TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/16 W101 2227411-1

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Veröffentlicht am 16.04.2020
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Entscheidungsdatum

16.04.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
GebAG §20 Abs1
GebAG §3
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W101 2227411-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX gegen den in Vertretung des Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen Wien erlassenen Bescheid vom 27.12.2019, Zl. Jv 8679/19k-33, betreffend Zeugengebühren zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 03.12.2019 nahm der nunmehrige Beschwerdeführer als Zeuge an einer Hauptverhandlung zum Verfahren zu 061 Hv 106/19g vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien (im Folgenden: LG) teil. Er war aus dem Ausland (Deutschland) geladen worden.

In der Folge beantragte der Beschwerdeführer fristgerecht seine in diesem Zusammenhang angefallenen Gebührenansprüche iHv insgesamt ? 539,30.

Mit E-Mail vom 19.12.2019 ersuchte die belangte Behörde den Beschwerdeführer um Beantwortung einzelner Fragen zur abschließenden Beurteilung seiner Gebührenansprüche binnen 14 Tagen. Diesem Ersuchen kam der Beschwerdeführer fristgerecht nach.

2. Mit Bescheid vom 27.12.2019, Zl. Jv 8679/19k-33, waren die Gebühren des Zeugen für die Teilnahme an der Verhandlung vom 03.12.2019 mit ingesamt ? 420,80 bestimmt worden. Dieser Bescheid war von einem Präsidialrichter des LG "in Vertretung" unterfertigt worden.

3. Dagegen erhob der Beschwerdeführer am 27.12.2019 fristgerecht eine Beschwerde, wobei er im Wesentlichen um vollen Zuspruch seiner beantragten Gebühren iHv insgesamt ? 539,00 ersuchte.

4. In der Folge legte die belangte Behörde mit Schreiben vom 27.12.2019 die Beschwerde samt dem dazugehörenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Fertigungsklausel des angefochtenen Bescheides lautet "Landesgericht für Strafsachen Wien, Der Präsident [Ort und Datum des Bescheides] in Vertretung XXXX ".

Maßgebend ist, dass der angefochtene Bescheid nicht vom Präsidenten des LG als "Leiter des Gerichts", sondern von XXXX , einem Präsidialrichter des LG, "in Vertretung" unterfertigt wurde.

2. Beweiswürdigung:

Die obigen Feststellungen ergeben sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere aus der Fertigungsklausel des angefochtenen Bescheides.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2.2. Gemäß § 20 Abs. 1 GebAG in der seit 01.07.2019 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 44/2019 ist die Gebühr [eines Zeugen] im Justizverwaltungsweg vom Leiter des Gerichts zu bestimmen, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte. Der Leiter des Gerichts kann einen geeigneten Bediensteten des Gerichts mit der Durchführung des Verfahrens betrauen und ihn ermächtigen, in seinem Namen zu entscheiden; bei aus dem Ausland geladenen Zeugen ist ein solches Vorgehen jedoch nur dann zulässig, wenn der geltend gemachte Gebührenbetrag 300 Euro nicht übersteigt.

Da der gegenständliche Bescheid die Bestimmung der Gebühren eines Auslandszeugen iHv ? 420,80 zum Gegenstand hat, kommt die Betrauung eines Bediensteten des Gerichts mit der Durchführung des Verfahrens und die Ermächtigung desselben, im Namen des Leiters des Gerichtes zu entscheiden, nicht in Betracht.

Eine - wie im vorliegenden Fall vorgenommene - Delegation an einen Präsidialrichter des LG bei der Bestimmung eines 300 Euro übersteigenden Gebührenbetrages betreffend Auslandszeugen hat demnach zur Folge, dass der angefochtene Bescheid nicht von der zuständigen Behörde erlassen wurde.

Die Unzuständigkeit der Behörde führt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch dann, wenn sie vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht wurde, zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides (VwGH 25.04.1991, 91/06/0010).

Da dem angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen eine Rechtswidrigkeit iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG anhaftet, war der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG Folge zu geben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

3.3. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Im Falle der Stattgabe einer Beschwerde, anders als bei einer Abänderung, kann damit eine mündliche Verhandlung entfallen (Fister/Fuchs/ Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 24 VwGVG, Anm. 8).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (siehe oben unter 3.2.3. zit. Judikatur), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

ausländischer Zeuge Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung Fertigungsklausel Landesgerichtspräsident Unzuständigkeit Vertretung Vertretungsbefugnis Vertretungsfunktion

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W101.2227411.1.00

Im RIS seit

10.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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