Entscheidungsdatum
17.06.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs2Spruch
W146 2231530-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.03.2020, Zl. 1249385804/191056006, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer wurde am 15.10.2019 aufgrund des Verdachts der Schlepperei festgenommen und in Untersuchungshaft genommen.
Dem Beschwerdeführer wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Schreiben vom 02.01.2020 Parteiengehör eingeräumt und er über die beabsichtigten fremdenpolizeiliche Maßnahmen in Kenntnis gesetzt. Weiters wurde ihm das Länderinformationsblatt zur Ukraine übermittelt. Der Beschwerdeführer wurde gebeten Auskunft zu geben, vor allem über die Fragen, seit wann ein durchgehender Aufenthalt in Österreich bestehe, über seine Schul- und Berufsausbildung in Österreich, welche Berufe er derzeit im Bundesgebiet ausübe oder ausgeübt habe, weiters wurde er gebeten um Bekanntgabe seiner persönlichen Verhältnisse bzw. familiären Bindungen in Österreich, den Nachweis einer ausreichenden Krankenversicherung, den Nachweis ausreichender Existenzmittel bzw. Einkommen zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes, zur Frage, welche Bindungen zum Herkunftsstaat vorliegen, ob er einen Aufenthaltstitel für einen anderen EU-Staat habe und ob es Gründe gäbe, warum er nicht in sein Herkunftsland zurückkehren könne.
Der Beschwerdeführer hat dazu keine Stellungnahme abgegeben.
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen Schlepperei gemäß § 144 Abs. 1 und Abs. 3 Z 2 FPG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten verurteilt.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.03.2020, Zl: 1249385804/191056006, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Ukraine zulässig sei (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BVA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).
Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Fremder sei, weil er die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitze. Er sei Staatsangehöriger der Ukraine. Der Beschwerdeführer sei gesund und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer sei legal mit einem ukrainischen Reisepass eingereist. Er verfüge über keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer habe keinen Aufenthaltstitel in Österreich. Es stehe fest, dass der Beschwerdeführer die visafreie Einreise zur Schlepperei von illegalen Fremden genutzt habe.
Der Beschwerdeführer verfüge über keine familiären Bindungen in Österreich. Aus der Aktenlage sei kein Umstand erkennbar, welcher den Schluss zulassen würde, dass durch eine zwingende Rückkehr in die Ukraine in unzulässiger Weise in das Privatleben und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen würde.
Der Beschwerdeführer verfüge über keine Arbeitserlaubnis im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer sei von einem österreichischen Gericht zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten verurteilt worden, da er dem Verbrechen der Schlepperei für schuldig befunden worden sei. Demnach habe er gemeinsam mit einem Komplizen im Auftrag einer dritten Person mehrfach illegale Fremde von Slowenien nach Österreich befördert und habe hierfür slowenische Mietautos benutzt.
Der Beschwerdeführer habe sich im Rahmen der schriftlichen Parteiengehörs, zugestellt am 08.01.2020, nicht geäußert und keinerlei Einwände gegen eine beabsichtigte Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot eingebracht.
Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG sei im gegenständlichen Fall nicht zu erteilen.
Beim Beschwerdeführer würden keinerlei berücksichtigungswürdigen Parameter vorliegen, aus dem sich ein schützenswertes Privat- und Familienleben ableiten ließe. Der Beschwerdeführer sei Drittstaatsangehöriger, da er weder die Staatsangehörigkeit eines EWR-Staates noch der Schweiz innehabe. Der Beschwerdeführer halte sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, zumal er ohne entsprechende finanzielle Mittel eingereist und im Besitz von Suchtmitteln sei, welche nach dem Suchtmittelgesetz strafbar seien.
Die Erlassung eines gesonderten Einreiseverbotes sei zum Schutz des wirtschaftlichen Wohles und der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen tunlich. Die Gesamtbeurteilung des Verhaltens, der Lebensumstände sowie der familiären und privaten Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers hätten im Zuge der von der Behörde vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, die vom Beschwerdeführer ausgehende schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Das ausgesprochene Einreiseverbot sei daher zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.
Weder aus den Feststellungen zur Lage im Heimatstaat des Beschwerdeführers noch aus dessen Vorbringen ergebe sich eine Gefährdung. Die Ukraine sei als sicherer Drittstaat anzusehen und hätten keinerlei Feststellungen getroffen werden können, die eine Abschiebung des Beschwerdeführers in dieses Land als unzulässig erweisen würden.
Gemäß § 55 Abs. 4 FPG habe das BFA von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt worden sei. Da dies der Fall sei, war daher keine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren.
Wie bereits ausführlich erörtert, stelle der Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich eine gegenwärtige, erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar. Die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers sei daher erforderlich.
Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und ausgeführt, dass bei einer gewichtenden Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit dem persönlichen Interesse des Fremden am Verbleib in Österreich, für die die Rückführungsrichtlinie gelte, sich ergebe, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes jedenfalls unverhältnismäßig sei. Jedenfalls sei das Einreiseverbot mit fünf Jahren zu hoch bemessen.
Die Behörde habe bei Erlassung der Rückkehrentscheidung das bestehende Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers bei der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG nicht entsprechend berücksichtigt. Es sei zwar zutreffend, dass der Beschwerdeführer über keinerlei Familienmitglieder in Österreich verfüge, jedoch sollte berücksichtigt werden, dass das Einreiseverbot für den kompletten Schengenraum gelte und dies somit einen enormen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers darstelle, welcher sich (vor allem bei der Höhe des Einreiseverbotes) als unverhältnismäßig darstelle.
