TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/29 I416 2231290-1

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Veröffentlicht am 29.05.2020
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Entscheidungsdatum

29.05.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §114 Abs1
FPG §114 Abs3
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I416 2231290-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, StA. Deutschland, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, als Mitglied der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.04.2020, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf vier (4) Jahre herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland, wurde am 14.1.2020 beim Grenzübertritt von Ungarn nach Österreich angehalten und einer Kontrolle unterzogen. Im Fahrzeug des Beschwerdeführers befanden sich drei Personen die sich nicht ausweisen konnten. Im Anschluss an diese Kontrolle erfolgte die Festnahme des Beschwerdeführers. Am 16.1.2020 wurde über den Beschwerdeführer wegen des Verdachts der Schlepperei gemäß §§ 114 (1), 114 (3) Z 2 und 114 (4) 1. Fall FPG die Untersuchungshaft verhängt.

2. Am 05.02.2020 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde zwecks Prüfung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes niederschriftlich einvernommen. Zu seinen persönlichen Verhältnisse führte der Beschwerdeführer aus, dass er geschieden sei und keine finanziellen Verpflichtungen oder Sorgepflichten habe. In Deutschland würden noch seine Mutter seine zwei jüngeren Schwestern und seine sechs erwachsenen Kinder leben, Kontakt habe er mit diesen jedoch keinen. Zu seinem Gesundheitszustand führte aus, dass er ein kaputtes Hüftgelenk und einen Tumor im Oberschenkel habe welcher operiert werden müsse und dass er blutdrucksenkende Mittel gegen seinen hohen Blutdruck nehme. Er gab weiters an, dass er seit 7.11.2017 in Ungarn leben und dort Inhaber einer Firma sei, er würde Arbeiten vermitteln, darüber hinaus besitze er eine Konzession für Gebäudereinigung, Gärtnerei, Alkoholausschank und Sicherheitsdienst. In Österreich habe er nie gearbeitet, habe keine Verwandten oder Familienangehörige und habe keine Sorgepflichten. Gefragt, ob er in Deutschland jemals eine Straftat begangen habe oder im Herkunftsstaat verurteilt worden sei, gab er wörtlich an: "Ja ich habe insgesamt 14 oder 15 Jahre in Haft verbracht. Ich bin im August 2008 wieder freigelassen worden. Ich wurde wegen mehreren Delikten verurteilt, wie Körperverletzung, Zuhälterei usw." Gesucht werde er in seinem Herkunftsstaat derzeit nicht. Auf Vorhalt, dass er dringend verdächtig sei, sich des Verbrechens der Schlepperei schuldig gemacht zu haben und gefragt was er zu diesen Vorwürfen sage, gab er wörtlich zu Protokoll: "Dazu sage ich nichts." Auf Vorhalt, dass im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung beabsichtigt sei ein Aufenthaltsverbot gegen ihn zu erlassen gab der Beschwerdeführer wörtlich zu Protokoll: "Ich habe alles verstanden, ich komme sowieso nicht mehr zurück."

3. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 07.04.2020, Zl XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs. 1 und Abs. 3 Z. 2 FPG zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 6 Monate unbedingt, unter Setzung einer Probefrist von drei Jahren rechtskräftig verurteilt. Hinsichtlich der Strafbemessung wurden als erschwerend vier einschlägige Vorstrafen gewertet, Milderungsgründe wurden keine angeführt.

4. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 27.04.2020 wurde gemäß § 67 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz gegen den Beschwerdeführer ein für die Dauer von sechs Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 70 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz wurde ihm kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. wurde einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 07.04.2020 in Österreich aufgrund des Verbrechens der Schlepperei rechtskräftig verurteilt worden sei, da es als erwiesen angesehen wurde, dass er im Auftrag des "MXXXX" in Rumänien an der rumänisch-serbischen Grenze drei türkische Staatsangehörige aufgenommen und diese mit dem Vorsatz sich oder einen Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern über Rumänien und Ungarn und schließlich nach Österreich transportiert hat. Berücksichtigt wurde zudem, dass der Beschwerdeführer vier einschlägige Vorstrafen aufweist, sodass von einer besonderen kriminellen Neigung ausgegangen werden müsse und dass seine Einreise mit dem Vorsatz erfolgte, Straftaten zu begehen, weshalb auch eine Verhaltensprognose negativ gegen ihn ausfallen würde. Zu seinem Privat und Familienleben wurde zusammengefasst festgestellt, dass er in Österreich weder beruflich noch sozial verankert ist, noch über familiäre oder private oder sonstige soziale Bindungen in Österreich verfügt. Er sei im Bundesgebiet abgesehen von seinem Haftaufenthalt nie gemeldet gewesen, würde in Österreich keiner Beschäftigung nachgehen, verfüge über keine Anmeldebescheinigung und wäre auch nicht kranken- oder sozialversichert. Durch sein Verhalten sei die öffentliche Ordnung und Sicherheit nachhaltig gefährdet, zudem sei ihm im Zuge des Verfahrens die Gelegenheit gegeben worden zu allen beabsichtigten Maßnahmen und zu allen Entscheidungspunkten Stellung zu nehmen. Die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers sei im öffentlichen Interesse notwendig.

5. Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom 28.4.2020, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer am 14.5.2020 unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt entlassen.

6. Mit Festnahme- und Abschiebeauftrag der belangten Behörde vom 08.05.2020 wurde der Beschwerdeführer nach seiner Entlassung aus der Strafhaft festgenommen und am 14.5.2020 um 8:45 Uhr am Grenzübergang XXXX nach Ungarn abgeschoben.

7. Mit Schriftsatz vom 20.05.2020 erhob der Beschwerdeführer durch seine gewillkürte Rechtsvertretung Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung, sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den Beschwerdeführer günstigere Bescheid erzielt worden wäre. Begründend wurde im Wesentlichen unter Anführung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbot unsubstantiiert ausgeführt, dass durch das Aufenthaltsverbot in der Höhe von sechs Jahren in das geschützte Recht auf das Privatleben des Beschwerdeführers unverhältnismäßig eingegriffen werde, sei dem Beschwerdeführer nicht zumutbar, dass er sie sechs Jahre lang nicht in Österreich aufhalten dürfe, zumal seine Bewegungsfreiheit unverhältnismäßig eingeschränkt wäre, da der Beschwerdeführer Inhaber der in Ungarn ansässigen Firma XXXX kft. sei und in diesem Zusammenhang nach Österreich reisen müsse. Das Vorliegen einer Straftat reiche alleine nicht aus, um das Aufenthaltsverbot mit sechs Jahren zu bemessen. Die belangte Behörde habe es vollständig unterlassen sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren sei und würde das Aufenthaltsverbot jedenfalls weder zur verhängten Freiheitstrafe noch zum Strafmaß in einem angemessenen Verhältnis stehen. Hinsichtlich des Durchsetzungsaufschubes wurde unter Hinweis auf die höchstgerichtliche Judikatur ausgeführt, dass im angefochtenen Bescheid nicht dargelegt worden sei, worin die besonderen Umstände für die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung liegen würden. Es werde daher beantragt, eine öffentliche mündliche Verhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhalts durchzuführen, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu das Aufenthaltsverbot auf eine angemessene Dauer herabzusetzen.

8. Die gegenständliche Beschwerde samt dem dazugehörigen Verwaltungsakt wurden vom BFA vorgelegt und sind am 28. Mai 2020 bei der zuständigen Gerichtabteilung des Bundesverwaltungsgerichts eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland und somit EWR-Bürger bzw. Unionsbürger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 8 FPG. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.

Der Beschwerdeführer verfügt im Bundesgebiet über keinen festen Wohnsitz und geht keiner legalen Beschäftigung nach. Er hat keine familiären oder sonstigen sozialen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer weit nachstehende strafrechtliche Verurteilung auf:

01) 01) LG XXXX vom 07.04.2020 RK 07.04.2020

§§ 114 (1), 114 (3) Z 2 FPG

Freiheitsstrafe 24 Monate, davon Freiheitsstrafe 18 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

zu LG XXXX RK 07.04.2020

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 14.05.2020, bedingt, Probezeit 3 Jahre

LG XXXX vom 28.04.2020

Der Beschwerdeführer hat die Straftat begangen und das beschriebene Verhalten gesetzt. Hinsichtlich der Strafbemessung wurden erschwerend seine vier einschlägigen Vorstrafen angeführt Milderungsgründe wurden keine anerkannt.

