TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/26 W116 2186965-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.05.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

26.05.2020

Norm

AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs7
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
FPG §5
FPG §88 Abs2a
FPG §94 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W116 2186965-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.05.2019, Zl. 1066941005-190388558, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Fremdenpasses zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG in Verbindung mit § 88 Abs. 2a FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der minderjährige Beschwerdeführer stellte am 16.04.2019 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mittels Formularvordruck einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 88 Abs. 2a FPG.

1.2. Im Zuge des Parteiengehörs wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19.04.2019 mitgeteilt, dass die Ablehnung seines Antrages auf Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte beabsichtigt sei.

Ferner wurde darin ausgeführt, dass der Beschwerdeführer spätestens am 03.05.2015 illegal ins Bundesgebiet eingereist sei und am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Mit Bescheid vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Zahl: 1066941005-150449329, sei sein Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abgewiesen worden, während ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 17.01.2019 erteilt worden sei. Der Beschwerdeführer habe gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides fristgerecht eine Beschwerde eingebracht und das diesbezügliche Verfahren sei bis dato beim Bundesverwaltungsgericht anhängig.

Zum Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte wurde festgehalten, dass die Ausstellung eines solchen nur dann zulässig sei, wenn der Beschwerdeführer nicht in der Lage sei, sich ein Reisedokument seines Heimatlandes zu beschaffen. Daher werde eine Bestätigung der syrischen Botschaft als Nachweis, dass es dem Beschwerdeführer nicht möglich sei, sich ein Reisedokument seines Heimatlandes zu besorgen, benötigt. In weiterer Folge wurden maßgebliche rechtliche Bestimmungen wiedergegeben und wurde dem Beschwerdeführer zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme und Vorlage des geforderten Nachweises eine Frist von zwei Wochen gewährt.

1.3. Der Beschwerdeführer gab dazu keine Stellungnahme ab und legte auch kein Bestätigungsschreiben der syrischen Botschaft vor.

2. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl:

2.1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.05.2019, durch Hinterlegung am 18.05.2019 zugestellt, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2a FPG abgewiesen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl begründete im angefochtenen Bescheid die abweisende Entscheidung damit, dass im Asylverfahren eine Asylrelevanz bzw. eine sonstige staatliche Verfolgungsgefahr etwa aus Gründen der persönlichen Merkmale des Beschwerdeführers nicht erkennbar gewesen seien. Dem Beschwerdeführer sei der subsidiäre Schutz aufgrund der allgemeinen Lage in seinem Herkunftsstaat erteilt worden. Mit der Karte für subsidiär Schutzberechtigte sei es dem Beschwerdeführer zusammen mit dem Reisepass des Herkunftslandes möglich, in die Schengen-Staaten drei Monate für touristische Zwecke frei zu reisen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, dass gemäß § 88 Abs. 2a FPG Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukomme und die nicht in der Lage seien, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag Fremdenpässe auszustellen seien, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen. Demnach sei der Fremdenpass für subsidiär Schutzberechtigte jedenfalls subsidiär zum Pass des eigenen Landes und eine Ausstellung sei nur dann zulässig, wenn die Ausstellung eines Reisedokuments durch den Herkunftsstaat nicht erfolgen könne oder unzumutbar sei. Daher sei der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte abzuweisen gewesen.

2.2. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG vom 07.05.2019 wurde dem Beschwerdeführer der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

2.3. Gegen den oben genannten Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, welche am 03.06.2019 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte. In dieser wurde nach Wiedergabe des maßgeblichen Sachverhaltes angeführt, dass der Beschwerdeführer die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten beantragt habe und das diesbezügliche Verfahren noch beim Bundesverwaltungsgericht anhängig sei. Falls der Beschwerdeführer mit der syrischen Botschaft Kontakt aufnehmen würde, um die Ausstellung eines Reisepasses zu beantragen, würde dies als Unterschutzstellung unter den Staat, aus dem er geflüchtet sei, angesehen werden. Als Konsequenz würde sein Antrag auf Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abgewiesen werden. Daher beantrage der Beschwerdeführer unter anderem, seinem Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses stattzugeben.

3. Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Die gegenständliche Beschwerde wurde samt Verwaltungsakt vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und ist am 05.06.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

Mit Eingabe vom 04.07.2019 wurde im Wege eines neuen rechtlichen Vertreters des Beschwerdeführers die erteilte Vollmacht bekannt gegeben, ein Beweisantrag zum Nachweis der Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers gestellt sowie einerseits die Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft St. Pölten vom 10.04.2017 von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen den Onkel des Beschwerdeführers und andererseits der Beschluss des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 23.11.2018, mit dem die alleinige Obsorge für den minderjährigen Beschwerdeführer zur Gänze seinem Onkel übertragen wurde, übermittelt. Mit Eingabe vom 08.05.2020 langten beim Bundesverwaltungsgericht Kopien zum Nachweis über eingelöste Dienstleistungschecks betreffend den Onkel des Beschwerdeführers für den Zeitraum vom 01.01.2019 bis zum 31.12.2019 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Der minderjährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Syrien. Der im Spruch angeführte Name und das Geburtsdatum dienen mangels Vorlage unbedenklicher Dokumente lediglich zur Identifizierung des Beschwerdeführers als Verfahrenspartei.

Der Beschwerdeführer hält sich seit spätestens 03.05.2015 durchgehend im Bundesgebiet auf. Der am 03.05.2015 gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.01.2018, Zl. 1066941005-150449329, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 17.01.2019 erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen den Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Die Aufenthaltsberechtigung wurde zuletzt bis zum 17.01.2021 verlängert.

Der Beschwerdeführer stellte am 16.04.2019 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 88 Abs. 2a FPG.

Der Beschwerdeführer hat bis dato nicht versucht, sich von der syrischen Botschaft einen Reisepass ausstellen zu lassen.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.05.2020, W116 2186965-1/15E, wurde der Beschwerde des Beschwerdeführers im Asylverfahren stattgegeben und ihm der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Festgestellt wird, dass es dem Beschwerdeführer aufgrund der im Beschwerdeverfahren geltend gemachten und schließlich auch festgestellten asylrelevanten Verfolgung nicht zumutbar war, bei der syrischen Vertretungsbehörde einen Reisepass zu beantragen. Der Ausstellung eines Fremdenpasses standen zudem auch keine zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung entgegen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ergibt sich aus dem Datenbestand des Zentralen Melderegisters.

Die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die Verlängerung des befristeten Aufenthaltsrechts durch das BFA beruhen auf dem Datenbestand des Zentralen Fremdenregisters sowie einer Ausfertigung des oben zitierten Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl. Dass der Beschwerdeführer gegen den Spruchpunkt I. dieses Bescheides fristgerecht Beschwerde erhob, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt des Beschwerdeführers betreffend sein Asylverfahren.

Die gegenständliche Antragstellung und die Feststellung, dass der Beschwerdeführer bis dato nicht versuchte, sich von der syrischen Botschaft einen Reisepass ausstellen zu lassen, beruhen auf seinem eigenen Vorbringen.

2.2.2. Dass es dem Beschwerdeführer aufgrund der im Beschwerdeverfahren geltend gemachten asylrelevanten Verfolgung nicht zumutbar war, bei der syrischen Vertretungsbehörde einen Reisepass zu beantragen, basiert auf folgenden Erwägungen:

Der Beschwerdeführer erhob gegen die erstinstanzliche Entscheidung in seinem Asylverfahren Beschwerde, in der er seine Befürchtungen, dass ihm bei einer Rückkehr nach Syrien asylrelevante Verfolgung drohe, darlegte. Um den vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl angeforderten Nachweis der syrischen Botschaft zu erbringen, hätte der Beschwerdeführer während seines noch anhängigen Beschwerdeverfahrens mit der syrischen Botschaft in Kontakt treten und einen Antrag auf Ausstellung eines syrischen Reisepasses stellen müssen. Die Reisepassausstellung durch Behörden des Herkunftsstaates und insbesondere die Verwendung desselben genügen jedoch grundsätzlich für die Annahme, dass sich der Beschwerdeführer wieder freiwillig unter den Schutz seines Heimatstaates gestellt hat. Hätte der Beschwerdeführer die Ausstellung eines syrischen Reisepasses beantragt, so hätte er damit zu erkennen gegeben, dass er sich vor den syrischen Behörden in keiner Weise fürchtet und dass gegen seine Person keine aktuelle asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat besteht.

