TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/29 W109 2204470-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.04.2020
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Entscheidungsdatum

29.04.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W109 2204470-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. BÜCHELE über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 25.07.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.11.2019 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte II. bis VI. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für ein Jahr erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 12.12.2015 stellte der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, nach Einreise unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 15.12.2015 gab der Beschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung im Wesentlichen an, er sei afghanischer Staatsangehöriger und in Teheran im Iran geboren, wo er acht Jahre die Schule besucht und als Bauarbeiter gearbeitet habe. Zum Fluchtgrund befragt führte er aus, seine Ehefrau sei im Iran mit einem anderen Mann zwangsverheiratet worden, ihr Vater habe diesem Mann Geld geschuldet. Sie habe ihn gebeten, sie zu retten, zu heiraten und in Richtung Europa zu flüchten.

Am 30.01.2016 wurde gegen den Beschwerdeführer infolge einer Auseinandersetzung mit seiner Ehefrau eine Wegweisung mit Betretungsverbot ausgesprochen.

Mit Bescheid der BH Feldkirch vom 09.02.2016 wurde gegen den Beschwerdeführer ein Waffenverbot erlassen.

Am 16.08.2016 stellte die Staatsanwaltschaft Feldkirch Strafantrag gegen den Beschwerdeführer wegen des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 269 Abs. 1, 15 StGB. In dem Verfahren wurde am 14.09.2016 vor dem Landesgericht Feldkirch eine Verhandlung durchgeführt und diese nach Zustimmung zur diversionellen Erledigung (80 Stunden gemeinnützige Leistungen) des Verfahrens auf unbestimmte Zeit vertagt.

Am 18.06.2018 führte der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu seinen Fluchtgründen auf das Wesentliche zusammengefasst aus, er habe den Iran verlassen, weil er Probleme mit der Familie seiner Verlobten gehab habe. Er habe für die Verlobung Brautgeld an die Familie der Verlobten bezahlt. Später habe der Vater der Verlobten finanzielle Probleme bekommen und vom Beschwerdeführer mehr Geld verlangt, ansonsten könne er jederzeit die Verlobung annullieren. Die Verlobte sei mit dieser Situation nicht einverstanden gewesen und der Onkel des Beschwerdeführers habe gemeint, die Familie würden sie nicht in Ruhe lassen und immer neue Forderungen stellen. Der Beschwerdeführer sei dann mit seiner Verlobten nach Teheran gereist. Der Schwiegervater sei zur Polizei gegangen und habe gesagt, der Beschwerdeführer habe seine Tochter entführt. Sie hätten dann beschlossen, gemeinsam nach Europa zu fahren. Die Reise habe der Onkel finanziert. In Österreich hätten sie sich etwa zwei Jahre zuvor getrennt. In Afghanistan habe er niemanden, er kenne sich dort nicht aus und es herrsche Krieg. Hazara würden dort verfolgt.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25.07.2018, zugestellt am 31.07.2018, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Begründend tätigt die belangte Behörde umfassende Ausführungen zur (vermeintlichen) persönlichen Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und streicht hinsichtlich der Ausreisegründe aus dem Iran einige Widersprüche hervor. Eine Verfolgungsgefahr wegen der Volksgruppenzugehörigkeit sei nicht glaubhaft. Eine Ansiedelung in Kabul sei dem Beschwerdeführer zumutbar. Er könne seinen Lebensunterhalt in Kabul bestreiten, aus dem Ausland unterstützt werden und auf Rückkehrhilfe zurückgreifen. Kabul sei gefahrlos erreichbar.

3. Am 22.08.2018 langte die vollumfängliche Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den oben dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl bei der belangten Behörde ein in der im Wesentlichen ausgeführt wird, der Beschwerdeführer habe niemanden in Afghanistan, es sei für ihn ein fremdes Land. Der Beschwerdeführer leide an Migräne und sei in "psychischer Behandlung". Deshalb könne ihm unterstellt werden, er sei psychisch krank und dies stelle einen Verfolgungsgrund dar. Der Beschwerdeführer lebe seinen Glauben nicht mehr aus und lebe ein modernes Leben. Dieses würde in Afghanistan zum Tode führen. Er würde wegen Apostasie verfolgt. Er würde wegen seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit verfolgt. Der Beschwerdeführer sei als Rückkehrer Geächteter und Ungläubiger, er würde als "verwestlicht" wahrgenommen und verfolgt. Sicherheits- und Versorgungslage in Kabul seien schlecht, eine innerstaatliche Fluchtalternative sei nicht zumutbar.

Am 06.11.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, seine bevollmächtigte Rechtsvertreterin, eine Vertreterin der belangten Behörde und ein Dolmetscher für die Sprache Dari teilnahmen.

In der mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt. Er brachte vor, er lehne "die Religion in Afghanistan" ab, er habe eine ganz andere Einstellung, er trinke Alkohol und habe Geschlechtsverkehr. Zudem brachte der Beschwerdeführer eine schriftliche Stellungnahme in Vorlage.

Mit Schreiben vom 27.11.2019 brachte das Bundesverwaltungsgericht weitere Länderberichte in das Verfahren ein und gab dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde die Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Stellungnahme des Beschwerdeführers langte am 11.12.2019 am Bundesverwaltungsgericht ein.

Der Beschwerdeführer legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:

- Ärztliche Unterlagen

- Mehrere Empfehlungsschreiben

- Teilnahmebestätigungen für Deutschkurse

- Teilnahmebestätigung für einen Vorbereitungslehrgang zum Pflichtschulabschluss

- ÖSD-Zertifikat A2

- Integrationsprüfungszeugnis für das Niveau A2

- Bestätigung über ehrenamtliche Tätigkeit

- Bestätigung über Mitwirkung des Beschwerdeführers in einem Basketball-Verein

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu Person und Lebensumständen Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, wurde XXXX in XXXX geboren und ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara. Er bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari, er spricht mit iranischem Akzent. Er spricht auch Deutsch auf dem Niveau A2 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Am 16.08.2016 stellte die Staatsanwaltschaft Feldkirch Strafantrag gegen den Beschwerdeführer wegen des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 269 Abs. 1, 15 StGB. Das Verfahren wurde endgültig eingestellt, nachdem der Beschwerdeführer 80 Stunden gemeinnützige Leistungen erbracht hatte (diversionelle Erledigung gemäß § 201 StPO).

Der Beschwerdeführer leidet an Migräne, ansonsten ist er gesund.

Anfang 2016 war der Beschwerdeführer infolge einer akuten Belastungsreaktion mit raptusartigem Zustandsbild einige Tage in stationärer Behandlung im Landeskrankenhaus XXXX .

Der Beschwerdeführer lebte bis zu seinem achten Lebensjahr in XXXX und zog dann mit seiner Familie nach XXXX um, wo er bis zu seiner Ausreise nach Europa im Jahr 2015 lebte. Der Beschwerdeführer hat im Iran insgesamt acht Jahre die Schule besucht und als Tagelöhner auf Baustellen gearbeitet. Die Familie lebte in einer Mietwohnung.

