TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/28 W154 2226127-7

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Veröffentlicht am 28.05.2020
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Entscheidungsdatum

28.05.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W154 2226127-7/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin im Verfahren des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Marokko, betreffend die weitere Anhaltung in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 02.08.2019 wurde über den Beschwerdeführer gemäß §76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Der Beschwerdeführer war bis 14.08.2019 in Strafhaft und vom 14.08.2019 bis zum 16.08.2019 in Verwaltungsstrafhaft. Seit 16.08.2019 wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten.

Am 30.08.2019 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft einen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Mit Aktenvermerk vom 30.08.2019 setzte das Bundesamt die Schubhaft gemäß § 76 Abs 6 FPG fort.

Mit Bescheid des BFA vom 10.09.2019, Zl. 1076451808/190889794, wurde der Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Gegen diesen Bescheid erhob der Fremde Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) und wurde diese mit Erkenntnis des BVwG vom 01.10.2019, GZ: I413 2223585-1/2E mit der Maßgabe abgewiesen, als der Spruchunkt III. (Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG behoben wurde. Dies mit der Begründung, dass über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG bereits im vorangegangenen Verfahren mit Bescheid vom 14.06.2018 (Zl 1976451808/150794140) rechtskräftig abgesprochen wurde, sodass die Voraussetzungen im Folgeverfahren, nachdem aufgrund der aufrechten und rechtskräftigen Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer auch keine neuerliche Rückkehrentscheidung zu erlassen war (vgl VwGH 22.03.2018, Ra 2017/01/0287, Rz 16), nicht erneut zu prüfen sind, weil dem das Verfahrenshindernis der entschiedenen Sache entgegensteht.

Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2019, Zl. W117 2226127-1, vom 10.01.2020, Zl. W112 2226127-2, vom 07.02.2020, Zl. W112 2226127-3, vom 06.03.2020, Zl. W251 2226127-4, vom 06.04.2020, Zl. W180 2226127-5, und vom 30.04.2020, Zl. W117 2226127-6, wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.

Am 20.05.2020 erfolgte seitens des BFA die verfahrensgegenständliche Aktenvorlage gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG. Im Rahmen der Aktenvorlage erstattete das BFA eine Stellungnahme. Darin führte das BFA nach Darlegung des bisherigen Sachverhaltes zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft aus:

"Der Fremde:

* reiste nicht rechtmäßig ins Bundesgebiet ein

* stammt aus einem sicheren Herkunftsland und brachte einen missbräuchlichen Asylantrag unter einer falschen Identität ( XXXX , geb. XXXX ) ein

* durchreiste mehrfach viele sichere Länder, um konkret in Österreich durch den Asylantrag ein Aufenthaltsrecht zu erwirken

* wirkte vorsätzlich nicht am Asylverfahren mit und lebte untergetaucht im Bundesgebiet

* ist bisher keiner Ausreiseverpflichtung nach Abschluss des Asylverfahrens nachgekommen

* hat in Österreich keine nennenswerten familiären oder sozialen Bindungen

* besitzt kein gültiges Reisedokument und kann somit Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen

* brachte nach Verhängung der Schubhaft neuerlich einen missbräuchlichen Asylantrag ein und versucht mit allen Mitteln, den Aufenthalt im Bundesgebiet zu erzwingen

* verfügt nicht über ausreichend Barmittel, um seinen weiteren Unterhalt zu finanzieren

* verfügt nicht über die nötigen finanziellen Mittel, um eine Ausreise zu gewährleisten

* Gegen ihn besteht eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung

* Gab sich bis zu seiner Identifizierung vor sämtlichen Behörden und Gerichten mit der falschen Identität XXXX , geb. XXXX , Sta. Marokko, aus

* ist ein mehrfach gerichtlich verurteilter Rechtsbrecher

* Mit Urteil des LG f. Strafsachen Wien vom 23.06.2016, GZ: 065 HV 63/2016h, r.k. am 28.06.2016, wurde der Fremde wegen § 27 (2a) 2.Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, bedingt, Probezeit drei Jahre, verurteilt.

