Entscheidungsdatum
04.05.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W213 2230534-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Albert SLAMANIG als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch RA Mag. Philipp WOLM, 1080 Wien, Lederergasse 22/16, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 19.03.2020, GZ. 2020-0.110.426, betreffend Abweisung eines Antrages auf Auszahlung einer Geldaushilfe nach den Bestimmungen des §§ 23a und 23b GehG, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
I.1. Der Beschwerdeführer steht als Inspektor der Justizwache (Justizanstalt XXXX ) in einem öffentlich - rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Mit Schreiben vom 16.05.2019 beantragte er die Zuerkennung von Verdienstentgangs- und Schmerzengeldzahlungen nach § 23 a GehG, wobei er vorbrachte, dass er während der Verrichtung seines Dienstes als Justizwachebeamter am 14.01.2019 von Herrn XXXX am Körper verletzt worden sei. Der Vorfall sei Gegenstand eines Strafverfahrens gewesen. XXXX sei im Zuge desselben mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 27.02.2019 zur GZ: 42 Hv 11/19x wegen der dem Beschwerdeführer zugefügten Verletzungen gemäß § 84 Abs 2 StGB und § 15, 269 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Der habe Prellungen des zweiten und vierten Fingers erlitten. Im Rahmen der gerichtlichen Entscheidung über die privatrechtlichen Ansprüche sei ihm ein Betrag in Höhe von EUR 800,-- zugesprochen worden. Festzuhalten sei, dass mangels Vorliegen einer schweren Körperverletzung iSd § 84 Abs 1 StGB, der Zuspruch nicht nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen gedeckt sei. Gemäß § 23a ff GehG habe der Bund als besondere Hilfestellung die vorläufige Übernahme von Ansprüchen zu erbringen, wenn der Bedienstete einen Arbeits-/Dienstunfall in unmittelbarer Ausübung seiner dienstlichen Pflichten erleide.
Es werde daher beantragt, dem Beschwerdeführer die vorläufige Übernahme von Ansprüchen zu erbringen und diesem demgemäß einen Vorschuss in der Höhe von ? 800,00 zu gewähren und auf das näher bezeichnete Konto des ausgewiesenen Rechtsvertreters zur Anweisung zu bringen.
I.2. Mit Schreiben vom 18.12.2019 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs mit, dass gemäß § 23a GehG 1956 der Bund als besondere Hilfeleistung die vorläufige Übernahme von Ansprüchen zu erbringen habe, wenn ein Beamter einen Dienstunfall gemäß § 90 Abs 1 des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes (B-KUVG, BGBl. Nr. 200/1967) oder einen Arbeitsunfall gemäß § 175 Abs 1 ASVG (BGBl. Nr. 189/1955) in unmittelbarer Ausübung seiner dienstlichen Pflichten erleide und dieser Dienst- oder Arbeitsunfall eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung zur Folge habe und dem Beamten dadurch Heilungskosten erwachsen oder seine Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch mindestens zehn Tage gemindert sei.
Gemäß § 23b Abs 1 Z 1 GehG 1956 leiste der Bund als besondere Hilfeleistung einen Vorschuss (vorläufige Übernahme von Ansprüchen), wenn sich die Beamtin oder der Beamte im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne des § 23a Abs 1 GehG an einem Strafverfahren beteilige, das nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche des Beamten oder der Hinterbliebenen gegen den Täter abgeschlossen werde, oder solche Ersatzansprüche des Beamten im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen würden.
Gemäß Abs 5 leg cit bestehe die vorläufige Leistungspflicht des Bundes nur insoweit, als die Ansprüche des Beamten nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung oder nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen, BGBl. Nr. 288/1972, gedeckt seien.
Die Ansprüche des Beamten gegen den Täter gingen, soweit sie vom Bund bezahlt würden, durch Legalzession auf den Bund über (Abs 6 leg cit).
Aus § 23b Abs 5 GehG 1956 ergebe sich, zur Vermeidung von Mehrfachleistungen, eine lediglich subsidiäre Leistungspflicht des Bundes, wonach eine Leistung erst dann erfolge, wenn die Ansprüche nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung (B-KUVG) oder durch das VOG gedeckt seien.