Im Jahr 2013 verlobte sich der Beschwerdeführer mit der Tochter einer Cousine seiner Mutter, die Verlobung erfolgte traditionell vor einem afghanischen Mullah. Im Jahr 2016 trennten sich der Beschwerdeführer und seine Verlobte.

Die Familie des Beschwerdeführers, bestehend aus seinen Eltern und drei Brüdern, lebt weiterhin in XXXX im Iran. Zu ihnen besteht Kontakt. Der Vater arbeitet als Tagelöhner auf Baustellen. Auch ein Onkel mütterlicherseits lebt im Iran. Die finanzielle Lage der Familie ist angespannt.

Der Beschwerdeführer war noch nie in Afghanistan und hat dort weder Verwandte, noch Bekannte.

Im Bundesgebiet hat der Beschwerdeführer einige Deutschkurse besucht, ist in einem Basketball-Verein als Trommler bei Spielen aktiv und besuchte zuletzt bis Februar 2020 einen Vorbereitungslehrgang für die Pflichtschulabschlussprüfung.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Die Eltern des Beschwerdeführers reisten bereits vor seiner Geburt aufgrund der Sicherheitslage aus Afghanistan in den Iran aus.

Aus dem Iran reiste der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Verlobten aufgrund von Streitigkeiten mit seinem damals zukünftigen Schwiegervater aus. Letztendlich hat der Schwiegervater den Beschwerdeführer wegen der "Entführung" seiner Tochter bei der iranischen Polizei angezeigt.

Dass dem Beschwerdeführer aus diesen Umständen im Fall der Rückkehr nach Afghanistan Gefahr droht, ist nicht ersichtlich.

Dem Beschwerdeführer drohen im Fall der Rückkehr keine Übergriffe wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara oder zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam.

Dass der Beschwerdeführer sich vom Islam abgewandt hat, wird nicht festgestellt.

Der Beschwerdeführer trinkt Alkohol und hatte bereits außerehelichen Geschlechtsverkehr. Diese Verhaltensweisen könnte der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr nicht beibehalten, ohne dass ihm Übergriffe von privater oder gar staatlicher Seite drohen. Dem Beschwerdeführer drohen im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat keine Übergriffe, weil er als "soziale Normen überschreitend" wahrgenommen wird, etwa indem er am öffentlichen Leben teilnimmt, Bewegungsfreiheit in Anspruch nimmt, oder berufstätig ist.

Dem Beschwerdeführer drohen im Fall der Rückkehr nach Afghanistan keine Übergriffe, weil er als "verwestlicht" wahrgenommen würde.

1. 3. Zur Rückkehr in den Herkunftsstaat:

Afghanistan ist von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt zwischen der afghanischen Regierung und Aufständischen betroffen. Die Betroffenheit von Kampfhandlungen sowie deren Auswirkungen für die Zivilbevölkerung sind regional unterschiedlich.

Herat (Stadt) steht ebenso unter Regierungskontrolle, Taliban und IS sind allerdings aktiv und verüben Anschläge, die auch Zivilisten betreffen. Die Kriminalität steigt. Die Stadt verfügt über einen internationalen Flughafen, über den sie sicher erreicht werden kann.

Für den Fall der Niederlassung des Beschwerdeführers in Mazar-e Sharif oder Herat (Stadt) kann nicht festgestellt werden, dass ihm die Gefahr droht, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Angriffe Aufständischer zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Gesundheits- und Lebensmittelversorgung, sowie Zugang zu Trinkwasser und Unterkunft sind in Herat (Stadt) und Mazar-e Sharif grundsätzlich sichergestellt.

Der Beschwerdeführer ist nicht mit der afghanischen Kultur und den afghanischen Gepflogenheiten vertraut. Mit finanzieller Unterstützung im Sinne einer längerfristigen Finanzierung seines Lebensunterhaltes durch seine im Iran aufhältigen Familienangehörigen kann der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr nach Afghanistan nicht rechnen. Dass der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt in Afghanistan aus eigenem Einkommen bestreiten und sein Lebengrundlage erwirtschaften kann, ist nicht zu erwarten.

Finanzielle oder sonstige Unterstützung bei Arbeitslosigkeit existiert in Afghanistan nicht. Sozialleistungen gibt es - abseits von Pensionen in sehr wenigen Fällen, kostenlose Bildung und Gesundheitsversorgung - nicht.

Für Rückkehrer nach Afghanistan ist Rückkehrhilfe verfügbar, diese wird lediglich kurzfristig gewährt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers, seiner Staatsangehörigkeit und Volksgruppenzugehörigkeit ergeben sich aus seinen gleichbleibenden Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Auch die belangte Behörde legte diese Angaben des Beschwerdeführers ihrer Entscheidung zugrunde. Zu seinen Deutschkenntnissen hat der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 06.11.2019 sein ÖSD-Zertifikat für das Niveau A2 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen vorgelegt.

Zur Muttersprache des Beschwerdeführers ist auszuführen, dass eine Verständigung in Dari im Lauf des Verfahrens durchgehend möglich ist, wobei der Dolmetscher in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht diesbezüglich befragt angab, der Beschwerdeführer spreche Dari, verwende auch Farsi-Ausdrücke und es sei hörbar, dass der Beschwerdeführer aus dem Iran stamme (Verhandlungsprotokoll, OZ 9, S. 9-10).

Zur festgestellten Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur schiitischen Glaubensrichtung wird auf die Beweiswürdigung zum Fluchtvorbringen verwiesen.

Die Feststellung zur Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im Akt einliegenden aktuellen Strafregisterauszug.

Die Feststellung, dass gegen den Beschwerdeführer Strafantrag gestellt wurde, beruht auf dem im Akt einliegenden Strafantrag der Staatsanwaltschaft Feldkirch vom 16.08.2016. Aus dem ebenso im Akt einliegenden Protokoll der Hauptverhandlung vom 14.09.2016 vor dem Landesgericht Feldkirch, Zl. XXXX , ergibt sich, dass Beschwerdeführer, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft der diversionellen Erledigung zugestimmt haben und der Beschwerdeführer innerhalb von fünf Monaten 80 Stunden gemeinnützige Leistungen zu erbringen und dies unverzüglich nachzuweisen hat (Hauptverhandlungsprotokoll, S. 5). Der Beschwerdeführer gab hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht an, er habe die 80 Stunden gemeinnützigen Leistungen erbracht (Verhandlungsprotokoll, OZ 9, S. 9), wobei dies angesichts der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers - hätte er sie nicht binnen fünf Monaten erbracht, wäre das Strafverfahren nach § 205 Abs. 2 StPO fortzuführen gewesen - ergibt, dass diese Angaben zutreffen, auch wenn der Beschwerdeführer den Beschluss über die (endgültige) Einstellung des Landesgerichts Feldkirch nicht - wie von der belangten Behörde im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme am 18.06.2018 aufgetragen - vorgelegt hat.

Die Feststellung zur Migräne ergibt sich aus dem Arztbrief des Landeskrankenhauses Rankweil vom 03.02.2016. Auch die Feststellung zur akuten Belastungsreaktion beruht auf diesem Befund. Weitere Unterlagen dazu hat der Beschwerdeführer nicht vorgelegt, weswegen das Bundesverwaltungsgericht davon ausgeht, dass die akute Belastungsreaktion nicht mehr aktuell ist und keine weiteren Feststellungen dazu getroffen hat.