Es sei zwar zutreffend, dass sich der Beschwerdeführer erst seit relativ kurzer Zeit in Österreich befinde (Einreise laut Angaben des Beschwerdeführers im Oktober 2019), straffällig geworden sei und er auch derzeit eine Haftstrafe verbüße, jedoch hätte sich die belangte Behörde im gegenständlichen Bescheid mit der Frage auseinanderzusetzen gehabt, wie lange die vermeintlich vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung zu prognostizieren sei.
Der VwGH habe diesbezüglich auch klargestellt, dass sich die Gefährdungsprognose auf den Zeitpunkt der hypothetischen Ausreise zu beziehen habe. Im Falle des Beschwerdeführers sei der hypothetische Zeitpunkt der Ausreise erst Mitte 2021, soferne er nicht vorzeitig aus der Haft entlassen werde. Die Behörde habe in der Prognoseentscheidung weder einen Zeitpunkt der hypothetischen Ausreise festgestellt noch dargelegt, inwiefern zukünftig noch eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vom Beschwerdeführer ausgehen werde. Er sei nicht ersichtlich, wieso der Beschwerdeführer nach der Verbüßung seiner unbedingten Haftstrafe weiter eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen solle. Der Beschwerdeführer sei zu 15 Monaten Haft verurteilt worden. § 114 Abs. 3 Z 2 FPG habe einen Strafrahmen von bis zu fünf Jahren. Die 15 Monate seien somit im unteren Drittel anzusiedeln und sei somit nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer ein fünfjähriges Einreiseverbot verhängt habe. Die Höhe des Einreiseverbots von 60 Monaten sei viermal so hoch wie die Freiheitsstrafe des Beschwerdeführers und somit eindeutig zu hoch bemessen.
Mit Beschwerdevorlage vom 29.05.2020, eingelangt am 04.06.2020, wurde der Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen, ist geboren am XXXX und ukrainischer Staatsbürger. Er reiste laut eigenen Angaben im Oktober 2019 visafrei in Österreich ein. Der Beschwerdeführer verfügt über keinen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet und keine reguläre Unterkunft. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer verfügt über keine verwandtschaftlichen oder sozialen Kontakte in Österreich. Der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers ist in der Ukraine, er spricht die Landessprache und lebt dort sein Vater.
Im Stande der Untersuchungshaft unterzeichnete der Beschwerdeführer am 13.11.2019 einen Antrag für die unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe.
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen Schlepperei gemäß § 144 Abs. 1 und Abs. 3 Z 2 FPG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten verurteilt.
Diesem Urteil liegt zugrunde, dass der Beschwerdeführer 2019 in Polen angeworben wurde, um mehrmalige Schleppungen von nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigten Personen von Slowenien nach Österreich durchzuführen. Dem Beschwerdeführer war bereits zu Beginn bewusst, dass er beim mehrmaligen Verbringen dieser Personen mit Bezahlung von 200 ? pro Person diese schleppe und er dies auch gewollt habe. Der Beschwerdeführer schleppte allein am 02.10.2019 vier und am 13.10.2020 zwei nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigte Personen von Slowenien nach Österreich. Dafür bekam er 800 ? und 400 ? als Bezahlung.
Am 11.10.2019 schleppte der Beschwerdeführer im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einer weiteren Person zumindest drei nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigte Personen und am 15.10.2019 fünf irakische Staatsangehörige, die nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind, von Slowenien nach XXXX . Für die Schleppung vom 11.10.2019 bekam der Beschwerdeführer 600 ?.
Bei dem nach § 114 Abs. 3 FPG gegebenen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe wurde bei der Strafbemessung beim Beschwerdeführer das umfassende und reumütige Geständnis, das wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat, sein bisher ordentlicher Lebenswandel und dass dieses Verhalten im auffallendem Widerspruch zu seinem bisherigen Leben steht und als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen und das Zusammenwirken mit einem Mittäter gewertet.
Der Beschwerdeführer befindet sich derzeit in Strafhaft. Das reguläre Strafende ist am 15.01.2021. Die bedingte Entlassung zum Halbstrafstichtag am 30.05.2020 wurde seitens des Landesgerichts für Strafsachen XXXX abgelehnt, die Entscheidung zum Zweidrittelstichtag am 15.08.2020 steht seitens des Gerichts noch aus.
Der Beschwerdeführer nahm die ihm von der belangten Behörde eingeräumte Möglichkeit zur Stellungnahme und zur Beantwortung verfahrensrelevanter Fragen nicht wahr.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.03.2020, Zl: 1249385804/191056006, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Ukraine zulässig sei (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BVA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).
Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers werden die folgenden Feststellungen getroffen:
Politische Lage
Die Ukraine ist eine parlamentarisch-präsidiale Republik. Staatsoberhaupt ist seit 20.05.2019 Präsident Wolodymyr Selensky, Regierungschef ist seit 14.4.2016 Ministerpräsident Wolodymyr Hroisman.
Das ukrainische Parlament (Verkhovna Rada) wird über ein Mischsystem zur Hälfte nach Verhältniswahlrecht und zur anderen Hälfte nach Mehrheitswahl in Direktwahlkreisen gewählt (AA 20.5.2019). Das gemischte Wahlsystem wird als anfällig für Manipulation und Stimmenkauf kritisiert. Auch die unterschiedlichen Auslegungen der Gerichte in Bezug auf das Wahlrecht sind Gegenstand der Kritik. Ukrainische Oligarchen üben durch ihre finanzielle Unterstützung für verschiedene politische Parteien einen bedeutenden Einfluss auf die Politik aus.
