TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/28 I409 1436990-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.05.2020
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Entscheidungsdatum

28.05.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I409 1436990-5/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Florian Schiffkorn als Einzelrichter über die Beschwerde des YXXXX AXXXX alias AXXXX YXXXX, geboren am XXXXalias XXXX, Staatsangehörigkeit Mauretanien alias Guinea, vertreten durch den Verein Legal Focus, 1090 Wien, Lazarettgasse 28/3, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12. März 2020, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte erstmals am 15. Oktober 2012 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er in Mauretanien seinen Schwager getötet habe und ihm aufgrund dessen im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland entweder Rache durch die Familie des Getöteten oder Bestrafung durch die Behörden seines Herkunftsstaates drohen würde. Zudem sei er nach seiner Flucht zum Christentum konvertiert, weshalb ihm nach der Scharia in Mauretanien die Todesstrafe drohe.

Der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde im Beschwerdewege mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10. November 2015 als unbegründet abgewiesen und zugleich wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen.

2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. Mai 2016 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung nach Mauretanien zulässig sei.

Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31. Oktober 2017 als unbegründet abgewiesen.

3. Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und stellte am 12. Juli 2018 - während seiner Anhaltung in Schubhaft - einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, im März 2017 bemerkt zu haben, homosexuell zu sein. Er wolle nicht mehr in seine Heimat zurückkehren, da er dort kein normales Leben führen könne.

Der zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde im Beschwerdewege mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26. September 2018 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Überdies wurde die gegen den Beschwerdeführer erlassene Rückkehrentscheidung und das dreijährige Einreiseverbots und die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Mauretanien bestätigt.

4. Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung abermals nicht nach und stellte am 12. Dezember 2019 seinen zweiten Folgeantrag (somit seinen insgesamt dritten Antrag) auf internationalen Schutz.

Im Rahmen seiner am selben Tag erfolgten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes machte er zu den Gründen seiner neuerlichen Antragstellung folgende Angaben:

"Ich habe nochmals einen Asylantrag gestellt, weil ich schon sehr lange in Österreich lebe, ich arbeite auch hier. Ich war auch schon mal in Schubhaft in Österreich. Ich möchte eigentlich gar nicht um Asyl ansuchen, ich will einfach hier leben, weil ich schon sehr lange hier lebe. Ich habe in Innsbruck gearbeitet, ich habe dort in einem Altersheim Toiletten gereinigt. Ich habe hier keine Probleme ich will einfach meinen Aufenthalt legal machen. Ich war schon 10 Jahre nicht mehr in Afrika. Ich weiß nicht mehr ob mein ursprünglicher Fluchtgrund noch besteht. Ich weiß nicht wie die Lage in Mauretanien derzeit ist. Ich habe sonst keine Fluchtgründe außer die vom ersten Asylverfahren."

Am 22. Jänner 2020 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich von der belangten Behörde einvernommen. Zu den Gründen seiner neuerlichen Antragstellung befragt gab er hierbei Folgendes an:

"LA (Anm.: Leiter der Amtshandlung): Welchen Fluchtgrund haben Sie jetzt in Ihrem 2. (sic!) Verfahren?

VP (Anm.: Verfahrenspartei): Ich hatte früher immer ein Problem, das ist der Grund warum ich das Land verlassen habe.

LA: Was hat sich bezüglich Ihrer Fluchtgründe im Hinblick auf das erste Verfahren geändert?

VP: Es hat sich nichts geändert, es ist dasselbe.

LA: Wollen Sie noch Angaben zu Ihren Fluchtgründen machen?

VP: In Mauretanien... Jetzt weiß ich nicht mehr, was dort passiert. Das ist mehr als 11 Jahre her. Ich war davor in Spanien und Portugal. Nachgefragt: Ich würde gerne entweder nach Portugal oder Spanien zurückkehren. Ich werde hier krank und habe keine Familie hier. Ich komme mit dem Verfahren nicht weiter. Es ist immer wieder dasselbe."

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12. März 2020 wies die belangte Behörde den zweiten Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 12. Dezember 2019 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten sowie des Status des subsidiär Schutzberechtigen gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I und II). Zugleich wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid

A) 1. Feststellungen

A) 1.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Mauretanien sowie Angehöriger der Volksgruppe der Fulla. Seine Identität steht nicht fest.

Er leidet an keiner lebensbedrohlichen oder dauerhaft behandlungsbedürftigen Gesundheitsbeeinträchtigung und er ist erwerbsfähig.

Zwischen dem rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahrens und der Zurückweisung des gegenständlichen Folgeantrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom 12. März 2020 ist keine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten. Der Beschwerdeführer brachte im gegenständlichen Asylverfahren keine entscheidungsrelevanten neuen Fluchtgründe vor; auch kam es seitdem in Bezug auf die Person des Beschwerdeführers zu keiner maßgeblichen Änderung der allgemeinen Lage in Mauretanien.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 9. Dezember 2015 wurde der Beschwerdeführer wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall und Abs. 2 SMG zu einer Geldstrafe von 60 Tagsätzen - im Falle der Nichteinbringung zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen - verurteilt.

Aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Mauretanien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner persönlichen Verfolgung oder einer wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

A) 1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Mauretanien:

Zur Lage in Mauretanien werden folgende Feststellungen getroffen:

"Politische Lage

Mauretanien ist eine Präsidialrepublik (AA 11.2017a). Die Verfassung, basierend auf dem französischen Zivilrecht und der Scharia (islamisches Recht) (USDOS 20.4.2018) garantiert Volkssouveränität, Gewaltenteilung und Grundrechte. Der Präsident ist alleiniger Träger der exekutiven Gewalt (fünfjähriges Mandat, eine Wiederwahl möglich). Er bestellt die Regierung und kann sie jederzeit entlassen. Die Regierung kann durch das Parlament gestürzt werden. Regierungsmitglieder müssen nicht dem Parlament angehören. Abgelöst werden kann der Präsident nur durch eine Verurteilung des in der Verfassung vorgesehenen Hohen Gerichtshofs wegen Hochverrats (AA 11.2017a).

Bei der Präsidentschaftswahl am 21.6.2014 wurde der bisherige Amtsinhaber, Präsident Abdel Aziz für eine zweite Amtszeit mit 81,94% der Stimmen wiedergewählt. Die Wahlbeteiligung lag bei 56,55%. Die anderen vier Kandidaten erreichten nur einstellige Ergebnisse. Die meisten Oppositionsparteien haben diese Wahl - wie bereits die Parlaments- und Kommunalwahlen Ende 2013 - boykottiert (AA 11.2017a). Erklärte Ziele seiner Präsidentschaft sind die Bekämpfung der Armut und der Kampf gegen Korruption (BMZ 6.2018).