Zudem hat der Beschwerdeführer einen Befund vom 27.07.2017 vorgelegt, demzufolge er unter einer Anpassungsstörung mit leichter depressiver Reaktion und einer Dyssomnie (Schlafstörung) leidet. Aktuellere Unterlagen zu diesen Erkrankungen wurden nicht vorgelegt und der Beschwerdeführer auch in der mündlichen Verhandlung kein diesbezügliches Vorbringen erstattet. Deshalb geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass diese Erkrankungen nicht mehr aktuell sind.

Folglich wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer ansonsten gesund ist.

Die Angaben zu seinen Lebensumständen und seinem Lebenswandel im Iran hat der Beschwerdeführer gleichbleibend getätigt.

Die Feststellungen zur Verlobung des Beschwerdeführers beruhen auf seinen im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Richtig ist, dass in der Erstbefragung protokolliert ist, dass er und seine Verlobte verheiratet seien. Nachdem aber der Beschwerdeführer daraus, nur verlobt gewesen zu sein, nichts gewinnt, ist nicht ersichtlich, warum die Behörde dieser Abweichung - wie auch immer sie zustande gekommen sein mag - in ihrer Beweiswürdigung eine derartige Bedeutung beimisst (angefochtener Bescheid, S. 92 bis 93). Zudem ist in Österreich und im deutschsprachigen Raum das vom Beschwerdeführer beschriebene Prozedere einer verbindlichen Verlobung vor einem Mullah (Einvernahmeprotokoll, S. 4) oder Gelehrten (Verhandlungsprotokoll, OZ 9, S.6), das auch von einem solchen wieder gelöst werden muss, gänzlich unbekannt und deshalb allfällige Verständigungsschwierigkeiten mangels eines deutschen Wortes zur Beschreibung dieser Verbindung geradezu erwartbar.

Dass der Beschwerdeführer und seine Verlobte sich getrennt haben, hat der Beschwerdeführer bereits in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde angegeben und dies auch nochmal in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bestätigt.

Die Feststellung zum Verbleib der Angehörigen des Beschwerdeführers im Iran beruht auf seinen Angaben, wobei der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 06.11.2019 deren weiteren Aufenthalt im Iran bestätigte und angab, zuletzt etwa zwei Wochen zuvor Kontakt gehabt zu haben (Verhandlungsprotokoll, OZ 9, S. 5). Dass die finanzielle Lage der Familie angespannt ist, hat der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht glaubhaft und plausibel angegeben (Verhandlungsprotokoll, OZ 9, S. 5).

Dass der Beschwerdeführer noch nie in Afghanistan war und dort weder Verwandte noch Bekannte hat, hat er selbst durchgehend angegeben und erscheint dies vor dem Hintergrund der Ausreise der Eltern des Beschwerdeführers vor seiner Geburt auch plausibel.

Zum Besuch des Vorbereitungslehrganges für den Pflichtschulabschluss hat der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Teilnahmebestätigung sowie ein Empfehlungsschreiben vorgelegt, wobei aus der Teilnahmebestätigung hervorgeht, dass der Kurs bis Februar 2020 dauert. Auch zu seinen Deutschkursen hat der Beschwerdeführer Bestätigungen vorgelegt. Die Aktivitäten des Beschwerdeführers im Basketballverein gehen aus dem Empfehlungsschreiben von dessen Vorstandsmitglied hervor.

2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Dass die Eltern des Beschwerdeführers wegen der Sicherheitslage aus dem Herkunftsstaat ausreisten, beruht auf den gleichbleibenden und plausiblen Angaben des Beschwerdeführers, wobei er genauere Angaben zu den Gründen nicht machen konnte, sondern lediglich allgemein die Taliban nannte (Einvernahmeprotokoll, S. 3) und auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht keine weiteren Gründe nennt und insbesondere im Zusammenhang mit diesen Umständen keine Rückkehrbefürchtungen äußert.

Die Feststellungen zu den Ausreisegründen des Beschwerdeführers aus dem Iran beruhen auf den im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers im Lauf des Verfahrens, wobei die Schilderungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung lebendig und überzeugend waren.

Der Beschwerdeführer selbst stellt jedoch keinen Bezug zu einer allfälligen Gefährdung aus diesen Umständen für den Fall der Rückkehr nach Afghanistan her und ist ein solcher auch nicht ersichtlich. Zwar stellt etwa dem vom Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 27.11.2019 in das Verfahren eingebrachten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 13.11.2019 (in der Folge: Länderinformationsblatt) zufolge auch in Afghanistan "Zina" eine Straftat dar, für das die Todesstrafe droht (Kapitel 15. Todesstrafe) und berichten auch die vom Bundesverwaltungsgericht ebenso mit Schreiben vom 27.11.2019 in das Verfahren eingebrachten UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 (in der Folge: UNHCR-Richtlinien), dass Verstöße gegen die Sittlichkeit, insbesondere mutmaßlicher Ehebruch und außereheliche sexuelle Beziehungen auch für Männer ein Misshandlungsrisiko bedeuten (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 8. Frauen und Männer, die vermeintlich gegen die sozialen Sitten verstoßen, S. 90). Die vom Beschwerdeführer geschilderten Vorfälle haben sich allerdings im Iran ereignet und weisen keinerlei Bezug zum Herkunftsstaat auf, weswegen eine derartige Gefährdung des Beschwerdeführers aufgrund der Vorfälle im Iran als unwahrscheinlich erscheint.

Zum widerholt gehäußerten Vorbringen einer Verfolgung von schiitischen Hazara im Herkunftsstaat ist auszuführen, dass dem Länderinformationsblatt zufolge die schiitische Religionszugehörigkeit wesentlich zum ethnischen Selbstverständnis der Hazara zählt (Länderinformationsblatt, Kapitel 17. Relevante ethnische Minderheiten, insbesondere Unterkapitel 17.3. Hazara). Bedingt durch die nach der Berichtslage untrennbare Verbundenheit von Ethnie und Religionszugehörigkeit kann den UNHCR-Richtlinien oftmals nicht eindeutig zwischen einer Diskriminierung und Misshandlung aufgrund der Religion einerseits oder aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit andererseits unterschieden werden (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel 5. Angehörige religiöser Minderheiten und Personen, die angeblich gegen die Scharia verstoßen, Buchstabe a) Religiöse Minderheiten, Unterabschnitt Schiiten, S. 69 bis 70). Daher scheint in diesem Fall eine gemeinsame Betrachtung der Merkmale der Religions- und der Volksgruppenzugehörigkeit geboten.

