Entscheidungsdatum
28.04.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs2Spruch
I403 2230525-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, serbischer Staatsangehöriger, vertreten durch den Rechtsanwalt Mag. Dr. Ralf Heinrich HÖFLER, gegen die Spruchpunkte II., III. und IV. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 26.03.2020, Zahl 1253312907/191202657, zu Recht:
A) Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass Spruchpunkt IV. ersatzlos behoben wird.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang:
Der zu diesem Zeitpunkt noch minderjährige Beschwerdeführer wurde am 23.11.2019 wegen des Verdachts einer Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz angezeigt, weil er als Beifahrer in einem Klein-LKW eines Entrümpelungsunternehmen betreten wurde. Sein Reisepass wurde sichergestellt.
Am 09.01.2020 wurde der Beschwerdeführer durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einvernommen und ihm die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes angekündigt. Mit Stellungnahme seiner rechtsfreundlichen Vertretung vom 12.01.2020 wurde erklärt, dass der Beschwerdeführer nie bei dem Entrümpelungsunternehmen tätig gewesen sei, sondern nur einen Gefälligkeitsdienst geleistet habe.
Mit dem im Spruch angeführten Bescheid wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Es wurde gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z FPG erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde ein auf die Dauer von eineinhalb Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dies wurde im Wesentlichen mit der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers begründet.
Gegen die Spruchpunkte II. bis IV. des Bescheides richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 21.04.2020. Der belangten Behörde wurde vorgeworfen, den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt zu haben; ihr wäre die Verpflichtung zugekommen, "auf die Behauptungen des Beschwerdeführers zur finanziellen Unterstützung durch in Österreich befindliche Verwandte einzugehen" und "die Aussage des Beschwerdeführers, wonach er über Barmittel verfüge, entsprechend einer Überprüfung zu unterziehen", etwa durch Nachschau in der Wohnung des Beschwerdeführers. Daher sei der Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zu beheben und die Angelegenheit an das BFA zurückzuverweisen. Die Ansicht, dass der Beschwerdeführer mittelos sei, sei nicht nachvollziehbar. Eine mündliche Verhandlung wurde beantragt.
Das BFA legte die Beschwerde und den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo sie am 24.04.2020 einlangten, und beantragte, den angefochtenen Bescheid zu bestätigen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der inzwischen volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Serbien. Seine Identität steht fest. Er reiste am 29.09.2019 in das Bundesgebiet ein, kam seiner Verpflichtung zur Anmeldung nach dem Meldegesetz aber nicht nach.
In Serbien leben seine Eltern, Großeltern und Geschwister. Onkel, Tanten und Cousinen sowie Cousins sind in Österreich aufhältig. Die Familie des Beschwerdeführers arbeitet in Serbien im Obstbau, so auch der Beschwerdeführer selbst. Er ist gesund und erwerbsfähig.
Der Beschwerdeführer verfügt über einen am 24.09.2019 ausgestellten und noch bis 24.09.2029 gültigen biometrischen serbischen Reisepass.
Der unbescholtene Beschwerdeführer ging in Österreich zu keinem Zeitpunkt einer legalen Erwerbstätigkeit nach und war hier nie gemeldet. Bei seiner Einreise hatte er EUR 500 bei sich; am 09.01.2020 verfügte er noch über EUR 70 bis 80. Er wird von seinen Verwandten finanziell unterstützt.
Der Beschwerdeführer wird in Serbien nicht verfolgt oder bedroht. Es besteht keine reale Gefahr, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Serbien einer wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird. Gemäß § 1 Z 6 der HStV (Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009 idF BGBl. II Nr. 145/2019) gilt Serbien als sicherer Herkunftsstaat. Es sind im Falle einer Rückkehr nach Serbien auch keine Umstände hinsichtlich etwaiger staatlicher Repressalien oder anderweitig gearteter Probleme bekannt bzw. wurden solche nicht vorgebracht.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt des Verwaltungsaktes des BFA und des Gerichtsakts des BVwG.
Die Identität des Beschwerdeführers wird durch seinen Reisepass belegt, dessen Echtheit nicht in Zweifel steht. Die Einreise in das Bundesgebiet ergibt sich durch die Aussage des Beschwerdeführers gegenüber der Polizei (vgl. Anzeige der LPD XXXX vom 23.11.2019 zu GZ. XXXX) und gegenüber dem BFA (Protokoll der niederschriftlichen Einvernahme vom 09.01.2020) und dem damit in Einklang stehenden ungarischen Einreisestempel im Reisepass.