Der Beschwerdeführer wurde am Tag seiner Haftentlassung festgenommen und nach Ungarn abgeschoben.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Insbesondere wurden auch Auszüge aus dem Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Zentralen Melderegister, dem Strafregister und dem Europäischen Strafregister-Informationssystem - ECRIS eingeholt.

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines vorgelegten Personalausweises der Bundesrepublik Deutschland, gültig bis 20.8.2027 (AS 23) fest.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer über keinen festen Wohnsitz verfügt, ergibt sich aus dem Auszug aus dem zentralen Melderegister.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keiner legalen Tätigkeit nachgeht, ergibt sich aus dem diesbezüglich unstrittigen Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Einreise sowie der privaten und familiären Situation des Beschwerdeführers basieren auf seinen Angaben im strafgerichtlichen Verfahren sowie der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA.

Die Feststellung hinsichtlich der strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers stützt sich auf das genannte Urteil des Landesgerichtes XXXX sowie auf den aktuellen Strafregisterauszug.

Die Feststellung zu seiner Abschiebung ergibt sich aus diesbezüglich unstrittigen Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

3.1.1. Als Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland ist der Beschwerdeführer EWR-Bürger iSd § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

Gemäß § 67 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung, ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde.

Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Gemäß § 67 Abs. 4 FPG ist bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

Wird durch ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK sind insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und die Frage ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist, zu berücksichtigen.

Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs. 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 19.02.2014, Zl. 2013/22/0309).

Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs. 4 FPG auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016, Zl. Ra 2016/21/0075).

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt Folgendes:

Im gegenständlichen Verfahren hat sich der Beschwerdeführer jedenfalls nicht in einem zehn Jahre übersteigenden Zeitraum im Bundesgebiet aufgehalten, weshalb der qualifizierte Tatbestand des § 67 Abs. 1 5. Satz FPG nicht als Prüfungsmaßstab des vorliegenden Aufenthaltsverbots zur Anwendung kommt, sondern § 67 Abs. 1 2. Satz FPG heranzuziehen ist.

Demnach ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

Der strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers liegt das Verbrechen der Schlepperei zugrunde. Der Beschwerdeführer hat am 14.01.2020 die rechtswidrige Einreise von drei Fremden, die nicht zum Aufenthalt in der Europäischen Union berechtigt waren, mit dem Vorsatz gefördert, sich oder einen Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern, indem er die Fremden im Auftrag des "MXXXX" in Rumänien an der rumänisch-serbischen Grenze in das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug aufnahm und über Rumänien und Ungarn nach Österreich transportierte.

Der Beschwerdeführer weist unstrittig die eingangs dargestellte strafgerichtliche Verurteilung wegen der näher angeführten strafbaren Handlungen auf. In dieser Hinsicht hat der Beschwerdeführer die allgemeinen Aufenthaltsverbotstatbestände des § 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG erfüllt.

In diesem Zusammenhang weist das erkennende Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen unabhängig und eigenständig, von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen hat (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es obliegt daher dem erkennenden Gericht festzustellen, ob eine Gefährdung im Sinne des FPG vorliegt oder nicht. Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und damit auch an der Bekämpfung der Schlepperei kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2007/18/0135, mwN, vgl. VwGH 20.4.2006, Zl. 2006/18/0071). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt festgehalten, dass der Bekämpfung der Schlepperei hinsichtlich des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - auch aus unionsrechtlicher Sicht - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. VwGH 20.8.2013, 2013/22/0097, mwN). Ebenso besteht an der Verhinderung der Schlepperei ohne Bereicherungsabsicht ein großes öffentliches Interesse (vgl. VwGH 5.7.2012, 2010/21/0345, mwN und Verweis auf den Verwaltungsstraftatbestand des § 120 Abs. 3 Z 1 FPG). Dass dieser hohe Stellenwert auch aus dem Blickwinkel der Europäischen Union besteht, zeigen die Richtlinie 2002/90/EG des Rates vom 28. November 2002, zur Definition der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt, ABl. Nr. L 328 vom 5. Dezember 2002, S. 17, und der Rahmenbeschluss 2002/946/JI des Rates vom 28. November 2002 betreffend die Verstärkung des strafrechtlichen Rahmens für die Bekämpfung der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt, ABl. Nr. L 328 vom 5. Dezember 2002, S. 1.

