Entscheidungsdatum
22.05.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z5Spruch
W109 1435381-2/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. BÜCHELE über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX (alias XXXX ), StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, vom 06.09.2019, Zl. XXXX - XXXX , zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. und III. bis VI. des angefochtenen Bescheides gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 stattgegeben und diese ersatzlos behoben.
II. In Erledigung der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird dem Antrag vom 16.06.2019 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 stattgegeben und die befristete Aufenthaltsberechtigung von XXXX als subsidiär Schutzberechtigter um zwei Jahre verlängert.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Am 13.11.2012 stellte der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, einen Antrag auf internationalen Schutz, den das Bundesasylamt mit Bescheid vom 13.05.2013 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) als unbegründet abwies und den Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan auswies. Die gegen den Bescheid des Bundesasylamtes erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 11.07.2014, Zl. W183 1435381-1/8E, hinsichtlich Spruchpunkt I. als unbegründet ab, gab ihr hinsichtlich Spruchpunkt II. statt, erkannte dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zu und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 11.07.2015. Im Fall einer Rückkehr sei nicht auszuschließen, dass der Beschwerdeführer in eine Gefahrensituation gelange, welche seine (wirtschaftliche) Existenz und mitunter auch sein Leben oder seine Unversehrtheit bedrohen würde. Der Beschwerdeführer habe seit seinem vierten Lebensjahr im Iran gelebt und würden sich in Afghanistan keine Angehörigen aufhalten. Es sei daher für den Beschwerdeführer schwierig, eine Existenz aufzubauen, insbesondere, weil er über keine familiären Kontakte verfüge. Die Sicherheitslage sei schlecht.
Auf seine Anträge vom 11.05.2015 und vom 21.08.2017 hin wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheiden Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.07.2015 und vom 04.09.2017 (zugestellt am 07.09.2017) jeweils eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG, zuletzt bis zum11.07.2019 erteilt. Begründend führt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl jeweils im Wesentlichen aus, die Voraussetzungen für die Verlängerung würden vorlägen. Eine weitere Begründung könne, da dem Antrag vollinhaltlich stattgegeben würde, gemäß § 58 Abs. 2 AVG entfallen.
Mit Schreiben vom 18.06.2019, bei der belangten Behörde eingelangt am 02.07.2019, brachte der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 ASylG 2005 ein.
Mit "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" vom 09.07.2019 wurde der Beschwerdeführer über die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens informiert, ihm die Gelegenheit zur Stellungnahme zu "Länderfeststellungen" gegeben und zur Beantwortung einiger Fragen und Vorlage von Belegen aufgefordert. Am 24.07.2019 langte die diesbezügliche Stellungnahme des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde ein.
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 06.09.2019 (in der Folge: Aberkennungsbescheid), zugestellt am 11.09.2019, erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer - nach niederschriftlicher Einvernahme am 12.08.2019 - den mit Erkenntnis vom 11.07.2014 zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG von Amts wegen ab (Spruchpunkt I.), entzog dem Beschwerdeführer die mit "Bescheid" vom 11.07.2014 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG, wies den Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Begründend führte die belangte Behörde aus, die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten würden nicht mehr vorliegen, die subjektive Lage habe sich im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt geändert. Der Beschwerdeführer habe die Möglichkeit gehabt, sich Bildung anzueignen, sowie Lebens- und Berufserfahrung zu sammeln. Eine Ansiedelung in Mazar-e Sharif sei ihm zumutbar. Er könne Kontakt zu den Angehörigen im Iran herstellen und deren Unterstützung erhalten. Aktuell sei es Rückkehrern möglich, sich wieder in die afghanische Gesellschaft einzugliedern, sie würden vor Ort von verschiedenen Organisationen unterstützt. Der Beschwerdeführer könne eine Lebensgrundlage auch ohne familiäres Netzwerk schaffen. Zitiert wird zudem aktuelle Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
3. Gegen den oben dargestellten Aberkennungsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.09.2019 richtet sich die am 01.10.2019 bei der belangten Behörde eingelangte vollumfängliche Beschwerde, in der im Wesentlichen ausgeführt wird, dass sich keine maßgebliche Änderung hinsichtlich der Gründe für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ergeben habe.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 15.04.2020 wurde die gegenständliche Rechtssache der bis dahin zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen und in der Folge der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung neu zugewiesen.