Am 29.8.2019 ist die ukrainische Oberste Rada zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammengetreten. Die Partei von Präsident Wolodymyr Selenskyj, Diener des Volkes, hatte bei der Wahl mehr als 250 der insgesamt 450 Sitze gewonnen (DS 29.8.2019; vgl. Ukrinform 30.8.2019).
Nach der "Revolution der Würde" auf dem Kiewer Maidan im Winter 2013/2014 verfolgte die Ukraine unter ihrem Präsidenten Petro Poroschenko eine europafreundliche Reformpolitik, die von der internationalen Gemeinschaft maßgeblich unterstützt wird. Zu den Schwerpunkten seines Regierungsprogramms gehörte die Bekämpfung der Korruption sowie eine Verfassungs- und Justizreform. Dennoch wurden die Erwartungen der Öffentlichkeit zu Umfang und Tempo der Reformen nicht erfüllt. Die Parteienlandschaft der Ukraine ist pluralistisch und reflektiert alle denkbaren Strömungen von national-konservativ und nationalistisch über rechtsstaats- und europaorientiert bis links-sozialistisch. Die kommunistische Partei ist verboten. Der Programmcharakter der Parteien ist jedoch kaum entwickelt und die Wähler orientieren sich hauptsächlich an den Führungsfiguren (AA 22.2.2019).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-02-
2019.pdf, Zugriff 18.3.2019
-AA - Auswärtiges Amt (20.5.2019): Ukraine, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/ukraine-node/ukraine/201830, Zugriff 27.5.2019
- CNN - Cable News Network (21.4.2019): Political newcomer Volodymyr Zelensky celebrates victory in Ukraine's presidential elections, https://edition.cnn.com/2019/04/21/europe/ukraineelection-
results-intl/index.html, Zugriff 24.4.2019
- DS - Der Standard (21.4.2019): Politikneuling Selenski wird neuer Präsident der Ukraine, https://derstandard.at/2000101828722/Politik-Neuling-Selenski-bei-Praesidenten-Stichwahl-in-der-
Ukraine-vorn, Zugriff 24.4.2019
- FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002619.html, Zugriff 24.4.2019
- KP - Kyiv Post (22.4.2019): Election watchdog Opora: Presidential election free and fair, https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/election-watchdog-opora-presidential-election-free- andfair. html, Zugriff 24.4.2019
- UA - Ukraine Analysen (27.2.2019): Präsidentschaftswahlen 2019, per E-Mail
- RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (23.5.2019): Zelenskiy's Decree On Disbanding
Ukrainian Parliament Enters Into Force, https://www.rferl.org/a/zelenskiy-s-decree-on-disbandingukrainian-parliament-enters-into-force/29958190.html, Zugriff 27.5.2019
Sicherheitslage
In den von Separatisten kontrollierten Gebieten Donezk und Luhansk sowie auf der Krim haben ukrainische Behörden und Amtsträger zurzeit keine Möglichkeit, ihre Befugnisse wahrzunehmen und staatliche Kontrolle auszuüben (AA 22.2.2019).
Durch die Besetzung der Krim, die militärische Unterstützung von Separatisten im Osten und die Verhängung wirtschaftlicher Sanktionen gegen die Ukraine, kann Russland seinen Einfluss auf den Verlauf des politischen Lebens in der Ukraine aufrechterhalten. Menschen, die in den besetzten Gebieten des Donbass leben, sind stark russischer Propaganda und anderen Formen der Kontrolle ausgesetzt (FH 4.2.2019).
Nach UN-Angaben kamen seit Beginn des bewaffneten Konflikts über 10.000 Menschen um; es wurden zahlreiche Ukrainer innerhalb des Landes binnenvertrieben oder flohen ins Ausland. Das im Februar 2015 vereinbarte Maßnahmenpaket von Minsk wird weiterhin nur schleppend umgesetzt. Die Sicherheitslage hat sich seither zwar deutlich verbessert, Waffenstillstandsverletzungen an der Kontaktlinie bleiben aber an der Tagesordnung und führen regelmäßig zu zivilen Opfern und Schäden an der dortigen zivilen Infrastruktur. Der politische Prozess im Rahmen der Trilateralen Kontaktgruppe (OSZE, Ukraine, Russland) stockt trotz hochrangiger Unterstützung im Normandie-Format (Deutschland, Frankreich, Ukraine, Russland). Besonders kontrovers in der Ukraine bleibt die im Minsker Maßnahmenpaket vorgesehene Autonomie für die gegenwärtig nicht kontrollierten Gebiete, die u.a. aufgrund der Unmöglichkeit, dort Lokalwahlen nach internationalen Standards abzuhalten, noch nicht in Kraft gesetzt wurde.
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-02-2019.pdf, Zugriff 18.3.2019
- FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002619.html, Zugriff 24.4.2019
- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018
- Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004269.html, Zugriff 10.4.2019
Sicherheitsbehörden
Die Sicherheitsbehörden unterstehen generell effektiver ziviler Kontrolle. Die Sicherheitskräfte verhindern oder reagieren im Allgemeinen auf gesellschaftliche Gewalt. Zuweilen wenden sie jedoch selbst übermäßige Gewalt an, um Proteste aufzulösen, oder verabsäumen es in einzelnen Fällen, Opfer vor Belästigung oder Gewalt zu schützen (z.B. im Falle der Zerstörung eines Roma-Camps durch Nationalisten, gegen die die Polizei nicht einschritt). Der ukrainischen Regierung gelingt es meist nicht, Beamte, die Verfehlungen begangen haben, strafrechtlich zu verfolgen oder zu bestrafen (USDOS 13.3.2019).