* Mit Urteil des LG f. Strafsachen Wien vom 08.11.2018, GZ: 045 HV 147/2018t, r.k. am 13.11.2018, wurde der Fremde wegen § 27 (1) Z 1 8.Fall, Abs. 3 SMG; § 27 (1) Z 1 1.2. Fall u. Abs. 2 SMG, § 127 StGB zu einer zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt.

Wie aus der Gesamtschau der Verurteilungen des Fremden ersichtlich ist, zeigt er eine hohe kriminelle Energie. Trotz bereits verspürten Haftübels, verharrt er unbeirrt in seinem Verhaltensmuster und wurde gegenteilig, in nur kürzester Zeit, erneut einschlägig straffällig. Seitens der Behörde sind keinerlei Anzeichen ersichtlich, dass er dieses Verhaltensmuster abgelegt hätte, wodurch ihm keine positive Zukunftsprognose zugesprochen werden kann und somit jegliche Vertrauenswürdigkeit abgesprochen werden muss. Auf Grund dieser Erwägungen war davon auszugehen, dass im Falle des Fremden insgesamt Fluchtgefahr in einem die Anordnung der Schubhaft rechtfertigenden Ausmaß besteht.

Überdies ist auch aufgrund des bisher gezeigten Verhaltens - Nichtmitwirkung am Verfahren, untertauchen ohne Angabe einer Meldeadresse oder Zustellvollmacht - sowie der Verwendung einer falschen Identität bis zur tatsächlichen Identitätsfeststellung durch Interpol Rabat, Marokko, deutlich erkennbar, dass er seine wahre Herkunft zu verschleiern sucht um eine Abschiebung verhindern zu können. Auch ist aufgrund der wiederholten missbräuchlichen Asylantragstellung deutlich erkennbar, dass er keinesfalls freiwillig in sein Heimatland zurückreisen wird und sich jedenfalls einer Abschiebung zu entziehen sucht. Auch ist durch das Behaupten unrichtiger Fluchtgründe deutlich erkennbar, dass er persönlich keinesfalls vertrauenswürdig ist. Wären die im 2. Asylverfahren behaupteten Fluchtgründe wahr, so hätte er diese jedenfalls bereits unter seiner tatsächlichen Identität bereits im ersten Asylverfahren vorgebracht.

Es ist klar zu sehen, dass sich im Falle des Fremdes weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen: Es gab zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft keine Hinweise auf Bindungen, die ihn von einem Untertauchen zur Vereitelung einer bevorstehenden Abschiebung und einem Aufenthalt im Verborgenen abhalten würden. Für eine effektive finanzielle Sicherheitsleistung reichen in Anbetracht der Umstände des Einzelfalles die finanziellen Mittel nicht aus. Auch die Anordnung des gelinderen Mittels wird vom BFA unter Verweis auf das bisherige Verhalten des Fremden ausgeschlossen.

Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

XXXX wurde von Interpol Rabat (Marokko) tatsächlich als " XXXX , geb. XXXX in Casablanca, Marokko", identifiziert (siehe Mitteilung BKA Referat 6.1.1 vom 05.11.2018).

Von Seiten des BFA wurde am 04.10.2018 um Ausstellung eines HRZ bei der Botschaft des Königreichs Marokko in Wien ersucht, am 08.11.2018 wurde unter der richtigen Identität eine Urgenz getätigt, am 28.05.2019, am 02.08.2019, am 05.08.2019, am 11.09.2019, am 09.10.2019, am 07.11.2019, am 08.11.2019, am 06.12.2019, am 10.01.2020, am 05.02.2020, am 11.02.2020, am 20.02.2020, am 03.04.2020 und am 19.05.2020 wurde seitens des BFA die Ausstellung eines Heimreisezertifikats bei der Vertretungsbehörde Marokkos urgiert.

Aus den oben dargelegten Gründen war davon auszugehen, dass die Überstellung des Fremden nach Marokko in zumutbarer Frist möglich ist. Auch die absehbare Dauer der Schubhaft ist demnach nicht unverhältnismäßig: Mit der Durchführung der Überstellung ist tatsächlich und innerhalb der gesetzlichen Fristen zu rechnen. Damit ist aus dieser Perspektive auch die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung gegeben.