Das Parlament besteht seit der Abschaffung des Senats durch ein Referendum im August 2017 nur noch aus der der Nationalversammlung (147 für fünf Jahre direkt gewählte Abgeordnete). An die Stelle des Senats sollen zukünftig voraussichtlich vier regionale Räte treten. Im November und Dezember 2013 fand die Wahl für die Nationalversammlung statt, bei der die Regierungspartei U.P.R. die absolute Mehrheit der Sitze erhielt. Die in dem Bündnis C.O.D. organisierten Oppositionsparteien haben bis auf die islamistische Partei Tawassul die Wahlen boykottiert (AA 11.2017a).

Die Demokratie steht in Mauretanien erneut am Scheideweg. Es bleibt abzuwarten, ob die Opposition zurückfindet in den politischen Prozess. In ersten Demonstrationen gegen die Verfassungsänderungen wird die Verfassung als "rote Linie" bezeichnet und ein ergebnisoffener Dialog gefordert (GIZ 6.2018a).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (11.2017a): Mauretanien - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mauretanien-node/-/219206, Zugriff 13.7.2018

- BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (6.2018): Afrika südlich der Sahara - Mauretanien, http://www.bmz.de/de/laender_regionen/subsahara/mauretanien/index.html, Zugriff 13.7.2018

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2018a): Mauretanien, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/mauretanien/geschichte-staat/, Zugriff 13.7.2018

Sicherheitslage

Gemäß französischem Außenministerium gelten die Grenzgebiete zur Westsahara, Algerien und Mali sowie der gesamte Osten bzw. Nordosten des Landes mit Ausnahme der Agglomeration Zouérate/Fdêrik als unsicher (rote Zone, von Reisen dorthin wird abgeraten). Nouakchott, der Westen des Landes inklusive der Atlantikküste und die Grenze zum Senegal sind als orange Zone (Reisen bzw. geschäftliche Aufenthalte mit entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen möglich) eingestuft (FD 13.7.2018). Seitens des BMEIA besteht eine Reisewarnung für das gesamte Land (BMEIA 13.7.2018), seitens des deutschen Auswärtigen Amtes eine Teilreisewarnung (Gebiete der Sahara, ihrer Randbereiche und der Sahelzone und die Grenzgebiete zu Algerien und Mali) (AA 13.7.2018; vgl. BMZ 6.2018). Die unsichere Lage im Norden Malis wirkt sich auch in Mauretanien aus (BMEIA 13.7.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (13.7.2018): Reise- und Sicherheitshinweise Mauretanien, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mauretanien-node/mauretaniensicherheit/219190, Zugriff 13.7.2018

- BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (6.2018): Afrika südlich der Sahara - Mauretanien, http://www.bmz.de/de/laender_regionen/subsahara/mauretanien/index.html, Zugriff 13.7.2018

- BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (27.4.2015): Reiseinformationen - Mauretanien, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/mauretanien/, Zugriff 13.7.2018

- FD - France Diplomatie (13.7.2018): Mauritanie - Sécurité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/mauritanie/, Zugriff 13.7.2018

Rechtsschutz / Justizwesen

Die Judikative ist entsprechend der mauretanischen Verfassung (Art. 89) unabhängig (GIZ 6. 2018a). Die Justiz gliedert sich in Zivil- und Strafjustiz. Eine Verwaltungsgerichtsbarkeit besteht nicht. Die Einhaltung der Verfassung überwacht der Verfassungsrat. Er kann nur von Staatsorganen befasst werden (AA 11.2017a). Die Verfassung und das Gesetz sehen eine unabhängige Justiz vor, doch in der Praxis ist sie nicht autonom. Die Exekutive übt weiterhin durch ihre Kompetenz, Richter zu ernennen oder abzusetzen, signifikanten Einfluss auf die Justiz aus. Richter werden oft als korrupt und unqualifiziert wahrgenommen (USDOS 20.4.2018). Wichtigste Instanzen sind der Oberste Gerichtshof (Cour Suprême) und das Berufungsgericht (Cour d'Appel) in Nouakchott. Schärfste Sanktion ist die Todesstrafe. Sie wird in regulären Verfahren nicht mehr praktiziert (GIZ 6.2018a). Die Scharia ist die rechtliche Grundlage für Gesetze und Gerichtsverfahren (USDOS 20.4.2018). Insgesamt war und ist das mauretanische Rechtssystem vom modernen (französischen) und vom islamischen Recht geprägt (GIZ 6.2018a).

Das Gesetz sieht das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren mit dem Recht auf Berufung vor. In der Praxis werden diese Rechte nicht immer gewahrt. Laut Gesetz gilt die Unschuldsvermutung. Nach einer ersten Festnahme- und Ermittlungsphase, die mehrere Monate dauern kann, werden die Angeklagten über die endgültigen Anklagepunkte informiert. Des Weiteren haben Angeklagte das Recht bei der Verhandlung anwesend zu sein und sich mit einem Anwalt zu beraten. Der Angeklagte kann auch seine Teilnahme verweigern und ein Richter kann das Verfahren in dessen Abwesenheit fortsetzen. Die Behörden sind verpflichtet, in Fällen, in denen die mögliche Strafe mehr als fünf Jahre beträgt, Rechtsanwälte zur Verfügung zu stellen, wenn der Angeklagte nicht in der Lage ist, sich eine solche zu leisten. Öffentlich zur Verfügung gestellte Verteidiger werden oft schlecht bezahlt und unzureichend geschult. Viele NGOs stellten Anwälte für schutzbedürftige Personen (Minderjährige, Flüchtlinge, Opfer häuslicher Gewalt), die häufig nicht über die nötigen Mittel verfügten, zur Verfügung. Das Gesetz verbietet es Richtern, Geständnisse unter Zwang zuzulassen. NGOs berichteten, dass sich das Justizsystem bei der Verfolgung von Strafsachen oft auf Geständnisse stützt (USDOS 20.4.2018).