Da dem Antrag kein Bescheid des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen - Sozialministeriumservice über einen Zuspruch bzw. eine Ablehnung von Leistungen nach dem VOG (BGBl. 1972/288) angeschlossen sei, könne über den gegenständlichen Antrag nicht abgesprochen werden, da eine Prüfung des Bestands und der Höhe der Ansprüche auf Basis der vorliegenden Unterlagen nicht möglich sei.
Der Beschwerdeführer werde daher ersucht im Sinne des § 23b Abs 5 GehG 1956 seine Ansprüche zunächst beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen - Sozialministeriumservice geltend zu machen und dem Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz, Generaldirektion für den Strafvollzug und den Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen den entsprechenden Bescheid zu übermitteln. Sollte bereits ein Verfahren anhängig gemacht worden sein, werde um Übermittlung der bezughabenden Unterlagen ersucht. Es dürfe darauf hingewiesen werden, dass Anträge nach den Bestimmungen des Verbrechensopfergesetzes (VOG) innerhalb von zwei Jahren nach der Tat einzubringen seien.
Sobald ein Verfahren beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen - Sozialministeriumservice nach dem VOG (BGBl. 1972/288) anhängig sei, werde das Verfahren vor der Dienstbehörde nach dem GehG 1956 gemäß § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens vor dem Sozialministeriumservice ausgesetzt.
Der Beschwerdeführer werde aus diesem Grund ersucht bekanntzugeben, wann von ihm ein Antrag beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen - Sozialministeriumservice eingebracht worden sei. Der entsprechende Antrag sei der Dienstbehörde in Kopie zu übermitteln.
I.3. Der Beschwerdeführer hielt dem mit Schreiben vom 18.12.2019 entgegen, dass gemäß § 6a Abs 1 VOG Hilfe nach § 2 Z 10 VOG nur für eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 VOG als einmalige Geldleistung im Betrag von EUR 2.000,-- zu leisten sei. Im Übrigen kämen für den gegenständlichen Fall auch sonst keine Hilfeleistungen iSd § 2 VOG in Betracht. Ene Antragstellung nach dem VOG sei gegenständlich von vornherein aussichtslos, weil im gegenständlichen Fall keine schwere Körperverletzung iSd § 84 Abs 1 StGB vorliege, sondern lediglich eine schwere Körperverletzung iSd § 84 Abs 2 StGB - dies kraft der Beamtenstellung des Antragstellers. Demgemäß sei der Bund mangels Deckung durch das VOG gegenständlich gemäß § 23a ff GehG leistungsverpflichtet. Der verfahrenseinleitende Antrag vom 16.05.2019 werde daher ausdrücklich aufrechterhalten.
I.4. Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge den nunmehr bekämpften Bescheid, dessen Spruch nachstehenden Inhalt hatte:
"Ihr Ansuchen vom 16. Mai 2019, eingelangt beim Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz, Generaldirektion für den Strafvollzug und den Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen am 17. Mai 2019, um vorläufige Übernahme von Ansprüchen und demgemäß Ihnen einen Vorschuss in der Höhe von EUR 800,- zu gewähren, wird zurückgewiesen."
In der Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen aus, dass der Beschwerdeführer am 14.01.2019 während der Verrichtung seines Dienstes als Justizwachebeamter von XXXX am Körper verletzt worden sei. XXXX habe mehrere Justizwachebeamte, darunter auch den Beschwerdeführer, mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich der Verbringung aus dem Zellenraum aufgrund seines vorangegangenen aggressiven Verhalten, zu hindern versucht, indem er mit seinen Händen in Richtung der Beamten geschlagen und mit den Füßen nach ihnen getreten habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Prellung des zweiten und vierten Fingers der rechten Hand erlitten und sich von 14. 01. (untertägig) bis 20.01.2019 im Krankenstand befunden. Seitens der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter sei der gemeldete Unfall mit Schreiben vom 20.02.2019 als Dienstunfall gewertet worden. In dem gegen den Angeklagten XXXX zu 42 Hv 11/19x geführten Verfahren vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien sei diesem aufgetragen worden, den Beschwerdeführer einen Betrag in der Höhe von EUR 800,- zu bezahlen. Eine Verpflichtungserklärung iSd § 23e iVm § 13a GehG vom 01.04.2019 sei abgegeben worden.