Das sichtbarste Ergebnis der ukrainischen Polizeireform ist die Gründung der Nationalen Polizei nach europäischen Standards, mit starker Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, als von der Politik grundsätzlich unabhängiges Exekutivorgan, die im Juli 2015 in vorerst 32 Städten ihre Tätigkeit aufnahm. Mit November 2015 ersetzte die Nationale Polizei offiziell die bestehende und aufgrund von schweren Korruptionsproblemen in der Bevölkerung stark diskreditierte "Militsiya".
Die Nationalpolizei muss sich mit einer, das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung beeinträchtigenden Zunahme der Kriminalität infolge der schlechten Wirtschaftslage und des Konflikts im Osten, einer noch im alten Denken verhafteten Staatsanwaltschaft und der aus sozialistischen Zeiten überkommenen Rechtslage auseinandersetzen. Über Repressionen durch Dritte, für die der ukrainische Staat in dem von ihm kontrollierten Staatsgebiet mittelbar die Verantwortung trägt, indem er sie anregt, unterstützt oder hinnimmt, liegen keine Erkenntnisse vor (AA 22.2.2019).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-02-
2019.pdf, Zugriff 18.3.2019
- ÖB - Österreichische Botschaften (2.2019): Asylländerbericht Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003113/UKRA_%C3%96B-Bericht_2018.doc, Zugriff 11.4.2019
- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018
- Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004269.html, Zugriff 29.3.2019
Bewegungsfreiheit
Die Bewegungsfreiheit ist in der Ukraine generell nicht eingeschränkt; im Osten des Landes jedoch ist diese aufgrund der Kampfhandlungen faktisch eingeschränkt (FH 4.2.2019).
Die Ausreisefreiheit wird (vorbehaltlich gesetzlicher Einschränkungen) von der Verfassung jedermann garantiert (Art. 33 Absatz 1). Ausreisewillige ukrainische Staatsangehörige müssen über einen Reisepass verfügen, der auf Antrag und gegen Gebühr ausgestellt wird. Bei Ausreise zur ständigen Wohnsitznahme im Ausland ist zudem zuvor ein gebührenpflichtiger Sichtvermerk des Staatlichen Migrationsdienstes (DMSU) einzuholen und dem Zoll eine Bestätigung des zuständigen Finanzamts vorzulegen, dass sämtliche steuerlichen Verpflichtungen erfüllt wurden.
Weitergehende Verpflichtungen sind seit 1. Oktober 2016 entfallen. Die ukrainischen Grenzschutzbehörden kontrollieren an der Grenze, ob ein gültiger Reisepass und gegebenenfalls ein Visum des Ziellandes vorliegen, der Ausreisende in der Ukraine zur Fahndung ausgeschrieben ist oder andere Ausreisehindernisse bestehen. Ausgereist wird vornehmlich auf dem Landweg.
Derzeit liegen keine Erkenntnisse vor, dass bei männlichen Reisenden an der Grenze der Status ihrer Wehrpflicht überprüft wird (AA 22.2.2019).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-02-2019.pdf, Zugriff 18.3.2019
- FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002619.html, Zugriff 24.4.2019
Grundversorgung
Die makroökonomische Lage stabilisiert sich nach schweren Krisenjahren auf niedrigem Niveau.
Ungeachtet der durch den Konflikt in der Ostukraine hervorgerufenen, die Wirtschaftsentwicklung weiter erheblich beeinträchtigenden, Umstände, wurde 2018 ein Wirtschaftswachstum von geschätzten 3,4% erzielt; die Inflation lag bei rund 10%. Der gesetzliche Mindestlohn wurde zuletzt mehrfach erhöht und beträgt seit Jahresbeginn 4.173 UAH (ca. 130 EUR) (AA 22.2.2019).
Die Existenzbedingungen sind im Landesdurchschnitt knapp ausreichend. Die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gesichert. Vor allem in ländlichen Gebieten stehen Strom, Gas und warmes Wasser zum Teil nicht immer ganztägig zur Verfügung. Die Situation gerade von auf staatliche Versorgung angewiesenen älteren Menschen, Kranken, Behinderten und Kindern bleibt daher karg. Die Ukraine gehört zu den ärmsten Ländern Europas. Ohne zusätzliche Einkommensquellen (in ländlichen Gebieten oft Selbstversorger) bzw. private Netzwerke ist es insbesondere Rentnern und sonstigen Transferleistungsempfängern kaum möglich, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Sozialleistungen und Renten werden zwar regelmäßig gezahlt, sind aber trotz regelmäßiger Erhöhungen größtenteils sehr niedrig. In den von Separatisten besetzten Gebieten der Oblaste Donezk und Luhansk müssen die Bewohner die Kontaktlinie überqueren, um ihre Ansprüche bei den ukrainischen Behörden geltend zu machen (AA 22.2.2019).
Nachdem die durchschnittlichen Verdienstmöglichkeiten weit hinter den Möglichkeiten im EU-Raum, aber auch in Russland, zurückbleiben, spielt Arbeitsmigration am ukrainischen Arbeitsmarkt eine nicht unbedeutende Rolle (ÖB 2.2019).