Gleichbehandlung von Frauen wird von Gerichten nicht immer praktiziert. Es gibt ein spezielles Gericht, das Fälle, in denen Minderjährige unter 18 Jahren involviert sind, anhört. Kinder, die vor Gericht stehen, erhalten mildere Strafen als Erwachsene und mildernde Umstände werden tendenziell eher beachtet (USDOS 20.4.2018). Das Familienrecht ist stark von der Scharia geprägt. Auch das 1989 verkündete "Bürgerliche Gesetzbuch", das implizit den bis dahin in Mauretanien geltenden französischen Code civil ablöste, schöpft aus den Quellen des islamischen und des französischen Rechts. Das moderne Recht überwiegt jedoch (GIZ 6.2018a).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (11.2017a): Mauretanien - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mauretanien-node/-/219206, Zugriff 13.7.2018

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2018a): Mauretanien, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/mauretanien/geschichte-staat/, Zugriff 13.7.2018

- USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mauritania, https://www.ecoi.net/en/document/1430133.html, Zugriff 13.7.2018

Sicherheitsbehörden

Die nationale Polizei untersteht dem Innenministerium und ist für die Durchsetzung der Gesetze und für die Aufrechterhaltung der Ordnung in städtischen Gebieten zuständig. Die Nationalgarde, ebenfalls dem Innenministerium unterstellt, übt beschränkte Polizeifunktionen aus, indem sie in Friedenszeiten als Sicherheitsunterstützung für Regierungseinrichtungen dient. Die Nationalgarde kann auch von den Regionalbehörden angefordert werden, um im Fall von bedeutenden Vorfällen (wie etwa Aufständen) die öffentliche Ordnung wieder herzustellen. Die Gendarmerie ist eine spezialisierte paramilitärische Einheit des Verteidigungsministeriums, die für die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung außerhalb der Ballungsgebiete sowie für den Gesetzesvollzug in ländlichen Gebieten zuständig ist. Die neueste Einheit des Innenministeriums (General Group for Road Safety) ist für die Sicherheit auf Straßen zuständig und verfügt im ganzen Land über Checkpoints (USDOS 20.4.2018).

Die Polizei und die Gendarmerie sind schlecht bezahlt, ausgebildet und ausgerüstet. Korruption und Straffreiheit sind ernste Probleme. Berichten zufolge verlangen Polizei und Gendarmerie regelmäßig Bestechungsgelder bei nächtlichen Straßensperren und an Kontrollpunkten. Es kommt auch zu willkürlichen und grundlosen Festnahmen für mehrere Stunden oder über Nacht. Dennoch kontrollieren zivile Behörden wirksam die Sicherheitskräfte (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mauritania, https://www.ecoi.net/en/document/1430133.html, Zugriff 16.7.2018

Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassung und das Gesetz verbieten Folter. NGOs berichten dennoch von Vorwürfen von Folter durch Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden und es gibt Berichte über Folter und Misshandlungen in Polizeihaftanstalten und mehreren Gefängnissen, sowie in Gendarmerie- und Militäreinrichtungen im ganzen Land (USDOS 20.4.2018).

Häftlinge berichten während der Untersuchungshaft über Folter zur Einschüchterung und um Geständnisse zu erlangen. Es kommt vor, dass auf Polizeistationen, einschließlich des Kommissariats in Nouakchott, Inhaftierte routinemäßig in längerer Einzelhaft festgehalten werden. Dies wird vom UN-Menschenrechtsausschuss als Verstoß gegen das Verbot der Folter oder anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung verurteilt (AI 22.2.2018).

Im Jahr 2015 verabschiedete die Regierung ein Gesetz gegen Folter, das die Einrichtung eines Mechanismus zu seiner Prävention vorschreibt. Dieses Gesetz betrachtet Folter, und unmenschliche oder erniedrigende Strafen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die keiner Verjährung unterliegen. Im April 2016 schuf die Regierung den National Mechanism for Prevention of Torture (MNP) als unabhängiges Regierungsorgan, der mit der Untersuchung glaubwürdiger Foltervorwürfe beauftragt wird. Der MNP hat allerdings seit seiner Gründung noch keine Untersuchung eingeleitet (USDOS 20.4.2018).

Der UN-Sonderberichterstatter für Folter besuchten vom 25.1.2017 zum bis 3.2.2017 viele Gefängnisse. Dieser forderte die Justiz auf, ihre Anstrengungen bei der Umsetzung von Schutzmaßnahmen gegen Folter zu erhöhen und äußerte seine Besorgnis über das Fehlen von Ermittlungen wegen Foltervorwürfen und forderte darüber hinaus auch die Staatsanwälte auf, Verfahren gegen die der Folter beschuldigten Personen einzuleiten (USDOS 20.4.2018).

In seinem Bericht vom März 2017 räumte der UN-Sonderberichterstatter für Folter ein, dass Folter und andere Misshandlungen häufig vorkommen. Zudem stellte der Sonderberichterstatter fest, dass sich des Terrorismus Verdächtige bis zu 45 Tage lang ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand in Gewahrsam befinden und bemängelt, dass die Aufsichtsmechanismen für die Untersuchung von Foltervorwürfen und anderen Misshandlungen nicht sorgfältig genug und langsam seien (AI 22.2.2018).

Quellen:

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Mauritania, https://www.ecoi.net/en/document/1425528.html, Zugriff 13.7.2018

- USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mauritania, https://www.ecoi.net/en/document/1430133.html, Zugriff 16.7.2018

Korruption

Das Gesetz sieht Strafen für korrupte Beamte vor, aber die Regierung setzt das Gesetz nicht effektiv um, und Beamte sind oft ungestraft in Korruption verwickelt. Es wird weithin angenommen, dass Korruption auf allen Ebenen der Regierung existiert (USDOS 20.4.2018).

Die Anti-Korruptionspolitik des Präsidenten wird grundsätzlich positiv bewertet. Leider gibt es kaum konkrete Resultate. Auch wenn einige hohe Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes entlassen wurden, wurden gleichzeitig keine Behörden geprüft, denen Militärs oder sehr einflussreichen Unterstützern des Präsidenten vorstehen (GIZ 6.2018a). Korruption und Straflosigkeit bleiben schwerwiegende Probleme in der öffentlichen Verwaltung, und die Regierung zieht Verantwortliche nur selten zur Rechenschaft oder verfolgt letztere aufgrund von begangenen Misshandlungen. Regierungsbeamte nutzten häufig ihre Macht, um Gefälligkeiten zu erlangen. Korruption bleibt im öffentlichen Sektor stark verbreitet. Obwohl es im Laufe des Jahres einen leichten Anstieg der Strafverfolgungsmaßnahmen wegen Korruption gab, kam es nur selten zu Verhaftungen (USDOS 20.4.2018). Grundsätzlich bleibt die Politik bezüglich Transparenz und Anti-Klientelismus weiterhin sehr beliebig. Das zeigt sich auch auf dem Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International nahm Mauretanien 2017 den 143. von 180 Plätzen ein (GIZ 6.2018a; vgl. TI 2018).