Seine familiäre und finanzielle Situation ergibt sich, ebenso wie die Feststellung, dass er in Serbien nicht bedroht oder verfolgt wird, aus seinen Aussagen gegenüber dem BFA (Protokoll der niederschriftlichen Einvernahme vom 09.01.2020).
In der Beschwerde wird den entscheidungswesentlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht entgegengetreten. Weder der Beschwerde noch dem übrigen Akteninhalt, insbesondere dem Fremdenregister, ist zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel in Österreich erteilt worden wäre. Anhaltspunkte für eine Erkrankung oder eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers sind nicht hervorgekommen und wurden auch nicht vorgebracht.
Aus dem Zentralen Melderegister ergibt sich, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet nie gemeldet war. Die Unbescholtenheit ergibt sich aus dem Strafregister.
3. Rechtliche Beurteilung:
Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG) wurde nicht bekämpft und ist in Rechtskraft erwachsen.
3.1. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Serbien Fremder iSd § 2 Abs 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.
Serbische Staatsangehörige, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind gemäß Art 1 Abs 2 iVm Anhang II Visumpflichtverordnung (Verordnung [EG] Nr. 539/2001 ABl. Nr. L81 vom 21.3.2001, S.1, idgF; vgl § 2 Abs 4 Z 20 FPG) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tage nicht überschreitet, befreit. Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines gültigen biometrischen serbischen Reisepasses. Als er am 23.11.2019 von der Polizei kontrolliert und sein Reisepass sichergestellt wurde, hatte er die Dauer des erlaubten visumfreien Aufenthalts noch nicht überschritten. Dieser wäre noch bis 29.12.2019 zulässig gewesen.
Der Beschwerdeführer kann unter den Einreisevoraussetzungen des Art 6 Abs 1 Schengener Grenzkodex (Verordnung [EU] 2016/399 ABl. Nr. L 77 vom 9.3.2016 idgF) in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisen und sich dort gemäß Art 20 SDÜ (Schengener Durchführungsübereinkommen; vgl § 2 Abs 4 Z 6 FPG) unter den Voraussetzungen des Art 5 Abs 1 SDÜ frei bewegen. Zu diesen Voraussetzungen gehört unter anderem, dass er Dokumente vorzeigen kann, die seinen Aufenthaltszweck und die Umstände seines Aufenthalts belegen, und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben (Art 6 Abs 1 lit c Schengener Grenzkodex; Art 5 Abs 1 lit c SDÜ). Außerdem darf er keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellen und darf insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein (Art 6 Abs 1 lit e Schengener Grenzkodex; Art 5 Abs 1 lit e SDÜ).
Gemäß Art 6 Abs 4 Schengener Grenzkodex werden die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem betreffenden Mitgliedstaat nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden. Die Feststellung ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts kann anhand von Bargeld, Reiseschecks und Kreditkarten erfolgen, die sich im Besitz des Drittstaatsangehörigen befinden. Sofern in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen, können auch Verpflichtungserklärungen und - im Falle des Aufenthalts eines Drittstaatsangehörigen bei einem Gastgeber - Bürgschaften von Gastgebern im Sinne des nationalen Rechts Nachweise für das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellen.
Basierend auf diesen Grundsätzen ist die Einschätzung des BFA, der Beschwerdeführer habe das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts nicht nachgewiesen, auch unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens nicht korrekturbedürftig. Soweit in der Beschwerde argumentiert wird, man hätte die vom Beschwerdeführer in seiner Einvernahme am 09.01.2020 behaupteten Barmittel von etwa EUR 70 durch Nachschau überprüfen müssen, ist dem entgegenzuhalten, dass der Besitz von EUR 70 der Feststellung der Mittellosigkeit nicht entgegensteht. Dieser Betrag reicht nicht aus, um die Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung für den Zeitraum ab dem 09.01.2020 und für die Rückreise nach Serbien zu bestreiten. Da der Beschwerdeführer keine Möglichkeit hatte, auf legalem Weg weitere Unterhaltsmittel zu erwerben, verfügte er nicht über ausreichende Unterhaltsmittel für Dauer und Zweck seines geplanten Aufenthalts und für die Rückkehr in seinen Herkunftsstaat. Daher hielt er die Bedingungen des visumfreien Aufenthalts gemäß Art 6 Abs 1 lit c iVm Abs 4 Schengener Grenzkodex (Art 5 Abs 1 lit c SDÜ) nicht ein. Soweit in der Beschwerde auf die finanzielle Unterstützung durch seine Familie verwiesen wurde, ist nochmals darauf hinzuweisen, dass Verpflichtungserklärungen und Bürgschaften von Gastgebern im Sinne des nationalen Rechts Nachweise für das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellen können, dass derartige Dokumente aber nicht vorgelegt wurden. In der Beschwerde wurden keinerlei konkrete Angaben getätigt, welche die Feststellung ausreichender Mittel ermöglichen würden.