Der Beschwerdeführer legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:
- Abrechnungsbeleg (Lohn)
- Dienstvertrag
- Versicherungsdatenauszug
- Diverse Fotos
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zu Person und Lebensumständen Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, wurde spätestens am XXXX geboren, ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara. Er bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
Der Beschwerdeführer wurde in einem Dorf in Ghazni, Afghanistan geboren. Sein Vater verstarb, als der Beschwerdeführer etwa zwei oder drei Jahre alt war. Der Beschwerdeführer reiste im Alter von etwa vier Jahren in den Iran aus. Die Mutter heiratete erneut und ließ den Beschwerdeführer im Iran in der Obhut des Onkels. Der Beschwerdeführer arbeitet im Iran als Schneider und hat weder in Afghanistan noch im Iran eine Schule besucht. Mit dem Onkel hatte der Beschwerdeführer private Probleme, dieser war drogensüchtig und schlug den Beschwerdeführer.
Der Beschwerdeführer hat einen jüngeren Bruder, der gegenwärtig in Frankreich aufhältig ist und bis zu seiner Ausreise ebenso im Iran beim Onkel lebte. Der Beschwerdeführer steht in Kontakt zu seinem Bruder und zu seinen Angehörigen im Iran. Zur Mutter besteht kein Kontakt.
Der Beschwerdeführer kehrte nach seiner Ausreise im Kindesalter nie nach Afghanistan zurück, er hat dort weder Verwandte noch Bekannte.
Ab dem Jahr 2017 war der Beschwerdeführer mit Unterbrechungen mit unterschiedlichen Dienstgebern als Arbeiter beschäftigt. Zuletzt war der Beschwerdeführer ab Februar 2020 als Abwäscher in einem Hotel- und Gastgewerbebetrieb beschäftigt.
Seit dem Jahr 2018 führt der Beschwerdeführer eine Beziehung zu einer afghanischen Staatsangehörigen, die als Asylberechtigte in Österreich lebt. 2019 wurde ein gemeinsamer Haushalt begründet, mittlerweile ist das Paar verheiratet.
1. 2. Zur Rückkehr in den Herkunftsstaat:
Afghanistan ist von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt betroffen.
Die Sicherheitslage in der Provinz Ghazni hat sich zuletzt verschlechtert, die Provinz zählt zu den besonders volatilen Provinzen des Herkunftsstaates. Im Jahr 2018 kam es zu einem Anstieg der zivilen Opfer um 84 % gegenüber 2018, ebenso 2018 kam es zu heftigen Kämpfen zwischen Taliban und afghanischen Streitkräften. Im November 2019 starteten die Taliban eine Großoffensive gegen die Hazara-Gebiete in Jaghuri und Malistan und wurden gegen Ende November wieder vertrieben. In der ersten Hälfte des Jahres 2019 gehörte Ghazni ebenso zu den aktivsten Konfliktgebieten.
Hinsichtlich der Hauptstadt Kabul ist ein negativer Trend in Bezug auf die Sicherheitslage für Zivilisten deutlich erkennbar. Die Stadt ist vom innerstaatlichen Konflikt und insbesondere stark von öffentlichkeitswirksamen Angriffen der Taliban und anderer regierungsfeindlicher Kräfte betroffen. Kabul verzeichnet die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans, die insbesondere aus Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen regierungsfeindlicher Kräfte resultieren. Die afghanische Regierung führt regelmäßig Sicherheitsoperationen in der Hauptstadt durch. Die Konfliktsituation ist geprägt von asymmetrischer Kriegsführung.
In Balkh hat sich die Sicherheitslage - nachdem die Provinz lange zu den relativ ruhigen Provinzen gezählt wurde - verschlechtert. In Mazar-e-Sharif ist es zu einem Anstieg krimineller Aktivitäten wie Raub, Mord, Entführung etc. gekommen. Im Jahr 2018 ist die Anzahl ziviler Opfer in Balkh im Vergleich zu 2017 um 76 % angestiegen. Hauptursachen sind Bodenkämpfe, Unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen und gezielte Tötungen. Insbesondere sind die Todesfälle infolge von Bodenoffensiven um 296 % angestiegen. UNOCHA stuft Mazar-e-Sharif hinsichtlich der Schwere des Konfliktes in der zweithöchsten Kategorie ein.
Die Sicherheitslage im Distrikt Herat und in Herat (Stadt) hat sich nicht verbessert.
Versorgungslage und Lebensbedingungen im Herkunftsstaat haben sich in den letzten Jahren nicht verbessert. Rückkehrhilfe wird bereits seit längerem gewährt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zu Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers, seiner Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie seinen Sprachkenntnissen ergeben sich aus den gleichbleibenden und plausiblen Angaben des Beschwerdeführers, die auch die belangte Behörde ihrer Entscheidung zugrunde legte. Die Feststellung zum spätestmöglichen Geburtsdatum beruht auf dem schlüssigen, widerspruchsfreien von der Behörde im Zuerkennungsverfahren eingeholten medizinische Sachverständigengutachte (AS 65 ff.), aus dem sich für den Untersuchungszeitpunkt ein nicht unterschreitbares Mindestalter von 19,7 Jahren (AS 79), sowie das festgestellte spätestmögliche fiktive Geburtsdatum ergibt (AS 85). Diesem Gutachten ist der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten (AS 131) und letztlich äußerte, dass er das Ergebnis respektiere (AS 133).
Die Feststellung zur Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im Akt einliegenden aktuellen Strafregisterauszug. Zur Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei strafrechtlich in Erscheinung getreten, ist auszuführen, dass zwar die Anklageerhebung wegen §§ 224a. 223 Abs. 2, 224 StGB aktenkundig ist. Aus dem aktuellen Strafregisterauszug ergibt sich allerdings, dass der Beschwerdeführer nach wie vor unbescholten ist.
Die Feststellungen zu Lebensumständen und Lebenswandel des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat und im Iran beruhen auf den gleichbleibenden Angaben des Beschwerdeführers, auch das Bundesverwaltungsgericht traf in seinem Erkenntnis vom 11.07.2014 in etwa gleichlautende Feststellungen (insbesondere AS 474).
Die Feststellung zum jüngeren Bruder beruht auf den Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 12.08.2019 (AS 73), wobei auch die belangte Behörde keine diesbezüglichen Zweifel hegte. Dass Kontakt zum Bruder besteht sowie, dass er den Kontakt zu den Angehörigen im Iran nicht sucht, aber dieser möglich ist, hat der Beschwerdeführer in derselben Einvernahme angegeben, die Behörde folgte diesen Angaben.
Eine Rückkehr nach Afghanistan nach der Ausreise ergibt sich nicht aus dem Lebenswandel des Beschwerdeführers. Davon, dass der Beschwerdeführer weder Verwandte noch Bekannte in Afghanistan hat, geht das Bundesverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der belangten Behörde aus.
Die Feststellungen zu den Beschäftigungsverhältnissen des Beschwerdeführers seit dem Jahr 2017 beruhen auf dem mit der Beschwerde vorgelegten Versicherungsdatenauszug (AS 494 ff.). Die Feststellung zur letzten Beschäftigung des Beschwerdeführers beruht auf dem vorgelegten Dienstvertrag (OZ 5).
Die Feststellung zur Beziehung des Beschwerdeführers und dem gemeinsamen Haushalt beruht auf den übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und seiner nunmehrigen Frau, die auch die belangte Behörde ihrer Entscheidung zugrunde legte. Zur Verehelichung hat der Beschwerdeführer eine Urkunde und Fotos vorgelegt.
2.2. Zur Rückkehr in den Herkunftsstaat:
Die Feststellung zum innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in Afghanistan beruht auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 13.11.2019 (in der Folge: Länderinformationsblatt), der EASO Country Guidance: Afghanistan von Juni 2019 (in der Folge: EASO Country Guidance) und dem auch deren Grundlage bildenden EASO COI Report. Afghanistan. Security situation. von Juni 2019 sowie den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 (in der Folge: UNHCR-Richtlinien).
Die Feststellungen zur Sicherheitslage in Ghazni beruhen auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.10. Ghazni. Diese Informationen decken sich auch mit der EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel III. subsidiary protection, Unterkapitel Article 15(c) QD, Buchstabe c. Indisriminate violance, Abschnitt Ghazni, S. 96. EASO stuft Ghazni im Hinblick auf das "real risk of serious ham under Article 15(c) QD nunmehr - im Gegensatz zur EASO Country Guidance: Afghanistan von Juni 2018 ( Kapitel III. subsidiary protection, Unterkapitel Article 15(c) QD, Buchstabe b. Indisriminate violance, Abschnitt Indiscriminate violence assessment per province of Afghanistan, Unterabschnitt Ghazni, S. 81) - in der zweithöchsten und nicht mehr in der dritthöchsten Kategorie ein. Aus dieser Berichtslage ergibt sich klar, dass sich die Sicherheitslage in Ghazni verschlechtert hat.
Die Feststellungen zur Sicherheitslage in Kabul beruhen im Wesentlich auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.1. Kabul, den UNHCR-Richtlinien und dem EASO COI Report. Afghanistan. Security situation von Juni 2019, Kapitel 2.1 Kabul city, S. 67 ff. So berichten Länderinformationsblatt und UNHCR-Richtlinien von einer Verschlechterung der Sicherheitslage in Kabul sowie von einer Zunahme der zivilen Opfer. Insbesondere die UNHCR-Richtlinien berichten von negativen Trends hinsichtlich der Sicherheitslage und bestätigen, dass Kabul wiederholt die höchste Zahl ziviler Opfer verzeichnet und diese insbesondere auf Selbstmordanschläge und komplexe Angriffe regierungsfeindliche Kräfte zurückgehen, die zahlreiche Zivilisten auf ihren täglichen Wegen das Leben kosten. Die Gefahr, Opfer eines solchen Angriffs zu werden, sei bei sozialen und wirtschaftlichen Aktivitäten allgegenwärtig, etwa auf dem Arbeits- oder Schulweg, auf dem Weg zu medizinischen Behandlungen, beim Einkaufen, auf Märkten, in Moscheen oder an anderen Orten, wo viele Menschen zusammentreffen (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 4. Interne Flucht- oder Neuansiedlungsalternative in Kabul, Buchstabe a) Die Relevanz von Kabul als interner Schutzalternative, S. 127 f.). Insbesondere ergibt sich aus dem EASO COI Report. Afghanistan. Security situation von Juni 2019 auch keine Trendumkehr in Bezug auf die Sicherheitslage in Kabul, weswegen eine Verschlechterung der Sicherheitslage in Kabul festgestellt wurde.
Die Feststellungen zur Sicherheitslage in Balkh und Mazar-e Sharif basieren auf dem EASO COI Report: Afghanistan. Security situation von Juni 2019, Kapitel 3.5. Balkh, S. 108 ff.
Die Feststellungen zur Sicherheitslage im Distrikt Herat und in Herat (Stadt) beruhen auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 2.13. Herat, wo berichtet wird, dass Herat zu den relativ ruhigen Provinzen gehört, obgleich sich die Situation in den abgelegenen Distrikten in den letzten Jahren verschlechtert habe. Es komme zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen. Ähnlich berichtet auch der EASO COI Report. Afghanistan. Security situation von Juni 2019 in seinem Kapitel 3.13. Herat (S. 149 ff.), dass es weiterhin Talibanaktivitäten und Kämpfe gibt. Hinsichtlich Herat (Stadt) wird von einem Anstieg der Kriminalität berichtet. Allerdings lässt sich den Berichten ein klarer Trend hinsichtlich der Sicherheitslage weder in Richtung einer Verbesserung noch in Richtung einer Verschlechterung entnehmen.
Zur Versorgungslage ist auszuführen, dass in diesem Bereich von einer Verbesserung der Situation nicht berichtet wird. Es wird unverändert von hohen Armuts- und Arbeitslosenraten, von fortbestehender Abhängigkeit von Hilfsleistungen wegen der unveränderten Konfliktbetroffenheit berichtet (Länderinformationsblatt, Kapitel 21. Grundversorgung und Wirtschaft) und lässt sich den Informationen zur allgemeinen Rückkehrsituation ebenso (Länderinformationsblatt, Kapitel 23. Rückkehr und Kapitel 20. Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge) nicht entnehmen, dass es zu einer Entspannung der Situation gekommen wäre. Zur medizinischen Versorgungslage ergibt sich aus dem Länderinformationsblatt (Kapitel 22. Medizinische Versorgung) eine noch immer deutlich mangelhafte Gesundheitsversorgung, auch wenn grundsätzlich von Fortschritten in den letzten zehn Jahren berichtet wird. Eine Verbesserung der Versorgungslage im Herkunftsstaat ist jedoch - insbesondere im Vergleich mit den vom Bundesverwaltungsgericht seinem Erkenntnis vom 11.07.2014 zugrunde gelegten Informationen (siehe "Vorläufige Sachverhaltsannahmen des Bundesverwaltungsgerichts zur maßgeblichen Lage in Afghanistan", insbesondere AS 437) nicht ersichtlich, weswegen eine dementsprechende Feststellung getroffen wurde.
Zur Rückkehrhilfe ist bereits den vom Bundesasylamt herangezogenen "Feststellungen Kabul, Rückkehrfragen" von Oktober 2012 zu entnehmen, dass Rückkehrhilfe verfügbar ist und zahlreiche Organisationen in dem Feld tätig sind (AS 234). Gleiches berichtet das aktuelle Länderinformationsblatt, Kapitel 23. Rückkehr, mögen die Unterstützungsprogramme nunmehr auch andere Namen tragen oder anders organisiert sein.
Zur Plausibilität und Seriosität der herangezogenen Länderinformationen zur Lage im Herkunftsstaat ist auszuführen, dass die im Länderinformationsblatt zitierten Unterlagen von angesehen Einrichtungen stammen. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 5 Abs. 2 BFA-VG verpflichtet ist, gesammelte Tatsachen nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren. Auch das European Asylum Support Office (EASO) ist nach Art. 4 lit. a Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 zur Einrichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen bei seiner Berichterstattung über Herkunftsländer zur transparent und unparteiisch erfolgende Sammlung von relevanten, zuverlässigen, genauen und aktuellen Informationen verpflichtet. Damit durchlaufen die länderkundlichen Informationen, die diese Einrichtungen zur Verfügung stellen, einen qualitätssichernden Objektivierungsprozess für die Gewinnung von Informationen zur Lage im Herkunftsstaat. Den UNHCR-Richtlinien ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besondere Beachtung zu schenken ("Indizwirkung"), wobei diese Verpflichtung ihr Fundament auch im einschlägigen Unionsrecht findet (Art. 10 Abs. 3 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU [Verfahrensrichtlinie] und Art. 8 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2011/95/EU [Statusrichtlinie]; VwGH 07.06.2019, Ra 2019/14/0114) und der Verwaltungsgerichtshof auch hinsichtlich der Einschätzung von EASO von einer besonderen Bedeutung ausgeht und eine Auseinandersetzung mit den "EASO-Richtlinien" verlangt (VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0405). Parteiengehör bezüglich der in dieser Entscheidung verwendeten Länderberichte konnte entfallen. Die belangte Behörde hat aufgrund ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Abfassung von Länderberichten Kenntnisse über ebendiese Länderberichte; weiters wurden diese ausschließlich zugunsten des Beschwerdeführers verwendet, weshalb auch diesbezüglich eine Notwendigkeit zur Gewährung von Parteiengehör nicht gegeben war. Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich daher auf die angeführten Länderberichte, wobei eine beweiswürdigende Auseinandersetzung im Detail oben erfolgt ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur ersatzlosen Behebung von Spruchpunkt I. des angefochtenen Aberkennungsbescheides (Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten):
Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG) ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amtswegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 AsylG) nicht oder nicht mehr vorliegen.
§ 9 Abs. 1 Z 1 erster Fall AsylG erfasst die Konstellation, in der der Fremde schon im Zeitpunkt der Zuerkennung die dafür notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt hat, während § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall jene Konstellationen betrifft, in denen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nachträglich weggefallen sind (VwGH 17.10.2019, Ro 2019/18/0005 m.w.N.).