Quellen:

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2018a): Mauretanien, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/mauretanien/geschichte-staat/, Zugriff 17.7.2018

- USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mauritania, https://www.ecoi.net/en/document/1430133.html, Zugriff 16.7.2018

- TI - Transparency International (2018): Corruption Perception Index 2017 Results, https://www.transparency.org/country/MRT, Zugriff 16.7.2018

Wehrdienst und Rekrutierungen

Das Mindestalter für den freiwilligen Militärdienst beträgt 18 Jahre. Wehrpflicht existiert nicht (CIA 12.7.2018).

Quellen:

- CIA - Central Intelligence Agency (12.7.2018): The World Factbook - Mauritania, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mr.html, Zugriff 17.6.2018

Allgemeine Menschenrechtslage

Es bestehen weiterhin Defizite bei der konsequenten Anwendung der in Verfassung und Gesetzen enthaltenen Vorschriften zum Schutz der Menschenrechte. Im Nachgang zum Referendum am 5.8.2017 kam es zu Inhaftierungen wie auch Einschränkungen der Bewegungsfreiheit bei ehemaligen Senatoren, Journalisten und Gewerkschaftern. Nichtregierungsorganisationen kritisieren Einschränkungen bei der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit. Die Todesstrafe wird seit 1987 nicht mehr vollstreckt. Mauretanien ist dem Zivilpakt, dem Sozialpakt und der VN-Antifolterkonvention beigetreten. Im Oktober 2012 ratifizierte das Land das VN-Übereinkommen gegen das erzwungene Verschwindenlassen und das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen gegen Folter (AA 11.2017a). Zu den wichtigsten Menschenrechtsproblemen gehörten Vorwürfe der Folter durch Strafverfolgungsbeamte, öffentliche Korruption, anhaltende Sklaverei und sklavereibezogene Praktiken; mangelnde Rechenschaftspflicht (USDOS 20.4.2018).

In der Verfassung sind Meinungs- und Pressefreiheit verankert, und die Regierung respektiert diese Rechte im Wesentlichen auch in der Praxis (USDOS 20.4.2018). Mauretanien hat eine vergleichsweise freie und auch kritische Presse, die aber weitgehend nur in den Städten gelesen wird. Es gibt rund 20 Tages- und Wochenzeitungen, die auf dem Land aber kaum verbreitet sind. Das staatliche Fernsehen sendet auf zwei Kanälen. Daneben gibt es private Radiostationen und private Fernsehsender. Die Medienlandschaft wird zunehmend vom frei zugänglichen Internet beeinflusst. Auch die sozialen Netzwerke haben an Bedeutung zugenommen (AA 11.2017c).

Bürger können Kritik an der Regierung privat und auch öffentlich äußern, gelegentlich kommt es zu Vergeltungsmaßnahmen. Es wurden mehrere Fälle von Gewalt gegen und Belästigung von Journalisten gemeldet (USDOS 20.4.2018). Die Sicherheitskräfte schüchterten weiterhin Blogger, Menschenrechtsverteidiger und andere, die die Regierung kritisierten, ein (AI 22.2.2018).

Einige lokale und internationale Menschenrechtsgruppen arbeiten generell ohne Beschränkungen durch die Regierung. Sie untersuchen und veröffentlichen ihre Ergebnisse zu Menschenrechtsfällen. Regierungsbeamte zeigten sich in gewissem Maße kooperativ (USDOS 20.4.2018).

Alle lokalen NGOs müssen sich beim Ministerium für Inneres und Dezentralisierung registrieren. Die Regierung ermutigt NGOs sich der Regierung finanzierten Plattform Civil Society anzuschließen. Rund 7.000 lokale NGOs taten dies (USDOS 20.4.2018).

Die Verfassung gewährt Versammlungsfreiheit (USDOS 20.4.2018). Es kommt jedoch zu Einschränkungen Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit (AI 22.2.2018). Das Gesetz erfordert, dass NGO Organisatoren beim örtlichen Präfekten (Hakim) um eine Erlaubnis für die Abhaltung großer Treffen oder Versammlungen ansuchen. Registrierte politische Parteien sind nicht verpflichtet, die Erlaubnis zur Abhaltung von Versammlungen oder Demonstrationen einzuholen. Es kommt zu willkürliche Einschränkungen der Versammlungsfreiheit. Generell wird die Erlaubnis erteilt, aber bei manchen Gelegenheiten verweigern die Behörden die Erlaubnis Demonstrationen abzuhalten (USDOS 20.4.2018.

Das Gesetz gewährt Vereinigungsfreiheit und üblicherweise respektiert die Regierung dieses Recht (USDOS 20.4.2018). Das Vereinigungsrecht wird durch Artikel 11 der Verfassung von 1991 garantiert (BTI 2018). Die Regierung respektiert dieses Recht im Allgemeinen (USDOS 20.4.2018).

Die Parteien der Opposition haben sich in zwei Bündnissen zusammengeschlossen Der Zusammenschluss für Einheit, friedlichen und demokratischen Wandel (Convention pour l'Unité et l'Alternance Pacifique et Démocratique), gilt als gemäßigt und besteht aus drei Parteien, darunter die Partei Fortschrittliche Allianz des Volkes (Alliance Populaire Progressive) des früheren Präsidenten der Nationalversammlung, Messaoud Ould Boulkheir. Das radikalere Nationale Forum für Demokratie und Einheit (Forum National pour la Démocratie et l'Unité) setzt sich aus elf Parteien, einer Anzahl gewerkschaftlicher und zivilgesellschaftlicher Organisationen sowie unabhängigen Persönlichkeiten zusammen (AA 11.2017a).

Die Regierung kooperierte mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen, um Flüchtlingen, IDPs, zurückkehrenden Flüchtlingen, Asylwerbern und Staatenlosen Schutz und Unterstützung zukommen zu lassen (USDOS 20.4.2018).