Weder aus dem Länderinformationsblatt (Kapitel 16. Religionsfreiheit, insbesondere Unterkapitel 16.1. Schiiten sowie Kapitel 17. Relevante ethnische Minderheiten, insbesondere Unterkapitel 17.3. Hazara) noch aus den UNHCR-Richtlinien (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 5. Angehörige religiöser Minderheiten und Personen, die angeblich gegen die Scharia verstoßen, Buchstabe a) religiöse Minderheiten [S. 66 ff.], insbesondere Unterabschnitt Schiiten [S 69 f.] und Unterkapitel 13. Angehörige ethnischer (Minderheiten-)Gruppen, Buchstabe b) Hazara [S. 106 f.]), ergibt sich, dass es systematisch und verbreitet zu so intensiven Übergriffen gegen schiitische Hazara kommt, dass gleichsam jeder Angehörige dieser Volksgruppe aufgrund seiner Anwesenheit im afghanischen Staatsgebiet mit Übergriffen rechnen muss. Zwar berichtet das Länderinformationsblatt von sozialen Ausgrenzungen und Diskriminierung ethnischer Gruppen und Religionen im Alltag, die nicht zuverlässig durch staatliche Gegenmaßnahmen verhindert werden und auch, dass ethnische Spannungen weiterhin zu Konflikten und Tötungen führen, gleichzeitig ist aber auch von einer grundsätzlichen Verbesserung der Lage der Hazara seit dem Ende der Taliban-Herrschaft sowie von deren Etablierung in den Bereichen Bildung, öffentliche Verwaltung und Wirtschaft die Rede. Auch wird von sozialer Diskriminierung, illegaler Besteuerung, Zwangsrekrutierung, physischer Misshandlung und Festnahme berichtet. Eine konkrete Betroffenheit des Beschwerdeführers von derartigen einzelnen Übergriffen wurde allerdings nicht substantiiert dargetan, so beschränken sich die diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers bloß auf die Behauptung, Hazara würden in Afghanistan verfolgt (Einvernahmeprotokoll, S. 7). Mit diesen Floskeln vermag der Beschwerdeführer eine konkrete, ihn betreffende Bedrohung allerdings nicht substantiiert dartun, während sich eine automatische Betroffenheit aller schiitischen Hazara aus dem soeben zitierten Länderinformationsmaterial nicht ergibt. Entsprechend wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat keine Übergriffe drohen, weil er der Volksgruppe der Hazara angehört oder sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam bekennt.

Zur vom Beschwerdeführer behauptete Ablehnung des Islam ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 06.11.2019 durchgehend angegeben hat, schiitischer Moslem zu sein und schließlich in der mündlichen Verhandlung behauptete, seine Eltern seien schiitische Muslime, er könne sich aber nicht als Moslem bezeichnen und akzeptiere den Islam nicht (Verhandlungsprotokoll, OZ 9, S. 4). Er konnte hierdurch jedoch nicht glaubhaft machen, dass er sich aus innerer religiöser Überzeugung vom Islam abgewandt hat. So trug er seine Ablehnung nicht mit Überzeugungskraft vor und zog sich auf Floskeln zurück, mit denen er den Eindruck erweckte, lediglich auswendig gelernte Sätze widerzugeben und glitt sofort in ebenso floskelhaft formulierte Kritik an der afghanischen Lebenseinstellung über. Das Bundesverwaltungsgericht übersieht dabei nicht, dass religiöse und gesellschaftliche Vorstellungen in Afghanistan eng zusammenhängen. Der Beschwerdeführer allerdings schilderte seine religiöse Überzeugung jedoch im Wesentlichen nicht und kommt auch, befragt vom Vertreter der belangten Behörde dazu, warum er sich im Herkunftsstaat kein Leben aufbauen könne, nicht nochmals darauf zurück, dass er dort nicht nach seiner religiösen Überzeugung hinsichtlich einer Abwendung vom Islam leben könnte. Er gibt viel mehr selbst an, er habe keine Probleme mit dem Land, der Gesellschaft und der Kultur. Demnach ist der Beschwerdeführer auch mit der islamisch-religiösen Durchdringung eben jener Gesellschaft, was deutlich gegen eine überzeugte Abwendung vom Islam spricht. Folglich wurde einerseits unter 1.1. festgestellt, dass der Beschwerdeführer sich (weiterhin) zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam bekennt. Andererseits wurde unter Punkt II.2.1. nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer sich vom Islam abgewandt hat.

Dass der Beschwerdeführer Alkohol trinkt und bereits außerehelichen Geschlechtsverkehr hatte, hat er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angegeben (Verhandlungsprotokoll, OZ 9, S. 7) und es waren keine Gründe ersichtlich, an diesen Angaben des Beschwerdeführers zu zweifeln. Es wird jedoch angemerkt, dass der Beschwerdeführer dadurch, dass er ein gelebtes "westliches Gesellschaftsbild" offenbar nur darin sieht, dass er Alkohol trinkt und außerehelichen Geschlechtsverkehr hat, bereits demonstriert, dass er ein sogenanntes "westliches Gesellschaftsbild" nicht verinnerlicht hat, sondern lediglich ein Klischee referiert. Ansonsten ist in den Ausführungen des Beschwerdeführers keinerlei Konkretisierung einer Einstellung erkennbar, die der Beschwerdeführer für "westlich" hält. Er zieht sich viel mehr auf Floskeln hinsichtlich Religion und Einstellungen zurück, die er - abgesehen von Alkohol und Geschlechtsverkehr - nicht inhaltlich ausfüllt. Dem Beschwerdeführer ist allerdings tatsächlich zuzugestehen, dass im Herkunftsstaat für außerehelichen Geschlechtsverkehr - siehe hierzu bereits oben - die Todesstrafe droht und dass Alkohol nach der Scharia als "haram" (verboten) gilt. Ansonsten konkretisierte der Beschwerdeführer keine Aspekte seines Lebensstiles, deren Beibehaltung ihm in Afghanistan verwehrt wäre.

