TE Bvwg Beschluss 2020/5/14 W134 2230805-1

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Veröffentlicht am 14.05.2020
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Entscheidungsdatum

14.05.2020

Norm

BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs1
BVergG 2018 §351 Abs1
BVergG 2018 §351 Abs3
BVergG 2018 §351 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W134 2230805-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Thomas Gruber im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren "A 26 Linzer Autobahn Etappe 1, AST Donau Nord - Donau Süd - Geologische Tunneldokumentation" der Auftraggeberin Autobahnen- und Schnellstraßen Finanzierungs-Aktiengesellschaft, Rotenturmstraße 5-9, 1010 Wien, vertreten durch die vergebende Stelle ASFINAG Baumanagement GmbH, Modecenterstraße 16/3, 1030 Wien, aufgrund des Antrages der XXXX , vertreten durch Breitenfeld Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Marc-Aurel-Straße 6, 1010 Wien, vom 08.05.2020 "auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit welcher der Auftraggeberin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt wird, im antragsgegenständlichen Vergabeverfahren "A 26 Linzer Autobahn Etappe 1, AST Donau Nord - Donau Süd - Geologische Tunneldokumentation" (Verfahrens-ID: 42926) den Zuschlag zu erteilen" folgenden Beschluss:

A)

Der Auftraggeberin wird gemäß § 351 BVergG 2018 für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt, den Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren zu erteilen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Vorbringen der Parteien:

Mit Schreiben vom 08.05.2020 begehrte die Antragstellerin die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 29.04.2020, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Erlassung der im Spruch genannten einstweiligen Verfügung, Akteneinsicht und den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberin.

Begründend wurde von der Antragstellerin im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

Angefochtene Entscheidung sei die Zuschlagsentscheidung vom 29.04.2020 zugunsten der XXXX . Zur Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung gab die Antragstellerin zusammengefasst folgendes an: Das Angebot der Antragstellerin sei unrichtig bewertet worden. Die Antragstellerin habe sowohl für den Projektleiter als auch für den stellvertretenden Projektleiter jeweils zwei Referenzprojekte namhaft gemacht, die die Anforderungen an Querschnitt und Vortriebslänge (Faktor 1) und an die Berufserfahrung (Faktor 2) jeweils voll erfüllen würden. Das Angebot der Antragstellerin wäre daher im Zuschlagskriterium Referenzen mit der maximalen Punkteanzahl von 40 Punkten (gewichtet) zu bewerten gewesen. Tatsächlich sei seitens der Auftraggeberin in diesem Zuschlagskriterium eine Bewertung mit lediglich 34 Punkten (gewichtet) erfolgt. Die angefochtene Entscheidung sei daher aufgrund dieser unrichtigen Bewertung des Angebots der Antragstellerin rechtswidrig. Wäre das Angebot der Antragstellerin rechtskonform mit der maximalen Punkteanzahl bewertet worden, dann wäre das Angebot der Antragstellerin an erster Stelle zu reihen und der Antragstellerin dementsprechend der Zuschlag zu erteilen gewesen. Außerdem sei die Zuschlagsentscheidung unzureichend begründet, die Angebotsprüfung mangelhaft und die Bewertung des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin unrichtig.

Die Antragstellerin habe ein Interesse am Vertragsabschluss, es drohe ihr ein Schaden und ihre Rechte würden verletzt.

Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 13.05.2020 gab diese bekannt, dass die Auftraggeberin die Autobahnen- und Schnellstraßen Finanzierungs-Aktiengesellschaft vertreten durch die vergebende Stelle ASFINAG Bau Management GmbH sei. Bei dem gegenständlichen Vergabeverfahren handle es sich um einen Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich, der in einem offenen Verfahren nach dem Bestbieterprinzip vergeben werden solle. Die Bekanntmachung in Österreich sei am 19.12.2019, in der EU am 19.12.2019 erfolgt. Die Zuschlagsentscheidung sei am 29.04.2020 zugunsten der XXXX erfolgt.

