Entscheidungsdatum
06.05.2020Norm
AVG §32 Abs2Spruch
I406 2122756-1/7E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, StA. Ägypten, vertreten durch RA Mag. Wolfgang Auner, Parkstraße 1/I, 8700 Leoben, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.11.2015, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG iVm § 31 Abs. 1 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 04.11.2015, Zl. XXXX wurde gegen den Beschwerdeführer, einen ägyptischen Staatsangehörigen, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig ist. Es wurde eine zweiwöchige Frist für seine freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.
2. Dieser Bescheid wurde am 06.11.2015 der damaligen Rechtsvertretung des Beschwerdeführers, RA Dr. Werner Zach zugestellt. Am 05.12.2015 erwuchs der Bescheid unangefochten in Rechtskraft.
3. Am 07.12.2015 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß §§ 55 und 56 AsylG und legte gleichzeitig eine Vertretungsvollmacht für RA Mag. Doris Einwallner vor.
4. Zu diesem Antrag wurde der Beschwerdeführer am 21.12.2015 niederschriftlich durch das BFA einvernommen. Gleichzeitig wurde er von der gegen ihn erlassenen rechtskräftigen Rückkehrentscheidung in Kenntnis gesetzt.
5. Mit Schriftsatz seiner damaligen Rechtsvertretung RA Mag. Doris Einwallner vom 05.01.2016 beantragte der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und übermittelte zugleich eine Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 04.11.2015.
6. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 13.01.2016 wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, dass der Bescheid vom 04.11.2015 bereits in Rechtskraft erwachsen sei und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand voraussichtlich abzuweisen sei. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit eingeräumt, hierzu binnen einer Frist von sieben Tagen ab Zustellung dieses Schreibens schriftlich Stellung zu nehmen.
7. In der rechtzeitig eingebrachten Stellungnahme vom 25.01.2016 wurde die Verspätung der Beschwerde gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid nicht bestritten.
6. Mit Bescheid des BFA vom 28.01.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 05.01.2016 gemäß § 71 Abs. 1 AVG abgewiesen.
7. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht durch seine damalige Rechtsvertreterin RA Mag. Doris Einwallner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und begründete dies mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
8. Beschwerden und Bezug habende Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 08.03.2016 vorgelegt.
9. Mit Schreiben vom 21.04.2016 gab die frühere Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses bekannt.
10. Mit Schreiben vom 27.06.2016 gab der nunmehrige Rechtsvertreter des Beschwerdeführers die ihm erteilte Vollmacht bekannt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I. beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
Mit Bescheid vom 04.11.2015, Zl. XXXX, erließ das BFA gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig sei. Es wurde eine zweiwöchige Frist für seine freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.
Dieser Bescheid wurde dem früheren Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, RA Dr. Werner Zach, am 06.11.2015 durch persönliche Übergabe zugestellt.
Die Rechtsmittelfrist im angefochtenen Bescheiden wurde entsprechend der alten Rechtslage mit zwei Wochen ab Zustellung des Bescheids angegeben.
Die Rechtsmittelfrist endete nach rückwirkend anzuwendender neuer Rechtslage mit Ablauf des 04.12.2015, vier Wochen nach Zustellung an den zustellbevollmächtigten Rechtsvertreter.
Die am 05.01.2016 eingebrachte Beschwerde erweist sich als verspätet.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellung zu dem gegen den Beschwerdeführer am 04.11.2015 erlassenen Bescheid ergibt sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt.
Die Feststellung zur ordnungsgemäßen Zustellung des Bescheides an den damaligen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im Akt einliegenden ausgefüllten Rückschein (AS 73) in Zusammenschau mit der dem Akt enthaltenen Vertretungsvollmacht seines früheren Rechtsvertreters (AS 51). Dieser Feststellung wurde in der Beschwerde auch nicht entgegengetreten.