Unter Hinweis auf die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen der §§ 23a und 23b GehG und die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 19.12.2019 wurde weiter ausgeführt, dass § 84 Abs 2 StGB lediglich eine "Verhaltensqualifikation" darstelle und somit die Tatbegehung betreffe. Für die Zuerkennung eines Ersatzanspruchs nach § 6a VOG (dessen Beurteilung alleinig dem Sozialministeriumservice obliege) komme es allerdings nur darauf an, ob eine schwere Körperverletzung iSd § 84 Abs 1 StGB d.h. eine länger als vierundzwanzig Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit bzw. eine an sich schwere Verletzung oder Gesundheitsschädigung vorliege. Die strafrechtliche Qualifikation der Tathandlung sei dabei unerheblich. Konkret sehe § 6a VOG vor, dass Hilfe nach § 2 Z 10 nur für eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs 1 VOG zu leisten sei.
§ 1 Abs 1 VOG sehe vor, dass österreichische Staatsbürger Anspruch auf Hilfe hätten, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei, dass sie durch eine zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohten rechtswidrigen und vorsätzlichen Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten hätten.
Es liege beim Sozialministeriumservice zu beurteilen, ob die im konkreten Fall verursachte Prellung des zweiten und vierten Fingers der rechten Hand ihrer Art und Ausdehnung nach als schwere Körperverletzung iSd § 84 Abs 1 StGB anzusehen sei.
Aufgrund der subsidiären Leistungspflicht des Bundes gemäß § 23b Abs 5 GehG 1956 keine über den Antrag mangels vorrangiger Geltendmachung der Ansprüche beim Sozialministeriumservice nicht abgesprochen werden, da eine Prüfung des Bestands und der Höhe der Ansprüche auf Basis der vorliegenden Unterlagen nicht möglich sei.
I.5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen anwaltlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 19.03.2020 fristgerecht Beschwerde und brachte unter Hinweis auf sein bisheriges Vorbringen im Wesentlichen vor, dass es sich bei der erlittenen Verletzung nicht um eine schwere Körperverletzung iSd § 84 Abs 1 StGB handle, das sich bereits aus dem dem verfahrenseinleitenden Antrag beigeschlossenem Protokollsvermerk samt gekürzter Urteilsausfertigung des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 27.02.2019 ergebe, welches den Angeklagten XXXX - nach Durchführung eines umfassenden Beweisverfahrens - wegen § 84 Abs 2 StGB verurteilte. Hätte es sich bei der Verletzung um eine länger als 24 Tage andauernde Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit oder um eine an sich schwere Körperverletzung gehandelt, wäre dies einerseits im Spruchpunkt II. der Urteilsausfertigung zusätzlich festzuhalten gewesen und hätte dies auch einen zusätzlichen Erschwerungsgrund iSd § 33 StGB aufgrund der mehrfachen Deliktsqualifikation bedeutet. Eine solche sei den Strafzumessungsgründen freilich auch nicht zu entnehmen. Die erlittene Verletzung kann demgemäß - bereits dem Gesetzeswortlaut des § 6a VOG entsprechend - unmöglich vom VOG gedeckt sein. Durch die rechtswidrige Verweigerung der Leistung werde der Beschwerdeführer in seinen subjektiven Rechten verletzt verletzt
Es werde daher beantragt,
* den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben, in der Sache selbst zu entscheiden und die Leistungspflicht des Bundes gemäß § 23a GehG festzustellen;
in eventu
* den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an die bescheiderlassende Behörde zurückzzuverweisen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der Beschwerdeführer steht als Inspektor der Justizwache, wo er im Bereich der Justizanstalt XXXX Dienst versieht, in einem öffentlich - rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
Am 14.01.2019 wurde er während der Verrichtung seines Dienstes als Justizwachebeamter von XXXX am Körper verletzt. XXXX hat mehrere Justizwachebeamte, darunter auch den Beschwerdeführer, mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich der Verbringung aus dem Zellenraum aufgrund seines vorangegangenen aggressiven Verhalten, zu hindern versucht, indem er mit seinen Händen in Richtung der Beamten schlug und mit den Füßen nach ihnen trat. Der Beschwerdeführer erlitt dadurch eine Prellung des zweiten und vierten Fingers der rechten Hand und befand sich von 14.01. (untertägig) bis 20.01.2019 im Krankenstand.