Zwar gesteht das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer durchaus zu, dass seine Lebensgewohnheiten und seine Werthaltung sich bedingt durch sein Aufwachsen im Iran und seinem Aufenthalt in Europa von demjenigen eines im Herkunftsstaat aufgewachsenen jungen Mannes unterscheidet. Jedoch ist dem vorliegenden Länderberichtsmaterial nicht zu entnehmen, dass für Männer - im Unterschied zu Frauen, die einen am "westlichen Gesellschaftsbild" orientierten selbstbestimmten Lebensstil pflegen wollen - ein am "westlichen" Gesellschaftsbild orientierter Lebensstil bzw. eine "westliche" Geisteshaltung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Übergriffe gegen die betroffene Person auslösen. Den Länderinformationen lässt sich etwa entnehmen, dass Frauen in Afghanistan aufgrund bestehender Vorurteile und traditioneller Praktiken, durch die sie marginalisiert werden, mit allgegenwärtiger sozialer, politischer und ökonomischer Diskriminierung konfrontiert sind. Frauen, die vermeintliche soziale Normen und Sitten verletzen - dies sind zum Beispiel Einschränkungen der Bewegungsfreiheit durch die Forderung nach männlicher Begleitung in der Öffentlichkeit oder Beschränkungen der Erwerbsmöglichkeiten, Bekleidungsvorschriften, die allgemeine Beschränkung von Frauen auf das häusliche Leben - werden stigmatisiert, diskriminiert und ihre Sicherheit ist gefährdet. Besonders gefährdet und kaum in der Lage, zu überleben, sind Frauen ohne männlichen Schutz. (siehe dazu UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 [in der Folge UNHCR-Richtlinien], Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 1. Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung und der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen, Buchstabe h) Frauen im öffentlichen Leben, S. 51 und Buchstabe i) Als "verwestlicht" wahrgenommene Personen, S. 52 sowie Länderinformationsblatt, Kapitel 18. Relevante Bevölkerungsgruppen, Unterkapitel 18.1. Frauen). Vergleichbare Einschränkungen in der Lebensführung für Männer ergeben sich aus den vorliegenden Länderinformationen nicht und hat der Beschwerdeführer eine damit vergleichbare Situation für Männer auch nicht behauptet. Dem Beschwerdeführer drohen als Mann folglich keine Übergriffe, wenn er ein "westliches Gesellschaftsbild" lebt, indem er am öffentlichen Leben teilnimmt, Bewegungsfreiheit in Anspruch nimmt und berufstätig ist. Dieses Verhalten mag Teil der Identität des Beschwerdeführers sein, jedoch bricht er damit nicht - wie es bei einer Frau der Fall wäre - mit afghanischen Sitten und Gebräuchen, sondern setzt gerade jenes Verhalten, das von einem Mann im Herkunftsstaat erwartet wird. Aus diesem Grund drohen ihm folglich auch keine Übergriffe. Zudem ist der vom Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 27.11.2019 in das Verfahren eingebrachten EASO, Country Guidance: Afghanistan von Juni 2019 (in der Folge EASO Country Guidance) zu entnehmen, dass das Risiko, als verwestlicht wahrgenommen zu werden, für Männer minimal ist und von den spezifischen individuellen Umständen abhängt (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel II. Refugee Status, Unterkapitel 13. Individuals perceived as 'Westernised', S. 65-66). Solche spezifischen Umstände hat der Beschwerdeführer nicht dargetan und sind diese auch nicht ersichtlich.

2.3. Zur Rückkehr in den Herkunftsstaat:

Die Feststellung zum innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in Afghanistan basiert auf den UNHCR-Richtlinien (siehe insbesondere Kapitel II. Überblick, Unterkapitel A. Die wichtigsten Entwicklungen in Afghanistan, S. 13 f. und Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel B. Flüchtlingsstatus nach den weitergehenden Kriterien gemäß dem UNHCR-Mandat oder nach regionalen Instrumenten und Schutz nach ergänzenden Schutzformen, Unterkapitel 2. Subsidiärer Schutz nach der Qualifikationsrichtlinie der EU [Richtlinie 2011/95/EU], S. 117 f.) und findet Bestätigung im Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage. Insbesondere die UNHCR-Richtlinien betonen die uneinheitliche Betroffenheit der unterschiedlichen Gebiete vom innerstaatlichen Konflikt. Diese lässt sich auch aus den Erläuterungen des Länderinformationsblattes zu den einzelnen Provinzen gut nachvollziehen.

Die Feststellung, dass Mazar-e Sharif unter Regierungskontrolle steht und von Kampfhandlungen im Wesentlichen nicht betroffen ist, basiert auf dem vom Bundesverwaltungsgericht mit Ladung vom 18.12.2019 (OZ 12) in das Verfahren eingebrachten EASO COI Report: Afghanistan. Security situation von Juni 2019 (Kapitel 2. Regional description of the security situation in Afghanistan, Unterkapitel 2.5. Balkh (S. 96 ff.). Insbesondere führt der Bericht Mazar-e Sharif als unter Regierungskontrolle stehend an und verzeichnet keine offene Präsenz der Taliban (siehe Tabelle S. 99). Auch Vertreibungen aus Mazar-e Sharif sind nicht verzeichnet (Unterkapitel 2.5.3.2. Displacement, S. 100). Das (aktuellere) Länderinformationsblatt zeigt diesbezüglich eine Änderung nicht auf (Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.5. Balkh).

Die Feststellung zum Flughafen von Mazar-e Sharif basiert auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.35. Erreichbarkeit, Abschnitt Inernationaler Flughafen Mazar-e Sharif sowie auf dem vom Bundesverwaltungsgericht ebenso mit Ladung vom 18.12.2019 (OZ 12) eingebrachten EASO COI Report: Afghanistan. Key socio-economic indicators. Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City von April 2019, Kapitel 2. Internal mobility, Unterkapitel 2.1 Airports and flight connections, S. 18, insbesondere Unterkapitel 2.1.3 Mazar-e Sharif, S. 19). Die EASO Country Guidance bestätigt, dass für den Flughafen von Mazar-e Sharif 9 km von der Stadt entfernt keine Zwischenfälle bekannt sind (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection, Unterkapitel Travel and admittance, S. 130). Die sichere Erreichbarkeit der Stadt ist damit gewährleistet.

Die Feststellungen zu Sicherheitslage in Herat (Stadt) beruhen auf der EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel III. Subsidiary protection, Unterkapitel Article 15(c) QD, Abschnitt Herat, S. 99, insbesondere Focus on the provincial capital: Herat City) in Zusammenschau mit dem Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.13. Herat).

Die Feststellung zum Flughafen von Herat (Stadt) basiert auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.35. Erreichbarkeit, Abschnitt Internationaler Flughafen Herat. Die EASO Country Guidance berichtet hinsichtlich des Flughafens Herat, dass der 13 km von der Stadt entfernte Flughafen über eine üblicherweise unter Regierungskontrolle stehende Straße erreicht werden kann, auch wenn von Aktivitäten krimineller Netzwerke, die oft mit Aufständischen verbunden sind, berichtet wird. Die sichere Erreichbarkeit sei jedoch im Allgemeinen gewährleistet (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection, Unterkapitel Travel and admittance, S. 130).

Aufgrund der in den oben zitierten Berichten enthaltenen Informationen zur Sicherheitslage in Mazar-e Sharif und Herat (Stadt) kann für den Fall der dortigen Niederlassung des Beschwerdeführers auch nicht festgestellt werden, dass ihm die Gefahr droht, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Angriffe Aufständischer zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden, wobei diese Feststellung mit der Einschätzung von EASO übereinstimmt (EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection alternative, Unterkapitel Safety, S. 128).

Die Feststellung, dass Gesundheits- und Lebensmittelversorgung, Zugang zu Trinkwasser und Unterkunft in Herat (Stadt) und Mazar-e Sharif grundsätzlich sichergestellt ist, beruht auf der EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection alternative, Unterkapitel Reasonableness to settle, Abschnitt General situation, S. 132-135). Zur Gesundheitsversorgung ist dem Länderinformationsblatt übereinstimmend entnehmen, dass die primäre Gesundheitsversorgung in Afghanistan prinzipiell wenn auch nicht flächendeckend und von variierender Qualität kostenfrei verfügbar ist. Insbesondere wird berichtet, die medizinische Versorgung in großen Städten sei sichergestellt. Zudem besteht die Möglichkeit privater Behandlung (Kapitel 22. Medizinische Versorgung).