Unter Zugrundelegung des Zustelldatums und Berücksichtigung der Bestimmungen des § 16 BFA-VG und § 7 Abs. 4 VwGVG in der geltenden Fassung waren die entsprechenden Feststellungen zu Beginn und Ende der vierwöchigen Beschwerdefrist, sowie zur Verspätung der am 05.01.2016 eingebrachten Beschwerde zu treffen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1.1 Prüfungsumfang:
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
3.1.2 Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Angesichts der Tatsache, dass der maßgebende Sachverhalt von der belangten Behörde abschließend ermittelt wurde und der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war, Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen sowie eine initiative Darlegung für die Entscheidungsfindung relevanten Umstände, die durch die weitere Hinterfragung zu klären gewesen wären, nicht erforderlich war, ist der Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-Verfahrensgesetz aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt.
Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6. Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 2010/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41), unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. z.B. die VwGH-Erkenntnisse vom 29. Juni 2005, Zl. 2004/08/0044, und vom 19. November 2004, Zl. 2000/02/0269). Des Weiteren hat der EGMR in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte (vgl. das VwGH-Erkenntnis vom 28. September 2010, 2009/05/0160).
Solche Umstände, die ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung rechtfertigen, liegen auch im gegenständlichen Fall vor, da keine Tatsachenfragen aufgeworfen wurden, die eine mündliche Verhandlung erforderlich gemacht hätten.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte somit gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.
Zu A)
3.2 Zur Zurückweisung der Beschwerde
Gemäß dem zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung gültigen § 16 Abs. 1 BFA-VG in der Fassung BGBl. I. Nr. 17/2016 betrug die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen Bescheide des Bundesamtes in den Fällen des § 3 Abs. 2 Z 1, 2, 4 (Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gemäß dem 8. Hauptstück des FPG) und 7 noch zwei Wochen.
Dazu ist darauf hinzuweisen, dass mit Erkenntnis des VfGH vom 26.09.2017, G134/2017 und G207/2017 Teile des § 16 Abs. 1 BFA-VG zur Verkürzung der Beschwerdefrist bei Bescheidbeschwerden aufgehoben wurden. Die Aufhebung betraf die Wortfolgen "2, 4 und" im 1. Satz sowie den 2. Satz: "Dies gilt auch in den Fällen des § 3 Abs. 2 Z. 1, sofern die Entscheidung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist." Weiters sprach der VfGH aus, dass die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind. Die in Rede stehenden Behebungen wurden auch im Bundesgesetzblatt BGBl. I 140/2017 kundgemacht.
Ausgehend von obiger - rückwirkend anzuwendenden - Bestimmung infolge der erfolgten Behebung der genannten Teile des § 16 Abs. 1 BFA-VG gilt daher abseits der Fälle des § 3 Abs. 2 Z 7 BFA-VG (Verfahren nach dem Grundversorgungsgesetz - Bund 2005, BGBl. Nr. 405/1991, mit Ausnahme von Verwaltungsstrafverfahren) die in § 7 Abs. 4 VwGVG festgelegte Beschwerdefrist bei Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (= Parteibeschwerde) dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung.
Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden Fristen, die nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmt sind, mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Beginn und Lauf einer Frist werden gemäß § 33 Abs. 1 AVG durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert.
Der Bescheid des BFA vom 04.11.2015 wurde am 06.11.2015 durch persönliche Übergabe an den früheren Rechtsvertreter des Beschwerdeführers rechtswirksam zugestellt.
Die vierwöchige Rechtsmittelfrist endete somit mit Ablauf des 04.12.2015, vier Wochen nach Zustellung an den zustellbevollmächtigten Rechtsvertreter.
Da die Beschwerde erst am 05.01.2016 eingebracht wurde, war sie als verspätet zurückzuweisen.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Beschwerdefrist Fristablauf Fristüberschreitung Fristversäumung persönliche Übernahme Rechtskraft der Entscheidung Rechtsmittelfrist Rückkehrentscheidung verspätete Beschwerde Verspätung Zurückweisung ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I406.2122756.1.00Im RIS seit
10.09.2020Zuletzt aktualisiert am
10.09.2020