Überdies gab es auch weiterhin keine erkennbaren Hinweise auf eine Haftunfähigkeit des Fremden und wurde sie auch im Beschwerdeverfahren nicht behauptet. Eine Unzumutbarkeit der Haft aus gesundheitlichen Gründen wurde nicht dargelegt, wobei das Vorleben des Fremden und sein bisheriges Verhalten jedenfalls einen strengen Maßstab bei der Zumutbarkeit erforderlich machen.

Am 14.12.2019 langte eine Meldung Hungerstreik beim BFA ein. Dies ist als weiteres Indiz dahingehend zu werten, dass der Fremde nicht rückkehrwillig ist.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher im gegenständlichen Fall, dass das private Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. So ist eine verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen (VfGH 24.6.2006, B362/06)."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der angeführte Verfahrensgang und die Entscheidungsgründe der Vorentscheidungen werden übernommen und zu Feststellungen in der gegenständlichen Entscheidung erhoben.

Ergänzend wird festgestellt, dass die letzte Urgenz betreffend die Erlangung eines Heimreisezertifikates (HRZ) an die Marokkanische Botschaft am 19.05.2020 stattfand.

Auf der Tatsachenebene liegt keine Änderung - die Fluchtgefahr betreffend - vor.

Der BF ist haftfähig, es sind keine Umstände hervorgekommen, dass die weitere Inschubhaftnahme unverhältnismäßig wäre.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde und den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes, insbesondere der zitierten Vorentscheidungen.

Die Feststellungen zur Erlangung des Heimreisezertifikates ergeben sich aus der Stellungnahme des BFA vom 20.05.2020.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A. - Fortsetzung der Schubhaft

3.1. Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.2. Gemäß § 76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

Hinsichtlich der Fluchtgefahrtatbestände des §76 Abs. 3 FPG hat sich in Hinblick auf die Vorerkenntnisse zur gegenständlich zu überprüfenden Schubhaft keine Änderung ergeben, sodass aufgrund unveränderter Lage auf die dortigen Ausführungen verwiesen und diese auch zur gegenständlichen rechtlichen Beurteilung erhoben werden.

Die Schubhaft ist also weiterhin jedenfalls wegen erheblicher Fluchtgefahr aufrechtzuerhalten, weil aus dem vergangenen und aktuellen Verhalten des Beschwerdeführers - siehe Darstellung im Rahmen des Verfahrensganges und der Feststellungen - mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt.

3.3. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.

Zur Dauer der Schubhaft:

Gemäß § 80 Abs. 4 FPG kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden, wenn ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden kann, weil

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1.-die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck

der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.-eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht

vorliegt,

3.-der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13)

widersetzt, oder

4.-die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen

oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint.

Gegenständlich ist jedenfalls der Tatbestand der Z.1 verwirklicht. Somit erweist sich die bisherige Anhaltung am soeben angeführten Maßstab als verhältnismäßig, da sie sich immer noch im unteren Rahmen des gesetzlich Erlaubten bewegt.

Der Beschwerdeführer hat keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde. Die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände und vor dem Hintergrund, dass sich die Behörde zügig um ein Heimreisezertifikat bemüht (hat), auch verhältnismäßig. Diesbezüglich ist auch auf die massive Straffälligkeit des Beschwerdeführers - Verstoß gegen das Suchtmittelgesetz - hinzuweisen (siehe dazu die Ausführungen des BFA in der Stellungnahme vom 20.05.2020).

Das Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit schließt auch weiterhin die Anordnung gelinderer Mittel aus. Es besteht ein grundsätzliches öffentliches Interesse am effizienten Vollzug des Fremdenrechts. In diesem Sinne hat die Behörde sichergestellt, dass das Abschiebeverfahren (immer noch) zeitnah und zweckmäßig durchgeführt wird.

3.4. Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihren Zukunftsbezug keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

Zu Spruchpunkt B. - Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Da keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen sind, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen, war die Revision daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr Folgeantrag Fortsetzung der Schubhaft Mittellosigkeit Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit strafrechtliche Verurteilung Überprüfung Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W154.2226127.7.00

Im RIS seit

09.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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