gegen das Erkenntnis des Bundesveraltungsgerichts.
7. Das daraufhin eingeleitete Revisionsverfahren wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.11.2018 eingestellt.
8. Eine neuerliche, an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Eingabe des Einschreiters wurde wegen "Konsumation des Revisionsrechtes" mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.05.2019 zurückgewiesen.
9. Am 30.12.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein als "Säumnisbeschwerde gegen Erkenntnis des BVwG Zahl W203 2201391-1/2E vom 13.09.2018, über Zahl W203 2201391-1/2E, zugestellt am 18.09.2018, über Zahl 76.109/0001-allg/2018" bezeichnetes Anbringen des Einschreiters vom 27.12.2019 ein. Dieses Anbringen enthielt folgende Begründung (wörtlich wiedergegeben):
"Nicht erkannte Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften durch unschlüssige Beweiswürdigung wegen fehlendem unterlassenen Feststellungsverfahren, dass nicht gemäß Beurteilungsblatt Lebende Fremdsprachen BHS und BRP (Nova reperta), eine Beurteilung über die Summen aus dem rezeptiven Kompetenzbereich und produktiven Kompetenzbereich vorgelegt wurde und daher keine Gesamtsumme nach den gewichteten Punkten beurteilt wurde. Daraus geht eindeutig aus Gutachten bzw. Stellungsnahmen der Kommission, Prüferin, Inspektorin hervor, dass nach der höherwertigen Beurteilung Lebende Fremdsprachen AHS beurteilt wurde und dies grundsätzliche verschiedene Einstufungen und Voraussetzungen darstellen.
Die Beurteilung nach Lebende Fremdsprachen BHS und BRP lautet folgend, welche in allen wesentlichen Bereichen positiv erfüllt wurden;
1.) Im rezeptiven Kompetenzbereich lautet die Berechnung: Erreichte Punkte / Maximalpunktezahl ^ 25 = Gewichtete Punkte.
2.) Im produktiven Kompetenzbereich lautet die Berechnung; Errechnete Punkte / 120 ^ 50 = Gewichtete Punkte.
3.) Die Summen der gewichteten Punkte ergeben die Gesamtsumme.
Diese Beurteilung nach Lebende Fremdsprache BHS und BRP, welche die Kriterien erfüllt, wurde keinesfalls von Prüferin, Inspektorin und Kommission durchgeführt, eine nachträgliche Beurteilung durch das Gericht ist nicht zulässig, da die Punkteangaben nur nach Lebende Fremdsprache AHS beurteilt wurden und ferner eine unzulässige nachträgliche Summierung, sind Nova producta. Nova producta sind unzulässig und gegen die Entscheidungen im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung. Da mich die Abweisung der belangten Behörde in meinem einfachgesetzlich gewährleisteten Recht auf Entscheidung verletzt, erhebe ich in offener Frist Antrag auf außerordentliche Revision und stelle die ANTRÄGE
Das Bundesverwaltungsgericht möge gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG ohne mündliche Verhandlung die angefochtenen Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklären und aufheben, über meinen Antrag in der Sache selbst erkennen;
Gemäß § 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 erkennen, die ausführende Partei des indossablen Papier ist schuldig, die mir durch das verwaltungsgerichtliche Verfahren entstandenen Kosten im gesetzlichen Ausmaß binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Es handelt sich aber um die Erlangung neuer oben genannte Erkenntnisse, somit besteht auch die Beschwerde gegen die mit den Entscheidungen in Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung in der Zulässigkeit des Widerspruchs durch unterlassene Verfahrenshandlung, mangelhafte Sachverhaltsaufklärung und mangelhafte Beweiswürdigung in den Bescheiden, damit liegen hier allgemein Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung nach Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG wegen Art. 30 Abs. 2 Z 1 B-VG vor.
XXXX in eigener Postulationsfähigkeit über ERV."
10. Am 31.01.2020 erging ein hg. Mängelbehebungsauftrag an den Einschreiter, mit dem dieser aufgefordert wurde, den Mangel des Anbringens durch Klarstellung darüber, was tatsächlich damit begehrt werde, bis längstens 14.02.2020 (einlangend beim BVwG) zu beheben.
11. Einlangend beim Bundesverwaltungsgericht am 10.02.2020 nahm der Einschreiter zum Mängelbehebungsauftrag unter dem Betreff "Schreiben vom BVwG, vom 27.12.2020 vollinhaltlich zurückgewiesen" wie folgt Stellung:
"Weiterleitung gemäß § 6 Abs. 1 iVm § 12 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), über Anbringen Zahl W203 2201391-1/14Z vom 23.04.2019 des BVwG ist zuständigkeitshalber gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) durch das gesetzte Verhalten der Behörde gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, vom VwGH gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG zu behandeln. Die Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) ist abgelaufen.