Das UNHCR arbeitet eng mit den mauretanischen Behörden bei der Entwicklung und Umsetzung eines nationalen Asylsystems zusammen. Im Südosten Mauretaniens bietet das UNHCR Schutz und Hilfe für 56.475 malische Flüchtlinge im Lager Mbera und für 1.592 städtische Flüchtlinge und 771 Asylbewerber (hauptsächlich aus der Zentralafrikanischen Republik, Syrien und Côte d'Ivoire) in Nouakchott und Nouadhibou. Bis zur Verabschiedung des Asylgesetzes unterstützt das UNHCR die Behörden bei der Verbesserung des Flüchtlingsschutzes in Mauretanien, um den Zugang zu Dokumenten, einschließlich Geburtsregistrierung, Basisdienstleistungen wie Gesundheit, Bildung und wirtschaftliche Möglichkeiten zu verbessern (UNHCR 15.6.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (11.2017a): Mauretanien - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mauretanien-node/-/219206, Zugriff 17.7.2018

- AA - Auswärtiges Amt (11.2017c): Mauretanien - Kultur- und Bildungspolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mauretanien-node/-/219208, Zugriff 17.7.2018

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Mauritania, https://www.ecoi.net/en/document/1425528.html, Zugriff 17.7.2018

- BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Mauritania Country Report 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427375/488301_en.pdf, Zugriff 18.7.2018

- UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (15.6.2018): Operational Update, Mauretania, https://data2.unhcr.org/en/documents/download/64261, Zugriff 30.7.2018

- UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (2015): 2015 UNHCR country operations profile - Mauritania, http://www.unhcr.org/pages/49e486026.html, Zugriff 28.4.2015

- USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mauritania, https://www.ecoi.net/en/document/1430133.html, Zugriff 16.7.2018

Haftbedingungen

Die Haftbedingungen bleiben hart und lebensbedrohlich aufgrund von Überbelegung, Nahrungsmittelknappheit, Gewalt und unzureichenden hygienischen Bedingungen und medizinischer Versorgung. Es kommt zu Korruption im Strafvollzug, Arzneimittelschmuggel und einem Mangel an medizinischem Fachpersonal. Des Weiteren sind Belüftung, Beleuchtung und Trinkwasser in vielen Zellen unzureichend oder nicht vorhanden. Die Regierung akzeptierte die Vorwürfe bezüglich unmenschlicher Zustände, ergreift aber nur selten Maßnahmen (USDOS 20.4.2018). Das Gefängnis von Nouakchott, Dar Naim, ist bekannt für häufige Menschenrechtsverletzungen, Überbelegung, sexuellen Missbrauch von Minderjährigen, lange Untersuchungshaft, Todesfälle von Gefangenen aufgrund mangelhafter gesundheitlicher Bedingungen und Folter (BTI 2018).

Die Regierung erlaubte Besuche von Gefängnis- und Haftanstalten durch NGOs, Diplomaten und internationalen Menschenrechtsbeobachtern. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hatte unbegrenzten Zugang zu den Gefängnissen und führte mehrere Besuche durch, darunter auch Besuche bei Terrorismusverdächtigen und um die Haftbedingungen und die Behandlung der Häftlinge zu verbessern (USDOS 20.4.2018). Dennoch gibt es glaubwürdige Berichte über Folter, Schläge und Misshandlungen in Polizeihaftanstalten und mehreren Gefängnissen im ganzen Land sowie in Gendarmerie- und Militäreinrichtungen (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

- BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Mauritania Country Report 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427375/488301_en.pdf, Zugriff 18.7.2018

- USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mauritania, https://www.ecoi.net/en/document/1430133.html, Zugriff 17.7.2018

Todesstrafe

In den letzten Jahren wurden von Gerichten in Mauretanien vereinzelt Todesurteile ausgesprochen, diese sind aber stets in Haftstrafen umgewandelt worden. Trotzdem ist es in diesem Land theoretisch noch heute möglich, bei der Abkehr vom islamischen Glauben mit der Todesstrafe belegt zu werden. Der bestehende Artikel 306 des mauretanischen Strafrechts bedroht zum Christentum konvertierte Muslime mit der Todesstrafe (TS o.D.). Die Todesstrafe wird seit 1987 nicht mehr vollstreckt (AA 11.2017a).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (11.2017a): Mauretanien - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mauretanien-node/-/219206, Zugriff 17.6.2018

- TS - todesstrafe.de (o.D.): Mauretanien, http://www.todesstrafe.de/todesstrafenatlas_mauretanien.html, Zugriff 17.6.2018

Religionsfreiheit

Der Islam ist Staatsreligion (AA 11.2017a). Es gibt sehr wenige Nichtmuslime, meist Christen und eine kleine Anzahl von Juden, von denen fast alle Ausländer sind (USDOS 29.5.2018). Die Bevölkerung Mauretaniens bekennt sich zu 99% zum sunnitischen Islam (GIZ 6.2018c). Die Regierung bezeichnet Mauretanien als Islamische Republik und der Islam wird als einzige Religion der Bürger betrachtet. Nur Muslime können Staatsbürger sein. Personen die vom Islam konvertieren, können zum Tod verurteilt werden bzw. die Staatsbürgerschaft verlieren. Die Todesstrafe wurde in der Vergangenheit für dieses Vergehen jedoch niemals angewendet. Die Verfassung und andere Gesetze schränken somit die Religionsfreiheit ein. In der Praxis werden diese Einschränkungen von der Regierung üblicherweise auch durchgesetzt. In der Praxis sind nicht-muslimische Glaubensgemeinschaften jedoch keiner expliziten Verfolgung seitens des Staates ausgesetzt (USDOS 20.4.2018).

Eine christliche Minderheit von rund 4500 Menschen verfügt über Kirchen in Nouakchott, Atar, Zouérate, Nouadhibou und Rosso. Es besteht das Bistum Nouakchott. Religionsfreiheit für Christen ist garantiert, aber es ist verboten, Muslime zu missionieren (GIZ 6.2018c).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (11.2017a): Mauretanien - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mauretanien-node/-/219206, Zugriff 18.6.2018

- BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Mauritania Country Report 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427375/488301_en.pdf, Zugriff 18.7.2018

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2018c): Mauretanien, Gesellschaft, https://www.liportal.de/mauretanien/gesellschaft/, Zugriff 19.7.2018

- USDOS - U.S. Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom - Mauritania, https://www.ecoi.net/en/document/1436836.html, Zugriff 19.7.2018

Ethnische Minderheiten

In Mauretanien leben arabische, berberische und schwarzafrikanische Volksgruppen zusammen (GIZ 6.2018c). Die Verfassung und das Gesetz gewähren Gleichheit für alle Staatsbürger, unabhängig von Rasse, nationalem Ursprung, Geschlecht oder sozialem Status und verbieten rassische oder ethnische Propaganda. Das Gesetz verbietet auch jegliche Form von Zwangsarbeit und kriminalisiert die Praxis der Sklaverei. Ethnische Minderheiten sind dennoch Diskriminierungen seitens der Regierung ausgesetzt (USDOS 20.7.2018).

Zu den arabisch-berberischen Mauren, den Hassania, gehören rund 70% der Bevölkerung. Zu den Bidhan oder Weiße Mauren gehören etwa 30% der Bevölkerung. Sie bilden die beiden oberen Schichten der traditionell stark hierarchisch gegliederten mauretanischen Gesellschaft, die sich in Hassani (Kriegern) und Marabout (Islamgelehrten) gliedert (GIZ 6.2018c).

