Entscheidungsdatum
17.04.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W256 2221941-1/6E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Caroline Kimm als Vorsitzende, der fachkundigen Laienrichterin Dr. Claudia Rosenmayr-Klemenz und dem fachkundigen Laienrichter Mag. Matthias Schachner als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Mag. Kalchschmid Ferdinand, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom 2. Mai 2019, GZ: DSB- XXXX beschlossen:
A) Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Datenschutzbehörde zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
In seiner an die belangte Behörde gerichteten Eingabe vom 11. Mai 2018 rügte XXXX (im Folgenden: mitbeteiligte Partei), dass der Beschwerdeführer eine Kamera im 1. Obergeschoss seines Wohnhauses montiert habe, die den Eingangsbereich zum Grundstück des Beschwerdeführers überwachen würde. Dazu legte die mitbeteiligte Partei Lichtbilder vor, welche die vom Beschwerdeführer montierte Kamera zeigen sollen.
Mit Schreiben vom 4. Juni 2018 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde aufgefordert, zu den Vorwürfen der mitbeteiligten Partei Stellung zu beziehen.
In seiner Stellungnahme vom 21. Juni 2018 führte der Beschwerdeführer aus, auf den von der mitbeteiligten Partei übermittelten Lichtbildern seien keine Kameras, sondern lediglich auf seinem Innenfenster und auf einer Styroporplatte aufgeklebte (zwischenzeitig jedoch ohnedies entfernte) Lichtbilder einer Kamera, folglich "Papierfotos" zu ersehen.
Im dazu gewährten Parteiengehör führte die mitbeteiligte Partei mit E-Mail vom 26. Juni 2018 aus, der Beschwerdeführer versuche sich "mit einer gezielten Falschaussage aus der Affäre zu ziehen". Es liege der mitbeteiligten Partei ein Brief des Anwaltes des Beschwerdeführers vor, in welchem der mitbeteiligten Partei die Demontage der Kameras bestätigt, diese allerdings am nächsten Tag wieder montiert worden seien. Als Beweis dafür wurde von der mitbeteiligten Partei neuerlich ein Foto vorgelegt, auf welchem eine dreidimensionale Kamera zu ersehen sei.
Über Aufforderung der belangten Behörde mit Schreiben vom 24. Juli 2018 teilte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 29. August 2018 der belangten Behörde daraufhin mit, er halte auf seinem Grundstück etliche Hühner. Da ein Wildtier einem Huhn eines Nachbarn den Kopf abgebissen habe, habe der Beschwerdeführer eine Tierbeobachtungskamera für Nachtaufnahmen am Fenster positioniert und zwar derart, dass nicht das Grundstück der mitbeteiligten Partei erfasst werde. Da ihn ein Rechtsanwalt auf die strenge Gesetzeslage in Bezug auf den Datenschutz aufmerksam gemacht habe, habe er die Kamera aber bereits entfernt.
Dazu hat sich die mitbeteiligte Partei im Zuge des Parteiengehörs nicht geäußert.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der "Datenschutzbeschwerde" der mitbeteiligten Partei vom 11. Mai 2018 Folge gegeben und festgestellt, dass der Beschwerdeführer die mitbeteiligte Partei dadurch in ihrem Recht auf Geheimhaltung verletzt habe, "indem er zwischen 11. Mai 2018 und 26. Juni 2018 Bildaufnahmen vom Grundstück [der mitbeteiligten Partei] gemacht habe.
Dazu stellte die belangte Behörde zunächst fest, dass der Beschwerdeführer spätestens am 11. Mai 2018 Kameras im 1. OG seines Hauses angebracht habe, mit welchen der Eingangsbereich der mitbeteiligten Partei miterfasst worden sei. Dies ergebe sich aus den von der mitbeteiligten Partei im Verfahren vorgelegten und im angefochtenen Bescheid auch bildlich wiedergegebenen Bildbeweisen. Dort sei erkennbar, dass "die Montage der Kamera einen Aufnahmebereich erlaub[e], der [...] nicht auf das Grundstück des [Beschwerdeführers] beschränkt [sei]". Wie den eigenen Ausführungen des Beschwerdeführers zu entnehmen sei, habe dieser die auf den Bildern ersichtliche Wildkamera auf Anraten eines Rechtsanwaltes noch während des Verfahrens abmontiert.
Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass über diese "Beschwerde" verfahrensrechtlich nach neuer Rechtslage gemäß geltendem Datenschutzgesetz (DSG) und demnach mittels Bescheid zu entscheiden sei. "Materiellrechtlich [sei] die Sache für den Zeitraum vom 11. Mai 2018 bis 25. Mai 2018 nach dem damals gültigen DSG 2000 sowie für den Zeitraum vom 25. Mai 2018 bis zum 26. Juni 2018 nach den geltenden Bestimmungen der §§ 1 bis 9 DSG idF BGBl. I Nr. 8/2013 zu beurteilen".
