Entscheidungsdatum
25.05.2020Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W144 2227681-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft in Islamabad/Pakistan vom 18.11.2019, Zl.: XXXX , aufgrund des Vorlageantrags der XXXX , geb. XXXX , StA von Afghanistan, über ihre Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft in Islamabad vom 05.09.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 35 Abs. 2 und 5 AsylG idgF als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (BF), eine Staatsangehörige aus Afghanistan, stellte am 22.01.2019 bei der österreichischen Botschaft in Islamabad (im Folgenden: ÖB) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gem. § 35 AsylG.
Begründend führte die BF laut Antragsformular samt Beilagen aus, dass sie am XXXX geboren und die Ehegattin des XXXX , XXXX geb., ebenfalls StA von Afghanistan, sei, dem mit Bescheid des BFA vom 04.11.2008 subsidiärer Schutz zuerkannt worden sei. Die Bezugsperson sei bis 10.11.2020 im Bundesgebiet befristet aufenthaltsberechtigt. Die Ehe sei im Jahr 2007 traditionell-muslimisch geschlossen und am XXXX gerichtlich registriert worden.
Aus einem Interview der BF vor der ÖB vom 17.10.2017 betreffend ein vormaliges Einreiseverfahren ergibt sich, dass die BF ausdrücklich angeführt hat, dass sie zum Zeitpunkt der Eheschließung 15 Jahre alt gewesen sei, dass sie kein Einverständnis zur Hochzeit gegeben habe, und dass sie gezwungen worden sei, ihren Ehegatten zu heiraten. Konkret führte die BF damals ergänzend aus, dass ihre Familie sie gezwungen habe, die Bezugsperson zu heiraten; in ihrer Kultur müsse sie machen, was ihre Eltern ihr sagen würden.
Im Zuge der gegenständlichen Einvernahme der BF vor der ÖB im Jänner 2019, erklärte sie demgegenüber hingegen in völliger Abkehr zu den früheren Angaben, dass sie mit der Hochzeit einverstanden gewesen sei. Auf die Frage wie alt sie zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen sei, erklärte die BF, dass sie sich nicht mehr daran erinnern könne, jedoch sei sie "alt genug gewesen für die Hochzeit".
Dem Antrag beigeschlossen waren neben dem Antragsformular und Integrationsunterlagen betreffend die Bezugsperson, diverse Unterlagen, unter anderem eine Reisepasskopie der BF, aus der sich ebenfalls ihr Geburtsdatum XXXX ergibt.
In der Folge übermittelte die ÖB den Antrag und Sachverhalt an das BFA zur Erstattung einer Stellungnahme gemäß § 35 Abs. 4 AsylG und einer diesbezüglichen Wahrscheinlichkeitsprognose, ob die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten an die BF im Familienverfahren wahrscheinlich erscheine.
Mit Schreiben vom 02.08.2019 erstattete das BFA eine solche Stellungnahme und führte darin im Wesentlichen aus, dass die Zuerkennung des Status nicht wahrscheinlich sei, da eine ungültige Kinder- sowie auch Zwangsehe vorliege.
Mit Schreiben vom 05.08.2019 wurde die BF seitens der ÖB aufgefordert, zur gleichzeitig vorgehaltenen Stellungnahme des BFA Stellung zu nehmen.
Mit Schriftsatz vom 13.08.2019 erstattete die BF eine solche Stellungnahme und führte darin im Wesentlichen Folgendes aus:
Fälschlicherweise sei das BFA davon ausgegangen, dass die BF am XXXX geboren worden sei. Tatsächlich sei sie jedoch im Jahr XXXX geboren, sodass sie zum Zeitpunkt ihrer Eheschließung am XXXX 16 Jahre und drei Monate alt gewesen sei. Die Angabe, dass sie zum Zeitpunkt der Eheschließung 15 Jahre alt gewesen sei, habe die BF nicht angegeben. Sie habe lediglich vorgebracht, dass sie mit Einverständnis ihrer Eltern verheiratet gewesen sei. Die Ehe sei bereits ab dem Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung gültig, die nachträgliche Registrierung im Jahr 2017 habe bloß deklaratorischen Charakter. Da die BF somit über 16 Jahre alt gewesen sei als sie die Ehe geschlossen habe, liege keine Kinderehe vor.
Der Stellungnahme beigeschlossen waren unter anderem eine englischsprachige Heiratsurkunde in welcher vermerkt ist, dass die traditionelle Eheschließung der BF mit der Bezugsperson am XXXX in Afghanistan stattgefunden habe, sowie erneut eine Reisepasskopie, aus der sich ihr Geburtsdatum XXXX ergibt.
Am 19.08.2019 übermittelte die ÖB diese Stellungnahme der BF an das BFA.
Mit Schreiben via e-mail vom 22.08.2019 teilte das BFA der ÖB in einer neuerlichen Stellungnahme mit, dass an der seinerzeitig getroffenen negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festgehalten werde. Es liege keine gültige Ehe vor, vielmehr verstoße diese als Kinderehe gegen den ordre-public Grundsatz. Die BF habe wiederholt bestätigt, dass sie im Jahr 2007, also bereits im Alter von 15 Jahren die Bezugsperson traditionell geheiratet habe.
Mit Bescheid vom 05.09.2019, zugestellt am 05.09.2019, verweigerte die ÖB das Visum mit der Begründung, dass das BFA an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festgehalten habe.
Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schreiben vom 03.10.2019 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Begründend wiederholte die BF im Wesentlichen ihre Einwände, die sie bereits in ihrer vorherigen Stellungnahme geltend gemacht hat.
In der Folge erlies die ÖB mit Bescheid vom 18.11.2019, Zl. XXXX , eine Beschwerdevorentscheidung gem. § 14 Abs. 1 VwGVG, mit welcher die Beschwerde abgewiesen wurde. Begründend führte die Botschaft im Wesentlichen Folgendes aus:
"... Ob - wie in der ersten Befragung von der beschwerdeführenden Partei angegeben eine Zwangsehe vorliegt, kann dabei dahingestellt bleiben, weil die behauptete Gültigkeit der Ehe schon deshalb nicht vorliegt, da diese als Kinderehe gegen den ordre-public Grundsatz verstößt:
Sowohl bei der ersten als auch erneut bei der zweiten Befragung vor der ÖB Islamabad bestätigte die beschwerdeführende Partei selbst, im Jahr 2007, also bereits im Alter von 15 Jahren, die Bezugsperson traditionell geheiratet zu haben. In sämtlichen vorgelegten Dokumenten - aber etwa auch in der Bevollmächtigung des ÖRK zur rechtsfreundlichen Vertretung - ist das Geburtsdatum mit XXXX dokumentiert und somit unzweifelhaft vom Vorliegen einer Kinderehe (Hochzeit am XXXX ) auszugehen.
Wenn in der Stellungnahme von 13.8.2019 (und auch in der Beschwerde) behauptet wird, dass das richtige Geburtsdatum der XXXX - wie im vorgelegten afghanischen Reisepass eingetragen - sei, so ist dies nicht nachvollziehbar, weil im vorgelegten afghanischen Reisepass als Geburtsdatum der XXXX eingetragen ist. Aufgrund des Alters der beschwerdeführenden Partei zum Zeitpunkt der Eheschließung liegt also eine Kinderehe vor und ist eine solche mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar (zum ordre-public-Verstoß im Verbot der kinderehe vgl. VwGH 11.10.2016, Ra 2016/01/0025; ebenso OGH 28.02.2011, 9Ob 34/10f; vergleiche aber auch insbesondere die gefestigte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wie z.B. BVwG 19.01.2016, W211 2118334-1/2E oder 28.11.2016 W161 2132911 - 1)."
Dagegen brachte die BF mit Schriftsatz vom 29.11.2019 somit fristgerecht einen Vorlageantrag an das Bundesverwaltungsgericht ein.
Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 15.01.2020 wurde am 21.01.2020 dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt dem Verwaltungsakt übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.) Feststellungen:
Festgestellt wird zunächst der oben wiedergegebene Verfahrensgang.
Zudem wird festgestellt, dass die BF die Bezugsperson XXXX , XXXX geb., afghan. StA, dem mit Bescheid des BFA vom 04.11.2008 subsidiärer Schutz zuerkannt und in der Folge ein befristetes Aufenthaltsrecht, zuletzt bis 10.11.2020, gewährt wurde, in Afghanistan am XXXX traditionell-muslimisch nach Scharia-Recht geheiratet hat.
Zum Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung war die am XXXX geborene BF erst 15 Jahre und 6 Monate alt.
Der Vollständigkeit halber wird ferner festgestellt, dass die BF bei der traditionellen Eheschließung nicht ihr Einverständnis erklärt hat, sondern sie vielmehr von ihren Eltern gezwungen worden ist, diese Ehe einzugehen.
2.) Beweiswürdigung:
Die Festgestellungen ergeben sich aus dem Akt der ÖB. Die Daten der Eheschließung ergeben sich dabei aus dem eigenen Vorbringen der BF iVm der vorgelegten Heiratsurkunde: Zum einen hat die BF anlässlich ihrer Einvernahme im Jahr 2017 ausdrücklich angegeben, dass sie zum Zeitpunkt der Eheschließung erst 15 Jahre alt gewesen sei, sodass die später vorgebrachte Angabe, wonach sie sich nicht mehr erinnern könne, wie alt sie zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen sei, nicht zu überzeugen vermag. Zudem ist auf der vorgelegten Heiratsurkunde ausdrücklich vermerkt, dass die traditionelle Eheschließung am XXXX stattgefunden habe.