Daher ist den Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz, wonach eine Kontaktaufnahme des Beschwerdeführers mit der syrischen Botschaft und ein Antrag auf Ausstellung eines syrischen Reisepasses als Unterschutzstellung unter seinen Herkunftsstaat gedeutet werden würde und in der Folge sein Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen werden würde, zu folgen. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde lagen gegenständlich Anhaltspunkte für das Vorliegen relevanter Hindernisse im Hinblick auf die Zugänglichkeit zu einem herkunftsstaatlichen Reisedokument durch den Beschwerdeführer vor. In diesem Zusammenhang ist der belangten Behörde nämlich entgegenzuhalten, dass sie die bei ihr am 19.02.2018 eingebrachte Beschwerde gegen die Nicht-Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, mit der das darauffolgende Beschwerdeverfahren eingeleitet wurde, in ihrem gegenständlich bekämpften Bescheid nicht berücksichtigte.

Darüber hinaus kam im Beschwerdeverfahren betreffend seinen Antrag auf internationalen Schutz hervor, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in Syrien die reale Gefahr droht, dass er aufgrund der Eigenschaft als Familienangehöriger eines ehemals aktiven Regierungsgegners von der syrischen Regierung verfolgt wird. Die Feststellung hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ist einer Ausfertigung des oben zitierten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes zu entnehmen.

Es ist daher nachvollziehbar, dass es dem Beschwerdeführer tatsächlich nicht zumutbar war, sich ein gültiges Reisedokument seines Heimatstaates zu beschaffen.

Bezüglich der Feststellung, dass der Ausstellung eines Fremdenpasses keine zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung entgegenstanden, wird auf die rechtlichen Ausführungen unter 3.2. verwiesen.

3. Rechtliche Erwägungen zu der zulässigen Beschwerde:

3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BFA-VG, AsylG 2005) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.1.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gemäß §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

3.1.3. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Im vorliegenden Beschwerdefall ergibt sich, dass aus dem Akteninhalt des Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde der maßgebliche Sachverhalt als geklärt anzusehen ist.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

Gemäß § 88 Abs. 2a FPG sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, Fremdenpässe auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.

§ 88 Abs. 2a FPG regelt die Ausstellung von Fremdenpässen an subsidiär Schutzberechtigte in Umsetzung von Art. 25 Abs. 2 Statusrichtlinie, welche vor dem Hintergrund einer Angleichung der Rechte von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten unter bestimmten Umständen einen (ansonsten nicht bestehenden) Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Fremdenpasses vorsieht (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht [2016] § 88 FPG K7).

Die Statusrichtlinie sieht die Angleichung der Rechte von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten, ua in Bezug auf den Anspruch auf Ausstellung von Reisedokumenten durch den schutzgewährenden Mitgliedsstaat vor. Art. 25 Abs. 2 Statusrichtlinie legt diesbezüglich fest, dass für subsidiär Schutzberechtigte, die keine Reisedokumente ihres Herkunftsstaates erhalten können, durch den schutzgewährenden Mitgliedsstaat Reisedokumente auszustellen sind, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen. Diese Richtlinienbestimmung wurde durch § 88 Abs. 2a FPG umgesetzt, in dem subsidiär Schutzberechtigten unter bestimmten Voraussetzungen nunmehr ein Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Fremdenpasses eingeräumt wird, der nur aus Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung beschränkt werden kann. Humanitäre Gründe für die Anwesenheit in einem anderen Staat sind nicht mehr erforderlich (Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu BGBl. 2013/68).

Die Ausstellung eines Fremdenpasses ist somit an zwei Voraussetzungen geknüpft, das Bestehen von subsidiärem Schutz und die Unmöglichkeit der Beschaffung eines Reisedokuments vom Heimatstaat des Fremden (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0124).

Erfüllt der Antragsteller eine der nötigen Voraussetzung nicht, so ist der Antrag abzuweisen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht [2016] § 88 FPG K11).