Das ab der zweiten Hälfte der 1990er Jahre eingeführte ukrainische Sozialversicherungssystem umfasst eine gesetzliche Pensionsversicherung, eine Arbeitslosenversicherung und eine Arbeitsunfallversicherung. Aufgrund der Sparpolitik der letzten Jahre wurde im Sozialsystem einiges verändert, darunter Anspruchsanforderungen, Finanzierung des Systems und beim Versicherungsfonds. Die Ausgaben für das Sozialsystem im nicht-medizinischen Sektor sanken von 23% des BIP im Jahr 2013 auf 18,5% im Jahr 2015 und danach weiter auf 17,8%. Die ist vor allem auf Reduktion von Sozialleistungen, besonders der Pensionen, zurückzuführen. Das Wirtschaftsministerium schätzte den Schattensektor der ukrainischen Wirtschaft 2017 auf 35%, andere Schätzungen gehen eher von 50% aus. Das Existenzminimum für eine alleinstehende Person wurde für Jänner 2019 mit 1.853 UAH beziffert (ca. 58 EUR), ab 1. Juli 2019 mit 1.936 UAH (ca. 62 EUR) und ab 1. Dezember 2019 mit 2.027 (ca. 64,5 EUR) festgelegt. Alleinstehende Personen mit Kindern können in Form einer Beihilfe für Alleinerziehende staatlich unterstützt werden. Diese wird für Kinder unter 18 Jahren (bzw. StudentInnen unter 23 Jahren) ausbezahlt.
Die Zulage orientiert sich am Existenzminimum für Kinder (entspricht 80% des Existenzminimums für alleinstehende Personen) und dem durchschnittlichen Familieneinkommen. Diese Form von Unterstützung ist mit einer maximalen Höhe von 1.626 UAH (ca. 50,8 EUR) für Kinder im Alter bis zu 6 Jahren, 2.027 UAH (ca. 63,3 EUR) für Kinder im Alter von 6 bis 18 Jahren bzw. 1.921 UAH (ca. 60 EUR) für Kinder im Alter von 18 bis 23 Jahren pro Monat gedeckelt. Außerdem ist eine Hinterbliebenenrente vorgesehen, die monatlich 50% der Rente des Verstorbenen für eine Person beträgt; bei zwei oder mehr Hinterbliebenen werden 100% ausgezahlt. Für Minderjährige gibt es staatliche Unterstützungen in Form von Familienbeihilfen, die an arme Familien vergeben werden. Hinzu kommt ein Zuschuss bei der Geburt oder bei der Adoption eines Kindes sowie die o.g. Beihilfe für Alleinerziehende. Der Geburtenzuschuss beträgt derzeit in Summe 41.280 UAH (ca. 1.288 EUR). Davon werden 10.320 UAH (ca. 322,15 EUR) in den zwei bis drei Monaten nach Geburt/Adoption ausgezahlt, die restliche Summe in gleichen Zahlungen von 860 UAH (ca. 26,85 UAH) monatlich im Laufe der folgenden drei Jahre. Laut geltenden ukrainischen Gesetzen beträgt die Dauer des Mutterschutzes zwischen 126 Tagen (70 Tage vor und 56 Tage nach der Geburt) und 180 Tagen (jeweils 90 Tage vor und nach der Geburt). Für diese Periode bekommen die Mütter ihren Lohn hundertprozentig ausbezahlt. In den nächsten drei Karenzjahren bekommen die Mütter keine weiteren Auszahlungen außer dem o.g. Geburtenzuschuss bzw. den finanziellen Zuschüssen für Alleinerziehende. Gesetzlich ist grundsätzlich ebenfalls die Möglichkeit einer Väterkarenz vorgesehen, wobei diese in der Praxis weiterhin kaum in Anspruch genommen wird.
Versicherte Erwerbslose erhalten mindestens 1.440 UAH (ca. 45 EUR) und maximal 7.684 UAH (240 EUR) Arbeitslosengeld pro Monat, was dem Vierfachen des gesetzlichen Mindesteinkommens entspricht. Nicht versicherte Arbeitslose erhalten mindestens 544 UAH (ca. 17 EUR). In den ersten 90 Kalendertagen werden 100% der Berechnungsgrundlage ausbezahlt, in den nächsten 90 Tagen sind es 80%, danach 70%. Die gesetzlich verpflichtende Pensionsversicherung wird durch den Pensionsfonds der Ukraine verwaltet, der sich aus Pflichtbeiträgen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, aus Budgetmitteln und diversen Sozialversicherungsfonds speist. Im Oktober 2017 nahm das ukrainische Parlament eine umfassende Pensionsreform an, die vor allem auch von internationalen Geldgebern zur Reduzierung des großen strukturellen Defizits gefordert wurde. Darin enthalten ist vor allem eine
Anhebung der Mindestpension, welche von knapp zwei Drittel aller Pensionisten bezogen wird, um knapp 700 UAH (ca. 22 EUR). Ebenfalls vorgesehen ist eine automatische Indexierung der Mindestpension sowohl an die Inflationsrate, wie auch an die Entwicklung des Mindestlohns.
Weiters wurde für arbeitende Pensionisten der Beitrag zur staatlichen Pensionsversicherung von 15% zur Gänze gestrichen. Das Pensionsantrittsalter wurde bei 60 Jahren belassen, die Anzahl an Beitragsjahren zur Erlangung einer staatlichen Pension wurde jedoch von 15 auf 25 Jahre erhöht und soll sukzessive bis 2028 weiter auf 35 Jahre steigen. Ebenfalls abgeschafft wurden gewisse Privilegien z.B. für öffentliche Bedienstete, Richter, Staatsanwälte und Lehrer. Im Jahr 2017 belief sich die Durchschnittspension auf 2.480,50 UAH (ca. 77 EUR), die durchschnittliche Invaliditätsrente auf 1.996,20 UAH (ca. 62,31 EUR) und die Hinterbliebenenpension auf 2.259,99 UAH (ca. 70,55 EUR). Viele Pensionisten sind dementsprechend gezwungen, weiter zu arbeiten.