Gegen dieses maßgebliche öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer durch die ihm zur Last liegende Schlepperei gravierend verstoßen, wobei dieses Fehlverhalten (wie die unstrittige Verurteilung nach § 114 Abs. 3 Z 2 FPG zeigt) schon allein durch die Anzahl der geschleppten Personen zweifelsfrei eine erhebliche und auch tatsächliche Gefahr im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur darstellt. Gerade im Bereich der Schlepperkriminalität muss man als Schlepper ein besonderes kriminelles Potenzial aufweisen - nutzt man doch die schwierigen, oft unmenschlichen Situationen, der Geschleppten schamlos aus. Dem Beschwerdeführer konnte daher keine Zukunftsprognose zu seinen Gunsten erstellt werden und wird sich erst zeigen, ob sich beim Beschwerdeführer ein Wohlverhalten einstellt (vgl. dazu VwGH 14.12.2018, Ra 2018/01/0406, mwN.)

Zu beurteilen bleibt schließlich noch die Frage der Gegenwärtigkeit der Gefahr im Sinne des § 67 FPG, welche kumulativ mit der Erheblichkeit und der Tatsächlichkeit vorliegen muss.

Das persönliche Verhalten des Beschwerdeführers stellt eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr dar, zumal der Beschwerdeführer erst kürzlich aus der Strafhaft entlassen worden ist und aufgrund seiner vier einschlägigen Vorstrafen, eine erhebliche Wiederholungsgefahr besteht. Der Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (siehe VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233). Derzeit kann daher noch nicht von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der durch die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers indizierten Gefährlichkeit ausgegangen werden, zumal der Beschwerdeführer erst am 14.5.2020 aus der Haft entlassen worden ist, sich innerhalb der Probezeit befindet und seit seiner Entlassung wieder in Ungarn aufhältig ist.

Bei der Stellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 67 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist (vgl. zuletzt etwa das Erkenntnis vom 15. Oktober 2015, Ra 2015/21/0133, mwN). Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230; VwGH 13.02.2007, 2006/18/0497 mwN). Es kann aber aufgrund dieser Umstände allein noch nicht von einem Wegfall der Gefährdung gesprochen werden, weil hierfür in erster Linie das gezeigte Wohlverhalten in Freiheit maßgeblich ist. In diesem Zusammenhang ist im vorliegende Fall im Ergebnis zu Recht darauf Bedacht zu nehmen, dass dieser Zeitraum üblicherweise umso länger anzusetzen ist, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden manifestiert hat (vgl. etwa nur den Beschluss vom 22. Jänner 2015, Ra 2014/21/0009).

Unter Bedachtnahme auf die Tatsache, dass es sich aufgrund der Strafandrohung um ein Verbrechen im Sinne des § 17 StGB handelt, auf das Persönlichkeitsbild, das sich daraus ergibt, sowie das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers (vier einschlägige Vorstrafen und Haftaufenthalte in Deutschland für ca. 15 Jahre, ua wegen gefährlicher/schwerer Körperverletzung, Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz, räuberischer Erpressung, Verstoß gegen das Waffengesetz, sowie Zuhälterei, wobei die letzte strafrechtliche Verurteilung aus 2016 datiert), ist die für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erforderliche aktuelle Gefährdung von öffentlichen Interessen in maßgeblicher Intensität zu bejahen. Sein bisher gezeigtes Verhalten, insbesondere die mangelnde Tat- und Schuldeinsicht des Beschwerdeführers, die sich auch darin zeigt das keine Milderungsgründe hinsichtlich der Strafbemessung vorgelegen haben, legt nahe, dass von ihm auch zukünftig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit iSd § 67 Abs 1 FPG ausgehen wird. Aktuell kann ihm sohin keine positive Zukunftsprognose attestiert werden.