Das in § 88 Abs. 2a FPG normierte Erfordernis, dass der Fremde nicht in der Lage ist, sich in Reisedokumenten seines Herkunftsstaates zu beschaffen, ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Ausstellung eines Fremdenpasses einen massiven Eingriff in die Hoheitsrechte des Herkunftsstaats bedeutet, weshalb dem Gesetz die Prämisse zu Grunde liegt, dass Fremde sich zuerst an ihre Heimatvertretung hinsichtlich der Ausstellung eines Reisedokuments wenden müssen.

Dem Fremden muss es konkret (tatsächlich) möglich sein, ein Reisedokument seines Herkunftsstaates zu erlangen. Dies ist jedenfalls dann nicht möglich, wenn dem Antragsteller die Ausstellung eines Reisedokuments seitens der Vertretungsbehörde tatsächlich verweigert wird (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht [2016] §°88 FPG K8 f).

Die bloß abstrakte Möglichkeit im Falle der Vorlage geeigneter Dokumente grundsätzlich willens zu sein, dem Beschwerdeführer ein Reisedokument auszustellen, reicht für die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Fremdenpasses nicht aus, vielmehr muss für den Antragsteller die konkrete Möglichkeit bestehen, sich Reisedokumente seines Heimatstaates zu beschaffen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht [2016] § 88 FPG E7).

Da die Ausstellung eines Reisedokumentes durch einen anderen Staat einen massiven Eingriff in die Hoheitsrechte des Herkunftsstaates bedeutet, ist für die Ausstellung eines Fremdenpasses ein restriktiver Maßstab anzulegen und geht das FPG von der Prämisse aus, dass Fremde sich zuerst an ihre Heimatvertretung für ein Reisedokument wenden müssen. Erst wenn der Fremde keine Reisedokumente erhält, ist bei Erfüllen der sonstigen Voraussetzungen ein Fremdenpass auszustellen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht [2016] § 88 FPG E7).

Mit der Ausstellung eines Fremdenpasses an den Betroffenen übernimmt Österreich die völkerrechtliche Rücknahmeverpflichtung. Die "zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung" müssen sich auf die den Betroffenen mit dem Fremdenpass eröffnete Reisefreiheit beziehen (Schrefler-König/Szymanski [Hrsg], Fremdenpolizei und Asylrecht zu § 88 FPG Anm 2).

Konkret wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter, zuletzt bis zum 17.01.2021 erteilt.

Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, konnte der Beschwerdeführer nachvollziehbar darlegen, dass es ihm tatsächlich nicht zumutbar war, sich ein gültiges Reisedokument seines Heimatstaates zu beschaffen.

Von der belangten Behörde wurden zum Entscheidungszeitpunkt keine zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung festgestellt, die gegen die Ausstellung eines Reisedokumentes sprechen würden. Solche sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen, zumal der unmündige minderjährige Beschwerdeführer nicht deliktsfähig ist, weshalb im aktuell eingeholten Strafregisterauszug keine Verurteilungen des Beschwerdeführers aufscheinen.

Gemäß § 8 Abs. 7 AsylG 2005 erlischt der Status des subsidiär Schutzberechtigten, wenn dem Fremden der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.05.2020, W116 2186965-1/15E, wurde der Beschwerde des Beschwerdeführers im Asylverfahren stattgegeben und ihm der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Sein Status als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 8 Abs. 7 AsylG 2005 ist daher erloschen und damit eine wesentliche Voraussetzung für die Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2a FPG weggefallen.

Die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 88 Abs. 2a FPG war daher mangels Vorliegen des Status eines subsidiär Schutzberechtigten im Entscheidungszeitpunkt spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

Der Beschwerdeführer kann nun als Fremder, dem in Österreich der Status eines Asylberechtigten zukommt, nach § 94 Abs. 1 FPG die Ausstellung eines Konventionsreisepasses beantragen. Gemäß § 5 Abs. 1a Z 3 FPG obliegt die Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Asylgewährung Fremdenpass Nachweismangel Reisedokument Statusrichtlinie subsidiärer Schutz Unzumutbarkeit Voraussetzungen Wegfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W116.2186965.2.00

Im RIS seit

10.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten