TE Vfgh Beschluss 1996/2/27 B3621/95

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Veröffentlicht am 27.02.1996
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags; Abweisung des Verfahrenshilfeantrags infolge Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist als offenbar aussichtslos

Spruch

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Mit der Eingabe vom 23. November 1995 begehrte der Einschreiter die "Gewährung der Verfahrenshilfe" zur Beschwerdeführung gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien, UVS-03/P/10/01295/95, erlassen durch Verkündung bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 8. September 1995.

   In einem ergänzenden Schriftsatz führt der Einschreiter aus,

daß der Bescheid "am 22.9.1995 hinterlegt" worden sei. Irrtümlich

habe er "bei der Zählung der sechs Wochen im ... Kalender um ein

Blatt zuviel geblättert". Er ersuche daher um "Nachsicht".

II.                                 1. Der Verfassungsgerichtshof

wertet das "Ersuchen um Nachsicht" als Antrag auf

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Gemäß §33 VerfGG kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VerfGG in §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen der §§146 ff. ZPO sinngemäß anzuwenden. Nach §146 Abs1 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Unter einem "minderen Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (siehe etwa VfSlg. 10489/1985, 10880/1986).

Im gegebenen Fall kann jedoch von leichter Fahrlässigkeit nicht mehr die Rede sein. Es kann nicht als "minderer Grad des Versehens" gewertet werden, wenn der Einschreiter "bei Zählung der sechs Wochen ... um ein Blatt zuviel geblättert" hat, zumal zwischen Zustellung des Bescheides und der Postaufgabe des beim Verfassungsgerichtshof am 24. November 1995 eingelangten Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe mehr als sieben Wochen vergangen sind. Das Vorbringen des Antragstellers war daher nicht geeignet, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu begründen.

Der Antrag war sohin abzuweisen.

2. Auch der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Beschwerdeführung gegen den bezeichneten Bescheid war abzuweisen.

Da dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattzugeben war, wäre auch eine gegen den bezeichneten Bescheid eingebrachte Beschwerde nach Art144 B-VG wegen Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist (§82 Abs1 VerfGG) zurückzuweisen. Damit wäre aber die vom Einschreiter beabsichtigte Rechtsverfolgung offenbar aussichtslos (§63 Abs1 ZPO iVm. §35 Abs1 VerfGG).

3. Diese Entscheidungen konnten gemäß §19 Abs4 Z2, §33 zweiter Satz, §35 Abs1 VerfGG iVm. §72 Abs1 ZPO ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / Verfahrenshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:B3621.1995

Dokumentnummer

JFT_10039773_95B03621_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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