Für den Zeitraum vom 25. Mai 2018 bis zum 26. Juni 2018 führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 12 Abs. 2 und 3 DSG aus, dass der Beschwerdeführer mit seiner - schon während des Verfahrens eingestellten - Bildverarbeitung fortlaufend Geschehnisse auf dem Grundstück des Beschwerdeführers erfasst habe. Ein unter dem Erlaubnistatbestand zu subsumierender Grund, der die Aufzeichnung von öffentlichem Raum oder den Raum eines anderen Verfügungsberechtigten erlauben würde, sei nicht behauptet worden, sondern habe der Beschwerdeführer lediglich den Eigentumsschutz (Hühnerbeobachtung) ins Treffen geführt. Diesfalls dürfe der Beschwerdeführer allerdings nur Bereiche überwachen, die in seinem alleinigen Verfügungsrecht liegen würden. Die Bildverarbeitung erfasse aber, wie festgestellt, auch Bereiche die der Verfügungsbefugnis der mitbeteiligten Partei unterliegen. Da für die Datenverarbeitung "Bildverarbeitung" kein gesetzlicher Erlaubnistatbestand vorliegen würde, sei der Geheimhaltungsbeschwerde der mitbeteiligten Partei zu folgen und die Verletzung des Geheimhaltungsanspruches gemäß § 1 DSG spruchgemäß festzustellen gewesen. Da die vorabkontrollpflichtige Videoüberwachung eine vorabkontrollpflichtige Datenanwendung iSd § 17 DSG 2000 darstelle, liege auch für die Rechtslage vor dem 25. Mai 2018 und damit für den Zeitraum vom 11. Mai 2018 bis 25. Mai 2018 eine rechtswidrige Datenanwendung vor, weshalb insgesamt eine Verletzung des Geheimhaltungsanspruches der mitbeteiligten Partei festzustellen gewesen sei.
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer an die von ihm bekannt gegebene private E-Mail-Adresse am 8. Mai 2019 von der belangten Behörde zugestellt.
Dagegen richtet sich die vorliegende am 5. Juni 2019 mittels E-Mail und am 6. Juni 2019 postalisch an die belangte Behörde gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers. Darin bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, die belangte Behörde habe kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren geführt. Die Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe anhand einer im Mai 2018 montierten Kamera den Eingangsbereich der mitbeteiligten Partei erfasst, beruhe allein auf von der mitbeteiligten Partei vorgelegten (nicht einmal datierten) Lichtbildern. Aus einem Lichtbild könne aber nicht abgeleitet werden, wann, wie lange und insbesondere was anhand einer Kamera überwacht werde. Der Beschwerdeführer habe im gesamten Verfahren vorgebracht, dass er die im Fenster positionierte Wildkamera bereits am 4. Mai 2018 abmontiert und mit dieser im Übrigen nie das Grundstück der mitbeteiligten Partei erfasst habe. Die weiteren im Verfahren von der mitbeteiligten Partei vorgelegten Lichtbilder würden - wie bereits im Verfahren vorgebracht - vom Beschwerdeführer in weiterer Folge allein auf dem Fenster und einer Styroporplatte aufgeklebte Fotos der Kamera und damit "Papierlichtbilder" darstellen. Die belangte Behörde habe sich mit dem entscheidungswesentlichen Sachverhalt überhaupt nicht auseinandergesetzt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 14. Juni 2019 wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers von der belangten Behörde als verspätet zurückgewiesen. Die Beschwerde sei erst am 6. Juni 2019 postalisch an die belangte Behörde übermittelt worden. Da der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer bereits am 8. Mai 2019 elektronisch übermittelt worden sei, sei die eingebrachte Beschwerde verspätet und damit unzulässig erstattet worden.
Daraufhin erstattete der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag an das Bundesverwaltungsgericht. Dabei verwies er auf seine von ihm bereits am 5. Juni 2019 per E-Mail an die belangte Behörde gerichtete Beschwerde.
Daraufhin legte die belangte Behörde die Beschwerde und den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor und erstattete eine Gegenschrift. Darin führte sie aus, es sei dem Beschwerdeführer zuzugestehen, dass er die Beschwerde bereits am 5. Juni 2019 per E-Mail an die belangte Behörde gerichtet habe. Aufgrund von Protokollierungsrückständen sei diese allerdings erst nach der postalischen Eingabe und auch erst nach Abfertigen der Beschwerdevorentscheidung zum Akt protokolliert worden. Eine weitere oder eine amtswegige Behebung der Beschwerdevorentscheidung sei nicht möglich, weshalb der Antrag an das Bundesverwaltungsgericht gestellt werde, dem Vorlageantrag Folge zu geben und die Beschwerdevorentscheidung ersatzlos zu beheben. Abschließend machte die belangte Behörde darauf aufmerksam, dass Gegenstand des vorliegenden Vorlageantrages nicht die Überprüfung der Richtigkeit des angefochtenen Bescheids, sondern allein jene der zurückweisenden Beschwerdevorentscheidung sei.