Private Pensionsvereinbarungen sind seit 2004 gesetzlich möglich. Die Ukraine hat mit 12 Millionen Pensionisten (knapp ein Drittel der Gesamtbevölkerung) europaweit eine der höchsten Quoten in diesem Bevölkerungssegment, was sich auch im öffentlichen Haushalt widerspiegelt:
2014 wurden 17,2% des Bruttoinlandsprodukts der Ukraine für Pensionszahlungen aufgewendet (ÖB 2.2019; vgl. UA 27.4.2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-02-
2019.pdf, Zugriff 18.3.2019
- ÖB - Österreichische Botschaften (2.2019): Asylländerbericht Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003113/UKRA_%C3%96B-Bericht_2018.doc, Zugriff 11.4.2019
- UA - Ukraine Analysen (27.4.2018): Rentenreform, http://www.laender-analysen.de/ukraine/pdf/UkraineAnalysen200.pdf, Zugriff 27.5.2019
Rückkehr
Es sind keine Berichte bekannt, wonach in die Ukraine abgeschobene oder freiwillig zurückgekehrte ukrainische Asylbewerber wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland behelligt worden wären. Um neue Dokumente zu beantragen, müssen sich Rückkehrer an den Ort begeben, an dem sie zuletzt gemeldet waren. Ohne ordnungsgemäße Dokumente können sich - wie bei anderen Personengruppen auch - Schwierigkeiten bei der Wohnungs- und Arbeitssuche oder der Inanspruchnahme des staatlichen Gesundheitswesens ergeben (AA 22.2.2019).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-02-
2019.pdf, Zugriff 18.3.2019
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführer ergeben sich aus einer im Akt befindlichen Reisepasskopie.
Die Feststellung zu seiner Einreise ergibt sich aus seinen Angaben.
Die Feststellungen zum fehlenden Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus seinen Angaben.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers und zum Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers in der Ukraine ergeben sich aus seinen Angaben und zum Aufenthalt des Vaters ebendort aus dem Antragsformular zur freiwilligen Rückkehrhilfe.
Die Feststellungen zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ergeben sich aus dem Akteninhalt, den Angaben des Beschwerdeführers sowie einer ZMR-Auskunft.
Die Feststellungen zum Haftende bzw. zu einem möglichen vorzeitigen Haftende ergeben sich aus einer Auskunft der Strafanstalt und dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten wegen Schlepperei und des diesem zugrundeliegenden Verhaltens des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer im Akt befindlichen Kopie des Urteils des Landesgerichts für Strafsachen XXXX . Die Feststellung der belangten Behörde, wonach der Beschwerdeführer zu 24 Monaten verurteilt worden wäre, bezieht sich irrtümlicherweise auf die Strafe des Mittäters des Beschwerdeführers.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer die ihm durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gebotene Möglichkeit zur Stellungnahme zum Ermittlungsergebnis nicht wahrgenommen hat, ergibt sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zur aktuellen Lage im Herkunftsland des Beschwerdeführers beruhen auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, welches im angefochtenen Bescheid angeführt ist und in der Beschwerde auch nicht bestritten wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 58 Abs 1 Z 5 AsylG hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des sechsten Hauptstückes des FPG ("Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung"; §§ 41 ff FPG) fällt.
Der Aufenthalt des Beschwerdeführers ist weder geduldet iSd § 46a FPG noch wurde er Zeuge oder Opfer strafbarer Handlungen oder Opfer von Gewalt. Es liegen somit keine Voraussetzungen zu Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG ("Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz") vor.
Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 52 Abs 1 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
Greift eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben ein, so ist ihre Erlassung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten des unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9).
Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG iVm Art 8 EMRK zulässig ist, ist eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit dem Interesse der Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen.
Der Beschwerdeführer hat keinerlei familiären Bindungen zu Österreich.
Es ist weiters zu prüfen, ob mit einer Rückkehrentscheidung in das Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen wird und bejahendenfalls, ob dieser Eingriff eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist (Art. 8 Abs. 2 EMRK).
Der Beschwerdeführer ist seit acht Monaten im Bundesgebiet aufhältig. Er verfügt über keinen Aufenthaltstitel in Österreich. Er ist im Bundesgebiet nicht erwerbstätig und hat keinen regulären Wohnsitz in Österreich. Der Beschwerdeführer wurde 2019 in Polen angeworben, um mehrmalige Schleppungen von nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigten Personen von Slowenien nach Österreich durchzuführen. Dem Beschwerdeführer war bereits zu Beginn bewusst, dass er beim mehrmaligen Verbringen dieser Personen mit Bezahlung von 200 ? pro Person diese schleppe und wollte dies auch. Er wurde zu 15 Monaten unbedingter Haft wegen § 114 Abs. 1 und Abs. 3 Z 2 FPG verurteilt.
Es liegt somit keinerlei schützenswertes Privatleben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet vor.
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erfolgte somit zu Recht.
Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:
§ 53 Abs. 1 und 3 Z 1 FPG 2005 lautet:
§ 53 (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
...
(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
(...)
§ 114 Abs. 1 und 3 FPG 2005 lautet:
§ 114 (1): Wer die rechtswidrige Einreise oder Durchreise eines Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Nachbarstaat Österreichs mit dem Vorsatz fördert, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.
(...)
(3) Wer die Tat nach Abs. 1
1. gewerbsmäßig (§ 70 StGB),
2. in Bezug auf mindestens drei Fremde, oder
3. auf eine Art und Weise, durch die der Fremde, insbesondere während der Beförderung, längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt wird,
begeht, ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat in seinem Erkenntnis vom 15.12.2011, Zahl 2011/21/0237 zur Rechtslage vor dem FPG idgF (in Kraft seit 01.01.2014) erwogen, dass bei der Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes nach dem FrÄG 2011 eine Einzelfallprüfung vorzunehmen (vgl. ErläutRV, 1078 BlgNR 24. GP 29 ff und Art 11 Abs. 2 Rückführungs-RL) sei. Dabei hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchen zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dagegen ist festzuhalten, dass - wie schon nach bisheriger Rechtslage (vgl. E 20. November 2008, 2008/21/0603) - in Bezug auf strafgerichtliche Verurteilungen nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern immer auf das zugrunde liegende Verhalten abzustellen ist. Maßgeblich sind Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild; darauf kommt es bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots an.