Der Umstand, dass die BF zum Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung noch keine 16 Jahre, sondern erst 15 Jahre und 6 Monate alt war, ergibt sich unzweifelhaft aus einem Vergleich ihres Geburtsdatums mit dem Datum der Eheschließung.
Wie bereits die belangte Behörde zutreffend in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt hat, sind die Einwendungen der BF in ihrer Stellungnahme sowie in ihrer Beschwerde, wonach sie am XXXX geboren sei, was sich angeblich aus vorgelegten Dokumenten ergebe, in keinster Weise plausibel, da sich gerade aus der von ihr vorgelegten Reisepasskopie unzweifelhaft ergibt, dass sie am XXXX . (wörtlich:) " XXXX " (!) XXXX geboren ist. Die Beschwerdeeinwendungen zu einem Geburtsdatum im XXXX sind daher schlicht unerfindlich und offensichtlich falsch.
Die Feststellungen, dass die BF keine Zustimmung zur Hochzeit im Jahr 2007 erteilt hat, sondern vielmehr von ihren Eltern in diese Ehe gezwungen worden ist, ergibt sich aus den unzweifelhaften Angaben der BF anlässlich ihrer Einvernahme vor der ÖB im Jahr 2017. Nach menschlichem Ermessen liegt geradezu auf der Hand, dass die BF damals spontan wahrheitsgemäße Angaben über die Umstände der Hochzeit angegeben hat, so etwa auch die konkrete Beifügung, dass sie das tun müsse, was ihre Eltern ihr vorschreiben würden und dass sie ausdrücklich angegeben hat, zur Ehe gezwungen worden zu sein. Wenn sie im Jahr 2019 demgegenüber angibt, dass sie diese Ehe freiwillig und aus Liebe eingegangen sei, erscheint dieses Vorbringen in höchstem Maße unglaubwürdig, offensichtlich hat die BF mittlerweile erkannt, dass mit den vormaligen wahrheitsgemäßen Angaben eine Migration nach Österreich nicht möglich erscheint, sodass nunmehr nach Opportunität ein anderes Vorbringen vorgeschoben wird. Bei der Gesamtbetrachtung sind die neuen Angaben im Vergleich zu jenen aus dem Jahr 2017 in keinster Weise glaubwürdig, da geradezu ausgeschlossen werden kann, dass die BF im Jahr 2017 ausdrücklich vorgebracht hätte, zur Ehe gezwungen worden zu sein, wenn dies nicht der Fall gewesen wäre. Da sich der damalige Zwang zur Ehe auch an mehreren Stellen des Protokolls aus dem Frage-Antwort-Ductus klar herauslesen lässt, sind auch etwaige Missverständnisse bei der Befragung auszuschließen.
3.) Rechtliche Beurteilung:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) idgF lauten wie folgt:
"§ 2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).
Beschwerdevorentscheidung
§ 14 (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.
(2) Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
(3) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Vorlageantrag
§ 15 (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.
(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde
1.
von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;
2.
von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.
Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.
(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.
§16 [ ... ]
Verfahren vor dem Verwaltungsgericht
Anzuwendendes Recht
§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte."
§§ 11, 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§2 Abs. 4 Z 13) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 idgF (AsylG) lauten wie folgt:
Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1.
gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2.
das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3.
im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.
Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 16 und 6) des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) idgF lauten wie folgt:
Form der Eheschließung:
§ 16. (1) Die Form einer Eheschließung im Inland ist nach den inländischen Formvorschriften zu beurteilen.
(2) Die Form einer Eheschließung im Ausland ist nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.
Vorbehaltsklausel (ordre public)
§ 6. Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.
Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 1,2, 3 und 17) des Ehegesetzes idgF lauten wie folgt:
Recht der Eheschließung
A. Ehefähigkeit
§ 1. (1) Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, sind ehemündig.
(2) Das Gericht hat eine Person, die das 16. Lebensjahr vollendet hat, auf ihren Antrag für ehemündig zu erklären, wenn der künftige Ehegatte volljährig ist und sie für diese Ehe reif erscheint.
Geschäftsunfähigkeit
§ 2 Wer geschäftsunfähig ist, kann eine Ehe nicht eingehen.
Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und des Erziehungsberechtigten
§ 3 (1) Wer minderjährig oder aus anderen Gründen in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, bedarf zur Eingehung einer Ehe der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.
(2) Außerdem bedarf er der Einwilligung desjenigen, dem seine Pflege und Erziehung zustehen.