Haratin oder Schwarze Mauren stellen etwa 40% der Bevölkerung; ihre Vorfahren waren ehemalige Sklaven. Die schwarzafrikanischen Ethnien der Halpulaar, Soninke, Wolof und Bambara stellen die übrigen 30% der Bevölkerung; die Peul sind die größte Gruppe und ihr Bevölkerungsanteil wird auf 20% geschätzt (GIZ 6.2018c).

Die weißen Mauren dominieren in Wirtschaft und Regierung. Es kommt zu systematischer Diskriminierung gegenüber schwarzen Mauren (Haratine) und Afro-Mauretaniern. Die inkonsistente Ausstellung von Personalausweisen, die zum Wählen benötigt werden, entrechtet viele Angehörige südlicher Minderheitengruppen (vgl. AI 22.2.2018; USDOS 20.4.2018). Sklaverei besteht weiterhin (AI 22.2.2018). Es gibt Berichte über Landstreitigkeiten zwischen ehemaligen Sklaven, Afro-Mauretaniern und Mauren (USDOS 20.4.2018).

Die Gesetzesänderungen von 2015 erweitern die Definition von Sklaverei auf Zwangsarbeit und Kinderarbeit und es kam zur Errichtung von drei Anti-Sklaverei-Gerichten. Den Gerichten fehlen jedoch noch Mittel und Ressourcen (USDOS 20.4.2018). All diese rechtlichen Institutionen blieben jedoch nutzlos, da sie nicht in der Lage sind, ehemalige Sklavenbesitzer zu verfolgen. Es kommt nicht zur Umsetzung von Maßnahmen (BTI 2018).

Quellen:

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Mauritania, https://www.ecoi.net/en/document/1425528.html, Zugriff 19.7.2018

- BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Mauritania Country Report 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427375/488301_en.pdf, Zugriff 19.7.2018

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2018c): Mauretanien, Gesellschaft, https://www.liportal.de/mauretanien/gesellschaft/, Zugriff 19.7.2018

- USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mauritania, https://www.ecoi.net/en/document/1430133.html, Zugriff 19.7.2018

Relevante Bevölkerungsgruppen

Frauen

Frauen genießen in Mauretanien mehr politische und gesellschaftliche Freiheiten als in anderen islamischen Staaten. Die Gründe dafür liegen in der nomadischen Tradition und in einem liberalen Islamverständnis. Vor allem in der maurischen Bevölkerung sind sie wirtschaftlich und im Familienleben weitgehend unabhängig. In ärmeren Bevölkerungsschichten ist dieser Freiraum weniger stark ausgeprägt (AA 7.2017a; vgl. GIZ 6.2018c). Der Gender Gap Index der Vereinten Nationen listet Mauretanien 2017 auf Platz 132 von 144 Ländern. Einer Gleichstellung der Frauen steht der Scharia-Vorbehalt in der Verfassung entgegen, dem alle Gesetze Mauretaniens unterliegen. Trotzdem hat Mauretanien die VN-Konvention gegen Frauendiskriminierung (unter Vorbehalt gegen Bestimmungen, die der Scharia widersprechen) ratifiziert (GIZ 6.2018c).

Frauen sind mit rechtlicher Diskriminierung konfrontiert und werden vor dem Gesetz als Minderjährige betrachtet. Laut Scharia ist die Aussage zweier Frauen nötig, um der eines Mannes gleichzukommen (USDOS 20.4.2018).

Nach Angaben von NGOs ist Vergewaltigung ein ernstes Problem. Vergewaltigung - auch in der Ehe - ist illegal und die vorgesehenen Strafen sind hart, aber die Regierung setzt das Gesetz nicht effektiv durch. Die Familien der Opfer treffen normalerweise eine Vereinbarung mit dem Vergewaltiger und erhalten finanzielle Kompensation. Häusliche Gewalt ist ebenfalls ein ernstes Problem. Häusliche Gewalt und Misshandlung in der Ehe sind illegal, aber die Regierung setzt das Gesetz nicht effektiv um. Die meisten Fälle werden nicht angezeigt und Menschenrechtsaktivisten und Anwälte berichten, dass Vergewaltigungsopfer stigmatisiert, strafverfolgt und sogar eingesperrt werden (USDOS 20.4.2018).

FGM wird von allen ethnischen Gruppen praktiziert und an jungen Mädchen, oft am siebten Tag nach der Geburt und fast immer vor dem Alter von sechs Monaten durchgeführt. Das Strafrecht zum Kinderschutz besagt, dass jede Tat oder jeder Versuch die Sexualorgane eines Mädchens zu verletzen mit Haft und einer Geldstrafe von 120.000 bis 300.000 Ouguiya (338 bis 845 US-Dollar) strafbar ist. Die Regierung und internationale NGOs setzten die Koordination ihrer Anti-FGM-Bemühungen fort, mit dem Fokus, die Praxis in Krankenhäusern auszumerzen, Hebammen von der Durchführung abzubringen und die Bevölkerung aufzuklären (USDOS 20.4.2018). Gegen die verbreitete Genitalverstümmelung von Mädchen engagieren sich Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit und NGOs mit Unterstützung islamischer Geistlicher und der Regierung (AA 11.2017a).

Zudem ist die traditionelle Form der Misshandlung, die Zwangsernährung jugendlicher Mädchen vor der Heirat, die von einigen Beydane-Familien praktiziert wird, weiterhin dabei zurückzugehen (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (11.2017a): Mauretanien - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mauretanien-node/-/219206, Zugriff 9.7.2018

- BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Mauritania Country Report 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427375/488301_en.pdf, Zugriff 19.7.2018

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2018c): Mauretanien, Gesellschaft, https://www.liportal.de/mauretanien/gesellschaft/, Zugriff 19.7.2018

- USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mauritania, https://www.ecoi.net/en/document/1430133.html, Zugriff 19.7.2018

Homosexuelle

Homosexuelle Handlungen sind verboten und können formell mit harten Strafen geahndet werden (AA 19.7.2018). Es gibt keine Gesetze, die LGBT Personen vor Diskriminierungen schützen (USDOS 20.4.2018). 2012 wurden mindestens sechs Todesurteile gefällt. Hinrichtungen hat es seit 1987 aber keine mehr gegeben. Homosexualität ist in Mauretanien stark tabuisiert (GIZ 6.2018a). Nach der Scharia sind homosexuelle Handlungen zwischen Männern mit dem Tod zu bestrafen (GIZ 6.2018a; vgl. USDOS 20.4.2018), wenn es vier Zeugen gibt. Solche Handlungen zwischen Frauen sind mit Haftstrafen bzw. Geldstrafen belegt. Es gibt jedoch keinen Hinweis von gesellschaftlicher Gewalt oder systematischer Diskriminierung durch die Regierung aufgrund der sexuellen Orientierung und es gab im Laufe des Jahres 2017 keine strafrechtliche Verfolgung (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (19.7.2018): Reise- und Sicherheitshinweise Mauretanien, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mauretanien-node/mauretaniensicherheit/219190, Zugriff 19.7.2018