Im Falle der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen, wenn diese (auch) wegen strafrechtlichen Fehlverhaltens verhängt werden, bedarf es vor allem im Rahmen der zu treffenden Gefährlichkeitsprognose einer näheren Auseinandersetzung mit diesem strafrechtlichen Fehlverhalten im Einzelnen (VwGH Erk vom 03.09.2015, Ra 2015/21/0121).
Der Beschwerdeführer weist eine rechtskräftige Verurteilung wegen § 114 Abs. 1 und 3 Z 2 FPG zu 15 Monaten unbedingter Haft auf.
Dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX liegt zugrunde, dass der Beschwerdeführer 2019 in Polen angeworben wurde, um mehrmalige Schleppungen von nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigten Personen von Slowenien nach Österreich durchzuführen. Dem Beschwerdeführer war bereits zu Beginn bewusst, dass er beim mehrmaligen Verbringen dieser Personen mit Bezahlung von 200 ? pro Person diese schleppe und er dies auch gewollt habe. Der Beschwerdeführer schleppte allein am 02.10.2019 vier und am 13.10.2020 zwei nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigten Personen von Slowenien nach Österreich. Dafür bekam er 800 ? und 400 ? als Bezahlung.
Am 11.10.2019 schleppte der Beschwerdeführer im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einer weiteren Person zumindest drei nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigten Personen und am 15.10.2019 fünf irakische Staatsangehörige, die nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind, von Slowenien nach XXXX . Für die Schleppung vom 11.10.2019 bekam der Beschwerdeführer 600 ?.
Bei dem nach § 114 Abs. 3 FPG gegebenen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe wurde bei der Strafbemessung beim Beschwerdeführer das umfassende und reumütige Geständnis, das wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat, sein bisher ordentlicher Lebenswandel und dass dieses Verhalten im auffallendem Widerspruch zu seinem bisherigen Leben steht und als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen und das Zusammenwirken mit einem Mittäter gewertet.
Die vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten und die Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten unbedingter Freiheitsstrafe zeigen, dass das persönliche Verhalten des Beschwerdeführers eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr darstellt, zumal die Straftaten noch nicht lange zurück liegen und somit der seither verstrichene Zeitraum als zu kurz anzusehen ist, um gänzlich vom einem Wegfall der Gefährdung zu sprechen, da auch der Vollzug der Freiheitsstrafe noch andauert.
Bei der hinsichtlich des Beschwerdeführers zu erstellenden Gefährdungsprognose stehen mithin diese strafgerichtliche Verurteilung und das vom Beschwerdeführer gesetzte Verhalten im Mittelpunkt.
Die Einreise nach Österreich hat der Beschwerdeführer ganz offensichtlich nur dafür genutzt, um hier die bereits dargestellten strafbaren Handlungen zu begehen und sich dadurch eine Einnahmequelle zu verschaffen.
Die bereits dargestellte Art und Weise der Begehung der angeführten Straftaten, vor allem die Schlepperei von 14 Fremden nach Österreich, weist auf eine beträchtliche kriminelle Energie des Beschwerdeführers hin, die wiederum eine Erheblichkeit der Gefahr annehmen lassen.
Sowohl die Verhinderung strafbarer Handlungen als auch die Verhinderung des unrechtmäßigen Aufenthalts von Fremden im Bundesgebiet stellen jedenfalls ein Grundinteresse der Gesellschaft dar.
In Anbetracht der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung begegnet daher die Auffassung der belangten Behörde, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG gegeben sind, keinen Bedenken. Es sprechen somit bedeutende öffentliche Interessen gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK und auch eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für die Erlassung eines Einreiseverbotes.
Die Erlassung von Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot steht unter dem Vorbehalt des den 2. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 bildenden § 61 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011, nunmehr § 9 BFA-VG, ("Schutz des Privat- und Familienlebens"). Die Beurteilung nach § 9 BFA-VG, ob ein Einreiseverbot zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist, verlangt eine abwägende Gegenüberstellung der persönlichen Interessen des Fremden am Verbleib in Österreich mit den öffentlichen Interessen an der Erlassung der fremdenpolizeilichen Maßnahme (vgl. VwGH 22.09.2009, 2009/22/0147; 02.10.2012, 2012/21/0044, mwN).
Der Beschwerdeführer hat keinerlei familiären Bezug noch private Anknüpfungspunkte zu Österreich.
Den geringen privaten Interessen des Beschwerdeführers an einer Einreise in den Schengen-Raum stehen im Hinblick darauf, dass für ihn angesichts der Schwere und der näheren Tatumstände der von ihm begangenen Straftaten auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine günstige Verhaltensprognose gestellt werden kann, überaus gravierende öffentliche Interessen entgegen, sodass angesichts keiner familiärer und geringer privater Interessen des Beschwerdeführers vom Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Erlassung des Einreiseverbotes auszugehen ist.
Es bedarf in Hinblick auf die dargestellten Tathandlungen des Beschwerdeführers eines gewissen Zeitraumes der Beobachtung des Wohlverhaltens des Beschwerdeführers um sicherzustellen, dass er nicht neuerlich das von ihm gezeigte Verhalten im Bundesgebiet setzen wird, und gewährleistet ist, dass er keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung in Österreich mehr hervorrufen wird.
