Entscheidungsdatum
13.05.2020Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W237 2230623-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Martin Werner über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Ukraine, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 30.03.2020, Zl. 1255849609/191294357:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 18 Abs. 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
1. Feststellungen:
Mit als Bescheid bezeichneter Erledigung vom 30.03.2020 (im Folgenden: Bescheid) wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 18.12.2019 hinsichtlich sowohl des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in die Ukraine fest, setzte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen fest und ordnete die Unterkunftnahme in einem bestimmten Quartier an.
Die im Verwaltungsakt befindliche Urschrift des Bescheids bezeichnet auf der letzten Seite den Namen " XXXX " im einwandfrei leserlichen Textverarbeitungsprogramm als Genehmiger. Über diesem Namen sind das Bescheiddatum sowie die Wortfolge "Für den Direktor des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl" abgedruckt. Diese Vermerke sind mit einem mit blauem Kugelschreiber verfassten, großen Schriftzug abgezeichnet, der aus zweieinhalb eng übereinanderliegenden, spitz verlaufenden sowie in 45° Haltung liegenden Schlaufen besteht und nach rechts oben hin ausläuft. Sonstige Hinweise bzw. Vermerke enthält die Urschrift nicht.
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt bzw. der darin aufliegenden Urschrift des angefochtenen Bescheids. Der Schriftzug auf der letzten Seite des Bescheids ist dabei in der festgestellten Weise ersichtlich.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
1. Im Anwendungsbereich des § 18 AVG wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Grundsatz aufgestellt, dass jede Erledigung zu genehmigen ist, und zwar durch die Unterschrift eines (hiezu berufenen) Organwalters. Damit wird der wichtige Grundsatz zum Ausdruck gebracht, dass die Identität des Menschen, der eine Erledigung getroffen und daher zu verantworten hat, für den Betroffenen erkennbar sein muss. Die "Urschrift" einer Erledigung muss also das genehmigende Organ erkennen lassen (vgl VwGH 10.09.2015, Ra 2015/09/0043).
Unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat (externe Erledigung), muss daher die - interne - Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion innehat, oder von einem approbationsbefugten Organwalter genehmigt worden sein. Fehlt es an einer solchen Genehmigung, liegt kein Bescheid vor (VwGH 11.11.2014, Ra 2014/08/0018).
Gemäß § 18 Abs. 3 AVG sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten. Im vorliegenden Fall wurde kein derartiges Verfahren nach E-GovG durchgeführt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Unterschrift im Sinn dieser Vorschrift ein Gebilde aus Buchstaben einer üblichen Schrift, aus der ein Dritter, der den Namen des Unterzeichneten kennt, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauslesen kann; eine Unterschrift muss nicht lesbar, aber ein "individueller Schriftzug" sein, der entsprechend charakteristische Merkmale aufweist. Die Anzahl der Schriftzeichen muss der Anzahl der Buchstaben des Namens nicht entsprechen (vgl. für viele VwGH 07.11.2019, Ra 2019/14/0389; 20.04.2017, Ra 2017/20/0095 mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hielt aber wiederholt fest, dass eine Paraphe keine Unterschrift ist (vgl. VwGH 07.11.2019, Ra 2019/14/0389; 04.09.2000, 98/10/0013 und 0014; s. auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 18, Rz 23 mwH).
2. Der Schriftzug auf der im Verwaltungsakt aufliegenden Urschrift des angefochtenen Bescheids erfüllt die Merkmale einer Unterschrift nicht:
So lassen die eng übereinanderliegenden und in Schräglage spitz verlaufenden Schlaufen des Schriftzugs keine erkennbare Buchstabenfolge entnehmen. Angesichts des abstrakten Zeichens ist der nach rechts oben auslaufenden Strich auch als keine infolge eines starken Abschleifungsprozesses abstrahierende Linie, aus der auf weitere Buchstaben geschlossen werden könnte (vgl. dazu VwGH 19.02.2018, Ra 2017/12/0051), zu beurteilen. Selbst wenn dem Zeichen - in Kenntnis des Nachnamens des Genehmigers und größtmöglicher Abstrahierungstoleranz - die Buchstaben "O" und "e" entnommen werden könnten, liegt jedenfalls kein Buchstabengebilde vor, aus dem der Name des Genehmigers auch in Kenntnis desselben noch in irgendeiner Form herauslesbar wäre. Dabei wird zwar berücksichtigt, dass die Anzahl der Schriftzeichen der Anzahl der Buchstaben des Namens nicht entsprechen muss, doch besteht der Nachname des Genehmigers im vorliegenden Fall aus zwei Wortstämmen (" XXXX " und "- XXXX ") und insgesamt elf Buchstaben.
Der Schriftzug auf der letzten Seite des Bescheids stellt in Anbetracht des vollen Namens des Genehmigers damit eine bloße Paraphe (also ein auf wenige Zeichen verkürztes Namenszeichen bzw. -kürzel) dar, die nach der Rechtsprechung keine Unterschrift ist.
3. Der Erledigung der belangten Behörde vom 30.03.2020 fehlt es mangels Unterschrift des Genehmigers sohin an der Bescheidqualität, weshalb sich die Beschwerde gegen einen Nichtbescheid richtet. Dies hat den Mangel der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zu einem meritorischen Abspruch über das Rechtsmittel zur Folge; das Verfahren über den am 18.12.2019 gestellten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ist stattdessen nach wie vor vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängig.
Die Beschwerde ist daher spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen.
4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; zudem fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in dieser auch nicht uneinheitlich beantwortet. So entspricht es ständiger, einheitlicher Rechtsprechung, dass eine Paraphe keine Unterschrift darstellt, wobei die Beurteilung, was (noch) eine Unterschrift darstellt, stets einzelfallbezogen ausfallen muss.
Schlagworte
Bescheidcharakter Bescheidqualität Genehmigung Nichtbescheid Unterfertigung Unterschrift Unzulässigkeit der Beschwerde ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W237.2230623.1.00Im RIS seit
10.09.2020Zuletzt aktualisiert am
10.09.2020