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2018a): Mauretanien, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/mauretanien/geschichte-staat/, Zugriff 19.7.2018

- USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mauritania, https://www.ecoi.net/en/document/1430133.html, Zugriff 19.7.2018

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährt Reisefreiheit im Land, Reisen ins Ausland, Emigration und Rückkehr. Generell respektiert die Regierung diese Rechte, es gibt jedoch Ausnahmen. Menschen ohne Identitätsdokumente können nicht ungehindert in manchen Regionen reisen. Wie in den Vorjahren errichtete die Regierung mobile Straßensperren, in denen Gendarmen, Polizei oder Zollbeamte die Papiere der Reisenden kontrollieren (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

- USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mauritania, https://www.ecoi.net/en/document/1430133.html, Zugriff 19.7.2018

Grundversorgung

Die einschlägigen Entwicklungsindikatoren zeigen deutlich, dass Mauretanien zu den ärmsten Ländern der Welt gehört (BTI 2018; vgl. GIZ 6.2018b). Mauretanien gehört auch zur Kategorie der am wenigsten entwickelten Länder (Least Developed Countries, LLDC) und der hochverschuldeten armen Länder (HIPC: Highly Indebted Poor Countries) (GIZ 6.2018b ). Ein großer Teil der mauretanischen Bevölkerung, insbesondere in ländlichen Gebieten, lebt unterhalb der Armutsgrenze und bestreitet ihren Lebensunterhalt weitestgehend durch Tätigkeiten in der Agrarwirtschaft und zunehmend auch im informellen Sektor. Nur 13,6% der Beschäftigung findet im formellen Sektor statt. Aufgrund der Schwäche des modernen Wirtschaftssektors und weiterer Zuwanderung aus dem ländlichen Raum stellt die Arbeitslosigkeit ein ernstes Problem dar. Die Weltbank schätzt die Arbeitslosenquote bei Frauen zwischen 15 und 24 Jahren auf 38,7%. Die hohe Jugendarbeitslosigkeit stellt ein gravierendes soziales Problem dar, das ich zunehmend negativ auf die Sicherheitslage auswirken kann (GIZ 6.2018c).

Mauretanien wird als "low human development"-Land bezeichnet: Der jüngste Human Development Index (HDI) liegt bei 0,506 und damit auf Platz 156 der Welt, was einer Steigerung von fünf Plätzen gegenüber dem vorherigen Ranking (161) entspricht (BTI 2018).

Nach Jahren des soliden Wachstums (6,6% 2014) hat der Verfall der Eisenerzpreise Wachstum und wirtschaftliche Perspektiven beeinträchtigt. Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts Mauretaniens lag laut IWF 2016 nur noch bei ca. 1,7%. Nach dem Weltentwicklungsbericht des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (Human Development Index 2016), gehört Mauretanien weiterhin zu den Ländern mit einer geringen Entwicklung (157. Stelle von 188 Ländern). Grundlegende Probleme wie fehlende Effizienz der öffentlichen Verwaltung und Korruption, mangelnde Diversifizierung der Wirtschaft sowie Defizite in der Basisversorgung und staatlichen Infrastruktur auf dem Land bestehen weiterhin. Die Haupteinnahmen erzielt Mauretanien aus dem Export v.a. von Eisenerz und der Fischerei, mit zahlreichen Staaten (u.a. der EU) hat Mauretanien Fischereiabkommen abgeschlossen (AA 11.2017b; vgl. GIZ 6.2018b). Die EU zahlt für die Partnerschaft rund 60 Mio. ? jährlich. Davon sind 4,125 Mio. ? für die Unterstützung der lokalen Fischergemeinden vorgesehen. Fischerei und Viehzucht sind die Wachstumstreiber im primären Sektor, der 2014 ein Wachstum von 7,3% erzielte (GIZ 6.2018b).

Als Rohstoffexporteur hängt Mauretanien von den schwankenden Weltmarktpreisen ab. Es gibt umfangreiche Phosphatvorkommen, die aber zum größten Teil nicht erschlossen sind. Über 80% des Landes besteht aus Wüste, bewässerbare Ackerflächen werden unzureichend genutzt. Mauretanien ist zu 70% von der Einfuhr von Nahrungsmitteln abhängig. Kaum vorhanden ist verarbeitendes Gewerbe. Eine Modernisierung des mauretanischen Außenhandelsregimes (Zollwert, Investitionsschutz und öffentliches Beschaffungswesen) wurde ansatzweise in Angriff genommen, ein Investitionsförderungsgesetz besteht nicht (AA 11.2017b).

Bislang gab es in Mauretanien drei Aktionspläne (2002-2004; 2006-2010; 2011-2015). Die Aktionspläne sollen sicherstellen, dass Schuldenerlasse zur Armutsbekämpfung eingesetzt werden. Mauretanien erfüllt die Erwartungen der internationalen Finanzorganisationen. Die neue nationale Entwicklungsstrategie "Stratégie de croissance accélérée et de prospérité partagée" (SCAPP) 2016-2030 setzt sich das Ziel bis 2030 ein Land mit mittlerem Einkommen zu werden (GIZ 6.2018b).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (11.2017a): Mauretanien - Wirtschaft und Umwelt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mauretanien-node/wirtschaft/219192, Zugriff 30.7.2018

- BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Mauritania Country Report 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427375/488301_en.pdf, Zugriff 30.7.2018

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2018c): Mauretanien, Gesellschaft, https://www.liportal.de/mauretanien/gesellschaft/, Zugriff 30.7.2018

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2018b): Mauretanien, Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/mauretanien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 30.7.2018

Medizinische Versorgung

Das Gesundheitssystem Mauretaniens bleibt unzureichend (GIZ 6.2018c). Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht zu vergleichen und vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch hoch problematisch. Die ärztliche Versorgung in Nouakchott ist begrenzt (AA 30.7.2018).