Die belangte Behörde stützt sich in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides lediglich auf § 9 Abs. 1 AsylG ohne explizit zu erkennen zu geben, auf welchen konkreten Aberkennungstatbestand sie Bezug nimmt. Aus dem angefochtenen Aberkennungsbescheid, wo die belangte Behörde feststellt: "Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten liegen nicht mehr vor." sind (Aberkennungsbescheid, S. 12)., sowie aus der übrigen Bescheidbegründung ergibt sich klar, dass die belangte Behörde sich auf § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG stützt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass es unter Berücksichtigung der Rechtskraftwirkung von Bescheiden nicht zulässig ist, die Aberkennung nach § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG auszusprechen, obwohl sich der Sachverhalt seit der Zuerkennung des subsidiären Schutzes bzw. der erfolgten Verlängerung nicht geändert hat (VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0353). Auch der Verfassungsgerichtshof hat zu § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG bereits ausgesprochen, dass diese Bestimmung keine Neubewertung eines rechtskräftigen Entschiedenen Sachverhaltes erlaubt, sondern eine Aberkennung nach § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG lediglich in Frage kommt, wenn sie die Umstände nach der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten maßgeblich geändert haben (VfGH 24.09.2019, E 2330/2019).
In seiner Judikatur zum Aberkennungstatbestand des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG zeichnet der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen das Prüfschema vor, dass zunächst zu ermitteln ist, ob, seit dem Beschwerdeführer zuletzt eine befristete Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs. 4 AsylG erteilt wurde, neue Umstände hinzugetreten sind. Erst wenn dies zu bejahen ist, ist eine erneute Gesamtbeurteilung vorzunehmen, bei der alle für die Entscheidung maßgeblichen Elemente einbezogen werden, auch wenn sie sich vor der letzten Verlängerung ereignet haben (VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0353).
Zur unionsrechtskonformen Interpretation des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG zieht der Verwaltungsgerichtshof das Erforderlichkeitskalkül des Art. 16 Abs. 1 und Abs. 2 Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (in der Folge Statusrichtlinie) heran (VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).
Art. 16 Abs. 1 Statusrichtlinie sieht vor, dass ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser keinen Anspruch auf subsidiären Schutz mehr hat, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist. Nach Abs. 2 leg. cit. berücksichtigen die Mitgliedstaaten bei Anwendung des oben zitierten Abs. 1, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorrübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.
Eine solche Änderung der Umstände kann sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus einer Änderung der tatsächlichen Umstände im Herkunftsstaat ergeben, aber auch in der persönlichen Situation des Fremden gelegen sein, wobei es regelmäßig nicht auf den Eintritt eines einzelnen Ereignisses ankommt (VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).
Dem Beschwerdeführer wurde zuletzt mit Verlängerungsbescheid vom 04.09.2017, zugestellt am 07.09.2017, eine Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 8 Abs. 4 AsylG erteilt, weswegen gegenständlich Änderungen im Hinblick auf den in diesem Zeitpunkt maßgeblichen Sachverhalt relevant sind.
Die belangte Behörde stellt im angefochtenen Aberkennungsbescheid klar darauf ab, dass die Lage sich seit dem seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt insofern geändert habe, als dem Beschwerdeführer nunmehr eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar-e Sharif zur Verfügung stehe, während sie hinsichtlich der Herkunftsprovinz vom Vorliegen einer relevanten Gefährdungslage ausgeht (Aberkennungsbescheid S. 427 ff).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bringt § 8 Abs. 3 AsylG unmissverständlich zum Ausdruck, dass die in § 8 Abs. 1 AsylG genannten Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz nicht gegeben sind, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG zur Verfügung steht. Damit ist auch das Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Aberkennungsverfahren beachtlich (VwGH 29.01.2020, Ro 2019/18/0002).
Allerdings zeigt die belangte Behörde - wie in der Beschwerde zutreffend ausgeführt wird - keinerlei Sachverhaltsänderung auf, sondern beschränkt sich im Wesentlichen auf eine neue, anderslautende Beurteilung eines unveränderten Sachverhaltes.
Aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.07.2014 ergeben sich - abseits der schlechten Sicherheits- und Versorgungslage - als für die Zuerkennung maßgebliche Sachverhaltselemente, dass der Beschwerdeführer seit seinem vierten Lebensjahr im Iran gelebt hat und sich in Afghanistan keine seiner Angehörigen aufhalten, wodurch seine (wirtschaftliche) Existenz und mitunter sein Leben oder seine Unversehrtheit bedroht würden. Mit Bescheid vom 17.07.2015 und vom 04.09.2017 wurde das weitere Vorliegen der Voraussetzungen jeweils bejaht, ohne dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl andere nunmehr relevante Sachverhaltselemente eingeführt hätte und zeigt die belangte Behörde im gegenständlichen Aberkennungsverfahren keinen maßgeblich anderen Sachverhalt auf. So führt die belangte Behörde aus, die subjektive Lage habe sich insofern geändert, als der Beschwerdeführer sich Bildung, Berufs- und Lebenserfahrung angeeignet habe, Kontakt zu den Angehörigen im Iran herstellen und deren Unterstützung erhalten könne, vor Ort von Organisationen oder der islamischen Glaubensgemeinschaft unterstützt werden könne und sich eine Lebensgrundlage ohne familiäres Netzwerk schaffen könne. Hierzu ist anzumerken, dass weder der Aufenthalt der Angehörigen, noch, dass der Beschwerdeführer Kontakt zu diesen herstellen oder deren Unterstützung erhalten könnte, eine Sachverhaltsänderung darstellt. Diese Umstände waren durchgehend unverändert. Zu Bildung, Berufs- und Lebenserfahrung ist auszuführen, dass deren allfälliger Mangel nicht Zuerkennungsrelevant waren und ein maßgeblicher Erfahrungsgewinn seit der zuletzt erfolgten Änderung nicht ersichtlich ist. Rückkehrhilfe wurde bereits im Zeitpunkt der Zuerkennung gewährt und handelt es sich auch bei der von der belangten Behörde ins Treffen geführten islamischen Tradition gegenseitiger Unterstützung um kein neues Sachverhaltselement.
Soweit die belangte Behörde ausführt, der Beschwerdeführer könne eine Lebensgrundlage auch ohne familiäres Netzwerk schaffen und hierzu aktuelle Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zitiert, ist sie auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, der zufolge eine maßgebliche Änderung der Umstände im Herkunftsstaat nicht per se in neuerer Judikatur zu vergleichbaren Fällen liegt (VwGH 24.01.2019, Ro 2018/21/0011), sondern ausschließlich die Tatsachenebene betrifft.
Änderungen im Hinblick auf die Tatsachenebene zeigt die belangte Behörde allerdings hinsichtlich der individuellen Situation des Beschwerdeführers nicht auf und ist eine solche in der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat nicht im Sinne einer Verbesserung ersichtlich. Von einer Verbesserung der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat geht bereits die Behörde nicht aus und konnte auch das Bundesverwaltungsgericht keine diesbezüglichen Sachverhaltsänderungen feststellen. Hinsichtlich Kabul und Mazar-e Sharif ist viel mehr von einer Verschlechterung der Sicherheitslage auszugehen, während dieselbe in Herat unverändert ist. Die Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz hat sich dagegen verschlechtert. Verbesserungen im Hinblick auf die Versorgungslage sind auch nicht ersichtlich.
Im Wesentlichen liefert die belangte Behörde mit ihren Ausführungen lediglich eine Scheinbegründung, die klar das Ziel verfolgt, dem Beschwerdeführer trotz unverändertem Sachverhalt den Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen.
Mangels hinzutreten neuer Umstände steht sohin einer neuen Gesamtbeurteilung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Rechtskraft des Zuerkennungsbescheides vom 08.03.2017 entgegen (VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0353).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist "die zu entscheidende Angelegenheit" im Verfahren über die Beschwerde gegen einen Bescheid, mit dem dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wurde, die Aberkennung des subsidiären Schutzstatus an sich und damit sämtliche in § 9 Abs. 1 und 2 AsylG vorgesehenen Prüfschritte und Aussprüche (VwGH 17.10.2019, Ro 2019/18/0005). Demnach ist das Bundesverwaltungsgericht nicht lediglich auf den Aberkennungstatbestand des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG beschränkt, sondern hat viel mehr alle Hinweise auf das Vorliegen der Voraussetzungen eines der Aberkennungstatbestände des § 9 Abs. 1 und Abs. 2 AsylG aufzugreifen.