II. Beweiswürdigung: Der oben wiedergegebene Verfahrensgang und Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.
III. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Rechtliche Beurteilung:
Wie selbst von der belangten Behörde im Zuge der Aktenvorlage an das Bundesverwaltungsgericht bestätigt wurde, hat der Beschwerdeführer bereits am 5. Juni 2019 mittels E-Mail Beschwerde gegen den ihm am 8. Mai 2019 durch die belangte Behörde ebenfalls mittels E-Mail zugestellten Ausgangsbescheid erhoben.
Es bestehen daher im vorliegenden Fall keine Zweifel, dass die gegen den Ausgangsbescheid erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers rechtzeitig und damit ihre in weiterer Folge erfolgte Zurückweisung durch die belangte Behörde mittels Beschwerdevorentscheidung - wie im Übrigen selbst von der belangten Behörde im Rahmen der Aktenvorlage zugestanden - zu Unrecht erfolgt ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 17. Dezember 2015, Ro 2015/08/0026 bereits ausführlich dargelegt, dass im Falle einer zulässigen, jedoch mittels Beschwerdevorentscheidung zurückgewiesenen Beschwerde, das Verwaltungsgericht über die Beschwerde und damit über den Ausgangsbescheid zu entscheiden hat und zwar ohne, dass die Beschwerdevorentscheidung explizit behoben werden muss.
Anders als die belangte Behörde meint, ist ihre Beschwerdevorentscheidung nämlich mangels einer inhaltlichen Erledigung der Beschwerde nicht an die Stelle des Ausgangsbescheids getreten (siehe dazu etwa auch VwGH 14.9.2016, Ra 2015/08/0145), weshalb das erkennende Gericht im vorliegenden Fall ab dem Zeitpunkt des Vorlageantrages zur (auch inhaltlichen) Erledigung der Beschwerde über den (nach wie vor aufrechten) Ausgangsbescheid berufen ist (siehe zur Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts im Falle eines Vorlageantrages Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 (2014), Rn 770 m.w.H. sowie VwGH, 19.12.2018, Ro 2016/06/0019).
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde im mit der vorliegenden Beschwerde angefochtenen Bescheid eine Verletzung der mitbeteiligten Partei in ihrem Recht auf Geheimhaltung durch den Beschwerdeführer festgestellt, weil dieser zwischen 11. Mai 2018 und 26. Juni 2018 Bildaufnahmen vom Grundstück der mitbeteiligten Partei gemacht habe.
Dabei hat die belangte Behörde ihrer (materiell) rechtlichen Beurteilung sowohl die alte Rechtslage vor Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl L 2016/119, 1 (im Folgenden: DSGVO), als auch die neue Rechtslage nach Inkrafttreten der DSGVO zugrunde gelegt.
Dazu ist festzuhalten, dass die DSGVO und in weiterer Folge das Datenschutzgesetz BGBl I 1999/165 in der Fassung BGBl. I Nr. 120/2017 (zuletzt geändert mit dem BGBl. I. Nr. 24/2018, im Folgenden: DSG) am 25. Mai 2018 und damit nach Anhängigkeit der gegenständlichen Rechtssache in Kraft getreten ist.
Gemäß § 69 Abs. 4 DSG sind zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bei der Datenschutzbehörde oder bei den ordentlichen Gerichten zum Datenschutzgesetz 2000 anhängige Verfahren nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der DSGVO fortzuführen, mit der Maßgabe, dass die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte aufrecht bleibt.
Der Ansicht der belangten Behörde, wonach das am 11. Mai 2018 von der mitbeteiligten Partei bei der belangten Behörde anhängig gemachte Verfahren in Bezug auf den vor Inkrafttreten der DSGVO und des novellierten DSG verwirklichten Sachverhaltes (materiell rechtlich) an der alten Rechtslage zu messen wäre, kann angesichts dieser eindeutigen Übergangsregelung nicht gefolgt werden.
Gemäß § 1 Abs. 1 1. Satz DSG hat jedermann, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht.
Wie aus § 1 DSG (in Einklang mit Art 1 DSGVO und im Übrigen auch der alten Rechtslage) hervorgeht, setzt eine Verletzung im Recht auf Datenschutz eine Verarbeitung von einer bestimmten Person betreffenden ("personenbezogenen") Daten voraus.
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde eine Bildverarbeitung der mitbeteiligten Partei durch den Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid festgestellt, ohne sich damit jedoch im Rahmen eines (ordnungsgemäßen) Ermittlungsverfahrens überhaupt auseinanderzusetzen.