Eingabe über ERV"
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Bescheid der zuständigen Schulbehörde vom 04.07.2018 wurde die Entscheidung der Berufsreifeprüfungskommission vom 22.05.2018, dass der Einschreiter die Teilprüfung aus "Lebende Fremdsprache Englisch (schriftlich)" nicht bestanden hat, bestätigt.
Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts abgewiesen.
Das dagegen vom Einschreiter eingeleitete Revisionsverfahren wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 29.11.2018 eingestellt.
Die Entscheidung, dass der Einschreiter im Zuge seiner am 08.05.2018 absolvierten Berufsreifeprüfung die Teilprüfung aus "Lebende Fremdsprache Englisch (schriftlich)" nicht bestanden hat, ist in Rechtskraft erwachsen; ein Rechtsmittel dagegen ist nicht mehr zulässig.
Das Anbringen des Einschreiters vom 27.12.2019 richtet sich inhaltlich gegen die Beurteilung der Teilprüfung aus "Lebende Fremdsprache Englisch (schriftlich)" als "nicht bestanden".
Es konnte nicht festgestellt werden, ob sich der Einschreiter mit seinem Anbringen an das Bundesverwaltungsgericht oder an den Verwaltungsgerichtshof wenden wollte.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt und sind unstrittig.
Die Feststellung, dass dem Einschreiter kein Rechtsmittel mehr gegen die von ihm bereits mit Beschwerde vom 15.07.2018 angefochtene Entscheidung offensteht, ergibt sich daraus, dass dieser laut Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.05.2019 in der gegenständlichen Angelegenheit sein Revisionsrecht bereits konsumiert hat.
Dass nicht festgestellt werden konnte, an wen sich das Anbringen konkret richtet, ergibt sich daraus, dass der Einschreiter einerseits beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge in der Sache selbst entscheiden, andererseits aber auch begehrt, die Angelegenheit möge zuständigkeitshalber dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt werden
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt A) (Abweisung des Anbringens wegen entschiedener Sache):
3.1.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 leg. cit. die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 leg. cit. findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Aus der Rechtsprechung zu § 68 AVG ist abzuleiten, dass über ein und dieselbe Rechtssache nur einmal rechtskräftig zu entscheiden ist. Mit der Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass die mit der Entscheidung unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot). Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen und folgt aus dem Gedanken der materiellen Rechtskraft grundsätzlich eine Bindungswirkung an eine behördliche Entscheidung (VwGH vom 24. Mai 2016, Ra 2016/03/0050, Ra 2017/03/0027).
Identität der Sache liegt dann vor, wenn einerseits weder in der Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteibegehrens maßgeblichen tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich andererseits das neue Parteibegehren im Wesentlichen (von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, abgesehen) mit dem früheren deckt. (VwGH 29.01.2008, Zl. 2005/11/0102).
Die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Entschiedene Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen.
3.1.2. Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies:
Das gegenständliche Anbringen richtet sich auf einen neuerlichen Abspruch über die Rechtsmäßigkeit der Beurteilung einer Teilprüfung der Berufsreifeprüfung. Es kann dabei auch dahingestellt bleiben, ob der Einschreiter eine Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht oder eine solche durch den Verwaltungsgerichtshof begehrte, weil sowohl einer neuerlichen Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht aufgrund dessen Erkenntnisses vom 13.09.2018 als auch einer Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof aufgrund des vom Einschreiter bereits konsumierten Revisionsrechts das Prozesshindernis der "entschiedenen Sache" entgegensteht.
Das Anbringen des Einschreiters war daher wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
3.1.3. Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt unstrittig ist und die Lösung der Rechtssache nur von einer Rechtsfrage abhängt, wofür eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12).
3.1.4. Es war daher ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Spruchpunkt A) zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt B) (Zur Unzulässigkeit der Revision):
3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
3.2.3. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Punkten bei Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
3.2.4. Es war daher gemäß Spruchpunkt B) zu entscheiden.
Schlagworte
entschiedene Sache Identität der Sache Prozesshindernis der entschiedenen Sache res iudicata SäumnisbeschwerdeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W203.2201391.2.00Im RIS seit
10.09.2020Zuletzt aktualisiert am
10.09.2020