Die belangte Behörde ging aufgrund der obigen Ausführungen zu Recht von einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit aus, die die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erforderlich macht, zumal das dargestellte Verhalten des Beschwerdeführers jedenfalls dem Grundinteresse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit an der Verhinderung von Schleppertätigkeiten massiv zuwidergelaufen. Es sprechen daher bedeutende öffentliche Interessen gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK und auch eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gegen einen Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und insbesondere für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes. Er wird einen Gesinnungswandel erst durch einen längeren Wohlverhaltenszeitraum nach dem Strafvollzug unter Beweis stellen müssen.

Bei Gesamtbetrachtung liegt daher eine tatsächliche, erhebliche und auch gegenwärtige Gefahr vor, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Die Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 FPG sind somit gegeben.

Wird durch eine aufenthaltsbeendigende Maßnahme in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung dieser Maßnahme gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Der Beschwerdeführer hat zu Österreich keine wie immer gearteten Bindungen dargetan. Die Beurteilung einer allfälligen Beeinträchtigung des Privat- oder Familienlebens unter dem Aspekt des § 9 BFA-VG scheidet somit aus. Es konnte daher die im Lichte des § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen entfallen.

Betreffend der derzeitigen COVID-19 Pandemie ist auszuführen, dass für den Beschwerdeführer keine besondere Gefährdung ersichtlich ist. Der Beschwerdeführer ist gesund und gehört keiner Risikogruppe an und ist die Gefahr einer Infektion in der Bundesrepublik Deutschland bzw. in Ungarn derzeit nicht höher als in Österreich. Es gibt in Ungarn derzeit 3.816 bestätigte Fälle, wobei bisher 509 Todesfälle bestätigt wurden (https://koronavirus.gov.hu/ abgerufen am 28.05.2020, 16:30). Im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gibt es derzeit 179.717 bestätigte Fälle, wobei bisher 8.411 Todesfälle bestätigt wurden (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Corona Virus/Fallzahlen.html, abgerufen am 28.5.2020 16:30 Uhr)

Das von der belangten Behörde gemäß § 67 Abs. 1 FPG angeordnete Aufenthaltsverbot erweist sich somit dem Grunde nach als zulässig, weshalb eine Aufhebung des Aufenthaltsverbotes nicht in Betracht kam und die Beschwerde insoweit als unbegründet abzuweisen war.

Die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Aufenthaltsverbotes von sechs Jahren ist im Vergleich zu der im gegenständlichen Fall tatsächlich verhängten Freiheitsstrafe unter Berücksichtigung der Erschwerungsgründe und dem konkreten Unrechtsgehalt der begangenen Straftaten jedoch zu hoch angesetzt.

Keineswegs wird verkannt, dass der Beschwerdeführer bereits wegen ähnlichen kriminellen Verhaltens (4 einschlägige Vorstrafen) aufweist und laut eigenen Angaben Haftstrafen von insgesamt 14-15 Jahre verbüßt hat. Das zeigt offensichtlich, dass der Beschwerdeführer aus seinem Fehlverhalten nicht gelernt hat, ihm die Rechtsordnung offenbar gleichgültig ist und ihn offensichtlich nicht von der Begehung einer weiteren Straftat (nunmehr) im österreichischen Bundesgebiet abgehalten hat. Ohne die Schwere und den Unrechtsgehalt seines Verhaltens verharmlosen zu wollen, darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass der für die Bestimmung des Strafrahmens maßgebliche § 114 FPG ("Schlepperei") einen Strafrahmen von bis zu fünf Jahren vorsieht. Das Strafgericht hat den Beschwerdeführer zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe, von 24 Monaten, davon sechs Monate unbedingt, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Der mögliche Strafrahmen wurde vom Strafgericht demnach bei weitem nicht zur Gänze ausgeschöpft, sondern umfasst weniger wie die Hälfte der Höchststrafe. Dies deutet darauf, dass die Höhe des Aufenthaltsverbotes mit dem konkreten Unrechtsgehalt der begangenen Straftat nicht im Einklang steht. Sohin würde für jene Fälle, in denen eine Person eine größere Anzahl von Delikten begeht, es sich um zu schützende Rechtsgüter noch höheren Ranges handelt oder in Fällen organisierter Kriminalität nicht genug Spielraum gelassen, diese mit einer längeren Aufenthaltsverbotsdauer adäquat zu sanktionieren. Aufgrund dieser Überlegungen war das Aufenthaltsverbot daher auf die Dauer von vier Jahre zu reduzieren. Eine darunterliegende Dauer eines Aufenthaltsverbotes ist jedoch wegen des Gewichts des deliktischen Handelns des Beschwerdeführers nicht denkbar.