Mit dem Beschwerdevorbringen, dass das Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum gelte und dies somit einen enormen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers darstelle, wurden jedoch keinerlei näheren Angaben dazu gemacht und ist der Beschwerdeführer auch bereit freiwillig in die Ukraine unter Gewährung von Rückkehrbeihilfe zurückzukehren, weshalb das von der belangten Behörde in der Dauer von fünf Jahren befristet erlassene Einreiseverbot trotz erstmaliger Verurteilung und reumütigen Geständnisses angesichts des als besonders verpönt zu qualifizierenden Verhaltens der Schlepperei als angemessen angesehen wird.
Zum Beschwerdevorbringen, der hypothetische Zeitpunkt der Ausreise des Beschwerdeführers sei erst Mitte 2021, bleibt festzuhalten, dass dies nicht den Tatsachen entspricht. Das reguläre Haftende ist am 15.01.2021, eine vorzeitig bedingte Haftentlassung ist am 15.08.2020 möglich. Berücksichtigt man also die schon absehbare Haftentlassung und den damit verbundenen freiwilligen oder angeordneten Zeitpunkt der Ausreise des Beschwerdeführers, so kann dies nicht zu einer Reduktion der Dauer des Einreiseverbotes führen.
Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides:
Für die gemäß § 52 Abs 9 FPG von Amts wegen gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (siehe VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs. 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs. 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs. 3).
Da keine dieser Voraussetzungen hier zutrifft, ist die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zulässig. Die Ukraine gilt als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 19 Abs 5 Z 2 BFA-VG iVm § 1 Z 14 HStV, was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der dortigen Behörden spricht, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (siehe VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153). In Anbetracht der vorrangigen Funktion der Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG, (lediglich) den Zielstaat der Abschiebung festzulegen, ist im Verfahren zur Erlassung einer fremdenpolizeilichen Maßnahme nicht ein Verfahren durchzuführen, das der Sache nach einem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz gleichkommt (VwGH 07.03.2019, Ra 2019/21/0044).
Unter Berücksichtigung der stabilen Situation in der Ukraine und der Lebensumstände des gesunden und arbeitsfähigen Beschwerdeführers, der die Landessprache spricht und in der Ukraine familiäre Anknüpfungen hat, liegen keine Gründe vor, die eine Abschiebung unzulässig machen würden. Daher ist Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids zu bestätigen.
Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (VI.) und Nichtgewährung einer Frist zur freiwilligen Ausreise (V.):
Gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist (Z 1), der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist (Z 2) oder Fluchtgefahr besteht (Z 3).
Das Bundesamt hat mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).
Festzuhalten ist gegenständlich, dass das Bundesamt im angefochtenen Bescheid nur unter Verweis auf Spruchpunkt III. Ausführungen zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung getätigt hat. Im Ergebnis erfolgte die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung aufgrund des vom Beschwerdeführer an den Tag gelegten Gesamtverhaltens im Ergebnis dennoch zu Recht.
Dem strafbaren Verhalten des Beschwerdeführers liegt offenbar seine schlechte finanzielle Situation zugrunde, sodass er sich in Polen zur Schlepperei anwerben ließ. Die finanzielle Situation des Beschwerdeführers wird sich während der Haft nicht ändern und kann angesichts dessen, dass sich der Beschwerdeführer rein aus finanziellen Motiven sich in das Bundesgebiet begeben hat, um hier gewerbsmäßige Schlepperei zu betreiben, nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer keine Gefahr mehr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, zumal er sich nach wie vor in Strafhaft befindet. Er hat durch sein Fehlverhalten unzweifelhaft gezeigt, dass er bislang nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten, zumal er ausschließlich zur Begehung dieser Straftaten in das Bundesgebiet einreiste und hier über keine darüber hinausgehenden familiären oder privaten Interessen verfügt.
Die Aberkennung der der aufschiebenden Wirkung ist somit zu Recht erfolgt.
Die Nichtgewährung einer Frist zu freiwilligen Ausreise gemäß § 55 Abs. 4 FPG ist eine gesetzliche Folge der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung.
Zum Entfall einer Verhandlung:
Der Verwaltungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, 2014/20/0017 und -0018, aus, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Diese genannten Kriterien sind im vorliegenden Fall erfüllt, da der Sachverhalt durch die belangte Behörde vollständig erhoben wurde und nach wie vor die gebotene Aktualität aufweist (der angefochtene Bescheid wurde am 24.03.2020 erlassen, wobei sich aus dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes keine Hinweise auf eine Änderung der entscheidungsmaßgeblichen Situation ergeben). Die Beweiswürdigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes in ihren entscheidungsmaßgeblichen Punkten bestätigt. Im Übrigen findet sich in der Beschwerdeschrift ein lediglich unsubstantiiertes Vorbringen, welches im konkreten Fall nicht dazu geeignet ist, die behördliche Entscheidung in Frage zu stellen. Was das Vorbringen in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser insbesondere kein neues Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger für die Vornahme der Interessensabwägung bzw. die Beurteilung des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers beachtlicher Aspekte und wird den beweiswürdigenden Ausführungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in den entscheidungswesentlichen Aspekten nicht in ausreichend konkreter Weise entgegengetreten.
Damit ist der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (vgl. dazu auch § 27 VwGVG), wobei eine mündliche Erörterung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.
Schlagworte
Abschiebung Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall berücksichtigungswürdige Gründe Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Haft Haftstrafe Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung Schlepperei Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft Straftat VerbrechenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W146.2231530.1.00Im RIS seit
10.09.2020Zuletzt aktualisiert am
10.09.2020