XXXX wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 27.02.2019 zur GZ: 42 Hv 11/19x, der §§ 15, 269 und 84 Abs.2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Ferner wurde er verurteilt, dem Beschwerdeführer den Betrag von ? 800,00 an Schadenersatz zu leisten.
Mit Schreiben vom 01.04.2019 nahm der Beschwerdeführer gemäß § 23e iVm § 13a GehG zur Kenntnis, dass im Sinne des§ 23e iVm § 13a GehG, unberechtigt empfangene Hilfeleistungen, soweit sie nicht im guten Glauben empfangen worden seien, dem Bund von der antragstellenden Person zu ersetzen seien. Die gegenständlichen Ansprüche fänden weder durch die Versicherung der antragstellenden Person, noch nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen Deckung.
Der Beschwerdeführer stellte hinsichtlich seiner Ansprüche keinen auf die Bestimmungen des VOG gestützten Antrag an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen - Sozialministeriumservice.
2. Beweiswürdigung:
Diese Feststellungen konnten unmittelbar auf Grund der unstrittigen Aktenlage getroffen werden. Dabei ist hervorzuheben, dass die Entstehung der Verletzung des Beschwerdeführers, der Dauer seines Krankenstandes und die Höhe des ihm zustehenden Schadenersatzes außer Streit stehen, wobei sich die diesbezüglichen Feststellungen aus dem Urteil des des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 27.02.2019, GZ. 42 Hv 11/19x, und dem Vorbringen des Beschwerdeführers ergeben.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der unstrittigen Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S 389 entgegen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt - mangels derartiger gesetzlicher Bestimmungen - somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte. Gemäß 3 Abs.1 letzter Satz VwGbk-ÜG gilt die vorliegende Berufung als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG
Zu A)
§ 23a und § 23b GehG haben nachstehenden Wortlaut:
"Besondere Hilfeleistungen
§ 23a. Der Bund hat als besondere Hilfeleistung die vorläufige Übernahme von Ansprüchen zu erbringen, wenn
1. eine Beamtin oder ein Beamter
a) einen Dienstunfall gemäß § 90 Abs. 1 des Beamten-Kranken-und Unfallversicherungsgesetzes - B-KUVG, BGBl. Nr. 200/1967, oder
b) einen Arbeitsunfall gemäß § 175 Abs. 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, in unmittelbarer Ausübung ihrer oder seiner dienstlichen Pflichten erleidet, und
2. dieser Dienst- oder Arbeitsunfall eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung zur Folge hatte und
3. der Beamtin oder dem Beamten dadurch Heilungskosten erwachsen oder ihre oder seine Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch mindestens zehn Kalendertage gemindert ist.
Vorschuss zur besonderen Hilfeleistung
§ 23b. (1) Der Bund leistet als besondere Hilfeleistung einen Vorschuss (vorläufige Übernahme von Ansprüchen), wenn
1. sich die Beamtin oder der Beamte im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne des § 23a Abs. 1 an einem Strafverfahren beteiligt, das nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten oder der Hinterbliebenen gegen den Täter abgeschlossen wird, oder
2. solche Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen werden.
(2) Ein Vorschuss nach Abs. 1 Z 1 und Z 2 ist höchstens bis zum 27-fachen Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 für Heilungskosten, Schmerzengeld sowie für jenes Einkommen, das der Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu leisten.
(3) Das Schmerzengeld und das Einkommen gemäß Abs. 2 umfassen auch die jeweils bis zur rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche anfallenden Zinsen.
(4) Ist eine gerichtliche Entscheidung über die Ansprüche gemäß Abs. 2 unzulässig, kann diese nicht erfolgen oder ist diese ohne Prüfung des Bestandes der Ansprüche erfolgt, hat die Dienstbehörde nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche die Heilungskosten sowie jenes Einkommen, das der Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu ersetzen. Die Zahlung von Schmerzengeld ist nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche höchstens bis zum fünffachen Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 möglich. Die Gesamtkosten dürfen jedoch jene gemäß Abs. 2 nicht überschreiten.