Der Aufenthalt eines Fremden in Österreich ist gemäß § 31 Abs 1a FPG nicht rechtmäßig, wenn kein Fall des § 31 Abs 1 FPG vorliegt. Gemäß § 31 Abs 1 Z 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während ihres Aufenthalts Befristungen und Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthalts oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer eingehalten haben. Die übrigen Fälle des rechtmäßigen Aufenthalts nach § 31 Abs 1 FPG (Aufenthaltsberechtigung nach dem NAG, Aufenthaltstitel eines anderen Vertragsstaates, asylrechtliches Aufenthaltsrecht, arbeitsrechtliche Bewilligung) kommen hier nicht in Betracht, weil keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass einer dieser Tatbestände erfüllt sein könnte. Da der Beschwerdeführer die Bedingungen für den visumfreien Aufenthalt nicht einhielt, hielt er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, obwohl er - bis zur Sicherstellung des Reisepasses - die zulässige Aufenthaltsdauer nicht überschritten hatte.
Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG ist gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung dieser Maßnahme gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0041).
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen. Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG jedenfalls begründet abzusprechen, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese auf Dauer unzulässig ist.
Gemäß § 58 Abs 2 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
Der Beschwerdeführer hält sich erst seit 29.09.2019 und damit erst seit sieben Monaten in Österreich auf. Die Rückkehrentscheidung greift nicht unverhältnismäßig in sein Familienleben ein, weil seine nächsten Verwandten (Eltern und Geschwister) in Serbien leben, während sich in Österreich nur entferntere Verwandte (Onkel und Tanten) aufhalten. Andere Personen, zu denen eine so hohe Beziehungsintensität oder Abhängigkeit besteht, dass ein Familienleben iSd Art 8 EMRK begründet würde, sind in Österreich nicht vorhanden bzw. wurde dies auch in der Beschwerde nicht vorgebracht.
Seinen nicht sehr ausgeprägten Bindungen in Österreich stehen starke Bindungen an seinen Herkunftsstaat Serbien gegenüber, wo er den weitaus überwiegenden Teil seines Lebens verbrachte. Er war dort erwerbstätig, spricht die serbische Sprache und ist mit den Gepflogenheiten vertraut.
Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) kommt ein hoher Stellenwert zu. Dieses öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung ist gegen das persönliche Interesse des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art 8 EMRK abzuwägen. Bei der Abwägung dieser gegenläufigen Interessen im Sinne des § 9 BFA-VG ist das BFA zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sein persönliches Interesse am Verbleib überwiegt.
Durch die Rückkehrentscheidung wird Art 8 EMRK somit im Ergebnis nicht verletzt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen oder wurden in der Beschwerde behauptet, die eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen lassen. Die Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer ist daher nicht zu beanstanden.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides ist daher abzuweisen.
3.2. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das BFA gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.
Gemäß § 50 Abs 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art 2 EMRK oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre. Gemäß § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze liegen keine Gründe für die Unzulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien vor. Auch in der Beschwerde wird nicht konkret behauptet, dass und aus welchen Gründen die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien nicht zulässig wäre.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides ist daher ebenfalls als unbegründet abzuweisen.
3.3. Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 53 FPG kann das BFA mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands und des Vereinigten Königreichs) sowie Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, erlassen, wenn der Drittstaatsangehörige die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig vom bisherigen Verhalten des Drittstaatsangehörigen. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Das Vorliegen einer für die Verhängung eines Einreiseverbots relevanten Gefahr ist nach der demonstrativen Aufzählung des § 53 Abs 2 Z 1 bis 9 FPG (soweit hier relevant) insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (§ 53 Abs 2 Z 6 FPG). In diesem Fall kann ein Einreiseverbot für höchstens fünf Jahre erlassen werden.
Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden (vgl VwGH Ra 2016/21/0207). Es ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung seiner Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Es ist weiters in Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen des Betroffenen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; vgl auch VwGH Ra 2016/21/0289).
Der bloße unrechtmäßige Aufenthalt ist noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbots gebietet. Wenn sich das Fehlverhalten darauf beschränkt und ausnahmsweise nur eine geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens vorliegt, ist überhaupt kein Einreiseverbot zu verhängen (VwGH 15.05.2012, 2012/18/0029).
Ein Tatbestand, der die Erlassung eines Einreiseverbots rechtfertigt, ist die Mittellosigkeit. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Fremder initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des § 53 Abs. 2 FPG gerechtfertigt ist (VwGH, 20.09.2018, Ra 2018/20/0349 mit Hinweisen auf andere Entscheidungen). Auch mit dem Beschwerdevorbringen wurde vom Beschwerdeführer nicht nachgewiesen, dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert ist. Soweit er vorbringt, von seinen Verwandten unterstützt zu werden, zeigt er damit keinen Rechtsanspruch auf bestimmte Mittel auf.
Obwohl hier somit der Tatbestand des § 53 Abs 2 Z 6 FPG erfüllt und somit eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit indiziert sein könnte, ist die Erlassung eines Einreiseverbots zusätzlich zur Rückkehrentscheidung nicht notwendig. Vom Beschwerdeführer geht keine maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung aus. Angesichts seiner Unbescholtenheit und des Umstands, dass er zwar für die geplante Aufenthaltsdauer nicht ausreichende Unterhaltsmittel besaß, allerdings durch seine Verwandten unterstützt wurde, kann trotz des Umstandes, dass der Beschwerdeführer seiner Meldeverpflichtung nicht nachgekommen war, von einer noch relativ geringfügigen Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung ausgegangen werden. Da sich die mit Mittellosigkeit allgemein verbundene Gefahr der Beschaffung von Unterhaltsmitteln aus illegalen Quellen (der Verdacht des Verst0ß gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz wurde auch von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid nicht zugrunde gelegt) und der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft nicht verwirklicht hat, kann ausnahmsweise von der Erlassung eines Einreiseverbots gegen den Beschwerdeführer abgesehen werden.
Sollte der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung allerdings nicht zeitgerecht nachkommen und damit ein weiteres Fehlverhalten setzen, wäre die Verhängung eines Einreiseverbots allerdings wohl als gerechtfertigt und notwendig zu erachten.
Daher ist Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides in teilweiser Stattgebung der Beschwerde gemäß § 28 Abs 2 iVm § 27 VwGVG ersatzlos aufzuheben.
3.4. Zur aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt V.):
Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Aufgrund des nicht rechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers und des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel ist die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht zu beanstanden, zumal die Beschwerde Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids nicht konkret kritisiert.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
§ 21 Abs 7 BFA-VG erlaubt das Unterbleiben einer Verhandlung sogar dann, wenn deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC. Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zwar besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art 8 EMRK sonst relevanten Umstände. Daraus ist aber noch keine generelle Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233).
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen geklärt erscheint und auch bei einem positiven Eindruck vom Beschwerdeführer bei einer mündlichen Verhandlung kein Entfall der Rückkehrentscheidung möglich wäre, konnte die beantragte Verhandlung unterbleiben. Von der Durchführung einer Verhandlung ist keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten, zumal ohnehin von der Richtigkeit der vom Beschwerdeführer behaupteten finanziellen Mitteln ausgegangen wird.
Zur Unzulässigkeit der Revision:
Erhebliche Rechtsfragen von der über den Einzelfall hinausgehenden, grundsätzlichen Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG stellten sich nicht, weshalb die ordentliche Revision an das Höchstgericht nicht zuzulassen ist.
Schlagworte
Abschiebung aufschiebende Wirkung - Entfall Einreiseverbot Einreiseverbot aufgehoben ersatzlose Teilbehebung Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose illegaler Aufenthalt Interessenabwägung Kassation Lebensunterhalt Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung SpruchpunktbehebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2230525.1.00Im RIS seit
10.09.2020Zuletzt aktualisiert am
10.09.2020