Die mauretanische Regierung engagiert sich stark im Gesundheitsbereich. Trotz großer Anstrengungen werden die Fortschritte nur sehr langsam sichtbar. Anlass zur Besorgnis geben nach wie vor die hohe Müttersterblichkeit sowie die Säuglingssterblichkeit. Der Weltmütterbericht 2015 listet Mauretanien auf Rang 150 von 178 Ländern. Laut UNICEF-Weltkinderbericht 2017 gehört Mauretanien zu den Ländern mit der höchsten Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren. Das Thema Kindergesundheit ist ein sehr ernstes Problemfeld und braucht dringend Fortschritte (GIZ 6.2018c).

Mauretanien hat eine der niedrigsten AIDS-Raten in Afrika; sie ist aber ansteigend. 2016 waren 0,5 % der 15- bis 49-jährigen MauretanierInnen HIV positiv. Es gibt viele Vorurteile über die Krankheit und Aufklärungsarbeit ist daher dringend notwendig. Die mauretanische Regierung hat Maßnahmen gegen die Ausbreitung von AIDS getroffen (GIZ 6.2018c).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (30.7.2018): Reise- und Sicherheitshinweise Mauretanien, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mauretanien-node/mauretaniensicherheit/219190#content_6, Zugriff 30.7.2018

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2018c): Mauretanien, Gesellschaft, https://www.liportal.de/mauretanien/gesellschaft/, Zugriff 30.7.2018

Rückkehr

Die Regierung kooperierte mit dem UNHCR, der International Organization for Migration und anderen humanitären Organisationen, um Schutz und Unterstützung für IDPs, Flüchtlinge, Rückkehrer, Asylwerber, Staatenlose und andere betroffene Personen zu bieten, doch die von der Regierung bereitgestellten Mittel reichen nicht aus, um den Hilfebedarf zu decken (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

- USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mauritania, https://www.ecoi.net/en/document/1430133.html, Zugriff 30.7.2018"

A) 2. Beweiswürdigung

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde Beweis erhoben.

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinen Familienverhältnissen, seiner Staatsangehörigkeit und seiner Volksgruppenzugehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen sowie in seinen vorangegangenen Verfahren. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Da der Beschwerdeführer entweder nicht imstande oder nicht willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.

Zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass er im Verfahren eine Gesundheitsbeeinträchtigung nicht substantiiert dargelegt hat. So erklärte er im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 22. Jänner 2020, er habe Angst und wolle immer alleine sein, überdies habe er Schmerzen im Herzbereich, jedoch gab er zugleich zu Protokoll, psychisch und physisch in der Lage zu sein, der Einvernahme zu folgen. Medizinische Befunde brachte er weder im Administrativ- noch im Beschwerdeverfahren in Vorlage und gab überdies an, sich nicht in regelmäßiger ärztlicher Behandlung zu befinden. Im Beschwerdeschriftsatz wird unsubstantiiert die Behauptung aufgestellt, der Beschwerdeführer habe psychische Probleme, ohne weitere Konkretisierungen vorzunehmen oder Befunde vorzulegen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer an keiner lebensbedrohlichen oder dauerhaft behandlungsbedürftigen Gesundheitsbeeinträchtigung leidet und es ist auch keine Minderung seiner Erwerbsfähigkeit zutage getreten. Nicht zuletzt verweist der Beschwerdeführer selbst in seinem Beschwerdeschriftsatz auf seine umfangreichen ehrenamtlichen Tätigkeiten in Österreich, in der Landwirtschaft sowie in einem Altenheim, die auf seine Erwerbsfähigkeit schließen lassen.

Die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage im Strafregister der Republik Österreich.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wurden dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Mauretanien entnommen.

Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie beispielsweise dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten und unabhängigen Nichtregierungsorganisationen, wie zB der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, herangezogen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

A) 3. Rechtliche Beurteilung

A) 3.1. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

A) 3.1.1. Zum Verfahrenshindernis der entschiedenen Sache (Spruchpunkt I und II des angefochtenen Bescheides):

1.1. Nach § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 leg.cit. die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sofern die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

1.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes soll § 68 Abs. 1 AVG in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderungen der Sach- oder Rechtslage) verhindern. Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", also durch die Identität der Verwaltungssache, über die bereits mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten bestimmt. Identität der Sache liegt dann vor, wenn einerseits weder in der Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteibegehrens maßgeblichen tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich andererseits das neue Parteibegehren im Wesentlichen (von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, abgesehen) mit dem früheren deckt. Dabei kommt es allein auf den normativen Inhalt des bescheidmäßigen Abspruches des rechtskräftig gewordenen Vorbescheides an. Bei der Prüfung, ob eine relevante Sachverhaltsänderung behauptet wird, ist - nach wie vor - die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum "glaubhaften Kern" maßgeblich. Danach kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtliche Relevanz zukäme. Die Behörde hat sich mit der behaupteten Sachverhaltsänderung bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit der (neuerlichen) Antragstellung insoweit auseinander zu setzen, als von ihr - gegebenenfalls auf der Grundlage eines durchzuführenden Ermittlungsverfahrens - festzustellen ist, ob die neu vorgebrachten Tatsachen zumindest einen (glaubhaften) Kern aufweisen, dem für die Entscheidung Relevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 2009, 2008/01/0344, mwN).

1.3. Der Beschwerdeführer erklärte nach der Stellung seines zweiten Folgeantrages auf die Frage, ob sich "in Bezug auf Ihre Fluchtgründe im Hinblick auf das erste Verfahren" etwas geändert habe: "Es hat sich nichts geändert, es ist dasselbe."

Überdies zeigt ein Abgleich der allgemeinen Lage in Mauretanien, dass es in Bezug auf die Person des Beschwerdeführers, insbesondere was die zu prüfende Gewährung von subsidiären Schutz betrifft, seit dem rechtskräftigen Abschluss seines ersten und seines zweiten Asylverfahrens auch insoweit zu keiner wesentlichen Sachverhaltsänderung gekommen ist.

Eine darüberhinausgehende, persönliche Verfolgung oder Bedrohung wurde weder von Seiten des Beschwerdeführers behauptet, noch war eine solche für das Bundesverwaltungsgericht erkennbar.

2. Da die belangte Behörde den Folgeantrag des Beschwerdeführers vom 12. Dezember 2019 zutreffend gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat, war die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I und II als unbegründet abzuweisen.

A) 3.1.2. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Asylgesetz 2005 (Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides):

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 Asylgesetz 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich keinerlei Hinweise, die nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommen würde.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Asylgesetz 2005 nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

A) 4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist der Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-Verfahrensgesetz aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, sodass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel berücksichtigungswürdige Gründe entschiedene Sache Folgeantrag Identität der Sache Rechtskraft der Entscheidung Rechtskraftwirkung res iudicata subsidiärer Schutz Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I409.1436990.5.00

Im RIS seit

10.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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