(5) Die vorläufige Leistungspflicht des Bundes besteht nur insoweit, als die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung oder nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen, BGBl. Nr. 288/1972, gedeckt sind.
(6) Die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten gegen die Täterin oder den Täter gehen, soweit sie vom Bund bezahlt werden, durch Legalzession auf den Bund über."
Den Gesetzesmaterialien (RV zur Dienstrechtsnovelle 2018, Nr. 196 d.B., XXVI. GP, EB S. 10) heißt es:
"Zur Vermeidung von Mehrfachleistungen erfolgt in Abs. 5 die Klarstellung, dass eine vorläufige Leistung des Bundes erst dann erfolgt, wenn die Ansprüche nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung (BKUVG, ASVG) oder nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen, BGBl. Nr. 288/1972, gedeckt sind."
Schon der Wortlaut des § 23b Abs. 5 GehG zeigt, dass die in dieser Bestimmung statuierte Leistungsverpflichtung des Bundes subsidiärer Natur ist und nur insoweit besteht, als die Ansprüche des Beamten nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung oder nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen, BGBl. Nr. 288/1972, gedeckt sind.
Es ist also zu prüfen, ob die Schadenersatzansprüche des Beschwerdeführers im vorliegenden Fall durch die gesetzliche Unfallversicherung oder nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen, BGBl. Nr. 288/1972, gedeckt sind.
Für die Zuerkennung eines Ersatzanspruchs nach § 6a VOG kommt es allerdings - wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat - nur darauf an, ob eine schwere Körperverletzung iSd § 84 Abs 1 StGB d.h. eine länger als vierundzwanzig Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit bzw. eine an sich schwere Verletzung oder Gesundheitsschädigung vorliegt. Die strafrechtliche Qualifikation der Tathandlung ist dabei unerheblich. Konkret sieht § 6a VOG vor, dass Hilfe nach § 2 Z 10 nur für eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs 1 VOG zu leisten ist. § 1 Abs 1 VOG sieht vor, dass österreichische Staatsbürger Anspruch auf Hilfe haben, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie durch eine zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohten rechtswidrigen und vorsätzlichen Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben. Die behördliche Zuständigkeit zur Beurteilung, ob die im konkreten Fall verursachte Prellung des zweiten und vierten Fingers der rechten Hand ihrer Art und Ausdehnung nach als schwere Körperverletzung iSd § 84 Abs 1 StGB anzusehen ist, kommt gemäß § 9 VOG dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen - Sozialministeriumservice zu.
Die Frage, ob die Schadenersatzansprüche des Beschwerdeführers im vorliegenden Fall durch die gesetzliche Unfallversicherung oder nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen, BGBl. Nr. 288/1972, gedeckt sind, stellt eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar. Die belangte Behörde wäre berechtigt gewesen, diese Frage nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen, zumal kein Verfahren beim zuständigen Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen - Sozialministeriumservice anhängig ist. Die belangte Behörde wäre im Hinblick auf die ihr durch 38 AVG eingeräumte Befugnis verpflichtet gewesen, über den Antrag inhaltlich zu entscheiden. Im Hinblick auf die von der belangten Behörde ausgesprochene Zurückweisung des verfahrensgegenständlichen Antrages war der bekämpfte Bescheid daher ersatzlos aufzuheben (vgl. hiezu auch VwGH 09.09.2016, Ro 2016/12/0002).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Angesichts der oben dargestellten Rechtslage bzw. Judikatur erscheint die hier zu beurteilende Frage des Anspruchs auf Bevorschussung eines durch einen Dienstunfall ohne Fremdbeteiligung entstandenen Verdienstentganges eindeutig geklärt.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung Geldaushilfe Justizwachebeamter Körperverletzung Privatbeteiligter Schmerzengeld VerbrechensopferG Verdienstentgang Vorfrage ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W213.2230534.1.00Im RIS seit
09.09.2020Zuletzt aktualisiert am
09.09.2020