Hinweise darauf, dass einer der Aberkennungstatbestände des § 9 Abs. 1 Z 1 erster Fall, Z 2, Z 3 oder 2 AsylG erfüllt wäre, haben sich im Verfahren nicht ergeben. So ist der Beschwerdeführer nach wie vor unbescholten.
Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war damit ersatzlos zu beheben.
3.2. Zur ersatzlosen Behebung der Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Aberkennungsbescheides:
Nachdem dem Beschwerdeführer infolge der Behebung von Spruchpunkt I. des angefochtenen Aberkennungsbescheides mit gegenständlichem Erkenntnis weiterhin der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt, war auch die mit Spruchpunkt IV. des angefochtenen Aberkennungsbescheides nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassene Rückkehrentscheidung, sowie die weiteren damit verbundenen Aussprüche (Spruchpunkte III., V. und VI.) ersatzlos zu beheben (Vgl. VwGH 21.05.2019, Ro 2019/19/0006).
3.3. Zur Stattgebung der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Aberkennungsbescheides (Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG):
Nach § 8 Abs. 4 AsylG ist die gleichzeitig mit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannte Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden für jeweils zwei weitere Jahre zu verlängern. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts fort, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.
Nachdem mit gegenständlichem Erkenntnis das weitere Vorliegen der Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bejaht wurden (siehe oben unter 3.1.), war dem Beschwerdeführer in Stattgebung der Beschwerde gegen Spruchpunkte II. des angefochtenen Bescheides die mit Zuerkennungsbescheid erteilte Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG spruchgemäß um weitere zwei Jahre zu verlängern.
Der Ausspruch der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung mit Spruchpunkt II des gegenständlichen Erkenntnisses tritt im Übrigen auch an die Stelle (Vgl. etwa jüngst VwGH 28.02.2019, Ra 2019/07/0010) des von der belangten Behörde mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Aberkennungsbescheides ausgesprochenen Entzuges der Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs. 4 AsylG.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nicht nur aus Anlass der erstmaligen Erteilung der Aufenthaltsberechtigung, sondern auch bei der Verlängerung die Gültigkeitsdauer der zu erteilenden Berechtigung ausgehend vom Entscheidungszeitpunkt festzulegen (VwGH 27.12.2019, Ra 2019/18/0281). Beim im Aberkennungsverfahren durch Einzelrichter entscheidenden Bundesverwaltungsgericht ist dies der Zeitpunkt, in dem die Entscheidung erlassen, das heißt verkündet oder zugestellt wird (VwGH 27.04 2016, Ra 2015/05/0069). Die befristete Aufenthaltsberechtigung gilt damit zwei Jahre ab Zustellung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts an den Beschwerdeführer.
3.4. Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann die Verhandlung unter anderem entfallen, wenn bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Gegenständlich ergibt sich bereits aus dem Akteninhalt, dass eine maßgebliche Änderung der Umstände nicht aufgetreten ist und dass die belangte Behörde eine solche im Bescheid auch nicht aufgezeigt hat. Da der Sachverhalt sohin klar ist, konnte die vom Beschwerdeführer beantragte mündliche Verhandlung unterbleiben.
4. Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht folgt in seiner Prüfung hinsichtlich der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten der vorliegenden jüngsten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Themenkomplex der Aberkennung nach § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG, die unter 3. zitiert wird.
Schlagworte
Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten Aberkennungstatbestand § 9 Abs. 1 befristete Aufenthaltsberechtigung Behebung der Entscheidung Berufserfahrung ersatzlose Teilbehebung individuelle Verhältnisse Rückkehrentscheidung behoben Sicherheitslage Verlängerung Verschlechterung Versorgungslage wesentliche ÄnderungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W109.1435381.2.00Im RIS seit
10.09.2020Zuletzt aktualisiert am
10.09.2020