Es bedarf zudem eines geraumen, nicht zu gering anzusetzenden Zeitraumes der Beobachtung des Wohlverhaltens des Beschwerdeführers um sicherzustellen, dass er nicht neuerlich das von ihm gezeigte Verhalten im Bundesgebiet setzen wird, und gewährleistet ist, dass er keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung in Österreich mehr hervorrufen wird.

Des Weiteren ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde den Gründen, die zur Anordnung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes geführt haben, nicht substantiiert entgegentritt. Sein Vorbringen, dass ein Aufenthaltsverbot eine berufliche Erschwernis für ihn darstelle, ist nicht von maßgeblicher Relevanz, zumal das Vorbringen im Rahmen der Beschwerdeausführung, nämlich, dass er als Inhaber der in Ungarn ansässigen Firma "XXXX kft." über Österreich reisen müsste, unsubstantiiert geblieben ist und es andererseits dem Beschwerdeführer zumutbar ist, Umwege über an Österreich grenzende Nachbarstaaten zu nehmen, dass der Beschwerdeführer in Österreich beruflich tätig ist, wurde zudem nicht behauptet.

Das Aufenthaltsverbot bedeutet zwar grundsätzlich eine Einschränkung seiner Beschäftigungsmöglichkeiten, aber kein generelles Berufsverbot, zumal es sich nur auf das österreichische Bundesgebiet bezieht. Es ist dem Beschwerdeführer zumutbar, während der Dauer des Aufenthaltsverbots keine Routen zu befahren, die nach oder durch das Bundesgebiet führen. Österreich ist zwar ein wichtiges Transitland; es existieren aber zweifellos Routen, die das Bundesgebiet nicht tangieren. Dem mit der Unmöglichkeit eines Transits durch Österreich verbundenen, vergleichsweise geringen Eingriff in sein Privatleben stehen, die strafgerichtliche Verurteilung und das das große öffentliche Interesse an der Verhinderung derartiger strafbarer Handlungen gegenüber. Der Beschwerdeführer hat starke Bindungen zu seinem Herkunftsstaat und seinem Staat des gewöhnlichen Aufenthaltes, wo der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen liegt. Das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegt daher im Ergebnis sein persönliches Interesse an der Möglichkeit eines Aufenthalts in oder Transits durch Österreich.

Zudem hat der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme selbst vor der belangten Behörde selbst wörtlich ausgeführt, dass er sowieso nicht mehr zurückkommen würde, sodass auch dahingehend keine Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit erkannt werden kann. Der Beschwerdeführer lebt laut eigenen Angaben in Ungarn von seiner Firma, würde Arbeiten vermitteln und habe eine Konzession für Gebäudereinigung Gärtnerei Alkoholausschank und Sicherheitsdienst sodass davon ausgegangen werden kann, dass er damit ein ausreichendes Einkommen für sich erwirtschaften kann, sodass eine Einreise ins Bundesgebiet Österreich zur Erfüllung seiner geschäftlichen Tätigkeiten nicht erforderlich ist.

Der Beschwerdeführer hat zu Österreich keine wie immer gearteten Bindungen dargetan. Die Beurteilung einer allfälligen Beeinträchtigung des Privat- oder Familienlebens unter dem Aspekt des § 9 BFA-VG scheidet somit aus. Es konnte daher die im Lichte des § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen entfallen.