Maßgebliche Faktoren für die Frage, ob sich der Beschwerdeführer im Fall einer Rückführung nach Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif eine Lebensgrundlage wird aufbauen können, sind insbesondere Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Kenntnisse der lokalen Gegebenheiten, sozialer und ökonomischer Hintergrund, Bildungshintergrund, Zugang zu einem sozialen Unterstützungsnetzwerk und Religion (EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection alternative, Unterabschnitt Reasonableness to settle, S. 105). Damit übereinstimmend stellen nach den UNHCR-Richtlinien insbesondere Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Behinderungen, Verwandtschaftsverhältnisse sowie Bildungs- und Berufshintergrund (UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe a) Die persönlichen Umstände des Antragstellers, S. 122) relevante Faktoren dar, wobei neben der Berücksichtigung dieser spezifischen persönlichen Umstände den UNHCR-Richtlinien zufolge auch darauf Bedacht zu nehmen ist, ob der Betreffende seine grundlegenden Menschenrechte wird ausüben können sowie ob er im für die Neuansiedelung in Betracht gezogenen Gebiet Möglichkeiten für ein wirtschaftliches Überleben (Zugang zu Unterkunft, Verfügbarkeit grundlegender Infrastruktur [Trinkwasser, sanitäre Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und Bildung], Lebensgrundlage) unter würdigen Bedingungen vorfindet (UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe c) Achtung der Menschenrechte und wirtschaftliches Überleben, S. 123 f.).

Zur Feststellung, dass nicht zu erwarten ist, dass der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt in Afghanistan aus eigenem Einkommen bestreiten und seine Lebensgrundlage erwirtschaften kann, ist zunächst auszuführen, dass die Arbeitslosigkeit im Herkunftsstaat per se bereits hoch und Beschäftigungsmöglichkeiten unzureichend sind. Insbesondere wird allerdings berichtet, dass bei der Arbeitssuche Kontakte eine wichtige Rolle spielen und es ohne Netzwerke nicht möglich ist, einen Job zu finden. Persönliche Beziehungen und Netzwerke würden von Arbeitsgebern höher bewertet, als Qualifikation (Kapitel 21. Grundversorgung, insbesondere Abschnitt Arbeitsmarkt). Zudem verfügt der Beschwerdeführer nicht über Qualifikationen, so hat er weder einen Schulabschluss, noch eine Berufsausbildung und keine nennenswerte Berufserfahrung. Er hat im Iran lediglich als Hilfsarbeiter auf Baustellen gearbeitet, bis er im Alter von 20 Jahren nach Europa ausreiste. Im Bundesgebiet dagegen konnte der Beschwerdeführer keine Berufserfahrung sammeln. Damit erweisen sich die Chancen des Beschwerdeführers auf dem ohnehin angespannten afghanischen Arbeitsmarkt als außergewöhnlich schlecht.

Auch hat der Beschwerdeführer weder Verwandte, noch Bekannte in Afghanistan und verfügt damit nicht über ein soziales Netzwerk, das dem Länderinformationsblatt zufolge für das Überleben in Afghanistan wichtig und für Rückkehrer bei der Anpassung an das Leben in Afghanistan besonders ausschlaggebend ist. Insbesondere stelle ein Mangel an Netzwerken eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer/innen dar (Kapitel 23. Rückkehr). Auch EASO schätzt ein Unterstützungsnetzwerk als essentiell für die Ansiedelung ein und geht hinsichtlich Personen, die - wie auch der Beschwerdeführer, der noch nie in Afghanistan gewesen ist - für lange Zeit außerhalb des Landes gelebt haben, davon aus, dass diese mangels Verwandten in Mazar-e Sharif, Herat oder Kabul, das soziale Netzwerk fehlt (EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection alternative, Abschnitt Reasonableness to settle, Unterabschnitt Individual circumstances, S. 136). Damit sind die Angaben des Beschwerdeführers, er brauche Unterstützung, um Fuß zu fassen und habe diese nicht (Verhandlungsprotokoll, OZ 9, S. 7), vor dem Hintergrund der Länderberichte glaubhaft.

Auch lokale Kenntnisse ("having lived in Afghanistan and/or being familiar with the societal norms") sind der EASO Country Guidance zufolge ein wichtiger Faktor (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection alternative, Abschnitt Reasonableness to settle, Unterabschnitt Individual circumstances, S. 136). Der Beschwerdeführer hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angegeben, er kenn afghanische Kultur und Gesellschaft nicht und habe dort niemanden und auch keine Unterkunft (Verhandlungsprotokoll, OZ 9, S. 7). Bereits die Eltern des Beschwerdeführers haben den Herkunftsstaat vor der Geburt des Beschwerdeführers verlassen und der Beschwerdeführer war noch nie in Afghanistan aufhältig, ist im Iran aufhältig und wurde dort sozialisiert. Der Beschwerdeführer mag in einem afghanischen Familienverband aufgewachsen sein. Die Annahme, dass ihm dadurch Kenntnisse der aktuell gültigen afghanischen Kultur und Gepflogenheiten vermittelt worden sein könnten, erscheint jedoch lebensfremd. Vor dem Hintergrund dieser Lebensgeschichte des Beschwerdeführers und seiner Eltern erweist sich damit die vom Beschwerdeführer gemachten Angaben, er kenne die afghanische Kultur und Gesellschaft nicht - entgegen der Behauptung des Behördenvertreters in der mündlichen Verhandlung, der zufolge der Beschwerdeführer Gegebenheiten kenne (Verhandlungsprotokoll, OZ 9, S. 7) - als plausibel und wurde folglich festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht mit der afghanischen Kultur und den afghanischen Gepflogenheiten vertraut ist.

Hinsichtlich Antragstellern, die außerhalb Afghanistans geboren wurden, geht EASO davon aus, dass diese bedingt durch einen Mangel lokaler Kenntnisse und wenn sie nicht über ein soziales Netzwerk verfügen keinen Zugang zu einer Lebensgrundlage (Arbeitsmarktzugang, etc.) und grundlegenden Dienstleistungen erhalten (EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection alternative, Abschnitt Reasonableness to settle, Unterabschnitt Conclusions on reasonableness: particular profiles encountered in practice, Profil Applicants who were born and/or lived outside Afghanistan for a very long period of time, S. 139). Auch betont EASO, dass mangelnde Vertrautheit mit afghanischen Normen und Erwartungen und ein fehlendes soziales Netzwerk - wie bereits oben ausgeführt übereinstimmend mit dem Länderinformationsblatt - zu Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche und beim Zugang zu einer Unterkunft führen. Insbesondere würde ein Akzent bei Personen, die lange außerhalb Afghansitans gelebt hätte, ein Hindernis bei der Arbeitssuche darstellen. Afghanen, die im Iran aufgewachsen seien, würden als iranisiert und nicht afghanisch wahrgenommen und deshalb verbal angegriffen (EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel II. Refugee status, Unterkapitel 21. Individuals who were born in Iran or Pakistan and/or who lived there for a longperiod of time, S. 75). Vor diesem Hintergrund sind auch die Ausführungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, denen zufolge er in Afghanistan nicht akzeptiert würde, plausibel. Auch hat der Beschwerdeführer hat einen hörbaren iranischen Akzent, weswegen dem eben zitierten Bericht von EASO zufolge mit einem nochmals erschwerten Arbeitsmarktzugang zu rechnen ist.

Im Zusammenhang mit der Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers ist zwar der EASO Country Guidance zufolge in Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif nicht mit zusätzlichen Erschwernissen zu rechnen, weil in den Städten unterschiedliche Ethnien und Sprachgruppen präsent sind, Kenntnisse der Sprachen Dari oder Paschtu würden grundsätzlich ausreichen und der sprachliche Hintergrund sei kein bestimmender Faktor. Hinsichtlich der Religionszugehörigkeit weist die EASO Country Guidance auf Erschwernisse, die allenfalls aus der Zugehörigkeit zu einer Minderheitsreligion resultieren können, wobei allerdings Beispielhaft Sikhs und Hindus genannt werden, nicht aber Schiiten, obwohl dem Länderinformationsblatt zufolge größte religiöse Minderheit der Herkunftsstaates. Das Länderinformationsblatt berichtet für Schiiten zudem auch nicht von einer spezifischen Häufung der Diskriminierung in Großstädten (Kapitel 16. Religionsfreiheit, Unterkapitel 16.1. Schiiten). Allerdings kann aus der Anwesenheit von anderen Angehörigen der Volksgruppe und Religion des Beschwerdeführers in den afghanischen Städten nicht auf deren Unterstützungsbereitschaft geschlossen werden. So berichten die UNHCR-Richtlinien, dass Unterstützung durch Personen mit demselben ethnischen Hintergrund in der Regel konkrete frühere gesellschaftliche Beziehungen zwischen dem Antragsteller und den Mitgliedern der betreffenden ethnischen Gemeinschaft voraussetzt (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe c) Achtung der Menschenrechte und wirtschaftliches Überleben, S. 124). Der Beschwerdeführer verfügt aber nicht über Bekannte oder Verwandte in Afghanistan und damit auch nicht über frühere gesellschaftliche Beziehungen zu Mitgliedern seiner ethnischen Gemeinschaft in Afghanistan und hat daher von diesen auch nicht mit Unterstützung zu rechnen. UNHCR geht zwar hinsichtlich alleinstehender, leistungsfähiger Männer davon aus, dass diese eine Ausnahme vom Erfordernis der externen Unterstützung darstellen (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe c) Achtung der Menschenrechte und wirtschaftliches Überleben, S. 125), verweist jedoch in diesem Zusammenhang auf die Abwesenheit relevanter Gefährdungsfaktoren, nämlich (unter anderem) einem Zugang zu einer Lebensgrundlage. Dass der Beschwerdeführer über einen solchen bedingt durch seinen Mangel an lokalen Kenntnissen nicht hat, ist von spezifischen Gefährdungsfaktoren im Sinne der UNHCR-Richtlinien auszugehen, weswegen auch nach der Einschätzung von UNHCR ein soziales Netzwerk für die Niederlassung des Beschwerdeführers in Afghanistan unerlässlich ist.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer mit finanzieller Unterstützung im Sinne einer längerfristigen Finanzierung seines Lebensunterhaltes durch seine im Iran aufhältigen Familienangehörigen im Fall der Rückkehr nach Afghanistan nicht rechnen kann, leitet sich aus den vom Beschwerdeführer plausibel angegebenen schlechten wirtschaftlichen Lebensumstände der Familie im Iran ab (Verhandlungsprotokoll, OZ 9, S. 5). So arbeitet der Vater des Beschwerdeführers auf Baustellen als Tagelöhner, was nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts eine finanziell angespannte Lage der Familie erwarten lässt, die eine längerfristige Unterstützung des Beschwerdeführers für den Fall der Rückkehr nach Afghanistan nicht zulässt. Sohin ist nicht zu erwarte, dass die Familie des Beschwerdeführers dem Beschwerdeführer in Afghanistan den Lebensunterhalt über die Landesgrenzen hinweg finanzieren könnte. Der Umstand, dass Geldüberweisungen nach Afghanistan dem Länderinformationsblatt zufolge möglich sind, ändert hieran nichts (Kapitel 21. Grundversorgung, Abschnitte Bank- und Finanzwesen und Hawala-System).

Die Feststellung, dass finanzielle oder sonstige Unterstützung bei Arbeitslosigkeit in Afghanistan nicht existiert, beruht auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 21. Grundversorgung, Unterkapitel 21.1. Sozialbeihilfen, wohlfahrtsstaatliche Leistungen und Versicherungen), diesem ist darüber hinaus zu entnehmen, dass abgesehen von kostenfreier Bildung und Gesundheitsleistungen keine Sozialleistungen vorgesehen sind. Lediglich ehemaligen Staatsbediensteten werde eine Pension gewährt, zudem sei ein privates Pensionssystem in Grundzügen im Aufbau. Eine Anspruchsberechtigung des Beschwerdeführers ist jedoch nicht ersichtlich.

Die Feststellung zur Rückkehrhilfe beruht auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 23. Rückkehr, Abschnitte Unterstützung von Rückkehrer/innen durch die afghanische Regierung und Unterstützung durch IOM. Hier wird berichtet, dass etwa IOM bei Ankunft, Reise und Formalitäten unterstützt, bis zu 14 Tage Unterkunft gewährt und eine Einmalzahlung iHv EUR 150 leistet. Auch das Projekt RESTART II bietet eine Einmalzahlung iHv EUR 500, zur Deckung der ersten unmittelbaren Bedürfnisse, Weiterreiseunterstützung und eine temporäre Unterkunft. Damit wird allerdings nur von kurzfristiger Unterstützung berichtet.

Zur Plausibilität und Seriosität der herangezogenen Länderinformationen zur Lage im Herkunftsstaat ist auszuführen, dass die im Länderinformationsblatt zitierten Unterlagen von angesehen Einrichtungen stammen. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 5 Abs. 2 BFA-VG verpflichtet ist, gesammelte Tatsachen nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren. Auch das European Asylum Support Office (EASO) ist nach Art. 4 lit. a Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 zur Einrichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen bei seiner Berichterstattung über Herkunftsländer zur transparent und unparteiisch erfolgende Sammlung von relevanten, zuverlässigen, genauen und aktuellen Informationen verpflichtet. Damit durchlaufen die länderkundlichen Informationen, die diese Einrichtungen zur Verfügung stellen, einen qualitätssichernden Objektivierungsprozess für die Gewinnung von Informationen zur Lage im Herkunftsstaat. Den UNHCR-Richtlinien ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besondere Beachtung zu schenken ("Indizwirkung"), wobei diese Verpflichtung ihr Fundament auch im einschlägigen Unionsrecht findet (Art. 10 Abs. 3 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU [Verfahrensrichtlinie] und Art. 8 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2011/95/EU [Statusrichtlinie]; VwGH 07.06.2019, Ra 2019/14/0114) und der Verwaltungsgerichtshof auch hinsichtlich der Einschätzung von EASO von einer besonderen Bedeutung ausgeht und eine Auseinandersetzung mit den "EASO-Richtlinien" verlangt (VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0405). Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich daher auf die angeführten Länderberichte, wobei eine beweiswürdigende Auseinandersetzung im Detail oben erfolgt ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (AsylG):

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht, dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht einer Person, wenn sie sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierung ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/18/0010 mwN).

3.1.1. Zu einer Verfolgungsgefahr wegen Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG iVm Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeine Gefahr eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", so hat jedes einzelne Mitglied schon aufgrund seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten. Diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (zuletzt VwGH 07.02.2020, Ra 2019/18/0400 mwN).

Der Beschwerdeführer konnte wie festgestellt seine Zugehörigkeit zur Gruppe der schiitischen Hazara glaubhaft machen.

Der Verwaltungsgerichthof nahm in den letzten Jahren keine Gruppenverfolgung der Hazara irgendwo in Afghanistan an (zuletzt VwGH 07.02.2020, Ra 2019/18/0400). Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht davon aus, dass die Zugehörigkeit zur Minderheit der Hazara - unbeschadet der schlechten Situation für diese Minderheit - nicht dazu führt, dass im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan eine unmenschliche Behandlung drohen würde (EGMR 05.07.2016, 29.094/09, A.M./Niederlande).

Da eine Gruppenverfolgung - in Hinblick auf die Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit - von Hazara und Schiiten in Afghanistan wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt nicht gegeben ist und der Beschwerdeführer auch keine individuelle Bedrohung dargetan hat, lässt sich aus dem diesbezüglichen Vorbringen eine asylrelevante Verfolgung nicht ableiten.

3.1.2. Zum Fluchtvorbringen einer Abkehr vom Islam:

Nach dem gemäß § 2 Abs. 1 Z 12 AsylG unmittelbar anwendbaren Art. 10 Abs. 1 lit. b) Statusrichtlinie umfasst der Begriff der Religion insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Geschützt ist demnach die Entscheidung aus innerer Überzeugung religiöse zu leben, aber auch die Entscheidung, aufgrund religiösen Desinteresses jegliche religiöse Betätigung zu unterlassen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht. § 3, K40).

Auch der Verwaltungsgerichtshof hat zum Religionsbegriff der GFK unter Verweis auf die oben zitierte Bestimmung der Statusrichtlinie bereits ausgesprochen, dass dieser auch atheistische Glaubensüberzeugungen umfasst (VwGH 13.12.2018, Ra 2018/18/0395).

Asylrelevant kann demnach nicht nur die Konversion zu einer anderen Religion sein, sondern auch die bloße Abkehr von einer Glaubensgemeinschaft, ohne sich hernach einer anderen Glaubensgemeinschaft anzuschließen.

Nach dem mit "Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit" übertitelten Art. 10 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. C 202 vom 7.6.2016, S. 389-405, umfasst dieses Recht die Freiheit, die Religion oder Weltanschauung zu wechseln, und die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder gemeinsam mit anderen öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Unterricht, Bräuche und Riten zu bekennen.

Im Wesentlichen inhaltsgleich gewährt auch Art. 9 EMRK als in der EMRK gewährleistetes Grundrecht, die gemäß Art. 6 Abs. 3 Vertrag über die Europäische Union (EUV) als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts sind, Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit.

Nach diesen normativen Vorgaben (auch unter Berücksichtigung der bereits zitierten Bestimmungen der Statusrichtlinie) umfasst der Religionsbegriff des Art. 1 Abschnitt A, Z 2 GFK damit nicht nur die individuelle Glaubensfreiheit als Kern der Religionsfreiheit ("forum internum"), sondern auch das öffentliche Bekenntnis und die Freiheit zur Ausübung (bzw. Nichtausübung) der Religion ("forum externum"). Demnach ist es einem Asylwerber für den Rückkehrfall nicht zumutbar, seine innere Überzeugung verstecken zu müssen.

In Bezug auf die asylrechtliche Relevanz von Konversionen setzt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur voraus, dass der Betroffene einen inneren Entschluss zum Glaubenswechsel gefasst hat (zuletzt VwGH 07.05.2018, Ra 2018/20/0186). Die bloße Behauptung eines "Interesses am Christentum" reicht zur Geltendmachung einer asylrechtlich relevanten Konversion zum Christentum nicht aus (VwGH 20.06.2017, Ra 2017/01/0076).

Das Bundesverwaltungsgericht geht angesichts der bereits näher erläuterten Gleichstellung von theistischen, atheistischen und nichttheistischen Glaubensüberzeugungen durch die Statusrichtlinie und die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs von der Übertragbarkeit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zur Konversion auch auf Fälle der bloßen Abkehr vom Glauben aus. Voraussetzung für die Asylrelevanz einer solchen Abkehr vom Glauben ist daher, dass diese aufgrund eines inneren Entschlusses erfolgt.

Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt konnte der Beschwerdeführer jedoch nicht glaubhaft machen, dass er sich vom Islam abgewandt hat. Folglich droht dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr keine asylrelevante Verfolgung aus dem GFK-Fluchtgrund der Religion im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung und Bestimmungen.

3.1.3. Zur behaupteten Verfolgungsgefahr wegen "westlicher Orientierung":

Nach der Rechtsprechung des VwGH können Frauen Asyl beanspruchen, die aufgrund eines gelebten "westlich" orientierten Lebensstils bei Rückkehr in ihren Herkunftsstaat verfolgt würden (vgl. etwa VwGH vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017-0018, mwN). Gemeint ist damit eine von ihnen angenommene Lebensweise, in der die Anerkennung, die Inanspruchnahme oder die Ausübung ihrer Grundrechte zum Ausdruck kommt. Voraussetzung ist, dass diese Lebensführung zu einem solch wesentlichen Bestandteil der Identität der Frauen geworden ist, dass von ihnen nicht erwartet werden kann, dieses Verhalten im Heimatland zu unterdrücken, um einer drohenden Verfolgung wegen Nichtbeachtung der herrschenden politischen und/oder religiösen Normen zu entgehen (zuletzt VwGH 06.09.2018, Ra 2017/18/0357).

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner bisherigen Judikatur die Asylgewährung aufgrund eines gelebten "westlich" orientierten Lebensstils auf Frauen beschränkt hat (Vgl. auch VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0329). Weiter ist zum Gehalt der "westlichen" Orientierung auszuführen, dass diese vor allem eine selbstbestimmte Lebensweise umfasst, insbesondere Zugang zu Bildung und Ausbildung, Berufstätigkeit (ohne männliche Zustimmung), selbstständige Lebensführung auch außer Haus, Bewegungsfreiheit ohne männliche Begleitung, Entscheidungshoheit über die eigene Lebensführung, etc.

Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt drohen dem Beschwerdeführer keine Übergriffe, weil er im Fall der Rückkehr als "soziale Normen überschreitend" wahrgenommen wird, etwa indem er am öffentlichen Leben teilnimmt, Bewegungsfreiheit in Anspruch nimmt oder berufstätig ist. Zudem wurde festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer keine Übergriffe drohen, weil er als "verwestlicht" wahrgenommen würde.

Zwar drohen dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Übergriffe, wenn er dort weiterh

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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