Zwar forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 4. Juni 2018 und vom 24. Juli 2018 auf, zum Vorwurf der mitbeteiligten Partei, sie werde durch den Beschwerdeführer mittels Kamera überwacht, Stellung zu beziehen. Der Beschwerdeführer hat dazu in seinen Äußerungen jedoch immer ausgeführt, dass er die mitbeteiligte Partei anhand einer von ihm bereits abmontierten Wildkamera nie erfasst und er im Übrigen auch die in weiterer Folge von ihm auf seinem Fenster und einer Styroporplatte aufgeklebten Lichtbilder dieser Kamera zwischenzeitig entfernt habe.
Eine insofern erforderliche weitere Auseinandersetzung mit der von der mitbeteiligten Partei behaupteten, jedoch vom Beschwerdeführer bestrittenen Bildaufnahme fand von Seiten der belangten Behörde nicht (mehr) statt.
Dementsprechend findet sich auch im angefochtenen Bescheid keine - zumindest keine nachvollziehbare - Begründung dazu, weshalb die belangte Behörde von der Bildverarbeitung der mitbeteiligten Partei durch den Beschwerdeführer überhaupt ausgeht.
Die in der Beweiswürdigung dazu lediglich enthaltenen Ausführungen der belangten Behörde, die von der mitbeteiligten Partei im Verfahren vorgelegten Lichtbilder würden zeigen, dass die Montage der Kamera einen Aufnahmebereich erlaube, der nicht auf das Grundstück des Beschwerdeführers beschränkt sei, trifft jedenfalls keine Aussage darüber, ob anhand der Kamera das Grundstück der mitbeteiligten Partei und damit die mitbeteiligte Partei überhaupt erfasst wird. Davon abgesehen kann - den Ausführungen der Beschwerde folgend - auch nicht nachvollzogen werden, inwiefern ein bloßes Lichtbild einer Kamera aussagekräftigen Aufschluss über deren tatsächlichen Erfassungsbereich geben kann.
Ohne Kenntnis der Datenverarbeitung der mitbeteiligten Partei durch den Beschwerdeführer ist eine Beurteilung, ob die mitbeteiligte Partei überhaupt in ihrem Recht auf Datenschutz verletzt ist, nicht möglich.
Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Diese Vorgangsweise setzt nach § 28 Abs. 2 Ziffer 2 voraus, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
In seinem Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Zl. Ro 2014/03/0063, hielt der Verwaltungs-gerichtshof fest, dass eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG insbesondere dann in Betracht kommen wird, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. auch den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 2017, Zl. Ra 2016/12/0109, Rz 18ff.).
Dadurch, dass die belangte Behörde im vorliegenden Fall eine Verletzung der mitbeteiligten Partei in ihrem Recht auf Geheimhaltung aufgrund einer in der Vergangenheit erfolgten Bildverarbeitung durch den Beschwerdeführer bejahte, ohne sich jedoch mit einer die mitbeteiligte Partei treffenden Bildverarbeitung überhaupt auseinanderzusetzen, ist der Sachverhalt somit in einem wesentlichen Punkt umfassend ergänzungsbedürftig geblieben, weshalb im Hinblick auf diese besonders gravierende Ermittlungslücke eine Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG erforderlich und auch gerechtfertigt ist (vgl. dazu den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Oktober 2015, Zl. Ra 2015/09/0088).
Eine Nachholung des Ermittlungsverfahrens und damit eine erstmalige Ermittlung und Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - auch angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes - nicht ersichtlich.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind daher im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Folglich war das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Die belangte Behörde wird sich daher im fortgesetzten Verfahren mit einer in der Vergangenheit erfolgten Bildverarbeitung der mitbeteiligten Partei durch den Beschwerdeführer (geeignet) auseinanderzusetzen und darüber abzusprechen haben.
Eine mündliche Verhandlung konnte im vorliegenden Fall gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid "aufzuheben" war. Dieser Tatbestand ist auch auf Beschlüsse zur Aufhebung und Zurückverweisung anwendbar (vgl. zur gleichartigen früheren Rechtslage Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 22).
zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG insbesondere dann in Betracht kommt, wenn die Verwaltungsbehörde bloß ansatzweise bzw. unzureichend ermittelt, entspricht der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Es war daher spruchgemäß durch Senat zu entscheiden.
Schlagworte
Begründungsmangel Begründungspflicht Beschwerdevorentscheidung Datenschutzbehörde Datenschutzbeschwerde Ermittlungsmangel Ermittlungspflicht Kassation mangelnde Feststellungen mangelnde Sachverhaltsfeststellung Videoaufnahme Videoüberwachung Vorlageantrag ZurückverweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W256.2221941.1.00Im RIS seit
10.09.2020Zuletzt aktualisiert am
10.09.2020