Im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung der auf Grund des Fehlverhaltens und der sonstigen persönlichen Umstände getroffenen Gefährlichkeitsprognose war die Dauer des Aufenthaltsverbotes daher spruchgemäß in angemessener Weise auf vier (4) Jahre herabzusetzen und der Beschwerde insoweit Folge zu geben. Eine darunterliegende Dauer eines Aufenthaltsverbotes ist jedoch wegen des Gewichts des deliktischen Handelns des Beschwerdeführers nicht angezeigt.

3.2. Zu Spruchpunkt II. und III. des angefochtenen Bescheides):

3.2.2. Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid (Spruchpunkte II. und III.) gemäß § 70 Abs. 3 FPG keinen Durchsetzungsaufschub erteilt und gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG einer Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgen, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen, die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortigen Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Durchsetzungsaufschub und zur aufschiebenden Wirkung ausgeführt, dass gesondert zu begründen ist, inwieweit die sofortige Ausreise eines Beschwerdeführers geboten sein soll. Die auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung Bezug nehmenden Überlegungen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes anzustellen sind, vermögen die Begründung für die Versagung eines Durchsetzungsaufschubes nicht zu ersetzen (VwGH 21.11.2006, Zl. 2006/21/0171 mwN).

Die belangte Behörde ist bei ihren Erwägungen richtiger Weise von der Annahme ausgegangen, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet keinerlei familiäre, berufliche oder sonstige Bindungen aufweist und er daher keine persönlichen Verhältnisse zu regeln hat die einen Durchsetzungsaufschub rechtfertigen würde. Die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit scheint daher erforderlich. Die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes sowie die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, ist daher zu Recht erfolgt.

Zudem ist im gegenständlichen Verfahren die Beschwerde am 28.05.2020 bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes eingelangt und konnte ein gesonderter Abspruch über die aufschiebenden Wirkung unterbleiben bzw. erübrigte sich ein solcher aufgrund der am 29.05.2020 getroffenen Entscheidung in der Sache selbst, da die Entscheidung demnach innerhalb der in § 18 Abs. 5 BFA-VG genannten Frist von einer Woche ab Vorlage der Beschwerde ergeht, sodass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren auch nicht in seinen Rechten verletzt sein kann.

Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs. 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG sind somit zu beanstanden, sodass die Beschwerde in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen war.

4. Entfall der mündlichen Verhandlung:

§ 21 Abs 7 BFA-VG erlaubt das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC. Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zwar besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art 8 EMRK sonst relevanten Umstände. Daraus ist aber noch keine generelle Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233). Da hier der Sachverhalt aus der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen geklärt erscheint und auch bei einem positiven Eindruck vom BF bei einer mündlichen Verhandlung keine weitere Herabsetzung oder gar ein Entfall des Aufenthaltsverbots möglich wäre, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben. Von der Durchführung einer Verhandlung ist keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten.

Der maßgebende Sachverhalt wurde vom BFA abschließend ermittelt und wurde der Beschwerdeführer zeitnah zur Entscheidung des BFH zum Sachverhalt niederschriftlich einvernommen. Die wesentlichen Feststellungen, insbesondere zu der vom Beschwerdeführer in Österreich begangenen Straftat blieben auch in der Beschwerde unbestritten. Tatsächlich blieben alle im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen (so auch, dass der Beschwerdeführer in Österreich kein schützenswertes Familienleben führt) unwidersprochen. Somit lag kein klärungsbedürftiger Sachverhalt vor (vgl. VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/002). Die ergänzenden Erwägungen runden das Gesamtbild nur ab, sind aber für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit nicht ausschlaggebend (vgl. VwGH vom 02.01.2017, Ra 2016/18/0323-5).

Da für das Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Fall die diesbezüglichen Voraussetzungen gegeben sind und sich insbesondere aus den Ausführungen der Beschwerde kein Hinweis auf die Notwendigkeit ergab, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern, wurde von einer Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.

Im vorliegenden Fall konnte daher, in Übereinstimmung mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, eine mündliche Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I416.2231290.1.00

Im RIS seit

10.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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