Die Auftraggeberin erstattete ausdrücklich kein Vorbingen zum Antrag der Antragstellerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt (schlüssiges Beweismittel)

Die Autobahnen- und Schnellstraßen Finanzierungs-Aktiengesellschaft vertreten durch die vergebende Stelle ASFINAG Bau Management GmbH hat den Bauauftrag "A 26 Linzer Autobahn Etappe 1, AST Donau Nord - Donau Süd - Geologische Tunneldokumentation" im Wege eines offenen Verfahrens im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. Die Bekanntmachung in Österreich ist am 19.12.2019, in der EU am 19.12.2019 erfolgt. Die Zuschlagsentscheidung ist am 29.04.2020 zugunsten der XXXX erfolgt. (Schreiben der Auftraggeberin vom 13.05.2020).

Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus der in Klammer genannten Quelle, deren Echtheit und Richtigkeit außer Zweifel steht.

2. Zulässigkeit des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung:

Im Wege einer Grobprüfung der Antragslegitimation der Antragstellerin zur Stellung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 350 Abs. 1 BVergG 2018 zu prüfen, ob der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 BVergG 2018 nicht offensichtlich fehlen. Diese Grobprüfung ergibt, dass sich das Verfahren in einem Stadium vor Zuschlagserteilung befindet, dass die Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung - nämlich der Zuschlagsentscheidung - behauptet wurde, dass die Antragstellerin ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich des BVergG unterliegenden Vertrages behauptet hat, sowie dass der Antragstellerin durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden drohen könnte. Ein offensichtliches Fehlen der Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 BVergG 2018 ist somit nicht gegeben.

Gemäß § 343 Abs. 1 BVergG 2018 sind Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung bei einer Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg binnen 10 Tagen einzubringen. Die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung erfolgte am 29.04.2020. Der Nachprüfungsantrag ist am 08.05.2020 beim BVwG eingelangt und somit rechtzeitig eingebracht worden. Der Antrag wurde auch vergebührt und erfüllt - soweit im Provisorialverfahren ersichtlich - auch die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen.

3. Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung

Gemäß § 350 Abs. 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

Gemäß § 351 Abs. 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Gemäß § 351 Abs. 3 BVergG 2018 können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

Die Antragstellerin hat einen Antrag auf Untersagung der Zuschlagserteilung gestellt.

Da seitens der Auftraggeberin auf Grund der Zuschlagsentscheidung vom 29.04.2020 die Vergabe an die XXXX beabsichtigt ist, diese aber bei Zutreffen der Behauptungen der Antragstellerin rechtswidrig sein könnte und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Antragstellerin für den Zuschlag in Betracht kommen könnte, droht der Antragstellerin durch die behaupteten Rechtswidrigkeiten möglicherweise der Entgang des Auftrages sowie ein Schaden, der nur durch die Verhinderung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann, da der möglicherweise bestehende Anspruch auf Zuschlagserteilung nur wirksam gesichert werden kann, wenn das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesverwaltungsgericht in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an die Antragstellerin ermöglicht.

Die Auftraggeberin erstattete ausdrücklich kein Vorbingen zum Antrag der Antragstellerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

Bei Abwägung aller möglicherweise geschädigten Interessen der Antragstellerin, der sonstigen Bieter und des Auftraggebers, eines allfälligen besonderen öffentlichen Interesses an der Fortführung des Vergabeverfahrens sowie des öffentlichen Interesses an der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter (VfGH 15.10.2001, B 1369/01) erscheint ein Überwiegen der nachteiligen Folgen der einstweiligen Verfügung für die bewilligte Dauer nicht gegeben. Im Übrigen hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ein Auftraggeber zumindest ein Nachprüfungsverfahren sowie die damit einhergehende Verzögerung des Vergabeverfahrens einzukalkulieren.

Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst, Kommentar zur Exekutionsordnung² [2008], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. § 351 Abs 4 BVergG 2018 verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Die Auftraggeberin ist durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichtes davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum fest gesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (vgl BVA 24.6.2010, N/0051-BVA/10/2010-EV13 mit weiteren Nachweisen).

Über den Antrag auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.

B) Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Dauer der Maßnahme Dienstleistungsauftrag einstweilige Verfügung Entscheidungsfrist Interessenabwägung Nachprüfungsantrag Nachprüfungsverfahren öffentliche Interessen Provisorialverfahren Schaden Untersagung der Zuschlagserteilung Vergabeverfahren Zuschlagsverbot für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W134.2230805.1.00

Im RIS seit

10.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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