(3) Werden die nach den Abs. 1 und 2 erforderlichen Einwilligungen verweigert, so hat das Gericht sie auf Antrag des Verlobten, der ihrer bedarf, zu ersetzen, wenn keine gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorliegen.
Form der Eheschließung:
§ 17 (1) Die Ehe wird dadurch geschlossen, dass die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen.
(2) Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).
Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).
Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem ganzen BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).
Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:
Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 2 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich subsidiär Schutzberechtigte XXXX , XXXX geb., als Ehegatte der BF genannt.
In casu fällt sofort auf, dass die BF zum Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung mit der Bezugsperson erst 15 Jahre und 6 Monate alt war.
Gemäß § 9 Abs. 1 erster Satz internationales Privatrecht, BGBl. Nr. 304/1978 (IPRG), ist das Personalstatut einer natürlichen Person das Recht des Staates, dem die Person angehört. § 9 Abs. 3 IPRG regelt, dass das Personalstatut einer Person, die Flüchtling im Sinn der für Österreich geltenden internationalen Übereinkommen ist oder deren Beziehungen zu ihrem Heimatstaat aus vergleichbar schwerwiegenden Gründen abgebrochen sind, das Recht des Staates ist, in dem sie ihren Wohnsitz, mangels eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat; eine Verweisung dieses Rechtes auf das Recht des Heimatstaates (§ 5 IPRG) ist unbeachtlich. Gemäß § 12 IPRG sind die Rechts- und Handlungsfähigkeit einer Person nach deren Personalstatut zu beurteilen. Gemäß § 16 Abs. 2 IPRG ist die Form einer Eheschließung im Ausland nach dem Personalstatut jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.
Nach österreichischem Recht ist eine Ehe, die von einer unter 16-Jährigen geschlossen wird, keinesfalls gültig, da eine solche Kinderehe den Grundwerten der österr. Rechtsordnung widerspricht.
Der Oberste Gerichtshof hat jeweils unter Verweis auf Art. 16 Haager Minderjährigenschutzabkommen und § 6 IPRG in seinen Entscheidungen OGH 7Ob 600/86, 9 Ob 34/10f und 6 Ob 138/13g dargelegt, dass außerhalb der verfassungsrechtlich geschützten Grundwertungen etwa die Einehe, das Verbot der Kinderehe und des Ehezwanges, der Schutz des Kindeswohles im Kindschaftsrecht oder das Verbot der Ausbeutung der wirtschaftlichen und sozial schwächeren Partei zum Inhalt der geschützten Grundwertungen des österreichischen Rechts zählen.
Es ist daher im gegenständlichen Verfahren davon auszugehen, dass keine rechtskonforme Ehe der BF gemäß dem Internationalen Privatrechtsgesetz mit der Bezugsperson in Österreich besteht. Nach § 6 IPRG ist eine Bestimmung des fremden Rechtes dann nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. Eine Kinderehe widerspricht eindeutig den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung, und folgt aus § 6 IPRG, dass die von der BF und der Bezugsperson geschlossene Ehe hier keinen Rechtsbestand hat.
Auch aus der Entscheidung des EGMR vom 08.12.2009 (Case of Munoz Diaz vs. Spain, No. 49.151/07) geht hervor, dass keine Verpflichtung besteht, Eheschließungen auf Grundlage fremder Rechtsordnungen anzuerkennen, die den Grundwerten der nationalen Rechtsordnung widersprechen.
Die oben zitierten Erwägungen der ÖB zur Kinderehe und stehen im Einklang mit der ständigen Judikatur des BVwG wie oben ausgeführt. Damit erweist sich jedoch eine Schutzgewährung an die BF im Rahmen eines Familienverfahrens gem. § 34 ASylG als unwahrscheinlich und war der Einreisetitel daher gem. § 35 Abs. 2 und 4 AsylG zu versagen.
Der Vollständigkeit halber ist zu ergänzen, dass in casu auch eine Zwangsehe vorliegt, die den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung widerspricht, vgl. dazu auch VwGH vom 12.01.2019, Ra 2019/01/0012: "Eine Zwangsehe kann nicht die Eigenschaft des Ehegatten nach § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 und somit auch keine Familienangehörigkeit nach § 34 AsylG 2005 begründen."
Eine mündliche Verhandlung war gemäß § 11a Abs. 2 FPG nicht durchzuführen.
Barauslagen iSd § 11a Abs. 3 leg.cit. sind im Beschwerdeverfahren nicht entstanden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im den vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei obigen Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Ehe Einreisetitel Gültigkeit Kinderehe ordre public ZwangseheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W144.2227681.1.00Im RIS seit
09.09.2020Zuletzt aktualisiert am
09.09.2020